Wolfgang Noack Auf beiden Seiten der Mauer Bilder aus Israel und Palästina Wolfgang Noack Auf beiden Seiten der Mauer. Bilder aus Israel und Palästina. • Menschen auf beiden Seiten der Mauer • Mauern trennen • Mauergraffiti • Religion und Glaube • Eröffnung der Ausstellung am 10. Januar 2016 Gustav-Adolf-Gedächtniskirche Nürnberg Auf beiden Seiten der Mauer. Bilder aus Israel und Palästina. ISBN 978-3-942421-19-5 Ausstellung vom 10. Januar bis 28. Februar 2016 Empore der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche Nürnberg www.wolfgangnoack.de Titel: Mauer von (Ost) Jerusalem aus, Nähe Checkpoint Ramallah Rückseite: Mauergraffiti, nahe Bethlehem Mauern trennen Mauern trennen. Auf einer Länge von über 700 Kilometern trennt eine Sperranlage, teilweise als Mauer streckenweise als unüberwindlicher Zaun Israel und das Westjordanland. Wer sie passieren will, muss durch Checkpoints und an Wachtürmen vorbei. Die bis zu acht Meter hohe Sperranlage dient der Sicherheit sagt Israel. Die Mauer, die sich durch Ost-Jerusalem und über die Hügel des Landes zieht, ist aber auch ein Symbol der Macht und auch ein Instrument der Unterdrückung. Wer vor einer Mauer steht, möchte wissen, was dahinter ist. Wir müssen uns also auf beide Seiten begeben. Ich habe mich auf diesen Weg gemacht. Die Bilder entstanden in Tel Aviv und der Altstadt von Jerusalem, in Mea Shearim, in Ost Jerusalem mit traditionellen arabischen Gebieten und neuen jüdischen Siedlungen; in Bethlehem, Beit Sahour, Ramallah, Hebron und in jüdischen Siedlungen der Westbank. Die Bilder von beiden Seiten der Mauer sind nicht repräsentativ, sie sind spontan, subjektiv, aber immer voller Leidenschaft und Mitgefühl für die Menschen. Beim Fotografieren ist mir der fragende Blick und eine neugierige Haltung wichtig, so kann Tiefe entstehen. Wer in dieses Land fährt kommt mit mehr Fragen zurück. Fotografie hat das Potenzial bewusstes Sehen und Betrachten möglich zu machen. Wolfgang Noack 3 4 Mauern trennen Mauer in Jerusalem östlich vom Ölberg In der Nähe von Bethlehem Mauern trennen 5 Mauer von (Ost) Jerusalem aus 6 Menschen auf beiden Seiten der Mauer Junge Frauen vor einer Diskothek in Tel Aviv Junge Frauen auf der Straße in Ramallah Menschen auf beiden Seiten der Mauer 7 Oben links: Junge Palästinenserin in der Westbank; oben rechts: Junge Israelin an der Mauer in Jerusalem Mitte links: Hochzeit in der Westbank in Bethlehem; Mitte rechts: Jüdische Hochzeit in Tel Aviv Unten links: Jugendliche Palästinenser in Ramallah; unten rechts: Jugendliche Israelis am Strand von Tel Aviv 8 Menschen auf beiden Seiten der Mauer Ein moslemischer Junge betet in Hebron an Abrahams Grab - durch Sicherheitsglas getrennt von der jüdischen Seite Juden beten in Hebron an Abrahams Grab auf der jüdischen Seite. Menschen auf beiden Seiten der Mauer 9 Bilder rechts oben: Mutter mit Kind in einer jüdischen Siedlung in der Westbank unten: Junge Palästinenserin in der Westbank Bilder links oben: Israelische Soldaten kontrollieren palästinensische Jugendliche in Hebron unten: Israelische Soldaten in Hebron spielen Fußball mit palästinensischen Kindern 10 Menschen auf beiden Seiten der Mauer Jugendliche in einer jüdischen Siedlung in der Westbank Palästinensische Jugendliche in einem Internetcafé in Hebron Menschen auf beiden Seiten der Mauer 11 Oben links: Orthodoxer Jude in Mea Shearim; oben rechts: Junge Palästinenserin in der Westbank Mitte links: Kinder in Mea Shearim; Mitte rechts: Kinder in Khirbat al-Tira bei Ramallah Unten links: Palästinenser in Ramallah; unten rechts: Israelischer Siedler in der Westbank 12 Menschen auf beiden Seiten der Mauer Bilder links oben: Ein Mädchem im palästinensischem Flüchtlingslager Aida bei Betlehem unten: Jüdische Kinder in Jerusalem Bilder rechts oben: Checkpoint bei Bethlehem. Einreise in die Westbank unten: Palästinenser warten am Checkpoint Rahel/Giloh auf die Einreise nach Israel Menschen auf beiden Seiten der Mauer 13 Ein Jude betet am Grab von Shimon HaTzadik in Ost-Jerusalem Ein Moselem betet auf dem Tempelberg in Jerusalem 14 Menschen auf beiden Seiten der Mauer Kinder spielen an der Mauer in der Westbank nahe Bethlehem Kinder spielen an der Mauer in einer jüdischen Siedlung in Jerusalem Mauern trennen 15 Vergitterter Ausgang und Eingang am Checkpoint auf palästinensischer Seite. 16 Mauern - geschlossene und offene Überwachung und Kontrolle Nahe Bethlehem In der Westbank Mauern trennen 17 Checkpoint für Fußgänger östlich von Jerusalem Palästinensische Studenten der arabischen Universität in Jerusalem gehen zum Checkpoint Ramallah 18 Mauern trennen Hebron: Mauern und Sperranlagen mitten in der Stadt zwischen palästinensischen Wohngebieten und jüdischen Siedlungen Hebron Mauern trennen 19 Hebron Hebron 20 Mauern trennen Checkpoint von Ramallah nach Jerusalem Grenzsicherung bei Ramallah Mauern trennen 21 Bethlehem, Caritas Street nahe Giloh Checkpoint 22 Mauern trennen Mauer in der Nähe des palästinensischen Flüchtlingslagers Aida bei Betlehem Grenzsicherung bei Ramallah Mauern trennen Sami Aldeek Paints in Kalandia (auf dem Weg nach Ramallah). Das Wandbild zeigt die Besetzung des Westjordanlandes. 23 24 Mauergraffiti Mauergraffiti 25 26 Mauergraffiti Mauergraffiti 27 28 Religion und Glaube Orthodoxe Juden an der Westmauer / Klagemauer Religion und Glaube 29 Moslemischer Gelehrter auf dem Tempelberg 30 Religion und Glaube Ein Junge trägt das Kreuz durch die Via Dolorosa Religion und Glaube 31 Nächste Seite: Angehörige der Armee tanzen Hava Nagila an Shabbat Begegnung in der Altstadt von Jerusalem 32 Mauern - geschlossene und offene Mauern - geschlossene und offene 33 34 Mauern - geschlossene und offene Bar Mizwa an der Westmauer Mauern - geschlossene und offene 35 Gebet an der Westmauer / Klagemauer 36 Religion und Glaube oben: Eine Gruppe Juden begleitet von israelischem Militär besucht den Tempelberg in Jerusalem. unten:Verschleierte muslimische Frauen protestieren gegen den Besuch der Juden auf dem Tempelberg. Religion und Glaube 37 Eine Kinderzeichnung wirbt in Tel Aviv für das friedliche Zusammenleben der Religionen. 38 Mauern - geschlossene und offene Christen knien in der Golgatakapelle (mit dem griechisch-orthodoxen Kreuzigungsaltar in der Grabeskirche in Jerusalem) Mittagsgebet der Franziskaner vor der Geburtsgrotte in Bethlehem Pilger berühren den Salbstein in der Grabeskirche in Jerusalem Mauern - geschlossene und offene 39 Auf dem Tempelberg in Jerusalem: Moslems legen den Koran aus 40 Eröffnung der Ausstellung am 10. Januar 2016 in der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche Nürnberg Wolfgang Noack : Auf beiden Seiten der Mauer Am 27. September 2012 erschien auf Seite acht der Süddeutschen Zeitung ein Artikel über die Generalversammlung der UNO in New York mit dem Titel „Ganz unten auf der Agenda“. Der Artikel geht über vier Spalten in der Zeitung und berichtet über den stockenden Friedensprozess und die Bedeutung bzw. Bedeutungslosigkeit des Friedensprozesses zwischen Israel und Palästina bei der Generalversammlung. Dem Beitrag schließt sich ein Bild über drei Zeitungsspalten an. Der Fotograf und Friedensforscher Felix Koltermann analysiert in seinem Essay „Fotografie und Konflikt“ die Berichterstattung. „Das zum Artikel gehörige Bild ist ein in die Länge gezogenes Querformat. Es geht über drei Spalten und hat einen prominenten Platz im Artikel. In der linken Bildecke ist ein Mensch angeschnitten, dahinter sind perspektivisch gestaffelt drei weitere vermummte Männer zu sehen, die sich in unterschiedliche Richtungen bewegen. Die Sicht ist insgesamt etwas diffus, vermutlich aufgrund von Rauchschwaden vor Ort. Sonnenlicht fällt von der linken Hälfte ins Bild ein und zeichnet klare Schatten der Personen. Die Bildunterschrift lautet „Vom Ziel eines eigenen Staates weit entfernt: Palästinenser werfen Steine auf israelische Sicherheitskräfte“. Als Bildquelle ist die Agentur Associated Press (AP) angegeben. Das in der SZ gedruckte Bild ist ein typisches Klischeebild aus dem Nahostkonflikt: Vermummte und Steine werfende junge Palästinenser. Was bleibt ist ein schaler Eindruck, der die Palästinenser als gewalttätige Protestler zeigt. Das Bild sagt nichts aus über den Umgang der palästinensischen Gesellschaft mit dem stockenden Friedensprozess. Die Veröffentlichung ist entweder tendenziös oder unbedacht. Nun ist ein Bild immer subjektiv. Es kommt darauf an, welche Perspektive ich wähle, welchen Ausschnitt des Geschehens? Was lasse ich weg und was stelle ich dominant in den Vordergrund? Es ist wie bei dem Bild von einer Straße: Wenn Sie mit Bildern die Geschichte einer Straße erzählen wollen, können Sie die schönen Villen zeigen oder über Kanaldeckel und Rinnsteine berichten; Sie können den Kinderspielplatz mit schattigen Bäumen im Bild wiedergeben oder die Autos, die Gehwege zuparken; Sie können die Perspektive eines Besuchers im Straßencafé einnehmen oder eine alte Frau zeigen, die einem rücksichtslosen Radfahrer auf dem Bürgersteig ausweichen muss. Sie erzählen immer von der gleichen Straße. Es werden tagtäglich tausende, ja Millionen Bilder produziert. Auf Facebook werden weltweit pro Sekunde 4.000 Bilder hochgeladen. Bilder sind ständig verfügbar. Oft ist nicht zu unterscheiden, ob Amateure oder Profis diese Bilder aufgenommen haben. Der entscheidende Unterschied ist aber, mit welcher Haltung ich diese Bilder mache. Die fotografische Darstellung von Konflikten ist eine Form des Erzählens. Und wie jede Erzählung ist sie selektiv, lückenhaft und persönlich. Bilder waren noch nie die reine Abbildung der Realität und werden es auch nicht sein. Es kommt darauf an, mit welchem Wissen und mit welcher Reflexion der eigenen Arbeit ich an diese fotografische Aufgabe gehe. Natürlich sollen Reportagebilder informativ sein, sollen von Orten und Begebenheiten erzählen, sollen Neues zeigen, was dem Betrachter vielleicht noch fremd ist. Bilder sollen aber auch Platz lassen, um sie im eigenen Kopf weiter denken zu können. Vielleicht sind Bilder ja auch nur Links, die etwas antippen, um die Geschichte dann weiter zu denken. In jedem Fall müssen Bilder Fragen aufwerfen. Zum Fotografieren - gleich ob in Konflikten oder in der Darstellung von Alltäglichem gehört Neugier auf die Welt und der eigene Drang, die Welt mitzuteilen. Der französische Fotograf Henri Cartier-Bresson hat einmal gesagt: „Fotografieren bedeutet den Kopf, das Auge und das Herz auf dieselbe Visierlinie zu bringen. Es ist eine Art zu leben“. Neben Neugier und dem Drang etwas mitteilen zu wollen, braucht es aber auch Empathie, das Interesse an den Menschen, an der Situation, es braucht Recherche um den Kontext zu erfahren. Der in den USA lebende deutsche Fotograf Gerd Ludwig nennt es teilnehmende Fotografie ohne die notwendige journalistische Distanz dabei aufzugeben. „Jeder kann knipsen“, schreibt Friedrich Dürrenmatt. „Auch ein Automat. Aber nicht jeder kann beobachten. Fotografieren ist nur insofern Kunst, wenn sie sich der Kunst des Beobachtens bedient“. Meine Bilder von beiden Seiten der Mauer sind nicht repräsentativ. Sie sind spontan, subjektiv, aber immer voller Leidenschaft und Mitgefühl für die Menschen auf beiden Seiten. Die Bilder entstanden 2014 und 2015 in Jerusalem, Tel Aviv und der palästinensischen Westbank. Ich war unterwegs in der Altstadt von Jerusalem, in Mea Shearim, in Ost Jerusalem 41 mit traditionellen arabischen Gebieten und neuen jüdischen Siedlungen, in Bethlehem, Beit Sahour, Ramallah, Hebron und in jüdischen Siedlungen der Westbank. Fotografie hat das Potenzial bewusstes Sehen und Betrachten möglich zu machen. Und die Tiefe entsteht dabei durch das Betrachten mehrerer Seiten. Die Sperranlage - 2004 vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag für völkerrechtswidrig erklärt - die sich als Mauer in Ost-Jerusalem über Stadtteile und Hügel zieht, ist gewiss ein Symbol der Macht und auch ein Instrument der Unterdrückung. Sie erzählt aber auch etwas über die realen und irrationalen Ängste der israelisch-jüdischen Bevölkerung und über einen dominanten Sicherheitsdiskurs. Ich bin kein Kriegsfotograf, auch wenn man anscheinend nur noch mit dieser Art der Fotografie Preise gewinnen kann, wie der World Press Award in den letzten Jahren zeigt. Ich bin eher ein Fotograf des alltäglichen Lebens. Und da hat es mich gereizt auf beide Seiten dieser Mauer zu schauen, die Menschen trennt, ausgrenzt und so bedrohlich ein Land teilt. Die Bilder zeigen trennende Mauern und alltägliche Begebenheiten auf beiden Seiten der Sperranlage, sie zeigen Menschen, die gar nicht so weit voneinander leben und doch nichts miteinader zu tun haben. Sie zeigen wie eine Mauer mit Graffiti kommunizieren kann und sie erzählen von religiösen Menschen, die trotz aller Konflikte diese Stadt Jerusalem als ihren heiligen Ort sehen. Wie gesagt, ich bin kein Fotograf, der sich an den großen Konfliktherden dieser Welt aufhält. Dennoch möchte ich an die deutsche Fotojournalistin Anja Niedringhaus erinnern, die im April 2014 in Afghanistan erschossen wurde. Sie sagte: „Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt“. Es bekannt zu machen ist die Aufgabe von journalistischer Fotografie - in Konflikten und im Alltäglichen. 42 Mauern - geschlossene und offene Auf beiden Seiten der Mauer Getrennt im Studium von Hebräischer Bibel und Koran. An der Westmauer und auf dem Tempelberg. Wolfgang Noack Geboren 1953 in Braunschweig, Fotografenlehre, Studium und berufliche Tätigkeit in der Jugendbildungsarbeit. Heute ist Wolfgang Noack Redakteur einer Zeitschrift für Jugendbildungsarbeit und selbstständiger Fotograf in der Agentur dialog. Der Schwerpunkt der Fotografie liegt in der Reise- und Straßenfotografie. Bei zahlreichen Reisen nach Asien, Afrika und Amerika entstanden u.a. Reportagen über „Menschen und Religion“, über Protestbewegungen und dem Leben auf der Straße. Die Bilder sind in verschiedenen Zeitschriften, Büchern und Ausstellungen zu sehen. Wolfgang Noack lebt in Nürnberg und ist Mitglied der Gruppe Landmarker, Travel Photography www.wolfgangnoack.de www.landmarker.de
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