Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie

J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Risiken und Nebenwirkungen
von Psychotherapie
Jürgen Margraf
Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum,
Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
© J. Margraf, 2015, Folie 1
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie das
Informationsblatt und fragen Sie Ihren Psychotherapeuten“
Information für Patienten
Information für Patienten
_______________________________________________
___________________________________________
Verhaltenstherapie®
Psychoanalyse®
Uni X
?
Freud
_______________________________________________
_______________________________________________
■  Was ist Verhaltenstherapie und wie wird sie
■  Was ist Psychoanalyse und wie wird sie
angewendet?
angewendet?
Psychoanalyse gehört zur Gruppe der psychotherapeuVerhaltenstherapie gehört zur Gruppe der psychotheratischen Verfahren, die auf der Tiefenpsychologie aufbauen.
peutischen Verfahren, die auf der empirischen PsychoEs handelt sich um einen bewussten und geplanten
logie aufbauen. Es handelt sich um einen bewussten und
interaktionellen Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensgeplanten interaktionellen Prozess zur Beeinflussung von
störungen und Leidenszuständen, die in einem Konsensus
Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem
(möglichst zwischen Patient, Therapeut und BezugsKonsensus (möglichst zwischen Patient, Therapeut und
gruppe) für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit
Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig gehalten werden,
Information
psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist
mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation)
meist für Patienten
verbal, aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes,
verbal, aber auch averbal, in Richtung auf ein _______________________________________________
definiertes,
nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Strukturnach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Symptomänderung der Persönlichkeit und ggf. Symptomminimaliminimalisierung und/oder Heilung) mittels lehrbarer Techni®
sierung) mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer
Gesprächstherapie
ken auf der Basis einer Theorie des normalen und
patholoRogers
Theorie der normalen und pathologischen Entwicklung. In
gischen Verhaltens. In der Regel ist dazu eine_______________________________________________
tragfähige
der Regel ist dazu eine tragfähige emotionale Bindung
therapeutische Beziehung notwendig.
■  Was ist Gesprächstherapie und wie wird sie
notwendig.
_______________________________________________
angewendet?
_______________________________________________
■  Wann darf Verhaltenstherapie nicht
Gesprächstherapie gehört zur Gruppe der psychothera■  Wann darf Psychoanalyse nicht angewendet
angewendet werden?
peutischen Verfahren, die auf der humanistischen Psychowerden?
Bei fehlender oder unklarer Therapieindikation,logie
fehlender
aufbauen. Es handelt sich um einen bewussten und
Bei fehlender
oder unklarer Therapieindikation, fehlender
Therapiemotivation oder mangelnder Aussichtgeplanten
auf Erfolginteraktionellen Prozess zur Beeinflussung
von
Therapiemotivation
oder mangelnder Aussicht auf Erfolg
darf Verhaltenstherapie nicht oder nur unter
grösster
Verhaltensstörungen
und Leidenszuständen, die in
einem
darf
Psychoanalyse
nicht oder nur unter grösster Vorsicht
Vorsicht und nach klarer Information des Patienten/der
Konsensus (möglichst zwischen Patient, Therapeut und
nach klarer Information des Patienten/der Patientin
Patientin angewendet werden.
Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig gehalten und
werden,
angewendet
werden.
mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation)
meist
© J. Margraf, 2015, Folie 2
verbal, aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes,
nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Selbstkongruenz, Symptomminimalisierung und/oder Strukturänderung der Persönlichkeit) mittels lehrbarer Techniken
auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens. In der Regel ist dazu eine tragfähige
emotionale Bindung notwendig.
_______________________________________________
■  Wann darf Gesprächstherapie nicht
angewendet werden?
Bei fehlender oder unklarer Therapieindikation, fehlender
Therapiemotivation oder mangelnder Aussicht auf Erfolg
darf Gesprächstherapie nicht oder nur unter grösster
Vorsicht und nach klarer Information des Patienten/der
Patientin angewendet werden.
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 1
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Risiko Psychotherapie?
Warum wird über
,,Risiken und Nebenwirkungen“
bei Psychotherapie kaum gesprochen?
Mögliche Erklärung:
Zwei alternative Voreinstellungen
1. Psychotherapie ist generell unwirksam
(➨ also auch keine negativen Effekte)
„... Ist ja nicht sooo schlimm, wenn uns Psychotherapeuten mal ein
2. Psychotherapie
kann nur Gutes tun
Kunstfehler passiert.“
© J. Margraf, 2015, Folie 3
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Überblick
• 
• 
• 
• 
• 
Psychotherapie ist generell unwirksam
Psychotherapie kann nur Gutes tun
Arten von Risiken und Nebenwirkungen
Menschliche Urteilsbildung und Psychotherapie
Was tun?
© J. Margraf, 2015, Folie 4
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 2
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Psychotherapie generell unwirksam?
•  Frühe Äußerungen:
•  Karl Kraus
–  „Die Psychoanalyse ist die Krankheit, für
deren Heilung sie sich hält“
•  H.-J. Eysenck (1952)
–  Mit Psychotherapie nicht mehr
Verbesserung als ohne Psychotherapie
(„Spontanremission“)
© J. Margraf, 2015, Folie 5
Psychotherapieforschung:
„Vom Regen in die Traufe“
FORSCHUNGS UND
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Früher viel zu wenig adäquate* Studien,
heute kaum überschaubare Vielzahl
???
*Keine Kontrollgruppen, Zufallszuweisung, objektiven Erfolgsmasse etc.
3500?
Anzahl kontrollierter Therapiestudien:
4
77
220
bis ca.
1950
bis ca.
1960
bis ca.
1970
500
bis ca.
1980
bis ca.
1990
heute
Allein zur Depression alle 5 Stunden 1 Artikel
© J. Margraf, 2015, Folie 6
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Revenstorf 1984, Anderson et al. J Clin Psychol 2000, 56, 491-504
• 3
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Ergebnisse der Wirksamkeitsforschung:
Zusammenfassung
•  Psychotherapie wirkt
(durchschnittliche Effektstärken > 0.8, d.h. „groß“)
•  Aber: Nicht alles wirkt gleich gut bzw. ist gleich
gut untersucht
(u.a. Wirksamkeitsunterschiede, mangelnde Daten)
•  Auf verschiedenen Wegen sehr ähnliche
Ergebnisse
(RCT´s, Efficacy- und Effectiveness-Studien, Meta-Analysen,
Mindestkriterien f. empirically supported treatments)
© J. Margraf, 2015, Folie 7
FORSCHUNGS UND
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Wirksamkeitsforschung:
Vergleich mit medizinischen Therapien
Effektstärke (behandelt vs. nicht behandelt)
Erfolgswahrscheinlichkeit (behandelt vs. nicht behandelt)
0
.20
.40
.60
.88
.73
Herzchirurgie
(Bypass)
.80
.71
.61
Pharmakotherapie
bei Arthritis
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
1.20
.80
Psychotherapie
allgemein
© J. Margraf, 2015, Folie 8
1.00
1.21
Kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren
Aspirin zur Prävention
von Herzinfarkt
.80
.67
.07
.52
Grawe et al. (1994), Howard & Orlinski (1994), Lutz (2003)
• 4
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Was fehlt?
Psychotherapie ist Heilbehandlung
•  Wirksamkeit: Praxisbewährung und Qualitätssicherung
•  Wirtschaftlichkeit: Kosten-Nutzen-Verhältnis
•  Unbedenklichkeit: Risiken und Nebenwirkungen
© J. Margraf, 2015, Folie 9
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Überblick
• 
• 
• 
• 
• 
Psychotherapie ist generell unwirksam
Psychotherapie kann nur Gutes tun
Arten von Risiken und Nebenwirkungen
Menschliche Urteilsbildung und Psychotherapie
Was tun?
© J. Margraf, 2015, Folie 10
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 5
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Psychotherapie kann nur Gutes tun
Neue Zürcher Zeitung
© J. Margraf, 2015, Folie 11
„The deterioration effect“
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
A. Bergin (1966) als „Entdecker“ negativer Psychotherapiewirkungen
Therapeutische
Veränderung
• 
• 
• 
• 
Analyse der Mittelwerte
und Streuungen in
Psychotherapiestudien
Schematische Verteilung
der „Kriterienwerte“
In ca. 10% aller Fälle
Verschlechterungen
Argument für die
Wirksamkeit von
Psychotherapie
Spontane
Veränderung
Mittelwert
Mittelwert
Keine Veränderung
Verschlechterung
Prä
Post
Kontrollgruppe
Therapiegruppe
© J. Margraf, 2015, Folie 12
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• 6
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Fehlende Fachliteratur
Literaturrecherche: Englisch, Deutsch (2003)
PsycINFO
Medline
Pubmed
(1887-2002)
(1960-2002)
(1960-2002)
31
11
11
2
1
2
2
1
1
0
0
0
44
13
13
9
3
5
& Psyndex
Risk & Psychotherapy
Risk & Behavior Therapy
Side effects & Psychotherapy
Side effects & Behavior Therapy
Failure & Psychotherapy
Failure & Behavior Therapy
Margraf, Verhaltenstherapie, 2003.
© J. Margraf, 2015, Folie 13
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Auch nicht bei Google...
Anzahl Treffer
Google August 2008)
Verschiedene englische Bezeichnungen für
Verhaltenstherapie und kognitive Therapie
Deren Kombination mit „negative effects“,
„negative outcomes“, „side effects“, „risks“
oder „damage“
5´753´800
5*
*3 kurze Meinungsäußerungen,
1 Chronic Fatigue Selbsthilfe, 1 Scientology
Ähnliches Ergebnis in deutscher Sprache
(924´000 vs. 2 Treffer)
© J. Margraf, 2015, Folie 14
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
J. Margraf & S. Schneider, Lehrbuch der Verhaltenstherapie,
Band 1, Kapitel 17. Berlin: Springer, 3. Auflage, 2009.
• 7
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
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Steigendes Problembewusstsein
(Literatursuche 2015)
Zum Vergleich:
•  Zu Themen wie Depression oder Angst
alle zwei Stunden ein neuer Artikel
(Peer Review)
16
•  Ca. 4380 Artikel, d.h. das 275fache!
•  Datenbanken: PsycINFO, Psyndex, Medline, Pubmed
•  Suchbegriffe (jeweils in Kombination mit „psychotherapy“): „side effects“, „treatment
failures“, „therapeutic damage“, „negative effects“ „unwanted effects“, „harmful effects“,
„adverse effects“, „adverse outcome“, „negative outcome“, „malpractice“, „risk“
•  Sprachen: Englisch und Deutsch
© J. Margraf, 2015, Folie 15
FORSCHUNGS UND
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Fehlende Daten durch methodische
Artefakte?
Typische Ratingskala zum „Therapieerfolg“:
„viel besser oder geheilt“
„ziemlich besser“
„etwas besser“
„unverändert oder verschlechtert“
© J. Margraf, 2015, Folie 16
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
❑
❑
❑
❑
3
2
1
0
Clinician´s Global Impression Scale - CGI
• 8
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2. Juni 2015
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Fehlende Daten durch differentielle
Bewertung?
•  Gedankenexperiment:
–  Medikament mit 80% Erfolgsquote
–  3% gravierende Nebenwirkungen
–  Zulassung sinnvoll bzw. möglich?
© J. Margraf, 2015, Folie 17
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Guter Wille reicht nicht...
Zwei Beispiele:
1
Psychologisches
Debriefing
2
Ambulante RoutineKinderpsychotherapie
© J. Margraf, 2015, Folie 18
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 9
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
Beispiel 1:
Psychological Debriefing
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•  J. Mitchell (1983): Critical incident stress
debriefing (CISD)
–  Ziel: emotionale Verarbeitung traumatischer
Erfahrungen
–  Begeisterte Aufnahme, viele Modifikationen
•  A. Dyregrov (1989): Psychological debriefing
(PD)
–  Sammelbegriff für psychologische Nothilfe
© J. Margraf, 2015, Folie 19
Durchführung, Inhalte und Ziele
des Debriefings
•  Möglichst 48 - 72 Std.
nach Trauma
•  Meist Gruppensetting
•  2 geschulte Leiter
•  1 - 3 Stunden
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•  Einführung
•  Fakten
•  Gedanken und
Impressionen
•  Emotionale Reaktionen
•  Normalisierung
•  Zukunftsplanung
•  Loskopplung
§  Verringern von akuter Belastung durch das Trauma
§  Vorbeugung negativer Langzeiteffekte bzw. PTB
© J. Margraf, 2015, Folie 20
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 10
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Achtung Nothilfe! Prävention durch Debriefing?
3-Jahres-Katamnese einer kontrollierten klinischen Studie bei Unfallopfern
Mit
Debriefing
Ohne
Debriefing
© J. Margraf, 2015, Folie 21
Metaanalyse zum Debriefing:
Methoden
Mayou, Ehlers & Hobbs 2000
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
•  Alle Primärstudien mit folgenden
Einschlusskriterien:
–  Probanden erlebten Trauma nach DSM-IV-Definition
–  Kontrollgruppe mit gleicher Art von Traumatisierung
–  Kurze Intervention im ersten Monat nach Trauma
–  Gespräch über das Erleben des Traumas und
Normalisierung emotionaler Reaktionen
–  Einzel- und Gruppensetting
•  15 Studien erfüllten Einschlusskriterien
•  Effektstärken (Hedges g) für PTB-Symptome
unmittelbar, kurz- und mittelfristig
© J. Margraf, 2015, Folie 22
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Mitte, Steil & Nachtigall. (im Druck)
• 11
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Effekte des Debriefing:
Meta-Analyse publizierter Studien
Effektstärke
(Hedges‘ g)
0.5
0.38
0.4
0.3
0.2
0.1
0.01
0
- 0.1
- 0.2
- 0.16
- 0.3
Unmittelbar
(<1 Monat)
Kurzfristig
(1-3 Monate)
Mittelfristig
(>6 Monate)
© J. Margraf, 2015, Folie 23
Beispiel 2:
Routine-Kinderpsychotherapie
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
•  Wie wirkt Routine-Kinderpsychotherapie in
ambulanten Einrichtungen?
•  132 Kinder: 60 % weiblich, 10 Jahre
•  Behandlung wurde Familien über Schule
angeboten
•  Symptomatik:
–  Angst/Depression, aggressives Verhalten,
Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsproblematik,
Somatische Beschwerden
© J. Margraf, 2015, Folie 24
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Weiss et al. (1999/ 2000)
• 12
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
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PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Routine-Kinderpsychotherapie
•  Therapiesetting und durchschnittliche
Sitzungszahl
–  Einzeltherapie (60)
–  Gruppentherapie (4)
–  Elterntraining (19)
–  Lehrergespräche (13)
•  Therapieart
–  v.a. Psychodynamisch-Humanistische Verfahren
•  Vergleich mit „academic tutoring“ (M=53
Sitzungen)
Weiss et al. (1999/ 2000)
© J. Margraf, 2015, Folie 25
Wirksamkeit von RoutineKinderpsychotherapie
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Effektstärke
0,8
mittel
0,5
klein
0,2
Eltern
Lehrer
0,0
Selbst
-0,2
Peers
klein
-0,5
mittel
-0,8
© J. Margraf, 2015, Folie 26
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Individuelle
Hauptsymptomatik
Emotionale
Probleme
Aggression +
Aufmerksamkeit
Weiss, Catron, Harris & Tam (1999)
• 13
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Psychotherapie kann auch schaden
•  Einige mögliche Gründe für negative Effekte in
diesem Beispiel
–  keine Selbstselektion
–  z.T. keine ausgebildeten Psychotherapeuten
–  keine empirisch validierten Psychotherapien
© J. Margraf, 2015, Folie 27
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Fehlversorgung als Routinefall?
•  Behandlung kindlicher Aufmerksamkeits-/
Hyperaktivitätsstörungen (ADHD, Lauth et al.):
–  Befragung aller 795 zugelassenen Kinderpsychotherapeuten in
Nordrhein-Westfalen (Psychologische Psychotherapeuten,
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Kinder- und
Jugendpsychiater)
–  Therapie entsprechend der geltenden Leitlinien nur bei kleiner
Minderheit:
➜ Je nach enger bzw. weiter Auslegung 58-64 von 795 Therapeuten
= 7,3 % - 8,1 % !
© J. Margraf, 2015, Folie 28
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Lauth et al., persönliche Mitteilung
• 14
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Jenseits der Psychotherapie:
Evidenzbasiertheit in der Medizin
Alle stationär und ambulant erbrachten
medizinischen Dienstleistungen
51% ohne
wissenschaftliche
Evidenz
45% beruhen auf
einfacherer Evidenz
4% beruhen auf
belastbarer Evidenz
© J. Margraf, 2015, Folie 29
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Überblick
• 
• 
• 
• 
• 
Psychotherapie ist generell unwirksam
Psychotherapie kann nur Gutes tun
Arten von Risiken und Nebenwirkungen
Menschliche Urteilsbildung und Psychotherapie
Was tun?
© J. Margraf, 2015, Folie 30
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 15
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
Nebenwirkungen und Risiken:
Ein Vorschlag zur Systematik
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
➊
Erfolglosigkeit oder
Nebenwirkung
angemessener Therapie
➋
Schädigung durch
Behandlungsfehler
➌
Schädigung durch
unethisches
Verhalten
Hoffmann, S.O. (2002)
© J. Margraf, 2015, Folie 31
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
1. Erfolglosigkeit oder Nebenwirkung
angemessener Therapie
•  Begleiterscheinungen der Störung an sich, die
auch beim besten Verlauf nicht zu vermeiden sind
(z.B. Stimmungstiefs, Angstzustände)
•  Aversive Folgen oder Begleiterscheinungen der
Behandlung, die nicht zu umgehen sind (z.B.
Angst bei Konfrontationstherapien)
•  Keine 100% Erfolgsquote bei Psychotherapie
–  Demoralisierung
–  Suizidalität
© J. Margraf, 2015, Folie 32
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 16
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Effektstärken in der psychosomatischen
Rehabilitation
3113 Patienten (BfA, LVA Rheinland-Pfalz, LVA Westfalen),
105 Kliniken/Abteilungen,
6 Monats-Katamnese per Fragebogen,
Rücklaufquote 46.6%
Effektstärke
1,0
gross
0,8
mittel
0,5
0.45
klein
0,2
0.38
0.28
0,0
SCLSomatisierung
SCLAngst
SCLDepression
(Koch & Schulz 2003)
© J. Margraf, 2015, Folie 33
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Was geschieht wirklich?
Repräsentativstudie 1
Behandlungsarten für Angst in Deutschland
(Behandlungsrate insgesamt nur 40%, N=3000)
0
20
40
Stationär
%
20.8
18.5
Psychotherapie
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
100
84.6
Beratung
© J. Margraf, 2015, Folie 34
80
90.4
Medikamente
Andere
60
9.6
Margraf & Poldrack, Z Klin Psychol 2000
• 17
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Was geschieht wirklich?
Repräsentativstudie 2
Arten von Psychotherapie für Angst in Deutschland
(% aller behandelten Fälle)
0
2
4
6
8
Psychodynamisch/GT
%
10.4
10.2
Entspannung/Hypnose
Kog. VT
12
10
1.0
Margraf & Poldrack, Z Klin Psychol 2000
© J. Margraf, 2015, Folie 35
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Was wird abgerechnet?
% aller abgerechneten Psychotherapiefälle in Deutschland
0
10
20
30
40
50
© J. Margraf, 2015, Folie 36
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
%
58
Psychodynamisch
Kog. VT
60
42
Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung
• 18
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
2. Schädigung durch Behandlungsfehler
•  Unangemessene Durchführung (nicht sorgfältig,
nicht richtig, nicht zeitgerecht...)
•  Kann alle Bereiche psychotherapeutischer
Tätigkeit betreffen (Diagnostik, Indikation,
Therapie)
–  Rein psychotherapeutischer Art (fehlerhafte Diagnostik,
fehlerhafte Therapietechnik)
–  Organisatorischer Art (z.B. ungenügende Absprache
zwischen Behandlern)
© J. Margraf, 2015, Folie 37
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Beispiele für Behandlungsfehler
•  Partnerprobleme
•  Psychotische Dekompensation
•  Unrealistische Therapieziele
–  („Hollywood-Perspektive“)
•  Übernahme/Aufoktroyieren falscher
Normen
–  (immer glücklich, sexuell frei, spontan,
kreativ, potent in allen Lebenslagen...)
•  Therapie“sucht“
–  (ständig neue ,,Kicks“, „TherapieJunkies", ,,Psychokarriere")
Ausgaben: $ 234.420.Einnahmen: $ 50.000.© J. Margraf, 2015, Folie 38
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 19
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
3. Schädigung durch unethisches
Verhalten
•  Verstoß gegen allgemeine oder spezielle ethische
Prinzipien
•  Sexueller Missbrauch
–  Prävalenz bei männlichen Therapeuten 6 % (1-14%)
–  Prävalenz bei weiblichen Therapeuten 2 % (0.2-8%)
–  Klugheit, Kreativität, Status, Ruhm schützen nicht vor
therapeutischem Fehlverhalten (Ausbildner?)
•  Bewusste oder fahrlässige Manipulation des Patienten
zum Nutzen des Therapeuten
–  Abhängigkeit, Entmündigung, Bevormundung (Woody-AllenSyndrom: ,,muss erst meinen Therapeuten fragen", lebenslange
Therapie)
© J. Margraf, 2015, Folie 39
J. Margraf & S. Schneider, Lehrbuch der Verhaltenstherapie,
Band 1, Kapitel 17. Berlin: Springer, 3. Auflage, 2009.
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Ausbildner, Lehrtherapeuten und Supervisoren
sind nicht besonders geschützt
•  Kein ausreichender Schutz durch gute therapeutische
und/oder wissenschaftliche Ausbildung
–  Pope & Bajt (1988): Psychologen, die als besonders
kenntnisreich, gut ausgebildet und erfolgreich eingeschätzt
wurden, zeigten höhere Rate selbst berichteter sexueller
Kontakten
–  Ähnliche Hinweise gibt es auch für Psychiater und Sozialarbeiter
(Gartrell et al. 1986, Gechtman 1989)
–  Therapeuten mit Lehranalyse oder Eigentherapie hatten
signifikant häufiger sexuelle Kontakte mit Patientinnen (Gartrell et
al. 1986)
Ø  Fachliche Ausbildung per se reicht nicht, unethisches
Verhalten muss explizit in Ausbildung thematisiert werden
© J. Margraf, 2015, Folie 40
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 20
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
Kein Thema in der Ausbildung:
Sexuelle Anziehung
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
•  Sexuelle Anziehung gegenüber Patienten wird
von 95% (Männer) bzw. 76% (Frauen) aller
Therapeuten berichtet
•  Kaum ein Thema in der Ausbildung:
–  Gar nicht:
–  Sehr wenig:
–  Etwas:
–  Ausreichend:
55%
24%
12%
9%
Pope et al. 1987,
Scholten & Margraf im Druck
© J. Margraf, 2015, Folie 41
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
3. Schädigung durch unethisches
Verhalten – prominente Beispiele
Sabina Spielrein
Norma Jean Baker –
Marilyn Monroe
George Gershwin
Sergej Pankejeff –
Der Wolfsmann
© J. Margraf, 2015, Folie 42
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
J. Margraf & S. Schneider, Lehrbuch der Verhaltenstherapie,
Band 1, Kapitel 17. Berlin: Springer, 3. Auflage, 2009.
• 21
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
„Rhapsody in blue“ als „worst case
scenario“ der Psychotherapie
•  Seit seinem 25. Lebensjahr hatte G. Gershwin
Krampfanfälle und abdominale Beschwerden
•  Ergebnislose Abklärungen, Verschlimmerung und
weitere Beschwerden
•  Schließlich Psychotherapie (fünf Sitzungen/Woche)
•  Kopfschmerzen vom Therapeuten als „neurotisch“
eingestuft
•  Selbst Versuch, die Gabel in´s Ohr zu stecken
tiefenpsychologisch gedeutet è „neurotische
Depression“
•  Mit 36-38 Jahren olfaktorische Halluzinationen mit
mangelnder Ansprechbarkeit (z.B. bei Probe zu
„Rhapsody in blue“ Geruch von brennendem Müll)
•  Erst jetzt Vermutung Hirntumor durch Notoperation
bestätigt, Gershwin überlebte Operation nicht
© J. Margraf, 2015, Folie 43
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Überblick
• 
• 
• 
• 
• 
Psychotherapie ist generell unwirksam
Psychotherapie kann nur Gutes tun
Arten von Risiken und Nebenwirkungen
Menschliche Urteilsbildung und Psychotherapie
Was tun?
© J. Margraf, 2015, Folie 44
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 22
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Der Mensch
•  Sind wir rational oder irrational?
•  Antwort: Wir sind begrenzt rational
•  Unsere Kapazität zur Verarbeitung von
Informationen ist begrenzt
•  Wir sind Sinnsucher
•  Wir verallgemeinern (oft selektiv)
•  Wir vertrauen unserer Erfahrung
© J. Margraf, 2015, Folie 45
Ist doch klar!?
Menschliche Urteilsbildung
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
© J. Margraf, 2015, Folie 46
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 23
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Psychotherapie als
wissenschaftlich begründetes Handeln
Drei Standbeine:
Alltagserfahrung
Berufserfahrung
Wissenschaft
§  Verschiedene Funktionen der Standbeine, nicht
gegeneinander austauschbar
§  Häufig Überbetonung individueller Erfahrung
Sind Psychotherapeuten (und Wissenschaftler) durch
Erfahrung, Ausbildung oder Lehrtherapie
besonders objektiv?
Kaminski 1971, Baumann 2000
© J. Margraf, 2015, Folie 47
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Verzerrungen und Selbsttäuschungen
auch bei Psychotherapeuten?
Studien mit Psychiatern, Psychologen, Studenten
§  Film: „Bewerbungsgespräch“ vs. „Therapiesitzung“
attraktiv, ordentlich
aufrichtig, realistisch
innovativ
angespannt, defensiv
abhängig, unrealistisch
verleugnend, passiv-aggressiv
§  Problemfreies Tonband und „anerkannte Autorität“
neurotisch/psychotisch vs. gesund vs. Bewerbungsgespräch
Deutlicher Einfluß der „Autorität“
➨ Allgemein: ausgebildete Kliniker stärker beeinflussbar!
© J. Margraf, 2015, Folie 48
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Rosenthal und Seligman 1992
• 24
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Psychologen und Psychotherapeuten
•  Sind Menschen è Stärken und Schwächen menschlicher
Informationsverarbeitung
–  Rasche Hypothesenbildung è Gefahr der
„Bestätigungsdiagnostik“
–  Überschätzung bestätigender Fakten, Abwertung
widersprechender Fakten
–  Überbetonung individueller Erfahrung
–  Simple Heuristiken, z.B. „mehr = besser“
“Most clinical psychologists select their methods like
kids make choices in a candy store: They look around,
maybe sample a bit, and choose what they like,
whatever feels good to them.” (Walter Mischel)
© J. Margraf, 2015, Folie 49
Mischel, W. (2008). Connecting clinical practice to scientific progress. Psychological Science in the Public Interest, 9, i-ii.
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Aus Erfahrung lernen?
•  Subjektives Signifikanzniveau im Alltag: 20-30%
© J. Margraf, 2015, Folie 50
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 25
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Erfahrung reicht nicht!
•  Hippocrates: Größter Feind des
Arztes sind seine Erfahrungen
•  Das Beispiel des Uri Geller
© J. Margraf, 2015, Folie 51
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Wissen allein reicht nicht!
•  Wissen ist notwendig, aber nicht hinreichend für
Verhaltensänderung!
•  Das Beispiel gesunder Lebensstil:
–  Kernelemente des gesunden Lebensstils sind der
deutschen Bevölkerung wohlbekannt
• 
• 
• 
• 
• 
Regelmäßige körperliche Aktivität
Nicht rauchen
Gesunde Ernährung
Psychosoziales Wohlbefinden
Saubere Umwelt
–  Aber nur 20-30% der Deutschen verhalten sich
danach, d.h. 70-80% haben Defizite!
© J. Margraf, 2015, Folie 52
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 26
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Unsere Besonderheiten berücksichtigen
•  Klinische Arbeitsbedingungen schränken Erfahrungslernen ein und begünstigen „selbsterfüllende Prophezeiungen“ (z.B. mangelnde Rückmeldung über Ergebnisse)
•  Abhilfe:
–  Kumulation von Wissen über Individuen hinweg (Wissenschaft)
–  Berücksichtigung unserer Eigenarten
–  prozedurale Hilfsmittel (vgl. Luftfahrt: Checklisten + Manuale)
•  Wissenschaftlich fundierte Ausbildung verbessert
Einschätzungen
–  der Bedeutung und Akzeptanz evidenzbasierter Interventionen
–  von Patienten, Kollegen und sich selbst
© J. Margraf, 2015, Folie 53
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Ein Beispiel: Prozedurale Hilfsmittel
© J. Margraf, 2015, Folie 54
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 27
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Checklisten verringern Fehldiagnosen
•  477 Psychotherapeuten beurteilten 3 Falldarstellungen
–  Borderline
–  Depression
–  Generalisierte Angststörung
•  Zufallszuweisung:
–  mit Checkliste
–  ohne Checkliste
•  Zieldiagnosen korrekt erkannt
(>80%), kein Geschlechtseffekt
•  Mit einfacher Checkliste deutlich
weniger Fehldiagnosen
% Fehldiagnosen
50
Ohne
Checkliste
40
30
20
41
38
29
Mit
Checkliste
16
15
11
10
0
Depression GAS
© J. Margraf, 2015, Folie 55
Borderline
Cwik, Lemke, Papen & Margraf, in Vorbereitung
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Überblick
• 
• 
• 
• 
• 
Psychotherapie ist generell unwirksam
Psychotherapie kann nur Gutes tun
Arten von Risiken und Nebenwirkungen
Menschliche Urteilsbildung und Psychotherapie
Was tun?
© J. Margraf, 2015, Folie 56
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 28
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Die ältesten Vorschriften über die
ärztliche Haftung
•  Altbabylonische Gesetze des Hammurabi
(1793-1750 vor Chr.)
•  Unmittelbar nach Körperverletzung werden
Gebühren und Verantwortlichkeit der Ärzte
geregelt
•  „§ 218: Wenn ein Arzt einem Bürger eine schwere
Wunde mit einem Operationsmesser beibringt und
den Tod des Bürgers herbeiführt, oder wenn er
eine Schläfe des Bürgers mit einem Operationsmesser öffnet und das Auge des Bürgers zerstört,
so soll man ihm eine Hand abschneiden.“
(vermutlich Staroperation gemeint)
•  Erfolgshaftung - weder Sorgfaltswidrigkeit noch
Verschulden als Voraussetzung für Strafe
© J. Margraf, 2015, Folie 57
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Jay Haley 1969:
The art of being a failure as a therapist
Too much emphasis has been placed upon
how to be successful as a therapist and
too little has been written about how to fail.
Twelve steps for failing in psychotherapy
are described within the proper ideological
framework, and it is argued that any
therapist can achieve this end with proper
training.
© J. Margraf, 2015, Folie 58
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Haley, J. American Journal of Orthopsychiatry, 1969, 39 (4), 691-695.
• 29
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Twelve steps for failing... (1)
1.  The central pathway to failure is based upon a nucleus of
ideas which, if used in combination, make success as a failure
almost inevitable.
2.  It is particularly important to confuse diagnosis and therapy.
3.  Put the emphasis upon a single method of treatment no matter
how diverse the problems which enter the office.
4.  Have no theory, or an ambiguous and untestable one, of what
a therapist should do to bring about therapeutic change.
5.  Insist that only years of therapy will really change a patient.
6.  As a further step to restrain patients who might spontaneously
improve, it is important to offer warnings about the fragile
nature of people and insist they might suffer psychotic breaks
or turn to drink if they improve.
© J. Margraf, 2015, Folie 59
Haley, J. American Journal of Orthopsychiatry, 1969, 39 (4), 691-695.
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Twelve steps for failing... (2)
7.  As a further step to restrain patients who might spontaneously
improve, the therapist should focus upon the patient’s past.
8.  As yet another step with that aim, the therapist should interpret
what is most unsavory about the patient to arouse his guilt so
that he will remain in treatment to resolve the guilt.
9.  Perhaps the most important rule is to ignore the real world that
patients live in and publicize the vital importance of their
infancy, inner dynamics, and fantasy life.
10. Avoid the poor because they will insist upon results and
cannot be distracted with insightful conversations.
11. A continuing refusal to define the goals of therapy is essential.
12. Finally, it cannot be emphasized enough that it is absolutely
necessary to avoid evaluating the results of therapy.
© J. Margraf, 2015, Folie 60
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 30
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Was tun (1)?
•  Sorgfältige Dokumentation in Psychotherapie-Studien
–  Als Butler und Zelen (1977) vorschlugen, das Problem intimer
Beziehungen zwischen Therapeuten und Patienten zu
untersuchen, wurden sie mit dem Ausschluss aus ihrer
Fachorganisation bedroht
•  Einrichtung von Melderegistern
– 
– 
– 
– 
– 
Critical Incident Reporting System
Auf Wunsch anonym
Hilfsangebot
Kumulative Datenbank
Rückmeldeschleife
© J. Margraf, 2015, Folie 61
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Ψ
FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE
Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie
© J. Margraf, 2015, Folie 62
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 31
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
© J. Margraf, 2015, Folie 63
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
© J. Margraf, 2015, Folie 64
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 32
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Was tun (2)?
•  Selbstkontrolle der Therapeuten
–  Professionelle Haltung
–  Reflektion eigener Motive/Verhaltens
–  Bereitschaft, über den eigenen Tellerrand
hinauszublicken
•  Zulassungsverfahren für Psychotherapien
•  Leitlinien und Richtlinien
•  Kontinuierliche Supervision und Fortbildung
© J. Margraf, 2015, Folie 65
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Ein Frühwarnsystem für Grenzüberschreitungen
•  Exploitation Index
•  Beispielitems:
–  Erzählen Sie Patienten Persönliches über sich selbst, um sie zu
beeindrucken?
–  Sind Sie stolz darauf, dass so eine attraktive, wohlhabende, mächtige
oder wichtige Patientin Ihre Hilfe sucht?
–  Erzählen Sie sensationelle Aspekte aus dem Leben Ihres Patienten
weiter (auch wenn Sie die Identität des Patienten nicht preisgeben)?
–  Akzeptieren Sie Geschenke oder Vermächtnisse von Patienten?
–  Haben Sie sich an irgendwelchen Aktivitäten des Patienten beteiligt, mit
denen eine dritte Partei getäuscht oder betrogen wurde (z.B.
Versicherung)?
–  Machen Sie Ausnahmen für Patienten wie etwa spezielle
Terminabsprachen oder niedrigere Honorare, weil Sie die Patientin
attraktiv, anziehend oder beeindruckend finden?
© J. Margraf, 2015, Folie 66
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Epstein RS, Simon RI. (1990). The Exploitation Index: an early warning
indicator of boundary violations in psychotherapy. Bull Menninger Clin, 54, 450-465.
• 33
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Die schiefe Bahn
© J. Margraf, 2015, Folie 67
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Was tun (3)?
•  Sorgfältige Aufklärung der Patienten
–  „Informed consent“
–  Patienten als aufgeklärte Verbraucher
•  Adäquate gesetzliche Regelung für Ausbildung
und Ausübung von Psychotherapie
–  Berufskammern
–  Ehrengerichte
–  Schiedsstellen etc.
•  Vorsicht bei Problemlösungen im Stile von „mehr
desselben“
•  Empirie statt Ideologie
© J. Margraf, 2015, Folie 68
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 34
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Wohin in Zukunft?
•  Trotz großer Möglichkeiten zeigt Versorgungsforschung erhebliche Probleme der psychotherapeutischen Versorgung
•  Guter Wille reicht nicht
–  Machbares machen
–  Risiken beachten
–  Evidenzbasierte Praxis
© J. Margraf, 2015, Folie 69
• © J. Margraf, Folie 69
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
„Evidence-Based Practice“
(Modifiziert nach Roth & Fonaghy 1996)
Innovative
Praxis
Psychopathologische
Forschung
Evaluation
von Fallserien
Professioneller Konsens
Psychotherapieforschung
informiert
KonsensusKonferenzen
Aus-, Fort- und
Weiterbildung
zeigt Lücken
Leitlinien
Klinisches
Urteil
Klinische
Praxis
Qualitätskontrolle
Evidenzbasierte Praxis
o
inf
informiert
Theorieentwicklung
rm
Verbesserte
Versorgung
t
ier
ErgebnisBenchmarks
© J. Margraf, 2015, Folie 70
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 35
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie das
Informationsblatt und fragen Sie Ihren Psychotherapeuten“
Information für Patienten
__________________________________________
Verhaltenstherapie®
__________________________________________
■  Was ist Verhaltenstherapie und wie wird sie
angewendet?
Verhaltenstherapie gehört zur Gruppe der psychotherapeutischen Verfahren, die auf der empirischen
Psychologie aufbauen. Es handelt sich um einen
bewußten und geplanten interaktionellen Prozess zur
Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem Konsensus (möglichst
zwischen Patient, Therapeut und Bezugsgruppe) für
behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist
verbal, aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes
Ziel (Symptomminimalisierung und/oder Strukturänderung der Persönlichkeit) mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und
pathologischen Verhaltens. In der Regel ist dazu eine
tragfähige emotionalen Bindung notwendig.
__________________________________________
■  Wann darf Verhaltenstherapie nicht
angewendet werden?
Bei fehlender oder unklarer Therapieindikation, fehlender Therapiemotivation oder mangelnder Aussicht
auf Erfolg darf Verhaltenstherapie nicht oder nur
unter größter Vorsicht und nach klarer Information
des Patienten/der Patientin angewendet werden.
_________________________________________
■  Welche Nebenwirkungen kann
Verhaltenstherapie haben?
Verhaltenstherapie ist im allgemeinen gut verträglich. Dennoch sind vereinzelt die folgenden Probleme beobachtet worden:
Erfolglosigkeit oder unangenehme Begleiterscheinungen angemessener Therapie
•  Begleiterscheinungen der Störung an sich, die
auch beim besten Verlauf nicht zu vermeiden sind
(z.B. Stimmungstiefs, Angstzustände)
•  Aversive Folgen oder Begleiterscheinungen der
Behandlung, die nicht zu umgehen sind (z.B. Angst
bei Konfrontationstherapien)
•  Keine 100% Erfolgsquote bei Psychotherapie
Schädigung durch Behandlungsfehler
•  Unangemessene Behandlung (nicht sorgfältig,
nicht richtig, nicht zeitgerecht)
•  Falsche Diagnostik, Auswahl des Behandlungsverfahrens, Therapie, Nachsorge, Prävention
•  Fehlerhafte Organisation (z.B. ungenügende
Absprache zwischen Psychotherapeuten)
Schädigung durch unethisches Verhalten
•  Sexueller Missbrauch
•  Bewusste oder fahrlässige Manipulation des
Patienten zum Nutzen des Therapeuten
__________________________________________
■  Darf Verhaltenstherapie während einer
Schwangerschaft angewendet werden?
Es sind keine negativen Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Geburt festgestellt worden. Dennoch
gelten auch hier die allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen. In jedem Fall sollten Sie ihren Verhaltenstherapeuten/Ihre Verhaltenstherapeutin über Ihre Schwangerschaft informieren.
__________________________________________
■  Wann ist bei der Anwendung Vorsicht geboten?
Wenn die Begründung der gewählten Therapie nicht
klar erläutert wurde, Therapieziele nicht explizit vereinbart wurden, Uneinigkeit über den Verlauf der Behandlung besteht oder die therapeutische Beziehung
beeinträchtigt ist, ist Vorsicht geboten. Vorsicht ist
weiterhin geboten, wenn es zu (plötzlichen) Verschlechterungen des Befindens kommt oder trotz
hinreichender Therapiedauer keine Besserung eintritt.
__________________________________________
■  Wie wirkt Verhaltenstherapie?
Die Wirkungen von Verhaltenstherapie beruhen auf
spezifischen und unspezifischen Prozessen, die
zudem je nach Art der behandelten Problematik
unterschiedlicher Natur sein können. Auch wenn
heute noch nicht alle beteiligten Wirkvariablen und
deren Interaktionen geklärt sind, so besteht doch
weitgehend Einigkeit darüber, dass
„Überweisung
ist eine der besten
therapeutischen Techniken“
(A. Lazarus)
Uni X
© J. Margraf, 2015, Folie 71
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
© J. Margraf, 2015, Folie 72
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 36
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
• Fehler
• Handlung
• Fehlerprä
• vention
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
• Negative Konse• 
quenzen
• Fehlermanage• ment
•  Fehlermanagement: Sinnvoller Umgehen mit Fehlern,
•  mit den Zielen ...
•  negative Effekte nicht aufkommen zu lassen
•  Folgefehler zu vermeiden (Fehlerkaskaden)
•  Diesen Fehler in Zukunft zu vermeiden (oder zumindest die eigene
Fehlerhaftigkeit in diesem Bereich zu kennen)
•  Schnelles Umgehen mit Fehlern und dessen negativer Folgen
(schnelle Entdeckung, schnelle Korrektur)
•  Moeglichst positive Konsequenzen zu maximieren
© J. Margraf, 2015, Folie 73
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Psychologen und Psychotherapeuten
•  Sind Menschen è Stärken und Schwächen
menschlicher Informationsverarbeitung
–  Rasche Hypothesenbildung è Gefahr der
„Bestätigungsdiagnostik“
–  Überbetonung individueller Erfahrung
–  Simple Heuristiken, z.B. „mehr = besser“
“Most clinical psychologists select their methods like
kids make choices in a candy store: They look around,
maybe sample a bit, and choose what they like,
whatever feels good to them.” (Walter Mischel)
© J. Margraf, 2015, Folie 74
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
Mischel, W. (2008). Connecting clinical practice to scientific progress. Psychological Science in the Public Interest, 9, i-ii.
• 37
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Fachliteratur?
© J. Margraf, 2015, Folie 75
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Verzerrungen, Selbsttäuschungen und
Psychotherapie
•  Psychotherapeuten unterliegen (trotz Ausbildung, Selbsterfahrung, Supervision) den allgemeinen Mechanismen
der menschlichen Urteilsbildung
•  Menschliche Fehler bei klinischer Urteilsbildung sind u.a.:
– 
– 
– 
– 
Vernachlässigung von Basisraten
Verwendung unangemessener Heuristiken
Überschätzung bestätigender Fakten
Abwertung widersprechender Fakten
•  Klinische Arbeitsbedingungen schränken Erfahrungslernen ein und begünstigen „selbsterfüllende Prophezeiungen“ (z.B. mangelnde Rückmeldung über Ergebnisse)
© J. Margraf, 2015, Folie 76
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 38
J. Margraf: Risiken und Nebenwirkungen
2. Juni 2015
FORSCHUNGS UND
BEHANDLUNGSZENTRUM FÜR
PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Verzerrungen, Selbsttäuschungen und
Psychotherapie
•  Klinische Psychologen und Psychotherapeuten unterliegen (trotz
Ausbildung, Selbsterfahrung, Supervision) den allgemeinen
Mechanismen der menschlichen Urteilsbildung
•  Menschliche Fehler bei klinischer Urteilsbildung sind u.a.:
– 
– 
– 
– 
Vernachlässigung von Basisraten
Verwendung unangemessener Heuristiken
Überschätzung bestätigender Fakten
Abwertung widersprechender Fakten
•  Klinische Arbeitsbedingungen schränken Erfahrungslernen ein und
begünstigen „selbsterfüllende Prophezeiungen“ (z.B. mangelnde
Rückmeldung über Ergebnisse)
Deshalb brauchen wir Wissenschaft und
wissenschaftlich begründete Prozeduren
© J. Margraf, 2015, Folie 77
Psychosomatik, Uni-Spital Basel
• 39