Martin Baumgärtner e-mail: [email protected] P.O.Box 13880 20100 Nakuru Kenya Mobile: +254-722-69 33 69 Liebe Freunde Bekannte und Verwandte, Liebe Interessierte am Kleinbäuerlichen Projekt, Im Advent 2015 noch kaum ein Jahr hat mich so bewegt wie dieses. Eine Achterbahn der Ereignisse und Gefühle. Der Kopf sagt einem, dass Leben endlich ist und dass man deswegen immer wieder mal an einem Grab steht. Das Herz geht einen anderen Weg. Am offenen Grab beginnt der Weg der Trauer und endet wohl erst mit dem eigenen Tod. Sicherlich heilt die Zeit Wunden, und die Trauer um einen lieben Menschen verwandelt sich zur menschlichen Reife. Doch ist der Tod nun ein Teil meines Lebens. Das immer wieder „kauen“ dieses Schmerzes lässt mich diesen endlichen Teil unseres Lebens akzeptieren. Im Februar dieses Jahr habe ich meinen/unseren Vater zu Grabe getragen. Ein Teil meiner eigenen Geschichte ging mit ihm. Er war ein naturverbundener Mensch und wusste um die vier Jahreszeiten. Er wusste, wenn das Samenkorn nicht stirbt, bringt es keine Frucht. Da er selbst aus einer landwirtschaftlichen Familie stammte, wusste er auch, wie erbarmungslos und brutal Natur sein kann. Entwicklung des Projekthofs Das Arbeiten mit und in der Natur lehrt auch mich, dass Eins und Eins nicht gleich Zwei sind. Das Jahr 2014 war so schrecklich trocken, dass wir nur eine sehr kleine Ernte hatten. Dieses Jahr war kaum anders, doch die Erträge waren regional sehr unterschiedlich. Hatten wir in der Region bei unseren früheren Kleinbauern (in Karunga) gute, bis sehr gute Weizen Erträge, so ist die Maisernte der Kleinbauern hier unten im Tal fast völlig ausgefallen. Drei Monate so gut wie kein Regen haben die Viehhirten und Kleinbauern an den Rand des Ruins getrieben. Jetzt sind die meisten Felder leer und es regnet in Strömen (El Nino, gepaart mit der kurzen Regenzeit). Nur durch unsere finanzielle Hilfe an die Kleinbauern sind einige nun in der Lage, Bohnen als Zweitfrucht anzubauen. Diese benötigen nur wenig Wasser (verglichen zu Mais) und reifen schon nach drei Monaten. Bleibt uns der Regen bis Januar erhalten, verspricht es eine gute Bohnenernte, ein guter Fruchtwechsel ist es obendrein. Üppige Erträge bei unseren "alten" Kleinbauern in Karunga Doch haben wir dieses Jahr „Mutter“ Natur noch ganz anders erlebt. In einer Rundmail habe ich davon berichtet, dass am 20. Oktober am späten Nachmittag ein Simon gibt Anweisungen, wie der Anbauvertrag zu verstehen ist. Wirbelsturm über unseren Hof wegfegte. Die zerstörerische Kraft der Naturgewalten lässt uns bis jetzt staunen. Das Werkstattdach wurde wie ein Hemdknopf abgerissen und flog über unsere neu errichtete Produktionshalle. Teile flogen sogar über den Zaun und lagen auf der Straße. Das Dach der 40 x 9 Meter Halle wurde zu 75% beschädigt. Um es nun verstärkt neu aufzubauen, benötigen wir sehr viel extra Zeit und Geld. Dieser Schaden hat uns außerdem weit in unserem Weihnachtsbrief 2015 Seite 2 Zeitplan zurückgeworfen. So haben wir nun nicht die benötigten Lagerflächen, um weitere Ernten zu lagern, sprich wir können jetzt nur bedingt unsere Felder bestellen. Nun haben wir alle Verstärkungen soweit fertig, dass wir das beschädigte Dach komplett abbauen können. Wir sind sehr froh, dass finanzielle Hilfe aus Deutschland sehr schnell und ausreichend ankommt, so dass ich mir wenigstens hier keine Sorgen machen muss. Das Rückgrat des Projekts mit den Kleinbauern ist die Wertschöpfung auf dem Land. Ohne sie hätte das Projekt auf lange Sicht keine Chance, nachhaltig zu arbeiten. Noch sind wir auf einem Weg dieses Ziel zu erreichen, doch die Richtung stimmt. Hat mir das Spiel auf den Finanzmärkten Anfang des Jahres noch Stirnrunzeln bereitet, so hilft uns jetzt der schwächelnde kenianische Schilling, dass wir unsere Bäckerei-Kunden zurückbekommen. Importe sind so teuer geworden, dass selbst unser Bäckerei-Großkunde nun wieder bei uns bestellt. Nur mit einer stabilen und stetig wachsenden Kundschaft sind wir auch in der Lage, Anbauverträge mit unseren Kleinbauern zu schließen. Leider sind wir hier in Kenia noch nicht so weit, dass wir mit unseren Kunden Lieferverträge abschließen könnten. Diese Tatsache und der mögliche Ausfall einer kompletten Ernte zwingen uns noch mehr, in Lagermöglichkeiten zu investieren. Ein sehr großer finanzieller Aufwand, ohne den es aber nicht möglich ist, der sehr armen Landbevölkerung ein sicheres Einkommen zu garantieren. Nach der Fertigstellung der Produktionshalle können wir Mühle und Co. umsiedeln. Dadurch werden zwei 6 Meter Seecontainer frei, nur ein kleiner Zugewinn an Lagermöglichkeit. Im Moment liefern wir drei Mal im Monat nach Nairobi (einfache Fahrt 170km). Mit unserem Kleinbus können wir „offiziell“ nur 750 kg laden. Dies ist für uns ein erheblicher Zeit-und Kostenaufwand, nicht zu sprechen von den Gefahren auf unseren hoffnungslos verstopften Straßen. Auf lange Sicht müssen wir in einen Kleinlastwagen investieren, der es ermöglicht ca. 3 Tonnen auf einmal zu transportieren. Das Leben auf dem Hof Charles Kamau hat seine Sekundarschule im November abgeschlossen, vermutlich recht gut, wir warten noch auf die Ergebnisse. Jetzt arbeiten er und sein Freund Mwangi hier auf dem Hof. Ein Studium kann er erst nach einem Jahr beginnen, so sind die Regeln hier. Man möchte, dass junge Menschen sich erst mal die „Schulhörner“ abstoßen, nur so werden sie später ihr Studium schätzen. Unser freiwilliges soziales Jahr in Deutschland ist wohl ähnlich. „Zuwachs“ gab es auf dem Hof auch. Aus der näheren Umgebung haben wir zwei Jugendliche im Alter von 13 und 15 Jahren aufgenommen. Sie stammen aus sehr armen Verhältnissen. Felix sollte eigentlich schon in der Sekundarschule sein, doch seine Eltern können sich nur ein Kind in der Sekundarschule leisten. Jetzt ist er zurück in der Grundschule und wird im kommenden Jahr die achte Klasse mit Abschluss wiederholen. Ich habe ihm versprochen, dann mit der Sekundarschule zu helfen. Fidel, der jüngere von den Beiden, geht noch in die Grundschule. Eltern hat er keine mehr und wohnte bisher bei seiner blinden Oma. Er ist weit nicht so schlau und eifrig als Felix, aber er ist ein lieber Kerl. Jetzt sind Ferien. Martin (Junior) und Sami, der Sohn von Simon sind auch da, sprich unser „Zeltlager“ ist nun voll. Beide sind jetzt 9 Jahre alt und gehen im kommenden Jahr in die vierte Klasse (unser Schuljahr endet im Dezember). Die Zwei halten mich auf Trapp und täglich gehen wir eine Runde mit den Fahrrädern, was mir sehr gut tut. Heute ist Sonntag, erster Advent. Johnny und seine Familie sind zu Besuch. Seine Frau Regina möchte ein kleines Geschäft mit gelben milden Chilischoten beginnen. Den Samen habe ich von Freunden. Die wiederum haben ihn irgendwie aus Südamerika bekommen. Tatsache ist, dass diese Schoten, sauer eingelegt, nicht zu scharf sind und echt super schmecken. Im Versuch haben wir ca. 20 Pflanzen, die sich in unserer Klimazone scheinbar wohl fühlen. Eingelegte Schoten halten sich bei uns leider nur bedingt, da sie schneller weggefuttert werden als wir sie einlegen können. Das Die ganze Familie im Einsatz hat uns auf die Idee gebracht, sie im kleinen Stil zu vermarkten. Johnny und Regina sind gerade dabei, weitere 80 Setzlinge zu verpflanzen (siehe Bild rechts). Weihnachtsbrief 2015 Seite 3 Gestern hatten wir einen Back-Tag (Ergebnis, siehe Bild). Beim so gut schmeckenden Brot haben wir ein ähnliches „Problem“ wie bei den Chilischoten. Kaum zwei Wochen später müssen wir schon wieder backen, da alles weg ist. Weil aber die Bäckerei noch im Rohzustand ist, können wir das Brot noch nicht so vermarkten wie es nötig wäre, um auch hiermit Arbeitsplätze auf dem Land zu schaffen. Nelson hat das in Deutschland Erlernte weiter ausgebaut und hat ein echt gutes Händchen mit Brotteig. Weil unsere Mittel und Zeit sehr begrenzt sind, haben wir es bisher nur bedingt geschafft, eine neue Bauerngruppe aufzubauen. Drei Frauen arbeiten bei uns als Tagelöhner, wenn es darum geht verschiedene Getreidearten von Hand zu reinigen. Diese drei Mütter kennen uns nun ein wenig und sie sind beeindruckt über unsere Feldarbeit. Mit Rat, Tat und Geld haben wir ihnen geholfen, Bohnen in der nun recht feuchten kurzen Regenzeit anzubauen. Ein Neu-Einstieg in unsere alten Aktivitäten mit den Kleinbauern. Stiftung Charles und Felix, stolz auf ihre Backkünste Um künftig noch mehr kleinbäuerliche Familien mit ins Boot zu nehmen und das Projekt auf ein nachhaltig gesichertes Fundament zu setzen, wurde in diesem Jahr eine kenianische Stiftung von Herrn Seitz (erster Vorsitzender von Karunga e.V.) und mir ins Leben gerufen. Noch warten wir auf eine Steuernummer um „loslegen“ zu können. Laut unserem Steuerberater soll es spätestens im Januar 2016 so weit sein. Diese Stiftung wird auch den Versuchsanbau von neuen Feldfrüchten übernehmen. Im Moment haben wir folgende Versuche laufen: • Teff: Ein Pseudogetreide aus Äthiopien, das zum typischen Fladenbrot „Injera“ verarbeitet wird. Äthiopische Restaurants, die unser Teff-Mehl abnehmen würden, gibt es in Nairobi zu Hauf. Der Anbau ist unproblematisch und wir hatten trotz extremer Trockenheit gute Ergebnisse. Das Teff Stroh ist eher ein hochwertiges Heu und eine benachbarte Schule mit Viehhaltung war schnell zur Stelle, um es vom Acker zu holen. • Inkas-Amaranth: Schon vor einigen Jahren hatten wir dieses hochwertige „Getreide“ im Versuch. Jetzt scheint sich ein guter lokaler Markt dafür entwickelt zu haben. Dieses Jahr haben wir weiter das Saatgut ausgebaut, um es dann an unsere Kleinbauern weiter zu geben. • Quinoa: Wie das Amaranth stammt auch das Quinoa aus den Bergregionen Südamerikas. Noch sind wir mit unserem Versuchsfeld nicht zufrieden, da zwar die Pflanze den extremen Trockenstress gut überstanden hatte, jetzt aber, mit ergiebigen Regenfällen, neu austreibt. Im neuen Jahr werden wir es erneut versuchen. • Leinsamen: Der scheint sich hier unten auf unseren gekalkten Böden wohl zu fühlen. Extreme Trockenheit konnte ihm nicht viel anhaben. Jetzt wo es wieder üppig regnet, blüht er täglich neu, doch nur in den Morgenstunden. Probleme gibt es nur mit dem Saataufgang, wenn es nach der Saat zu trocken bleibt. Wir hätten einen enormen Markt für Leinsamen, erst jetzt aber sind wir in der Lage ihn weiter auszubauen. • Dinkel: Zwei Helmuts, der eine Günther, der andere Müller mit Nachnamen, waren bei uns zu Besuch. Helmut Günther ist erster Vorsitzender im Verein „Wir helfen in Afrika e.V.“ Helmut Müller betreibt ökologischen Landbau am Bodensee. Beide haben Verbindungen zur Siebert-Stiftung, die sich zur Aufgabe gemacht hat, den Anbau von Dinkel in Afrika zu forcieren. Ein bereits im Wachstum befindliches Feld in der Narok Region (3000m ü. NN) haben wir gemeinsam besucht. Kritisch war für mich die Frage, ob es wohl eine Ährenanlage gibt oder nicht. Denn Jahre zuvor hatten wir es bei uns schon versucht, Dinkel anzubauen, doch die Ähren waren am Ende leer. In Narok war das Getreide sehr hoch gewachsen, doch erste Ährenanlagen waren sichtbar, was uns natürlich viel Hoffnung macht. Statt drei Kilogramm mitgebrachten Dinkel zu futtern, haben wir ihn gleich mal zum Test ausgesät. Bis jetzt ist alles im grünen Bereich. Keine Frage, auch hier hätten wir sehr gute Bäckerei-Abnehmer. Ein Kunde fragte sogar gleich, wann wir die erste Lieferung machen könnten. • Neue Weizensorten: Weil wir schon seit einigen Jahren mit der staatlichen Versuchsanstalt KARI zusammen arbeiten, konnten wir drei neue Sorten Weizen in Karunga (wo die vorherige Bauerngruppe zu Hause ist) weiter ausbauen. Da in dieser Region das Wetter „passte“, hatten wir überdurchschnittliche Erträge bei zwei Sorten. Bei der Dritten hatten wir nur sehr wenig Saatgut und vermehrten dieses hier bei uns auf den Versuchsflächen. Eine Sorte, die „Kenya Korongo“ ist außerdem bei den Mühlen sehr beliebt. Weihnachtsbrief 2015 Seite 4 Auch wir vermahlen und verbacken diesen Hartweizen mit guten Ergebnissen. Unsere Aufgabe ist es nun, dieses Saatgut für die neue Aussaat im April/Mai nächsten Jahres einzulagern, um es dann für unsere Kleinbauern bereit zu stellen. Gelingt uns der Ausbau von Teff und Inkas-Amaranth, werden wir nicht um eine Stiftmühle rumkommen, da unsere Steinmühle diese winzigen Körner nicht vermahlen kann. Der weitere Anbau von Dinkel wird eine Dinkel-Schälmaschine benötigen, um auch hier die Verarbeitung zum Bäckerei Endprodukt möglich zu machen. Eine Getreidepoliermaschine (ja, so etwas gibt’s) konnte mit Hilfe von Aktion Hoffnung und dem KAB Heilbronn Sontheim dieses Jahr angeschafft werden. Schon in den nächsten Tagen soll die Maschine von Fa. Heger auf Reisen gehen. Diese Getreidebürste ist besonders notwendig, wenn man Vollkornprodukte vermahlen möchte. In nassen Jahren ist die Pilzanhaftung am Getreidekorn leider sehr hoch, und unsere Produkte würden die Zulassung verlieren. Mit Hilfe dieser recht kleinen und einfachen Maschine werden unsere Endprodukte eine Qualitätsstufe nach oben schreiten. Politisch-wirtschaftliche Situation Kenias Das neue Grundgesetzt hat uns anfangs viel Hoffnung gemacht. Doch der darin formulierte Staatsapparat verschlingt nun 50% des Budgets. Gepaart mit heftiger Korruption wird es über kurz oder lang zu einem staatlichen Bankrott kommen. Gleichzeitig wächst der Graben zwischen Reich und Arm mit unglaublicher Geschwindigkeit, eine soziale Zeitbombe, deren Uhr schon bald ablaufen wird. Kurz vor dem Papstbesuch Ende November musste der Präsident sein Kabinett komplett neu besetzen. Dennoch mahnte der Papst die aus der Korruption entstandene Ungerechtigkeit mit heftigen Worten an. 2017 sind dann wohl wieder Wahlen. Allgemein kann man feststellen, dass die „Demokratieverdrossenheit“, die Enttäuschung was aus der Demokratisierung geworden ist, stark zunimmt. Schade! Sie waren nicht gerade Flüchtlinge im eigenen Land, aber sie suchten eine Unterkunft, denn es war kalt und Maria war hochschwanger. Sie wurden abgewiesen, da alle Unterkünfte voll waren. Jesus wurde in einem Stall geboren, eine menschenunwürdige Situation. Deutschland erlebt eine gewaltige Herausforderung mit den vielen Flüchtlingen. Diese Herausforderung birgt aber auch enorme Chancen. Herz, Verstand und Geduld benötigt es um dem „Neuen und Unbekannten“ Heimat zu geben. Im Vertrauen darauf, dass das Leben siegt, wünsche ich uns Allen eine besinnliche und friedliche Weihnachtszeit. Alles Gute zum Neuen Jahr, Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht. Vaclav Havel Martin Baumgärtner SPENDENKONTEN: bei der Kirchengemeinde St. Martinus Heilbronn: Kath. Kirchengemeinde Sontheim, Martin Baumgärtner, Konto 615 550, KSK Heilbronn, BLZ 620 500 00 beim Kath. Dekanat: Kath. Dekanat Heilbronn-Neckarsulm IBAN DE67 6205 0000 0000 029768 Konto 29768, KSK Heilbronn, BLZ 620 500 00 Verwendungszweck: „Projekthof in Kenia“ beim Verein Karunga e.V., der speziell unser Projekt unterstützt. IBAN DE30 6205 0000 0000 320852 KARUNGA – Ländliche Entwicklung Kenia e.V. Kto. Nr. 320852, KSK Heilbronn BLZ 620 500 00 Der Verein hat einen Flyer aufgelegt mit der ausführlichen Beschreibung unseres Projektes, seinen Zielen, Hintergründen und konkreten Ansätzen sowie einigen Bildern. Kostenlos zu beziehen über [email protected] Für eine Spendenbescheinigung (bei allen) ist es wichtig, auf der Überweisung Ihre Anschrift anzugeben
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