23| Störungen Dieses Heft wurde moderiert von Sven Asmus-Reinsberger und Virginia Thielicke KONTEXT THEMA 4 Störungen im Theaterunterricht Wer ist eigentlich wodurch gestört? Sven Asmus-Reinsberger PÄDAGOGIK 31 „Ich störe, also bin ich.“ Stören als Teil der Schülerrolle Mai-Anh Boger / Annette Textor AUSSENBLICK 38 Störungen lieben – Störungen fürchten Zur Verschiedenheit der Weltsicht in unterschiedlichen Milieus Ansgar Schnurr THEATERWISSEN 42 Produktiv verstört Störungen als dramaturgische Verfahren Bettina Brandl-Risi PRAXIS 7 Der lange Weg Von der destruktiven zur konstruktiven Störung Maike Plath 12 Das Level-Modell Spielfähigkeit statt Störungen Tilmann Ziemke 17 Sieben produktive Störungen Mit den Erwartungen der Schüler spielen Mirko Thamm 20 „Antworten“ auf Aufführungen Störungen in der Theaterrezeption produktiv wenden Virginia Thielicke 25 „Sind Jungen schwieriger?“ Mit geschlechterspezifischen Besonderheiten umgehen Marcus Thieme INSZENIERUNG 28 16 Tipps gegen Störungen Susanne Eilighoff / Ingrid Reinhard / Maja Ruhnau / Johanna Vierbaum 34 „Das können Sie vergessen!“ Wenn sich Schüler beim Warm-up verweigern Sven Asmus-Reinsberger / Maximilian Weig 4 Störungen im Theaterunterricht Störungen – jeder Theaterlehrer kann sofort ein Beispiel aus der eigenen Praxis berichten. Dabei geht zunächst um die subjektiv empfundenen Störungen des Theaterlehrers. Der Artikel geht einenSchritt zurück und fragt: Wer oder was ist eigentlich genau wodurch gestört? 7 Der lange Weg Ursache für Unterrichtsstörungen ist oft die Angst vor dem Statusverlust in der Gruppe. Der Artikel zeigt, wie durch die geklärte soziale Ebene eine selbstständig arbeitende Gruppe entstehen und inhaltlich anspruchsvollen Arbeit möglich werden kann. I 23 I 2015 ST_23_02-03.indd 2 30.11.15 12:14 INHALT 4. Quartal 2015 ÜBUNG ARBEITSFELD Selbstorganisation GRUPPIERUNG: Gruppenarbeit Kettensatz Die Schüler setzen sich in einen Kreis. Der Spielleiter stellt die Aufgabe: „Ich gebe euch jetzt eine Aufgabe, die ihr als Gruppe mit allen zusammen lösen sollt, um zu sehen, wie gut und schnell ihr zusammenarbeiten könnt. Ich habe hier einen Text, der aus 29 Wörtern besteht (bzw. Anzahl der Schüler in der Klasse). Ihr sollt diesen Text so sprechen, dass jeder von euch ein Wort sagt. Der Text soll dabei so flüssig klingen, als wäre er von einer Person gesprochen. Ihr sollt euch dazu verteilt im Raum aufstellen, und zwar so, dass kein Wort neben dem anderen steht. Wenn ihr meint, die Aufgabe gelöst zu haben, kommt einer von euch zu mir und sagt, dass ihr fertig SFELD seid.“ ÜBUN G IMPRESSUM / SPOT 46 REZENSIONEN : … ich e ein ch w in kleines S I 23 I 2015 Kartei „Impulse für die Theaterarbeit“ Henke wohlnennt am Anfang dass der sich Der Spielleiter anderen so führen, der eine zusammen, Jeder soll den sich in Paaren durch führt ihn sicher fühlt. Alle tun gezu, der andere und am Hand macht die Augen er ihn am Rücken Blinden heißt es: „Die den Raum, indem Nach einer Minute Führenden suchen lenk anfasst. – Stopp! – die zu wechAugen einer Minute lassen die Blinden.“ Nach dreimal gesich einen neuen die Blinden Wenn wieder. lassen die seln die Führer „Die Blinden sie ARBEITSFELD sind, heißt es: TEXT überlegen, wer führt worden Blinden ALTER tatRoman, modernes Stopp! – Die habenMärchen Augen zu – Einige Schüler ab 12 Jahren , ob – Augen auf!“ hat, viele merken geführt hat , wer sie geführt gibt es eine sächlich gespürt n war. Dann Jakob Arjouni: werden, oder ein Mädche Idioten.zuFünf BlindenMärchen es ein Junge in der die Führer zweite Runde, ängen. ÜB UN Fünf Menschen, Durchg G auch mit drei jeder von seiner eigenen Krise eingenommen, erscheint eine Fee. Sie haben einen Wunsch frei. Allerdings hat die Sache einen ARB Haken: Die EITS FEL Klassiker sind ausgeschlossen, GRUPPIERUNG: also die Wünsche nach Unsterblichkeit, D Selbstorg Gesundheit, Geld PA, undGA anisation Liebe. Was bleibt dann noch übrig? In ihrer Ratlosigkeit wünschen sich die Protagonisten Dinge, die sich als BumerangKettens erweisen. atz So glaubt die überfürsorgliche Mutter, die von ihrem Sohn gemieden wird, dass mit dem Wunsch „er soll endlich GRU PPI sehen, wer ich wirklich bin“Die üler setz dasSch ERU NG: Familienglück wiederhergestellt werden stellt die Gruppena en sich könnte. Max hingegen wünscht Auf rbeit dass in sein Chef endlich auf ihn hört, gabe: ihr alssich, damit die Firma gerettet werden „Ich geb einen Kre Gru is. kann; ppe am Ende muss er um seinen Job bangen. e euch Der Spie hen, wie mit alle So oder so ähnlich ergeht jetzt eine lleiter : n gutden es auch anderen drei Hauptfiguren in Der Spie und sch zusammen Ich hab ERUNG Auf GRUPPI diesen fünf Märchen. 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Sarkasmus und den Fußbod Vorderm auf der dass − Sehnsüchte und die Schwierigkeit, die sich so setzt, diese zuDer Wortwitz verhelfen seinen Werken vordere macht Hintermann zu einer sitzt. artikulieren zten Beinen seine linke oder gesprei großen Leichtigkeit. seinen seine rechte hintere hält Sitzenden. Augen zu, der Ohr des vor ihm rechte oder linke ist. Er überHand an das Ohr die Hand an welchem Je näher die Der soll spüren, er hinfasst. ung, indem Vorderen. ist es für den prüft seine Vermut ist, desto leichter Rollentausch Hand am Ohr Spielleiter den Zeit sagt der Nach einiger genau (Abwo nden, an. herausfi s ist. Hintere soll grenze des Partner Das Ziel: Der Wahrnehmungs die Ohr) stand vom I 23 I 2015 © 45 GRUPPI ERUNG PA, GA ARBEIT Vertrauen, Empathie st Schwein. Du h ha ast Du mit Wechsel nä Blindenführung ml Übung: das Ziel der Foto: Marlies MAGAZIN Der Spielleiter wiederholt die Aufgabe noch einmal und klärt, ob es Fragen gibt. Dann verteilt er die Textzettel an die Schüler, gibt das Startzeichen und zieht sich zurück. Nach ca. 5 – 10 Minuten ist die Gruppe fertig. Sie führt dann ihr Ergebnis vor. Anschließend reflektiert der Spielleiter ausführlich mit der Gruppe über den Verlauf. © I 23 I 2015 © in … hwe in k leines Sc I 23 I 2015 I 23 I 2015 ml ich e © AUTORINNEN UND AUTOREN / HERAUSGEBER t Schwein .D has uh Du as t I 23 I 2015 Der Spielleiter nennt am Anfang das Ziel der Übung: Jeder soll den anderen so führen, dass der sich wohlfühlt. Alle tun sich in Paaren zusammen, der eine macht die Augen zu, der andere führt ihn sicher durch den Raum, indem er ihn am Rücken und am Handgelenk anfasst. Nach einer Minute heißt es: „Die Blinden lassen die Augen zu – Stopp! – die Führenden suchen sich einen neuen Blinden.“ Nach einer Minute wechseln die Führer wieder. Wenn die Blinden dreimal geführt worden sind, heißt es: „Die Blinden lassen die Augen zu – Stopp! – Die Blinden überlegen, wer sie geführt hat – Augen auf!“ Einige Schüler haben tatsächlich gespürt, wer sie geführt hat, viele merken, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. Dann gibt es eine zweite Runde, in der die Führer zu Blinden werden, auch mit drei Durchgängen. nä 49 MEDIEN ZUM THEMA ARBEITSFELD Vertrauen, Empathie Blindenführung mit Wechsel Foto: Marlies Henke 48 ÜBUNG ARBEITSFELD Wahrnehmung, Empathie Hand am Ohr Zwei Partner setzen sich möglichst dicht hintereinander auf den Fußboden. Das geht am leichtesten, wenn der Hintermann sich so setzt, dass der Vordermann zwischen seinen gespreizten Beinen sitzt. Der vordere macht die Augen zu, der hintere hält seine rechte oder seine linke Hand an das rechte oder linke Ohr des vor ihm Sitzenden. Der soll spüren, an welchem Ohr die Hand ist. Er überprüft seine Vermutung, indem er hinfasst. Je näher die Hand am Ohr ist, desto leichter ist es für den Vorderen. Nach einiger Zeit sagt der Spielleiter den Rollentausch an. Das Ziel: Der Hintere soll herausfinden, wo genau (Abstand vom Ohr) die Wahrnehmungsgrenze des Partners ist. GRUPPIERUNG: PA, GA Jakob ARB EITS FEL D Roman, moderne s Arjou ni: Id Märchen © ÜBUNG © TEX T ioten. Fünf Me nschen Fünf M ALT ER Fee. Sie , jede ärchen r von haben ab 12 sein Klassik Jahren einen er sind Wunsc er eigenen Krise h frei Gesund ausges eingeno heit, Gel chlossen . Allerdings mmen, wünsch d und hat die , also erschein en sich Liebe. t eine glaubt Was blei die Wünsc Sache eine die Pro n Hak die übe he nac tagonist bt dan en: Die mit dem rfür n noch h Uns en übrig? terblich Wunsc sorgliche Mu Dinge, die glück In keit, wieder h „er soll end tter, die von sich als Bum ihrer Ratlosi herges sein Che gkeit erang lich ihrem erweise Sohn f endlich tellt werden sehen, wer Ende n. 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Aber auch mit Autorität, mit Leistung, mit der Gruppe und natürlich mit dem Schüler selbst. Der Theaterlehrer muss entscheiden, welchen dieser Gesichtspunkte er bei seiner Reaktion in den Vordergrund stellt. An zwei Beispielen werden mögliche Antworten des Theaterlehrers durchgespielt. Liebe Leserinnen und Leser, erscheint vierteljährlich mit vier Ausgaben pro Jahr. Das nächste Heft zum Thema Chor erscheint im März 2016. Die weiteren Themen sind: − PERFORMATIVE INTERVENTIONEN − KOMIK − STEUERN UND LOSLASSEN I 23 I 2015 ST_23_02-03.indd 3 30.11.15 12:14
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