ERSATZ FÜR KAPUTTE KNIE

A R T H R O S E - A K T U E L L
Kein Gelenk der Körpers leistet mehr Schwerarbeit als
das Knie. Unfälle, Erkrankungen, berufliche und sportliche Überlastungen, aber auch Übergewicht schaden besonders den Knien. Allein in Deutschland bekommen pro
Jahr ca. 90.000 Patienten ein künstliches Kniegelenk und
Dr. Tom Laser
kommen damit wieder schmerzfrei in Bewegung .
ERSATZ FÜR
KAPUTTE KNIE
ie moderne Kniegelenk-Endoprothetik hat einen langen Weg
zurückgelegt, seit vor mehr als
100 Jahren der Berliner Chirurg Themistockles Gluck 1890 den ersten Kniegelenkersatz entwickelte und implantierte. Er verwendete dazu eine einfache
Scharnierprothese aus Elfenbein, die er
D
mit einem Harzgemisch im Knochen
verankerte. Diese Prothese implantierte er bei einigen Patienten mit Knochentuberkulose. Wie zu erwarten, war
der Erfolg nur mäßig, weil Gluck die
Biomechanik des Kniegelenks nicht
berücksichtigte, weil die Prothesenverankerung unzulänglich war und weil
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Bild links: 75-jähriger
mit Gonarthrose Grad
II, Schmerzen nach 15minütiger Belastung
Bild Mitte und unten:
Unikondyläre Endoprothese (Endo-Modell®,
Fa. Link, Hamburg )
nach minimal-invasivem Eingriff.
Zwei Tage postoperativ
kann der Patient mit
Gehstützen nach Hause, nach einer Woche
geht er ohne Hilfe,
nach 6 Wochen 5 km
beschwerdefrei
FÜR JEDEN DAS
RICHTIGE:
PROTHESENTYPEN
Zurzeit werden drei
verschiedene Prothesentypen als Gelenkersatz verwendet. Die
Art der Prothese ist
abhängig vom Alter
der Patienten, ihren
Aktivitätswünschen
und -möglichkeiten
und ihrer körperlichen Konstitution,
der Zahl der betroffenen Gelenkanteile,
Beuge- und Streckfähigkeiten, möglichen Achsenfehlstellungen sowie Defekten am Bandapparat und an den Knochen (z.B. Osteoporose!).
1. Teilweiser Gelenkersatz (uni- oder
bikondyläre Schlittenprothese)
Dieser Prothesentyp wird verwendet,
wenn nur ein Gelenkabschnitt ersetzt
werden muss, Knochen und Bandapparat gut erhalten sind. Die gesunden Gelenkstrukturen bleiben dabei erhalten,
die Beweglichkeit im Kniegelenk ist im
Allgemeinen kaum eingeschränkt.
auch noch Infektionen auftraten.
Seit dieser Zeit hat die KniegelenkEndoprothetik rasante Fortschritte gemacht und die Zahl der erfolgreichen
Implantationen steigt enorm. Heute
werden in Deutschland über 90.000
Knie-Endoprothesen pro Jahr eingesetzt, während es vor zehn Jahren erst
30.000 waren.
Diese Steigerungsraten sind zurück
zu führen auf die zunehmende Häufigkeit von Gonarthrosen (Kniearthrose),
die höhere Lebenserwartung, auf Übergewicht und deutlich mehr Sportverletzungen. Aber natürlich ist dieser Anstieg auch auf die guten funktionellen
Ergebnisse zurück zu führen, die man
mit modernen Knieendoprothesen erreichen kann.
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2. Kompletter Gelenkersatz ohne Achsführung
Alle Gelenkstrukturen, einschließlich
der Rückfläche der Kniescheibe werden künstlich ersetzt. Die Bandstrukturen, die die Achsführung des Kniegelenkes sicherstellen (vorderes und hinteres Kreuzband und Gelenkkapsel),
bleiben jedoch erhalten.
3. Kompletter Gelenkersatz mit Achsführung
Bei fortgeschrittener Zerstörung des
Kniegelenkes (wenn neben Knochenund Knorpelstrukturen zusätzlich die
Bänder zerstört oder in ihrer Funktion
beeinträchtigt sind), muss auch die
Achsführung, als Stabilisierung des
Kniegelenks, durch die Gelenkprothese sichergestellt werden.
PROTHESENMATERIAL
Die Anforderungen an die Materialien
einer Knie-Endoprothese sind sehr
hoch, weil eine ungestörte, schmerz-
freie und dauerhafte Funktion des am
stärksten belasteten Gelenks erreicht
werden soll:
7 Korrosionsbeständigkeit,
7 Keine Unverträglichkeitsreaktionen
7 Bestand gegen Druck- und Biegebelastungen
7 Kein Abrieb.
Verwendung finden daher bestimmte
Metalllegierungen (Kobalt-Chromverbindungen, Keramik und Spezialkunststoffe, wie z.B. Polyäthylen). Die einzelnen Bestandteile des künstlichen
Kniegelenkes werden mit dem körpereigenen Knochen verbunden. Unterschieden wird dabei zwischen zementfreien und zementierten Prothesen.
7 Zementfreie Prothese: Die künstlichen Gelenkstrukturen werden mit
dem Knochen verschraubt bzw. im
Knochen verklemmt. Langfristig
wächst der Knochen an der Prothesenoberfläche an.
7 Zementierte Prothese: Die künstlichen Gelenkstrukturen werden mit
einem speziellen, besonders schnell
aushärtenden Zement mit den Knochen verbunden.
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Prothesentypen, die individuell ausgewählt
werden. Die Auswahl richtet sich nach
der Größe des Patienten, Gewicht und
der körperlichen Aktivität. Auch die
Form der Knochen spielt eine Rolle.
Anhand von Röntgenaufnahme werden
das Modell und die Größe der Prothese
ausgewählt.
KNOCHEN SPAREN
Nicht nur bei jüngeren Patienten lautet die Devise, bei der Operation so viel
Knochen wie möglich zu erhalten. Heute ist jeder fünfte Patient mit Knie-Endoprothese jünger als 60 Jahre und besonders in diesen Fällen muss man bei
der Erstoperation die Möglichkeit bewahren, im Laufe der nächsten Jahrzehnte zu einem größeren Implantat
wechseln zu können. Darüber hinaus
sind naturgemäß bei einem vollständigen Ersatz des Kniegelenks auch die
Komplikationsraten höher.
In fast 80 Prozent der Fälle werden in
Deutschland mit einer speziellen Technik Oberflächenprothesen implantiert
739-V2-A2003(1)/04.02.03Fo
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A R T H R O S E - A K T U E L L
62-jährige Frau mit Gonarthrose, Grad II, die
eine Gehstütze benötigte.
Vier Tage nach minimal-invasiver Implantation
liegt der Bewegungsradius 0–95°, nach vier
Wochen bei 0 –115°.
und hier speziell die Kreuzband erhaltende Variante. Dabei ist ein ausreichend stabiler Bandapparat notwendige
Voraussetzung.
Achsengeführte Prothesen (Rotationsscharniergelenke oder reine Scharniergelenke) werden zurückhaltend
eingesetzt, weil sie die Entfernung von
mehr Knochensubstanz erfordern. Dies
erhöht das Risiko von Lockerungen und
auch von Infektionen. Nur bei deutlichen Bandinstabilitäten, starker Fehlstellung der Achse oder manifester
Osteoporose kommen sie zum Einsatz,
wenn der Oberflächengelenkersatz keine zufrieden stellenden Ergebnisse erwarten lässt.
SCHMERZFREIHEIT MÖGLICH
Ziele der Knie-Endoprothethik sind
Schmerzfreiheit und Beweglichkeit.
Bei zirka 90 Prozent der Patienten wird
dieses Ziel auch langfristig erreicht.
Mehr als die Hälfte der Patienten erreichen Schmerzfreiheit und nur gut 35
Prozent klagen gelegentlich über leichte Schmerzen. Auch die Gelenkfunktion verbessert sich deutlich.
Nach einer schwedischen Studie anhand von 440 Patienten mit einer teilweisen Knieprothese (unikondylärer
Gelenkersatz) waren die Ergebnisse bei
67 Prozent sehr gut und bei weiteren 25
MEDIZIN & WISSEN
Übergewicht: Starke Belastung für das Kniegelenk
Schwer übergewichtige Frauen haben ein
12mal höheres Risiko, sich einer Knieersatz-Operation unterziehen zu müssen.
Wissenschaftler in Seattle untersuchten
73.000 Erwachsene zwischen 50 und 76
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Prozent gut. Der Anteil der Patienten,
die vor der Operation nur eine Gehstrecke von weniger als 1000 m zurücklegen konnten, sank von 89 Prozent auf
39 Prozent.
MIT DER PROTHESE AUF
DEN BERG?
Immer mehr Menschen wollen auch im
höheren Alter noch sportlich aktiv sein,
so dass es nicht nur bei den jungen Patienten auch um Beweglichkeit und die
Möglichkeit der sportlichen Aktivität
mit einer Knie-Endoprothese geht. Generell ist kein Sportverbot notwendig,
aber die Sportfähigkeit und -möglichkeit kann nicht verallgemeinert werden.
Ausnahme bleibt sicherlich der Patient,
der bereits drei Monate nach der Implantation einer bilateralen Knie-Endoprothese wieder zum Langlauf ging.
LEBENSDAUER DER
ENDOPROTHESE
Gut 90 Prozent der Patienten erreichen
mit dem künstlichen Kniegelenk gute
bis sehr gute Langzeitergebnisse mit einer deutlichen Schmerzlinderung und
einer Zunahme der Beweglichkeit. Die
Lebensdauer eines künstlichen Kniegelenks liegt bei 15-20 Jahren. Bei den
Meisten funktionieren die künstlichen
Gelenke jedoch auch darüber hinaus
Jahren. Dabei ergab sich, dass Übergewicht mit 41 (!) gesundheitlichen Beeinträchtigungen korrelierte, dazu gehörten
Herzversagen, Diabetes, hoher Blutdruck
etc. Weiterhin stand Fettleibigkeit bei
Frauen mit gesundheitlichen Beschwerden wie Schlaflosigkeit und chronischer
Müdigkeit in Zusammenhang. Dagegen
hatten sie weniger Beschwerden mit
Osteoporose und ihren Folgeerscheinun-
noch sehr gut. Kommt es jedoch zu einer Lockerung von Prothesenteilen, ist
ein Austausch des künstlichen Kniegelenkes meist unumgänglich, die Langzeitergebnisse sind dann deutlich
schlechter als nach der Erstoperation.
Um einer Lockerung vorzubeugen,
sollte man Übergewicht und Überlastungen des Gelenkes unbedingt vermeiden. Dazu gehört, dass man
grundsätzlich auf das Heben schwerer
Lasten verzichtet und Sportarten meidet, die das Gelenk erschüttern. Empfehlenswert sind Gelenk schonende
Sportarten, wie z.B. Radfahren oder
Schwimmen.
MINIMAL-INVASIVER
EINGRIFF
Auch bei der Kniegelenk-Endoprothetik gewinnen minimal-invasive Eingriffe immer mehr an Bedeutung, sowie
auch computernavigierte Operationen.
Beim minimal-invasiven Eingriff ist
der Schnitt nur zirka 8 cm lang. Das Gewebetrauma ist kleiner, der Blutverlust
geringer, so dass die Mobilisierung der
Patienten und damit die Entlassung aus
der Klinik schneller erreicht werden
kann. Umfangreiche Analysen konnten
nachweisen, dass die minimal-invasive
Vorgehensweise zu guten funktionellen
Ergebnissen führte. Langzeitergebnisse liegen bisher noch nicht vor.
Dr. med. Tom Laser
Am Höhenring 21
94086 Bad Griesbach
gen (Knochenbrüche). Bei übergewichtigen Männern waren die Hauptprobleme
Herzversagen, Müdigkeit und Schlaflosigkeit, dafür war die Wahrscheinlichkeit
von Prostatavergrößerungen vermindert.