Premiere am 18. März 2016, 20.00 Uhr Staatstheater Darmstadt, Kammerspiele Die beste aller möglichen Welten Rohtheater von und mit Bülent Kullukcu, Anton Kaun, Dominik Obalski, Samuel Koch und Jana Zöll Inszenierung | Video | Musik | Bühne Rohtheater Kostüme Marie Bendl Dramaturgie Julia Naunin Regieassistenz Katharina Buzin Produktionsassistenz Josina von Minckwitz, Lisa Bader Kostümassistenz Hanna Santelmann Regiehospitanz Carina Bukuts Technische Gesamtleitung Bernd Klein Bühneninspektor Uwe Czettl Technischer Leiter der Kammerspiele Jonathan Pickers Leiter der Werkstätten Gunnar Pröhl Technische Einrichtung Nadja Klinge, Clemens Malinowski, Carolin Seel, Stefan Tschunt, Hüseyin Uygun, Frederik Freber Jana Zöll und Samuel Koch Aufführungsdauer: 60 Minuten Nachrichten von Rosetta und Philae auf Tschuri und die szenische Installation „Die beste aller möglichen Welten“ Im Februar 2016 meldet die Deutsche Presseagentur, dass Forscher der Europäschen Raumfahrtagentur ESA und dem Deutschen Zentrum für Luftund Raumfahrt DLR vom Landeroboter „Philae“ Abschied nehmen. Er hat auf dem entfernten Kometen „Tschuri“ seinen ewigen Winterschlaf begonnen, in einer unwirtlichen Umgebung mit Temperaturen unter minus 180 Grad Celsius kann das Mini-Labor nicht mehr arbeiten, heißt es. Trotzdem sind die Forscher der ESA über die Entwicklungen höchst zufrieden „Hätten Sie mich vor der Landung gefragt, ob wir drei Tage mit dem Lander in Kontakt bleiben, er überlebt, Daten sendet – dann hätte ich gesagt, na ja, die Chancen stehen nicht besser als 50 Prozent“, sagt Paolo Ferri, Chef des Flugbetriebs der ESA über den fast 15-jährigen Verlauf der Planungen. Nach zwischenzeitlicher Funkstille twitterte Philae im Juni 2015 erneute Betriebsbereitschaft: Die Signale im Sinne von „Hallo Erde. Kannst Du mich hören?“ begeisterten weltweit, nicht nur die Forscher freuten sich über 85 Sekunden Kontakt. Am Ende der Mission im September 2016 soll auch die Muttersonde „Rosetta“ auf dem Kometen herunterkommen. Dann kreisen Philae und Rosetta auf dem kleinen Kometen Tschuri vereint durchs All – ein Sujet, dass deutlich macht, wie emotional aufgeladen Kontakte in den Kosmos und die Erzählungen darüber sind. Die Münchner Theaterformation ROHTHEATER bezieht sich in ihrer aktuellen Arbeit auf Erzählungen aus dem Science Fiction-Genre ebenso wie auf philosophische Stimmen und Stimmungen in einem dystopischen Szenario. Sie collagieren Bilder, Klänge und Texte im Kontext gegenwärtiger, vergangener und potenzieller Kriege. Visuelle und auditive Motive wechseln zwischen Vordergrund und Hintergrund, Mikro- und Makroperspektiven überlagern sich. Erschütterungen dieser Welt verortet ROHTHEATER in einer szenischen Installation. Sandra Richter Lob des Optimismus. Geschichten einer Lebenskunst […] Optimismus, der Glaube an das Gute im Menschen, an die beste aller Welten, an den Fortschritt – all das erscheint als Teufelszeug. […] Diese Einschätzung ist überzogen, aber nicht unbegründet. Während Pessimisten und Skeptiker ihre düsteren oder verhaltenen Prognosen durch unerfreuliche Ereignisse bestätigt sehen, wie sie tagtäglich über die Bildschirme flimmern, nehmen [Optimisten] einen hohen Kredit auf eine Zukunft auf, die hoffentlich besser aussehen wird als die Gegenwart. Systematisch betrachtet handelt es sich bei diesem Optimismus um eine Weltanschauung. Für sie kann es gute, aber keine zwingenden Gründe geben. […] Wie also kann der Optimismus so definiert werden, dass er seinen weltanschaulichen Kreditrahmen nicht überzieht und die Einwände seiner Kritiker entkräftet? […] Zu hoch darf der Kredit nicht sein, den der Optimismus beansprucht. Zu abstrakt darf der Optimismus nicht werden, und metaphysische Annahmen sollte er ganz aufgeben. Positiv gewendet: Der Optimismus muss seine Kritik mitbedenken, reflexiv werden, sich selbst auf die Probe stellen, um sich noch als glaubwürdige Weltanschauung empfehlen zu können. […] Das Münchner Theatertrio ROHTHEATER Das Kollektiv ROHTHEATER gründen Bülent Kullukcu, Anton Kaun und Dominik Obalski 2012. Ihr Theater ist ein schillerndes Gebilde zwischen Live-Hörspiel, elektro-musikalischem Trip und filmischen Miniatur-Landschaften. Die Medien- und Kulturwissenschaftlerin Marie Bendl schreibt: „Wenn es Theaterpreise für die klingendsten Stücktitel gäbe, hätten Bülent Kullukcu, Anton Kaun und Dominik Obalski bereits drei Nominierungen in dieser Kategorie. Die erste für Die letzten Tage der Menschheit oder der Untergang der Welt durch schwarze Magie. Die zweite für Masse und Macht oder das Zeitalter der spirituellen Maschinen. Die dritte für das die Trilogie umspannende, der Halbsatzorgie mit Reduktion herbeikommen wollende und gleichzeitig grössenwahnsinnige Tragweite etablierende Total. Dabei geht es um keinen fiktiven Preis sondern ganz und gar um die Wurst: politisches, theaterkritisches Theater“. Kullukcu arbeitete als freischaffender Regisseur u.a. an den Münchner Kammerspielen und an den Schauspielhäusern Freiburg, Hamburg und Düsseldorf. Er wirkte als Bühnenmusiker, schuf Filmmusik und Hörspiele sowie Soundinstallationen für Museen. 2010 eröffnete er die Galerie Kullukcu & Gregorian in München mit einem Schwerpunkt auf interkulturelle und performative Kunst und realisierte zahlreiche nationale und internationale Musikprojekte. Obalski arbeitet als Dramaturg, DJ, Theatermusiker und -komponist u.a. für die Münchner Kammerspiele, das Festival Spielart und in der freien Szene. 2014 veröffentlichte er das Album Introducing Obalski, 2015 According to Obalski (Public Possession). Kaun (aka Rumpeln aka Sonytony aka Kaundown) ist Video-/NoiseArtist aus München und Ammersee. Musikalisch und visuell arbeitet er u.a. mit Ammer und Console, Slut, Tied and Tickled Trio und Schorsch Kamerun sowie mit dem Choreografen-Duo Billinger & Schulz zusammen. Jana Zöll Anfertigung der Kostüme und Dekorationen in den Werkstätten des Staatstheaters Darmstadt. Impressum Spielzeit 2015 | 16, Programmheft Nr. 27 | Herausgeber: Staatstheater Darmstadt Georg-Büchner-Platz 1, 64283 Darmstadt | Telefon 06151.2811-1 | www.staatstheater-darmstadt.de | Intendant: Karsten Wiegand | Geschäftsführender Direktor: Jürgen Pelz | Redaktion: Julia Naunin | Fotos: Alexander Paul Englert | Gestalterisches Konzept: sweetwater | holst, Darmstadt | Ausführung: Hélène Beck | Herstellung: Drach Print Media, Darmstadt Textnachweise: Das Zitat von Marie Bendl erfolgt mit Genehmigung der Autorin | Deutsche Presseagentur: Bye-bye „Philae“ – Forscher geben Kometen-Landeroboter auf, 12.02.2016 http://www.faz.net/ agenturmeldungen/dpa/bye-bye-philae-forscher-geben-kometen-landeroboter-auf-14067037. html (11.03.2016). | Karl Kraus: Kriegsmüde. In: Die Fackel, Heft 474–483, 23.5.1918 zit.n. Austrian Academy Corpus (Hg.): Die Fackel. URL:http://corpus1.aac.ac.at/fackel/ (12.03.2016). | Richter, Sandra: Lob des Optimismus. Geschichte einer Lebenskunst. München: C.H. Beck 2009, S. 7–8. Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden gebeten, sich zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung zu melden. Für die freundliche Unterstützung danken wir dem Blumenladen fleur in. fleur in Schulstraße 10 Samuel Koch Kriegsmüde – das ist das dümmste von allen Worten, die die Zeit hat. Kriegsmüde sein, das heißt müde sein des Mordes, müde des Raubes, müde der Lüge, müde der Dummheit, müde des Hungers, müde der Krankheit, müde des Schmutzes, müde des Chaos. War man je zu all dem frisch und munter? […] Kriegsmüde hat man immer zu sein, das heißt nicht nachdem, sondern ehe man den Krieg begonnen hat. […] Karl Kraus, Kriegsmüde
© Copyright 2024 ExpyDoc