Das Sicherheitsmagazin der AUVA Oft ist es nur ein Moment. Juli/August 2015 6 16 Bademeister Ergonomie am Arbeitsplatz Tipps für die Umsetzung in der Praxis Damit aus kleinen Unfällen keine großen Katastrophen werden 23 Trendsport Ab in den Sommer mit Stand Up Paddling! Müdigkeit am Arbeitsplatz Ein guter Tag beginnt mit einer guten Nacht P.b.b. GZ: 11Z039012 M Retouren an PF 555, 1008 Wien Erscheinungsort Wien Verlagspostamt 1090 Wien Bist du behämmert!? Bezahlte Anzeige Stimmt! Richtiges Werkzeug richtig verwenden. Hände gut, alles gut! Handverletzungen sind die häufigste Folge von Unfällen – fast jeder zweite Arbeitsunfall betrifft die Hand. Dabei könnten viele von ihnen vermieden werden! Es gibt viele Möglichkeiten, das Unfallrisiko zu senken: Die Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sowie höchste Konzentration bei jedem Handgriff stehen dabei an erster Stelle! Eine Initiative der AUVA für mehr Sicherheit und Gesundheit. www.händegut-allesgut.at © R. Reichhart/AUVA Editorial • Inhalt Wolfgang Hawlik, Chefredakteur „Gute Nacht“, „good night“ „bonne nuit“, „bona notte“, … – es ist in der europäischen Kultur weit verbreitet, Mitmenschen eine „gute“ Nacht zu wünschen. Denn schon vor vielen Jahrhunderten hat der Mensch mehr oder weniger instinktiv erkannt, wie wichtig ein gesunder Schlaf für den Organismus ist. Heute sehen wir unsere Instinkte durch wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigt: Ein gesunder Schlaf fördert die Erholung von Körper und Geist, hilft uns, unsere Batterien wieder aufzuladen und am nächsten Morgen die volle Leistung zu bringen. Schlafen wir zu wenig oder schlafen wir „schlecht“, dann beeinflusst dies unsere physische und psychische Gesundheit mehr, als uns lieb ist. COVERFOTO: © Ximagination - iStock „Schlafen ist die wichtigste Prävention von Verletzungen in Beruf und Freizeit“, formuliert es ein Grazer Neurologe und weist damit eindringlich darauf hin, dass wir nur dann sicher arbeiten können, wenn wir ausgeruht und konzentriert sind. In diesem Sinne wünscht Ihnen Ihr Redaktionsteam an dieser Stelle eine wirklich „gute“ Nacht! Ihr Redaktionsteam [email protected] 8 © gpointstudio - iStock Gute Nacht! Ein guter Tag beginnt mit einer guten Nacht – doch leider gilt das nicht für alle Österreicher: Mehr als ein Drittel der Bevölkerung leidet an Schlafstörungen News ............................................................................................................................................. 4 Ergonomische Arbeitsplätze und Arbeitszeiten ......................... 6 Im Rahmen des Forums Prävention 2015 wurde ein Unterstützungsangebot für Klein- und Mittelbetriebe präsentiert. Müdigkeit ............................................................................................................................... 8 Ein guter Tag beginnt mit einer guten Nacht, doch mehr als ein Drittel der Bevölkerung leidet an Schlafstörungen. Weniger Lebensqualität und ein höheres Unfallrisiko sind die Folge. Wandern ............................................................................................................................... 13 Ob Alt oder Jung, ob Hochgebirge oder Donauau: Wandern ist gesund für Körper, Geist und Seele! Menschenbilder: Bademeister ................................................................... 16 Die Badesaison ist längst eröffnet und in heimischen Bädern geht es rund. Das wachsame Auge des Bademeisters stellt sicher, dass aus kleinen Unfällen keine großen Katastrophen werden. Superfoods .......................................................................................................................... 18 Eine gute, einfache Möglichkeit, den Nährstoffbedarf zu decken und so eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu ergänzen. Wunder bewirken sie aber nicht! Reiseübelkeit .................................................................................................................... 20 Gerade Kinder sind oft betroffen, eine passende Vorbeugung kann aber helfen. Kinder & Jugendliche ............................................................................................. 22 Kindgerechtes Motorik-Training Sport-Tipps ......................................................................................................................... 23 Trendsportart Stand Up Paddling Hinweis: Mit Rücksicht auf die bessere Verständlichkeit verzichten wir auf durchgängige beidgeschlechtliche Personenbezeichnungen. ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 3 AUVA news Die heimische Arbeitswelt wird immer sicherer BUCHTIPP Frustschutzmittel Wie Sie es schaffen, alles halb so schlimm oder doppelt so gut zu finden Dank der vielfältigen Präventions anstrengungen der AUVA ist 2014 die Zahl der anerkannten Arbeits unfälle erneut gesunken. Auch die Unfallrate verringerte sich. nsere Arbeitswelt ist auch 2014 wieder sicherer geworden“, freut sich AUVA-Obmann Ing. Thomas Gebell. Die Statistikabteilung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) hat kürzlich die Auswertung der Daten aus dem Kalenderjahr 2014 abgeschlossen. Demnach wurden von der AUVA im vergangenen Jahr 161.884 Schadensfälle anerkannt – 104.625 Arbeitsunfälle Erwerbstätiger, 56.030 Unfälle von Schülern, Studenten und Kindergartenkindern und 1.229 Berufskrankheiten. Damit sinkt die absolute Zahl der Arbeitsunfälle Erwerbstätiger um 1.209 gegenüber dem Jahr 2013, die der Berufskrankheiten um 98, was eine Verringerung um 7,4 Prozent bedeutet. Relevanter ist das Verhältnis von Arbeitsunfällen zu Versicherten: Die Unfallrate auf 1.000 Versicherte beträgt 2014 28,71 (ohne Wegunfälle), im Vorjahr lag sie noch bei 29,07 – gemessen über alle Branchen. „Die Verhinderung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ist unsere zentrale Aufgabe. Jeder verhinderte Unfall spart dem Betroffenen viel persönliches Leid und Schmerzen, trägt aber auch zur © psdesign1 - Fotolia „U Reduktion von Kosten für uns als sozialen Unfallversicherer, aber auch für die öffentliche Hand und für die Wirtschaft bei. Dass unsere Präventionsmaßnahmen wirksam sind, stellt die Unfallstatistik 2014 erneut unter Beweis“, ist Gebell überzeugt. Die positive Entwicklung ist in den verschiedensten Bereichen feststellbar: Bei den großen Branchen verzeichnet die AUVA erfreuliche Verbesserungen in der Produktion, deutliche Rückgänge etwa bei der Herstellung von Glas und Glaswaren, beim Maschinenbau und bei der Herstellung von Holzwaren. Genauso verringerten sich die Unfallraten in der Getränkeherstellung oder der Metallerzeugung und Bearbeitung. Ebenfalls deutlich bessere Unfallraten findet man im Bergbau, bei der Wasserversorgung und sogar beim „Sorgenkind“ der letzten Jahre – der Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften. Erfolg braucht Raum W as motiviert Arbeitnehmer? Diese Frage ist nicht nur „Dauerbrenner“ in Chefetagen kleiner bis großer Unternehmen, sondern auch Kernthema der aktuellen Studie „Arbeitsmotivation 2015“ der ManpowerGroup. In die Top Ten der motivierendsten Faktoren wählten über 1.000 deutsche Arbeitnehmer auch eine ansprechende Raumgestaltung, Pflanzen im Büro und zeitgemäßes Mobiliar am Arbeitsplatz. Kein Klischee, sondern leider nach wie vor traurige Realität an vielen Schreibtischen ist der typische „Bürolook“: unpersönlich und trist gestal- 4 7+8/2015 www.alle-achtung.at Leichtigkeit, Freude und Humor, wo wir diese drei Lebenselixiere finden bzw. einsetzen können, damit beschäftigt sich dieses Buch. Was tut mir gut? Ein Beitrag zu psychischem Wohlbefinden, Gedanken, Tipps und Tricks, wie man Frustschutz in den Alltag integrieren kann, all diese Themen werden in den einzelnen Kapiteln behandelt. Unser Verhalten wird nicht nur von der inneren Einstellung, sondern auch durch die Intensität unserer Energiequellen bestimmt. Die Fähigkeit zur Freude ist teils angeboren, kann also nicht trainiert werden, sehr wohl aber die Einstellung, diese bewusst und oft zu erleben. Positive Meldungen sind immer seltener, die negativ Informationen überwiegen. Wo sind die Ursachen für unsere Kommunikationsprobleme? Oft sind es Missverständnisse in Form von Gesten, Formulierungen, Bemerkungen, falsch gewählten Worten oder auch mangelndes Zuhören. Schon kleine Verhaltensänderungen ergeben oft positive Auswirkungen – die alten, ausgetretenen Wege verlassen, etwas Neues ausprobieren, ist die Devise. Andere Menschen mit der eigenen positiven Lebenseinstellung anzustecken und mitzureißen, hat sich der Autor zur Aufgabe gemacht. Der Arzt und Humorexperte sieht sein Buch als ein mitreißendes, charmant pointiertes Plädoyer für ein besseres Miteinander im Privat- und Berufsleben. Ablegen der hemmenden Passivrolle, aktives Handeln heißt, sein Leben zu kontrollieren, und steigert das Selbstwertgefühl. Dr. med. Roman F. Szeliga, Frustschutzmittel. MIDAS Management Verlag. ISBN 978-3-907100-67-7 tete Räume, in denen allein Funktionalität den Ton angibt. Aber auch ein anderes Extrem taucht immer häufiger auf: „Arbeitswelten“, die eher einem überdimensionalen Kinderland gleichen. Besonders beliebt ist dieser neue Infantilismus in puncto Büroeinrichtung bei Unternehmen der klassischen Startup-Branchen, die auf diese Weise vor allem ihr innovatives Image unterstreichen wollen. Der Mensch hinter dem Schreibtisch steht in beiden Fällen eher selten im Fokus, geschweige denn seine Bedürfnisse. Eine optimale Arbeitsatmosphäre kann nicht nur gesündere, sondern auch kreativere, motiviertere und erfolgreichere Mitarbeiter hervorbringen. Hochsaison für Unfälle mit Leitern Gesund beraten mit fit2work Sträucher und Bäume schneiden, Dach rinnen säubern, Glühlampen auswechseln, Obst ernten, Vorhänge aufhängen oder Fens ter putzen – bei der Arbeit auf der Leiter ist ein Unfall rasch passiert. Drehscheibe für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz Das kostenlose Beratungsangebot von fit2work bietet Hilfe zur Selbsthilfe bei gesundheitlichen Problemen am Arbeitsplatz: Als Drehscheibe weist fit2work den Weg durch den Dschungel an medizi nischen, therapeutischen und sozialarbeiterischen Angeboten, stellt die richtigen Kontakte her und vermittelt so die passende Unterstützung für jeden einzelnen Fall. Z © Blend Images – Fotolia u den größten Fehlern zählen für den Verwendungszweck falsch ausgewählte Leitern, zu kurze Leitern, mangelnde Standsicherheit, Verlust des Gleichgewichts bei seitlichem Hinauslehnen, Abrutschen durch falsches Schuhwerk oder zu große Last in den Händen. Jährlich passieren bei der Verwendung von Leitern rund 2.000 Arbeitsunfälle. Etwa 75 Prozent führen zu schweren Verletzungen mit oft mehr als drei Tagen Krankenstand. Zu 85 Prozent sind laut AUVA-Statistik Männer betroffen und zwar besonders im Alter zwischen 41 und 60 Jahren. Rund 50 Prozent davon arbeiten am Bau oder im Baunebengewerbe. Typische Verletzungen nach Unfällen mit Leitern sind Wunden und oberflächliche Verletzungen, Frakturen, Dislokationen, Verstauchungen und Zerrungen, die zu rund 66 Prozent Arme und Beine betreffen. Unfalluntersuchungen zeigen deutlich, dass die größte Gefahr durch falsche Benutzung entsteht. Sicheres Arbeiten beginnt bei der Auswahl der richtigen Leiter. Je nach Umfang der Arbeit, Höhe und Dauer kann eine Anlegeleiter, Stehleiter oder Mehrzweckleiter sinnvoll sein. Es könnte aber auch ein Gerüst oder eine Arbeitsbühne nötig sein. Damit die Leiter sicher steht, gilt es, den geeigneten Aufstellort zu finden. Dieser muss sauber und rutschsicher, eben, fest und tragfähig sein. Bei Arbeiten auf der Leiter bitte nie seitlich hinauslehnen. Das System „Mensch – Leiter“ ist stabil, wenn der Schwerpunkt des Benutzers zwischen den Holmen liegt. Geeignetes Schuhwerk, wie Sicherheitsschuhe jedenfalls ohne glatte Sohle, schützt vor Abrutschen. Leitern dürfen – wenn überhaupt – nur von fachkundigen Personen repariert werden. Nagelungen und das Verlängern der Holme sind verboten! (Symbolfoto) Bei gesundheitlichen Problemen am Arbeitsplatz hilft fit2work. G igen Tipps zur richt n vo ng Verwendu itern le eh St d un Anlegen zur ne io sowie Informat AUVAs da n be ge Prävention Leitern, re ba 3 Trag Merkblatt M 02 tung ckliste „Verhü die AUVA-Che e di , n“ älle von Sturzunf “ liste „Leitern AUVA-Check n rte pe itsex und Sicherhe der AUVA. bezahlte anzeige © studioloco - Fotolia esundheitliche Belastungen im Beruf können zu langen Krankenständen oder sogar zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Auch die 50-jährige Renata T. war davon betroffen: „Durch berufliche Überlastung und Probleme in meinem persönlichen Umfeld wurde mir irgendwann alles zu viel. Schlussendlich diagnostizierte mein Arzt eine schwere Erschöpfung. Wegen dem notwendigen Krankenstand fiel ich dann für längere Zeit aus. Ich hatte Angst, dass ich durch meinen Ausfall meinen Arbeitsplatz verlieren könnte. Durch eine Freundin wurde ich auf fit2work aufmerksam“, so die Einzelhandelskauffrau. Zurück in ein gesundes Arbeitsleben Renata T. konnte dank der fit2work-Beratung wieder gesund und mit Freude in ihren Beruf zurückkehren: „Mein fit2workBerater hat mir geholfen einen Psychotherapieplatz zu finden und einen Antrag für einen Reha-Aufenthalt zu stellen. Nachdem ich mich wieder fit gefühlt habe, hat mich mein Berater zu einem Gespräch mit meinem Arbeitgeber begleitet. Jetzt habe ich bessere Arbeitszeiten und wieder Spaß an der Arbeit“, so die 50-Jährige. Alle Infos unter www.fit2work.at ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 5 AUVA aktuell Ergonomische Arbeitsplätze und Arbeitszeiten Im Rahmen des Forums Prävention 2015 präsentierte die Fachtagung der Arbeitsgruppe Ergonomie und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ergonomie ein Unterstützungsangebot für Klein- und Mittelbetriebe. Altersgerechtes Führen Anschließend referierte Ing. Dr. Herbert H. Rausch, Lehrstuhl für Ergonomie an der TU München, über die Ergebnisse des Projekts „Arbeitsgestaltung, alternsgerecht und ergonomisch“. Es wurde von der AUVA in Kooperation mit der Ergonomie Innsbruck initiiert und finanziert. Ziel des Projekts war es, Klein- und Mittelbetrieben Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie Beanspruchungen und Belastungen der Arbeit reduzieren können, um den Verschleiß gering und damit ältere Mitarbeiter länger in Beschäftigung zu halten. Zudem sollten Lösungen für die Gestaltung der Arbeitsplätze, der Arbeitsverteilung und der Arbeitsintensität angeboten werden, welche die auf- 6 7+8/2015 www.alle-achtung.at tretende Variabilität im Alter entsprechend berücksichtigen. Rausch leitete das Forschungs team der TU München, das folgende drei Fragestellungen als Ausgangspunkt für die Arbeit formulierte: • Wie reagieren große Unternehmen auf die Herausforderung, dass ihre Belegschaft immer älter wird? • Können Klein- und Mittelbetriebe dazu motiviert werden, entsprechende altersgerechte Arbeitsplätze zu entwickeln und welche Hilfsmittel benötigen sie dafür? • Wie müssen die großbetrieblichen Erfahrungen und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse aufbereitet werden, damit sie auch für Klein- und Mittelbetriebe umsetzbar sind? Das Projekt startete mit einer Firmenbefragung. Für 41 Prozent der befragten Unternehmer von Kleinund Mittelbetrieben ist die Auseinandersetzung mit altersgerechten Arbeitsplätzen schon jetzt ein wichtiges Thema im eigenen Betrieb. Noch deutlich höher ist der Prozentsatz jener, die dem Thema eine hohe Zukunftsrelevanz prognostizieren. Aus dem Ergebnis lasse sich der Schluss ziehen, so Rausch, dass „ein entsprechendes Problembewusstsein in den Führungsetagen der Unternehmen durchaus vorDer innere Rhythmus ist nur begrenzt beeinfluss- und anpassbar, daher gilt es, die Arbeitszeit nach Möglichkeit an den Biorhythmus anzupassen handen ist und es daher weniger eine zusätzliche Motivation als vielmehr geeignete Werkzeuge zur Umsetzung braucht. Das Allerwichtigste davon: Fachwissen.“ Daher hat das Projektteam die wesentlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie sich Arbeitsleistungen im Alter verändern und wie Unternehmen darauf reagieren, in einer kompakten Informationsbroschüre zusammengefasst. Zwei konkrete Beispiele: • Ad physische Unterschiede: Ab dem 40. Lebensjahr nimmt die Sehschärfe in der Regel drastisch ab. Das ist nicht nur aus sicherheitstechnischen Überlegungen heraus relevant, sondern hat auch Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten. So beeinträchtigt schlechtes Sehen etwa die Informationsaufnahme. Das Problem lässt sich allerdings gut korrigieren, durch das Tragen einer Brille ebenso wie © mediaphotos - iStock D I Michael Wichtl, Ergo nom der sicherheitstechnischen Prüfstelle der AUVA, berichtete in seinem Eröffnungsstatement über die positive Entwicklung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ergonomie. Besonders in den letzten Monaten sei es gelungen, zahlreiche neue Mitglieder zu gewinnen und so dem Ziel näherzukommen, eine Plattform für alle Experten und Interessierten am Thema Ergonomie zu etablieren. Neben der Durchführung und der Teilnahme an zahlreichen nationalen Veranstaltungen liegt ein aktueller Arbeitsschwerpunkt in der Stärkung der internationalen Kooperationen. Ergonomische e Schichtsystem der s drei aufeinan Nicht mehr al n htschichte folgende Nac ch den Freizeit na un St 24 t Möglichs hichtphase einer Nachtsc Wochenende am ck lo Freizeitb s Ausgleich al it ze Mehr Frei hichten rotierende Sc Vorwärts schicht ht ac N d cht un Frühschi ten ät er zu sp star nicht zu früh od r eh m t is Weniger © jesadaphorn - iStock Schichtund Sonderarbeit führen zu Konflikten mit der inneren Uhr. durch ein Verbessern der Sehbedingungen am Arbeitsplatz (Licht, Bildschirm, Schriftgröße der Informationstafeln etc.). • Ad psychische Unterschiede: Die sogenannte „fluide Intelligenz“ umfasst etwa Reaktionszeiten, Multitasking-Fähigkeit usw. und nimmt mit dem Alter zwar ab, gleichzeitig legt aber die auf Fakten und Erfahrungen basierende „kristalline Intelligenz“ zu. Durch gezielteres Einsetzen der Arbeitskraft könnten altersbedingte Leistungsreduktionen kompensiert werden, weil dafür Stärken an anderer Stelle hinzukommen. Begleitend zur Informationsbroschüre hat das Projektteam ein eintägiges, praxisorientiertes Seminarkonzept entwickelt, das speziell auf die Bedürfnisse von Klein- und Mittelbetrieben abgestimmt und sehr individuell adaptierbar ist. Es richtet sich vornehmlich an deren Führungskräfte, die mit Themen wie Entwicklung psychischer Leistungsfähigkeit im Alter, altersgerechtes Führen, ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, präventive Gesundheitsförderung oder Instrumente zur Einschätzung von Belastungen konfrontiert werden. Biorhythmus und Arbeitszeit Mit dem Zusammenhang zwischen Biorhythmus und Arbeitszeit befasste sich Rausch´s Kollegin von der TU München, Mag. Carmen Aringer. Fast 60 Prozent aller Arbeitnehmer arbeiten gelegentlich, regelmäßig oder ständig am Wochenende, in der Nacht oder in Wechselschichten, Tendenz steigend. So hat etwa der Anteil der regelmäßigen oder ständigen Nachtarbeiter zwischen 2001 und 2011 in Deutschland von 7,8 auf 9,4 Prozent zugenommen. Schicht- und Sonderarbeiten führen aber oft zu einem Konflikt mit unserer „inneren Uhr“. Nach Erkenntnissen der Chronobiologie, der „Wissenschaft von der inneren Uhr“, wird unser Schlaf-WachRhythmus nämlich maßgeblich von der inneren Uhr gesteuert und bewegt sich normalerweise in einem 25-Stunden-Zyklus. In diesem Zyklus erreichen wir um 3 Uhr früh unser absolutes Tief, wenn Adrenalin, Atmung, Puls, Blutdruck und Körpertemperatur reduziert sind. Die Leistungsfähigkeit sinkt dann um 50 Prozent. „Nachtschichten sind belastend“, bringt Aringer die Erkenntnisse der Chronobiologie auf den Punkt, umso mehr, als oft zusätzliche, schichtspezifische Belastungen wie überdurchschnittlich langes Stehen, Heben und Tragen schwerer Lasten noch hinzukommen. Hier können Unternehmen mit dem Konzept Ergonomischer Schichtsysteme wirkungsvoll gegensteuern, ist Aringer überzeugt. Ihr Fazit: „Der innere Rhythmus ist nur begrenzt beeinfluss- und anpassbar, daher sollten im Umkehrschluss die Arbeitszeiten nach Möglichkeit an den Biorhythmus der Menschen angepasst werden. Zudem sollten gerade im Schichtbetrieb zusätzliche Belastungen ganz gezielt reduziert werden.“ Dabei sei in jedem Fall notwendig, die Mitarbeiter bei der Erarbeitung von Optionen mit einzubeziehen und auch deren Eigenverantwortung zu fördern. Denn auch die Mitarbeiter selbst sind gefordert, ihrerseits Belastungen zu reduzieren, etwa durch die Erhöhung der Schlafqualität, eine ausgewogenere Ernährung oder auch eine verstärkte soziale Kontaktpflege. n ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 7 AUVA COVERSTORY Müdigkeit Weniger Lebensqualität, höheres Unfallrisiko Ein guter Tag beginnt mit einer guten Nacht – doch leider gilt das nicht für alle Österreicher: Mehr als ein Drittel der Bevölkerung leidet an Schafstörungen. Die Folge ist im besten Fall nur schlechte Laune am nächsten Tag. Im schlechten Fall jedoch ein hohes Unfallrisiko – im Straßenverkehr oder beim Bedienen von Maschinen. J edes Lebewesen braucht Zustände von Ruhe und Inaktivität: Bäume werfen im Herbst ihr Laub ab, Igel haltenWinterschlaf, um die unwirtliche Jahreszeit besser zu überbrücken, Fledermäuse hängen bis zu 20 Stunden am Tag in ihren Höhlen und jagen in der Dämmerung, wenn die meisten Insekten, aber die wenigsten Raubvögel unterwegs sind. Auch der Mensch braucht diese regelmäßigen Ruhephasen, um wieder neue Energie zu tanken und Körper und Geist Erholung zu gönnen. Die nächtliche Ruhezeit ist für die Reparaturvorgänge in Knochen-, Muskel- und Sehnengewebe wichtig. Je ungestörter diese Stoffwechselvorgänge verlaufen, desto besser ist 8 7+8/2015 www.alle-achtung.at das Ergebnis. Wie ein Ölwechsel bei fahrendem Fahrzeug nicht gelingt, wird ohne ausreichende Ruhezeit nicht nur die erkennbare Leistung des Organismus gemindert. Anpassungsvorgänge an körperliches Herz-Kreislauf- und Muskeltraining laufen nachts ebenso ab wie diejenigen des Gedächtnisses. Verbesserungen der Koordination, des Zusammenspiels von Muskelgruppen und Nerven sind eine Leistung des Gehirns. Auch dieses immer wieder neu erworbene „Be wegungswissen“ muss nachts vom flüchtigen Speicher des Hypothalamus in den nichtflüchtigen Speicher, nämlich auf die Festplatte der übergeordneten Gehirnstrukturen, geschrieben werden. New York bei Nacht. Schon Frank Sinatra sang: „I want to wake up in that city that doesn’t sleep.“ Expertentipps für einen gesunden Schlaf • Gehen Sie erst dann zu Bett, wenn Sie sich auch wirklich müde fühlen. • Vermeiden Sie möglichst das Schlafen während des Tages. • Vermeiden Sie aufputschende Getränke und auch Nikotin vor dem Schlafengehen. • Verzichten Sie auf schwere Mahlzeiten vor dem Zubettgehen. • Trinken Sie am späten Abend noch ein Glas Milch. Das fördert die Serotoninproduktion und somit auch den Schlaf. • Ein heißes Bad mit beruhigenden Essenzen (Baldrian, Melisse, Hopfen etc.) kann helfen. • Wenn Ihnen die Einschlafzeit zu lange dauert, stehen Sie wieder auf und lenken Sie sich mit einer Beschäftigung ab. • Ein bequemes Bett, eine ruhige und dunkle Umgebung sind Voraussetzungen für einen erholsamen Schlaf. • Regelmäßige sportliche Aktivitäten fördern den Schlaf (nicht jedoch am späten Abend). • Nehmen Sie keine Probleme mit ins Bett. Auch ein Fernsehgerät sollte aus dem Schlafzimmer draußen bleiben! • Wenn Sie unruhig und angespannt sind, helfen Entspannungsübungen wie Meditation. • Achten Sie darauf, dass der Schlafraum gelüftet und nicht zu warm ist. • Halten Sie regelmäßige Schlafzeiten ein. Schlafbedürfnis ultat dürfnis ist Res Das Schlafbe Steuen ch is og ol einer chronobi im anismus, die erung des Org al ein M ei zw n de Stun Laufe von 24 wirkt: Schläfrigkeit be s Maximum an da , ht ac N r de in Einmal mitten nau zwölf ge h lic em zi zweite Mal er – zwischen Stunden spät 15.00 Uhr! d un 13.00 Schlafen ist die beste Prävention Der Schlaf beherrscht unser Leben wie kaum eine andere Funktion: Nahezu 3.000 der 8.760 Stunden eine Jahres, also rund 24 Jahre im Durchschnitt eines Menschenlebens, werden im Schlaf verbracht. Schlafmangel führt daher in Folge rasch zu Konzentrationsschwäche und motorischen Defiziten. Die Ausführung von Bewegung wird meist unmerklich, manchmal sogar spürbar qualitativ schlechter. Das Führen von Maschinen, Kraftfahrzeugen und komplizierte Bewegungsabläufe © NeonJellyfish - istock Quelle: Initiative Gesunder Schlaf, www.gesunder-schlaf.at beim Sport werden beeinträchtigt, wenn wir müde sind. „Guter Schlaf ist daher die wichtigste Prävention von Verletzungen in Beruf und Freizeit“, betont Univ.-Prof. Dr. Manfred Walzl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie an der Landesnervenklinik Graz. Selbstverständlich ist es heute kaum mehr, dass man sich ausgeschlafen an das Steuer des Autos setzt oder im Beruf topfit seiner Arbeit nachgeht, denn: rund 3,2 Millionen Österreicher leiden unter Schlafstörungen. Sie schränken nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen drastisch ein, sondern sind auch für die Umwelt eine Gefahr, denn: Schläfrigkeit gilt als hohes Unfallrisiko. Rund 24 Prozent aller tödlichen Unfälle und insgesamt jeder dritte Unfall werden durch schlechten Schlaf verursacht. Bei länger dauernden Schlafstörungen steigt die Unfallwahrscheinlichkeit um rund 630 Prozent! Menschen auf Dauerbetrieb Dass Arbeit kurzfristig müde macht, ist nicht überraschend, denn nach Anstrengungen fordert der Körper auch Erholungsphasen. An der Universität Maastricht wurde jedoch im Rahmen des Projekts „Psychische Ermüdung in der Arbeitswelt“ festgestellt, dass über 10 Prozent der Arbeitnehmer bereits ein Jahr nach ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 9 AUVA coverstory Arbeitsbeginn eine länger andauernde Müdigkeit entwickeln. Dazu wurden rund 8.000 gesunde und fitte Arbeitnehmer über drei Jahre beobachtet. Schon nach einem Jahr waren fast 10 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen chronisch ermüdet. Besonders gefährdet sind Personen, die wenig Möglichkeiten zur Mitgestaltung ihrer Arbeit und wenig Unterstützung durch Kollegen hatten. Für Männer wirken sich vor allem hohe emotionale und körperliche Belastungen sowie mangelnde Unterstützung durch die Vorgesetzten negativ aus ‒ bei Frauen liegt es vor allem an Aufgabenansprüchen und Konflikten mit Kollegen. Obwohl zahlreiche Arbeitnehmer betroffen sind, ist Schlaf und Müdigkeit in unserer heutigen Arbeitswelt kein „schickes“ Thema, denn im Vordergrund stehen die Leistung und ein hoher Aktivitätslevel, nach Möglichkeit im 7/24-Stunden-Takt. Ohne „always on“ zu sein, wird man im Arbeitsumfeld schon fast ein Außenseiter, wie eine Studie aus Deutschland bestätigt: 85 Prozent der Berufstätigen sind auch außerhalb der regulären Arbeitszeit für den Chef oder die Kollegen erreichbar. Hand in Hand damit gehen Phänomene wie das Phantom-Vibrieren – 68 Prozent der Handybesitzer meinen mehrere Male pro Woche, das Vibrieren ihres Mobiltelefons zu spüren, ohne es aber überhaupt eingesteckt zu haben. Kommt mehrere Minuten kein SMS, so treten über Studien nachweisbar mittlerweile bei vielen Menschen auch Angstgefühle auf, ausgeschlossen oder vergessen worden zu sein. Dass all diese Entwicklungen auf die menschliche Psyche Auswirkungen enormer Tragweite haben, liegt auf der Hand. Allen gemein ist, dass sie dazu führen, dass die Ruhephasen für den Organismus immer kürzer werden oder völlig ausbleiben. „Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Schlafstörungen und berufliche Belastungen neben Herz-Kreislauferkrankungen oder Krebs als eine der wesentlichen Erkrankungsgruppen definiert, die in den nächsten 50 Jahren die Medizin beherrschen werden“, weiß Walzl. Wie viel Schlaf braucht der Mensch? Schlafbedarf ist etwas sehr individuelles. Angeblich ist Napoleon mit nur vier Stunden Schlaf ausgekommen, Einstein hingegen musste elf Stunden schlafen, um fit zu sein. Babys versinken 20 bis 22 Stunden am Tag ins Land der Träume, bei Kindern liegt der Richtwert um zwölf bis 14 Stunden. „Für Erwachsene gelten acht Stunden Schlaf als gesund, doch liegt der Schnitt in Österreich derzeit bei 6,1 Stunden“, weiß der Mediziner. Also deutlich zu niedrig, um wirklich erholt in den Tag zu starten. 10 7+8/2015 www.alle-achtung.at den n Auch Schläfrigkeit ist nach Ansicht N ah ez u 3.000 S tu des Experten einfach zu definieren: p ro Ja h r oder run d „Sie bedeutet die ‚akute Neigung zu 2 4 Ja h re w erden im schlafen‘. Medizinisch ist die SchläfDu rc h sc h n itt ein es rigkeit dabei von Müdigkeit zu unterscheiden, die definitionsgemäß einen M en sc h en le b en s im ‚regulären Ablauf der Arbeit verhinch la f verb ra ch t. S dert‘. Müdigkeit kann sowohl das Resultat physischer Belastungen – beispielsweise schwerer Arbeit – sein, ebenso aber auch Ausdruck stereotyper Handlungen, wie etwa das permanente Betrachten eines Monitorbildes. Eine Person kann demgemäß müde werden, ohne deshalb schläfrig zu sein. Doch jene Faktoren, die zur Müdigkeit führen, tragen die Wahrscheinlichkeit für eine Schläfrigkeit in sich.“ Die Auswirkungen von Müdigkeit und Schläfrigkeit sind jedoch nahezu identisch. Beide Faktoren lassen die Wahrnehmungsfähigkeit deutlich sinken, dagegen steigt die Reaktionszeit an; Merkfähigkeit, psychomotorische Koordination, Entscheidungsfähigkeit und das Verarbeiten von Informationen sind erheblich vermindert. Powernapping – Das Nickerchen für eine bessere Konzentration Ein Leis tungstief zwischen 12 und 15 Uhr nachmittags wird im Berufsalltag oft unterschätzt. © gpointstudio - istock Studien belegen, dass Mitarbeiter, die sich einem kurzen Powernapping hingeben, bis zu 37 Prozent mehr Leistung bringen als ihre müden Kollegen. Im menschlichen Biorhythmus ist das Leistungstief um die Mittagszeit praktisch schon vorprogrammiert. Mehr Kaffee, Bewegung oder wenig Essen hilft nur bedingt. Die einzige Lösung ist, eine kurze Schlafpause einzulegen. Mehr als 20 Minuten sind nicht notwendig und wären auch kontraproduktiv, denn dann beginnt die Tiefschlafphase, und wer aus der geweckt wird, ist eher gereizt, als ausgeschlafen! Für Lenker von Fahrzeugen, aber auch für alle, die auf hohe Aufmerksamkeit und Konzentration angewiesen sind, bedeutet dies einen kontinuierlichen Rückgang der Aufmerksamkeit, der schließlich zu einer Anhäufung von Fehlern führen kann. Neuere Untersuchungen haben darüber hinaus Zusammenhänge zwischen Schlafdefiziten und Alkoholkonsum evaluiert. Versuchspersonen, die 17 Stunden durchgehend wach waren, hatten die gleichen Resultate in einer psychomotorischen Testskala wie Personen mit einer Blutalkohol-Konzentration (BAK) von 0,5 Promille. Ein 24-stündiger Schlafentzug ist einem BAK von 1,0 Promille gleichzusetzen. Die Kombination aus mangelndem Schlaf und Alkoholkonsum führt natürlich zu einer Potenzierung der negativen Effekte. „Nach bisherigen Erfahrungen wissen wir auch, dass der Einzelne sich bei Müdigkeit oder Schläfrigkeit nur äußerst schwer selbst beurteilen © Privat Nachgefragt bei ... ... Schlafforscher Univ.-Prof. Dr. Manfred Walzl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie an der Landesnervenklinik Graz Kann Schlafmangel wirklich Katastrophen auslösen? „Als am 26. April 1986 die Bedienmannschaft des Reaktorblocks Nummer 4 in Tschernobyl ein Experiment startete, mit dem man die Stromproduktion überprüfen wollte, standen die Männer bereits seit über 24 Stunden ununterbrochen im Dienst. Der Reaktoroperator Leonid Toptunow war noch unerfahren und gab – viel zu müde, um das Richtige zu tun – falsche Anweisungen, als die Reaktorleistung stark abfiel. Er ließ die Brennstäbe, mit denen die atomare Kettenreaktion kontrolliert wird, ausfahren. Die Folge war eine Kettenreaktion schwerster Zwischenfälle, die schließlich in der Atomkatastrophe von Tschernobyl gipfelte. Ein nach der Ursache ähnlicher, wenngleich in den Auswirkungen harmloserer Zwischenfall hatte sich schon am 28. März kann. Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigte auf, dass die Versuchspersonen praktisch in keinem Fall den Zeitpunkt ihres Einschlafens vorhersagen konnten“, so Walzl. Diese Erkenntnis kann sich besonders beim Autofahren fatal auswirken: „Besonders gefährlich ist das Intervall vom Beschluss, eine Pause einzulegen, bis zum Erreichen eines Parkplatzes. In dieser Zeit ist man bereits ‚abgemeldet‘, unkonzentriert und schläft umso leichter ein. Nach neuen schlafmedizinischen Untersuchungen lässt sich damit auch eine zunehmende Unfallhäufigkeit in unmittelbarer Nähe des Wohnoder Ferienortes erklären“, weiß der Mediziner. Der Neurologie widmet sich in seiner Forschung schwerpunktmäßig der Schlafmedizin und hat ein weiteres, für die Arbeitswelt bedeutendes Phänomen untersucht: „Menschen haben zwischen Mitternacht und 3 Uhr Früh ihr absolutes Leistungstief. Hier passieren die meisten Unfälle und Fehler. Die gleiche Phase machen wir aber zwölf Stunden später ebenfalls durch und das ist zwischen zwölf und 15 Uhr nachmittags“, weiß der Mediziner. Schichtpläne und Arbeitsplatzgestaltung nehmen auf diese Erkenntnis derzeit aber noch viel zu wenig Rücksicht. Verschlafen in der Schule Alarmierend ist, dass nicht nur Berufstätige zu wenig Nachtruhe bekommen: Bereits 23 Prozent der Schulkinder schlafen schlecht und zu wenig. „Wir schlafen immer kürzer und immer schlechter – Tendenz stark steigend“, warnt der Grazer Mediziner Univ.-Prof. Dr. 1979 im Atomkraftwerk Three Mile Island in Harrisburg (USA) ereignet. Der Reaktor wurde vollständig zerstört, die gesamte Stadt musste blitzartig evakuiert werden, gravierende gesundheitliche Folgen blieben zum Glück aus. Doch wie man sieht: Müdigkeit kennt keine Grenzen … Tschernobyl und Harrisburg sind leider keine Einzelfälle. So weiß man, dass am 3. Dezember 1984 in einer Chemiefabrik im indischen Bhopal 3.800 Menschen sofort getötet und über 12.000 schwer vergiftet wurden, weil eine Zyanidgas-Verbindung aus den Tanks strömte. Ein – wie man später herausfand - übermüdeter Arbeiter hatte ein Ventil nicht vollständig geschlossen … Das anonyme Berichtssystem der amerikanischen Luftfahrtbehörde registriert pro Jahr bis zu 10.000 Hinweise auf Müdigkeit von Piloten. Und Untersuchungen an schwedischen Lokführern haben ebenfalls nichts Beruhigendes zutage gebracht. Dort hat man gesehen, dass Lokführer in einem frühen Schlafstadium noch in der Lage sind, die so genannte ‚Totmann-Einrichtung‘, ein Pedal, das waagrecht gehalten werden muss, da sonst der Zug nach einem Voralarm automatisch stoppt, richtig zu handhaben ...“ ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 11 AUVA coverstory © AUVA Pupillenbewegungen werden aufgezeichnet und daraus der Grad der Schläfrigkeit bestimmt auswirkt, ist nachvollziehbar“, so Walzl. Studien an der University of California belegen, dass Schlafstörungen eine konkrete Basis für psychische Erkrankungen sind. Schlechter, gestörter und vor allem zu wenig Schlaf führen zu einem gestörten emotionalen Verhalten. Zudem versagt bei zu wenig Schlaf auch die rationale Kontrolle. Schwerwiegende Erkrankungen wie Depressionen, Angstzustände und Herz-Rhythmusstörungen können die Folge von länger anhaltendem Schlafmangel sein. Manfred Walzl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie an der Landesnervenklinik Graz. Beim Nachwuchs wirkt sich Schlafmangel besonders negativ aus: „Drei Viertel sind am nächsten Tag unruhig, überaktiv und neigen zu Wutanfällen.Wer schlecht und wenig schläft, neigt darüber hinaus besonders zum ‚Schwänzen‘ und Verschlafen“, weiß Walzl. Gehen Jugendliche statt um 22 Uhr erst um Mitternacht ins Bett, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Depressionen um 24 Prozent, die Tendenz zu Suizidgedanken um ein Fünftel. In der Gruppe jener, die nur fünf Stunden pro Nacht ruhen, verzeichnen die Experten einen Anstieg bei Depressionen um fast zwei Drittel, bei Selbstmordgedanken um knapp die Hälfte. Die meisten Schüler, Studenten und Berufstätigen entwickeln durch eine verkürzte Schlafdauer ein Schlafdefizit von mindestens drei bis zu sieben Stunden pro Woche. „Wir verbringen zwar oft acht Stunden im Bett, schlafen davon aber nur sechs bis sieben. Dass sich dies körperlich und psychisch negativ Tipps, wie das Autofahren sicherer werden kann • Decken Sie Ihren täglichen Schlafbedarf. Schlafen Sie vor allem einige Nächte ausreichend, wenn eine längere Autofahrt bevorsteht. • Achten Sie gerade vor längeren Fahrten auf das Schlafritual (SchlafWach-Zyklus). • Reduzieren Sie den Stress vor Urlaubsbeginn. • Kaffee und Zigaretten sind keine Mittel, um wach zu bleiben! • Meiden Sie während der Fahrt schwere und reichliche Kost. Zu empfehlen sind leicht aufzuschließende Kohlehydrate (Brot, Nudeln, Reis, Gemüse), Obst und Mineralwasser. • Legen Sie mindestens alle drei Stunden eine Pause ein und wechseln Sie sich – wenn möglich – beim Fahren ab. 12 7+8/2015 www.alle-achtung.at Der Schläfrigkeit auf der Spur Im Gegensatz zur Promille-Bestimmung mittels „Alkomat“ war eine apparative und objektive Messung von Müdigkeit in der Routine lange Zeit nicht möglich. Klinische Untersuchungsmethoden sind überaus ungenau, Fragebögen liefern keine präzisen Daten. An der Medizinischen Universität Graz ist es nun mithilfe eines Pupillometrischen Schläfrigkeitstest (PST) möglich, objektivierbare Parameter zu erhalten, um eine eventuelle Tagesmüdigkeit bzw. die Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit Übermüdung festzustellen. Das Prinzip der Pupillometrie hat einen einfachen physiologischen Hintergrund: Unsere Pupillen sind niemals starr, sondern verändern sich, unabhängig von Lichteinflüssen, pro Sekunde im Durchmesser um etwa 0,3 Millimeter. Bei einem übermüdeten Menschen sinkt die Frequenz des Pupillenspiels, während die Kurve größere Ausschläge zeigt – die Amplitude steigt also. Die Aufzeichnung der spontanen und unbewussten Bewegung der Pupille im Dunkeln ist somit die einfachste – und inzwischen bewährte – Methode zur objektiven Messung und Beurteilung der Tagesschläfrigkeit. Bei erhöhter Einschlafneigung treten typische Pupillenbewegungen auf – langsame Schwankungen, so genannte Schläfrigkeitswellen. Eine Videokamera mit Infrarotbeleuchtung beobachtet die Pupille des Untersuchten. Dieser trägt eine für sichtbares Licht dichte, für Infrarotlicht jedoch transparente Brille. Die Messungen werden in Dunkelheit durchgeführt, der Proband hat lediglich die Aufgabe, die schwach sichtbare Infrarotbeleuchtung zu fixieren. Das spontane Pupillenspiel wird elf Minuten lang aufgezeichnet und daraus der Pupillenunruheindex PUI in Millimetern pro Minute berechnet. Unmittelbar nach einer Messung steht das Ergebnis zur Verfügung. Null bis 6,6 bedeutet wach, bis 9,8: Achtung, hier könnte der Untersuchte bereits müde sein. Darüber hinaus gibt es keine Zweifel mehr: Hände weg vom Lenkrad oder von gefährlichen Tätigkeiten. Jetzt hat der Schlaf die Oberhand! n Wandern © massimo colombo - istock Wie Bewegung zur Vorsorge beiträgt W andern hat viele Vorteile: Nicht nur, dass man fast überall flott ausschreiten kann – genau genommen schon vor der eigenen Haustüre ‒, ist man mit einer kostengünstigen Ausrüstung und dem passenden Wetter rasch mit von der Partie. Wie kaum ein anderer Breitensport, hilft das lange, gleichmäßige, aber doch raschere Gehen vorbeugend gegen eine Reihe von Zivilisationskrankheiten, das Immunsystem wird gestärkt, Blutdruck und Puls werden gesenkt oder die Knochen, Muskeln, Gelenke, Bänder und Bandscheiben gestärkt. Nicht zuletzt wirkt sich Wandern in frischer Luft und unberührter Natur auch gut auf die Stimmung aus, die Konzentrationsfähigkeit und Kreativität werden gefördert und der Stress reduziert. Das einfache Medikament gegen viele Leiden heißt also „Wandern“ – doch nicht immer ist es so einfach, auch den Lebensstil dahingehend zu ändern. Bewegung hält gesund Ein ungesunder Lebensstil – vor allem zu viel Essen, zu wenig Bewegung und wenig Erholung – ist die Basis für viele chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen oder Krebs. „Wenn es einen ungesunden Lebensstil gibt, der krank macht, muss es wohl auch Lebensstile geben, die gesund machen. Schlussfolgernd ergibt sich, dass möglichst oft das ‚Richtige‘ getan und das ‚Falsche‘ vermieden zu haben zu Gesundheit führt“, bringt es Dr. Alfred Lohninger, Mediziner und Geschäftsführer der Autonom Health Gesundheitsbildungs GmbH auf den Punkt. Naheliegend ist nach Ansicht des Mediziners, alles, was ohnehin getan werden muss – beispielsweise Essen oder Trinken –, möglichst richtig zu machen, um so mit wenig Aufwand im Alltag auch eine große und positive Wirkung zu erzielen. „Um sit iv Wan d ern w irkt p o au f d ie S t im m un g, en h il ft S tres s ab z ub au un d fö rd ert d ie K re at ivit ät . © Privat Ob Einsteiger oder Fortgeschrittener, ob Alt oder Jung, ob Hochgebirge oder Donauau – Wandern bietet mit seinen vielen Facetten ein breites Angebot. Zudem ist es wohl eine der gesündesten Bewegungen für Körper und Seele! „Der optimale therapeutische Effekt des Wanderns liegt in der bewussten oder unbewussten Synchronisation von Bewegungsund Atmungsrhythmen mit den Rhythmen der Natur.“ Dr. Alfred Lohninger ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 13 AUVA thema Über HRVMessungen lassen sich auch für das Wandern optimale Trainingspläne erarbeiten. Ziele setzen und erreichen Alles, was es braucht, um erfolgreich in Gesundheit zu investieren, ist die Bereitschaft zu handeln. Dieses „Warum“ findet man gewöhnlich im Leidensdruck einer Krankheit. Damit die Reise zur eigenen Gesundheit aber auch Spaß macht und schon vorsorgend angetreten wird, ist es gut zu wissen, was einen erwartet, welche Strecken man zurücklegen kann und wie der Reiseverlauf angepasst werden kann. „Übersetzt in die Sprache der Medizin heißt das, nur eine genaue Eingangsdiagnostik und ein effektives Monitoring sorgen dafür, passende Gesundheitsziele festzulegen und sie auch auf Umwegen zu erreichen“, so der Mediziner. Oder in anderen Worten: Gesundheit muss messbar werden, um sie auch gezielt anzustreben. Punktuell funktioniert das natürlich heute schon: Blutdruck, Körpertemperatur oder Laborwerte sagen viel über Krankheit aus, aber noch lange nichts über die Lust sich zu bewegen oder das schwer messbare Gefühl, aus einem tiefen erholsamen Schlaf zu erwachen. „Diese Lücke wurde mit der Herzratenvariabilitätsmessung, kurz HRV, geschlossen“, weiß Lohninger, der das Instrument seit Jahren im Bereich der Prävention und der SportKleidung medizin erfolgreich einsetzt. t be- überhaupt am Leben zu bleiben, sind vier Tätigkeiten essentiell: Atmen, Wasser trinken und Nahrung zu uns nehmen, Schlafen und uns bewegen“, fasst der Mediziner zusammen. Der Bewegung kommt als zentrale Steuerungsrolle mittlerweile eine Schlüsselfunktion zu. Wir alle wissen: Es schläft sich nach acht Stunden moderater Bewegung im Wald besser als nach acht Stunden Sitzen am Computer. „In puncto Atmung erklären sich die positiven Auswirkungen körperlicher Aktivierung auf Lungen- und Herzkreislauffunktion, auf den Bewegungsapparat und damit die Körperhaltung als Folge von verbesserter Zwerchfellfunktion und Atemmuskulatur und nicht zuletzt im Sinne von ‚motion triggers emotion‘, der stimmungsaufhellenden Wirkung durch körperliche Aktivität. Selbst ein Patient im bewusstlosen Zustand auf einer Intensivstation wird täglich von Physiotherapeuten bewegt, weil dies seine Chancen zu überleben verbessert“, erklärt Lohninger. Rucksack ProviWanderkarte, oder ille ant, Sonnenbr ne oh – er st fla Blasenp ´s ht ge Rucksack wohl nicht! SchuHwerk Was unser Herzschlag zeigt Bei gesunden Menschen reagiert das Herz als Hightech-Instrument ununterbrochen auf äußere und innere Signale mit fein abgestimmten Veränderungen („Variationen“) der Herzschlagfolge. DieseVeränderungen werden von unserer inneren Uhr, unserer Atmung, unseren Emotionen und von äußeren Einflüssen gesteuert, das heißt, unser Herz reagiert unmittelbar auf alles, was wir im Außen erleben und im Inneren denken und fühlen. Dieses Phänomen ist die Herzratenvariabilität (HRV). „Letztendlich ist es so, dass alle r e Wand bewussten und unbewussten Informationen e stöck von Nervenendigungen und Nervenzenitt ... schaffen Tr tren, Sinnesorganen, hormonellen Impulsen, sicherheit und Schmerz, Müdigkeit, Anspannung, Angst, entlasten Ge lenke. Freude, Durst oder Völlegefühl jegliche Aktivität des Herzens andauernd verändern“, gibt der Mediziner Einblick und ergänzt: „Wenn diese HerzAktivitäten aufgezeichnet werden, kann das Ergebnis in einem feuerähnlichen Muster dargestellt werden.“ © 4x6 - iStock e Wanderschuh Gut sitzende lhoch he öc kn en st sollten am be sowie Sprunggelenk sein, um das m de r vo r de än Sehnen und B n. re ah bew Umknicken zu hlen sorgen So te es hf sc Rut eren Tritt. für einen sich pass Grundsätzlich ne leidung für ei itk ze ei Fr e quem ig äß lm ge ch wer re Wanderung, do ternimmt, ist mit un längere Touren eidung er Funktionskl tiv ak gs un m at ialien er at M e nn di gut bedient, de nicht er dass der Körp aussorgen dafür, t ch ni ch au überhitzt, aber d ein un tz hu sc en kühlt. Reg cken finden paar Ersatzso ksack uc R in jedem Platz. IMPRESSUM: Herausgeber: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, Internet: www.auva.at | Beauftragter Redakteur: Wolfgang Hawlik, Tel.: +43 5 93 93-22907 | [email protected] | Assistenz: Michaela Krasznyanszky, Tel.: +43 5 93 93-22901 | [email protected] | Medieninhaber: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, Chefredakteur: Wolfgang Hawlik, Tel.: +43 5 93 93-22907 | Redaktion: Mag. Renate Haiden, [email protected] | Anzeigenrepräsentanz: ÄrzteVerlag GmbH, 1090 Wien, Währinger Straße 65, Tel.: +43/1/961 1000-0 | Zeitschriftenverlag: ÄrzteVerlag GmbH, 1090 Wien, Währinger Straße 65, Tel.: +43/1/961 1000-0, office@aerzteverlag.at | Anzeigenverwaltung: Marion Mabrier, Tel.: +43/1/961 1000-180, [email protected] | Anzeigen: Karin Kaan, Tel.: +43/1/961 1000-230, [email protected], Fiona Bucher, Tel.: +43/1/961 1000-300, [email protected] | Grafik und Layout: Marion Dorner für andrej.cc | Hersteller: Druckerei Berger, Horn | Verlagsleitung: Kommerzialrat Axel C. Moser. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz siehe www.alle-achtung.at. 14 7+8/2015 www.alle-achtung.at © Ilya Terentyev - iStock Am besten Sie lassen elektronisches Equipment zu Hause: Ohne Kopfhörer sind Sie sicher und achtsamer unterwegs! Dieses so genannte „Lebensfeuer“ eines Menschen schafft damit einen neuen Zugang, der nicht mit Ängsten vor Krankheit, sondern mit Neugierde auf die positive Wirkung eines gesunden Lebensstils arbeitet. Kurz gesagt: Gesundes Essen, ausreichend Bewegung und erholsamer Schlaf sind unmittelbar an unserem Herzschlag ablesbar und motivieren rasch zu einem entsprechenden Lebensstil. Gesund durch Wandern „Mittels HRV-Messungen können mit geringstem Aufwand im Alltag alle nötigen Informationen für eine personalisierte ‚Wandertherapieplanung‘ erhoben werden, ebenso die unmittelbare positive Wirkung“, beschreibt Lohninger. Schweigend im eigenen Rhythmus zu gehen ist heilsam. Was man in den Klostergängen seit Jahrhunderten praktiziert, führt nicht nur zur Selbstreflexion und der Ordnung der eigenen Gedanken, es ökonomisiert physio logische Abläufe und schafft die Voraussetzung für Heilungsprozesse. Wandern ist gesund, aber ... …Wer sich krank fühlt, auch wenn es nur ein Schnupfen ist, sollte zu keiner großen Tour aufbrechen. …Planen Sie längere Touren am besten mit erfahrenen Wanderern und informieren Sie sich vorab über Einkehrmöglichkeiten. …Achten Sie auf Wettervorhersagen. …Sorgen Sie für die passende Ausrüstung. …Halten Sie immer eine Wasserflasche bereit. Weniger ist oft mehr, jedoch kann man Wandern nicht wie andere Bewegungsformen als Intervallbzw. im Sinn eines High-Intensity-Trainings ausüben. „Der optimale therapeutische Effekt des Wanderns liegt in der bewussten oder unbewussten Synchronisation von Bewegungs- und Atmungsrhythmen mit den Rhythmen der Natur. Der Mensch geht in die Natur hinein und die Natur geht in den Menschen hinein – wenn der Rhythmus stimmt. Um diesen Zustand hervorzurufen, ihn zu finden, ihn zuzulassen, braucht es, wie immer je nach Übung und innerer Verfassung, Zeit“, erklärt Lohninger. Die Dauer einer Wanderung soll zwischen dem Erreichen der bestmöglichen Synchronisation mit der Umwelt und dem müdigkeitsbedingten Wegdriften von diesem „Flowzustand“ liegen. Ob wandern allein oder in der Gruppe „gesünder“ ist, muss demnach jeder für sich selbst entscheiden. Doch rät der Experte jedenfalls dazu, Kopfhörer und Musik zu lassen und die Natur wirken zu lassen, denn: „Jede Reduktion der massiven Überfrachtung visueller und akustischer Reize, unter denen mehr und mehr Menschen auch bewusst leiden, führt schon zu mehr Gesundheit. Die visuelle Wahrnehmung der natürlichen Ästhetik der Natur führt zu einer tiefen inneren Vertrautheit und Wohlbefinden und somit zu vertiefter Atmung. Kaum mehr ist für die Gesundheit möglich zu tun, als in die Natur zu gehen und dabei Gottfried Kellers Apell zu folgen ‚Trinkt, o Augen was die Wimper hält, von dem gold’nen Überfluss der Welt‘. Gönnen Sie den Ohren das Rauschen des Windes in den Bäumen und das Plätschern eines Baches, Sie werden von der erwünschten Nebenwirkung des Medikaments Wandern massiv profitieren!“ n Ob Sie lieber allein oder in der Gruppe wandern, ist individuell verschieden. Info & Kontakt: Dr. Alfred Lohninger Autonom Health Gesundheitsbildungs GmbH alfred.lohninger@ lebensfeuer.com ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 15 AUVA Thema Das wachsame Auge Berufsbilder menschenBilder Die Badesaison ist längst eröffnet und in heimischen Bädern geht es rund. Das wachsame Auge des Bade meisters stellt sicher, dass aus kleinen Unfällen keine großen Katastrophen werden, doch außer einem geschulten Blick muss der potenzielle Retter noch einiges andere können. A n 38 Standorten in Wien betreibt der Magistrat der Stadt fünf reine Hallen-, 17 Sommer- und sonst gemischte Bäder. 470 fest angestellte Mitarbeiter und noch einmal so viele Saisonbedienstete sorgen dafür, dass das Badevergnügen ein sicheres bleibt. „Wer sich als sogenannter Bassinaufseher beim Wiener Magistrat Abteilung 44 Bäder bewirbt und die Prüfung besteht, kann mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Anstellung rechnen“, erzählt Martin Kotinsky von der MA 44. „Immerhin liegt 16 7+8/2015 www.alle-achtung.at die Quote der bestandenen Prüfungen bei nur zehn bis 20 Prozent.“ Regelmäßig finden etwa alle drei bis fünf Jahre Lehrgänge zum „Staatlich geprüften Sportbadewart“ statt. „Hat man diesen erfolgreich absolviert und war mindestens drei Sommersaisonen tätig, kann man in ein fixes Dienstverhältnis als Schwimmlehrer in einem Hallenbad übernommen werden, sobald ein Dienstposten frei wird“, ergänzt Kotinsky. Naturgemäß verliert ein Saisonangestellter in der Regel nach sechs Monaten – zuzüglich aliquotem Urlaub – seinen Job und geht entweder einem Saisonjob im Wintertourismus, in einem Winterbetrieb wie etwa einem Eislaufplatz oder einer sonstigen Beschäftigung nach oder ist arbeitslos. Peter Forster hat es geschafft: Er ist im Auftrag der MA 44 Schwimmlehrer im Hallenbad und „Bademeister“ im Bad der Wiener Großfeldsiedlung. „Bademeister ist ein allgemeiner Oberbegriff“, erklärt Forster. „Ich kann auch als Saunawart, Beckenaufsicht bzw. Bassinaufseher und natürlich als Schwimmlehrer eingesetzt © MA 44 – Bäder brochen“, erzählt Forster. In erster Linie haften selbstverständlich Eltern für ihre Kinder. Gegen das „beruhigende“ Urteil „ihr seid ja eh da“ möchte sich der Bademeister verwehren, denn niemand könne überall gleichzeitig sein – ein Restrisiko bleibt immer. Nicht immer dominieren im Bad Stimmung, Freizeit und Fröhlichkeit „Ich muss meine Augen überall haben und im Fall des Falles richtig reagieren.“ Peter Forster, Schwimmlehrer und Bademeister im Hallen- und Sommerbad Großfeldsiedlung © fotostorm - iStock Bademeister müssen auch über Wissen in Chemie verfügen, denn Chlorgas kann gefährlich werden werden.“ Er hat die selektive Prüfung nach der Schwimmlehrerausbildung mit Vorzug absolviert, die auch viel Wissen über Technik, Bäderhygiene,Wasseraufbereitung, Bewegungs-, Trainings-, Rechtslehre, Wetterkunde und natürlich Erste Hilfe umfasst. Technik und Chemie stellen für viele Anwärter Hürden dar, sind aber nicht minder wichtig, wenn man bedenkt, dass Chlorgas durchaus gefährlich werden kann. Erste Hilfe stellt wohl jene Funktion dar, mit der der Beruf des Bademeisters meistens assoziiert wird – mit Recht. 100 Prozent Verantwortung „Ich bin dafür verantwortlich, dass weder im Wasser noch außerhalb etwas passiert“, erzählt Forster. „Das heißt, ich muss meine Augen überall haben und im Fall des Falles richtig reagieren. Gefahren müssen im Vorfeld erkannt werden. Wenn es gefährlich werden könnte, greife ich sofort ein – immerhin hafte ich, wenn etwas passiert.“ Kotinsky ergänzt: „Grundsätzlich haftet der Betreiber eine Badeanlage für alle Schäden, die durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht oder durch eine schuldhafte Handlung seiner Bediensteten entstehen. Der Badbetreiber ist auch zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung gesetzlich verpflichtet. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bestehen jedoch einerseits Regressansprüche, andererseits kann auch gegen den betreffenden Bediensteten strafrechtlich ermittelt und Anklage erhoben werden.“ Dass kritische Situationen entstehen, ist nicht allzu oft der Fall, aber immer wieder einmal, häufig in Kombination mit Alkohol oder Drogen unter jungen Leuten, sagt Forster. Immer wieder geschieht es, dass Unfälle zu Streitfällen werden und die Staatsanwaltschaft eingreift. „Wir Bademeister haben einen geschulten Blick, aber wir können nicht alles sehen, deshalb ist auch gute Teamarbeit notwendig, damit wie in meinem Fall vier bis sieben Aufseher bis zu 1.000 Badegäste im Blick haben.“ Schwimmhallen sind besser überblickbar, während Freibäder an gut besuchten Tagen einem gefährlichen Hexenkessel gleichen. „Für kleinere Kinder können auch 100 cm Tiefe gefährlich werden. Erst vor wenigen Wochen war ich ‚im Wasser‘ – das ist unsere Bezeichnung für einen Rettungseinsatz –, weil ein Kind, das im seichten Wasser gespielt hatte, plötzlich im tieferen Wasser den Boden verlor und unterging. Die Mutter stand übrigens ganz in der Nähe, telefonierte aber ununter- Sonnenbad und Flirtprogramm Das Klischee des braungebrannten feschen Bademeisters, der eigentlich „Baywatch-mäßig“ nichts zu tun hat und hauptsächlich mit hübschen Mädchen flirtet, ist Forster freilich nicht unbekannt. „Das ist natürlich Unsinn. Wir haben viele ernste Aufgaben und die stehen im Vordergrund, aber ich kann mit diesem Vorurteil leben“, meint der erfahrene Bademeister schmunzelnd. „Wenn man den eigenen Job mag, sieht man das lockerer. Ich arbeite nun einmal in einer Umgebung, in der es um gute Stimmung, Freizeit und Fröhlichkeit geht, daher überrascht mich dieses Urteil nicht.“ Vormittags unterrichtet Forster im Hallenbad Aqua-Rhythmik, am Nachmittag sind die Kinderschwimmkurse an der Reihe. Die Arbeitszeiten sind naturgemäß variabel, doch damit kommt er ganz gut zurecht. „Ich mag die Abwechslung, die gute Stimmung – am liebsten natürlich bei schönem Wetter. Dann habe ich zwar deutlich mehr Arbeit, aber das wird ja auch ausgeglichen“, meint Forster. „Wenn Saisonarbeiter im April fleißig sind und alles vorbereiten und dann das Wetter nicht sommerlich werden will, ist das frustrierend. Deshalb habe ich eigentlich nur zwei große Wünsche für meinen Beruf: dass die Wiener Bäder weiterhin vom Magistrat so gut verwaltet werden, denn ich fühle mich bei diesem Arbeitgeber sehr wohl, und dass das Wetter schön wird. Dann passt auch die Stimmung.“ n ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 17 AUVA THEMA Superfoods Was die alles können! Toll, aber nicht außergewöhnlich Eines gleich vorweg: Der unvergleichliche Effekt der Superfoods ist vor allem eines – ein Marketing-Coup. Es gilt jedoch, ein großes Aber zu ergänzen: Die sogenannten Superfoods haben durchwegs tatsächlich viele ernährungsphysiologisch wertvolle Inhaltsstoffe. Sie sind gesund, schmackhaft und können als Ergänzung oder Abwechslung in einer ausgewogenen Ernährung gute Dienste leisten. Was sie allerdings nicht können, Superfoods – ein kleine Auswahl Baobab ist die nährstoffreiche Frucht des afrikanischen Affenbrotbaums und enthält besonders viel Vitamin C, Kalium, Antioxidantien, Kalzium, viele Mineralstoffe wie Eisen und Magnesium sowie Ballast stoffe und wirkt pro biotisch. 18 7+8/2015 www.alle-achtung.at „Superfoods sind eine gute, einfache Möglichkeit, den Nährstoffbedarf zu decken bzw. sicherzustellen und können so eine gesunde, ausgewogene Ernährung ergänzen.“ MMag. Lisa Dobler Moringa stammt aus der Himalaya region und kann Wasser reinigen. Außerdem ist alles an diesem Baum verwertbar und er enthält Proteine, Anti oxidantien, Vitamin C, B3, B2, A und Eisen. Die Exoten Weitere exoti sche Superfoods: Goji-Beeren, Chiasamen, Kokoswasser, Açai-Beeren, Agavendicksaft, Spirulina, Camu Camu, Maca, Kakao, Avocado, Shiitake-Pilze, Acerola-Kirsche, Ingwer, Granatapfel, Kurkuma u. v. m. Matcha ist pulverisierter grüner Tee aus Japan, der mit noch mehr positiven Nährstoffen aufwarten kann als normaler Grüntee, und das bei weniger Koffein, darun ter Carotine, Vitamine A, B, C und E, Antioxidantien, wert volle Aminosäuren. © bdspn, anthonyjhall, Marika - iStock A ist Wunder zu bewirken. MMag. Lisa Dobler von Veganblatt erklärt, was so besonders an ihnen ist: „Bei Superfoods handelt es sich um Pflanzen mit einem alten Erbgut, die nicht wie Kulturpflanzen weitergezüchtet wurden. Es sind die nährstoffreichsten Lebensmittel, die uns zur Verfügung stehen. Dieses außergewöhnliche Nährstoffspektrum bringt große Vorteile für unsere Gesundheit mit sich und viele Inhaltsstoffe sind auch aufgrund ihres medizinischen Effekts von besonderer Bedeutung. Der Begriff Superfoods geht übrigens auf den amerikanischen Ernährungswissenschaftler David Wolfe zurück, der sich mit dem Nährstoffgehalt von Pflanzen auseinandersetzt.“ Bei all den bewiesenermaßen hochwertigen Inhaltsstoffen, die stärkende, unterstützende und sogar heilende Effekte mit sich bringen, muss jedoch realistischerweise eingemahnt werden, dass diese Nahrungsmittel alleine nicht alles verändern können. Selbst Sportler, die besonders auf eine ausgewogene Zusammensetzung ihrer Nahrung achten, dürfen keine zu hohen Erwartungen in Superfoods setzen. „Leistungssteigernde Effekte sind von den meisten Zusatzstoffen çai, Moringa, Chiasamen, Maca ... Die Nachrichten über wieder- oder neuentdeckte – oftmals exotische – Superlebensmittel häufen sich. Beinahe wöchentlich scheinen Wissenschaftler zur Erkenntnis zu kommen, dass bestimmte Nahrungsmittel einzigartige, gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe aufweisen und deshalb als neue Superfoods gehypt werden. Was heißt gesundheitsförderlich! Sie versprechen Schönheit, Gesundheit, Fitness und Wohlbefinden und sind sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsäue“. Doch was ist dran an den tollen Früchten, Gewürzen, Kräutern und Getreiden? © Privat Mit reichhaltigen Nahrungsmitteln Schönheit, Gesundheit und Vitalität zu erlangen, wäre wohl praktisch. Gesund sind sie auch durchaus, die sogenannten Superfoods, doch Wunder sind leider keine zu erwarten. für gesunde Hobbysportler eher nicht zu erwarten“, bestätigt Prof. Dr. Cem Ekmekcioglu von der Medizinischen Universität Wien. Mit Superfoods werden wir ziemlich sicher weder fitter noch schöner noch gesünder oder jünger, doch sie können dazu beitragen, unseren Teil dazuzutun, damit der optimale gesundheitliche Effekt erreicht wird. © AlexSava - iStock Superfoods können mit tollen Inhaltsstoffen aufwarten, sie sind aber keine „eierlegenden Wollmilchsäue“. Reiche Vielfalt Die Zahl der Superfoods ist längst unüberschaubar geworden. Was vielen von ihnen jedoch gemeinsam ist, ist die exotische Herkunft: Açai aus Brasilien, Moringa aus Ostafrika, Chiasamen aus Mexiko oder Maca aus Peru. Viele gesundheitliche Effekte werden auch h eimischen Nahrungsmitteln zugeschrieben. So wirken etwa Leinsamen ähnlich wie Chiasamen, Heidelbeeren sind reich an Antioxidantien und Rote Rüben wirken herzstärkend. Besondere gesundheit- liche Effekte lediglich den Exoten zuzuschreiben, geht also ganz sicher am Ziel vorbei. Gewinnen können all jene, die Superfoods als das sehen, was sie sind: „Superfoods sind eine natürliche Alternative zu vielen Nahrungsergänzungsmitteln. Sie machen dem Begriff ‚Lebensmittel‘ alle Ehre“, erklärt Dobler. „Man kann aber nicht erwarten, dass allein dadurch eine gesunde, ausgewogene Ernährung sichergestellt ist.“ Dazu gehört grundsätzlich das volle Programm: ausreichend Vitamine, Spurenelemente, Eiweiß, hochwertige Fette in Form von vielfältigen Lebensmitteln ohne überhöhte Energiezufuhr, ausreichend Flüssigkeit, gesunder Schlaf, regelmäßige Bewegung, möglichst kein Alkohol, Nikotin und wenig Koffein. Grundsätzlich ist es ratsam, auf die Inhaltsstoffe unserer Nahrungsmittel zu achten – dann können sie durchaus ihr Schäuflein zu Gesundheit, Schönheit, Vitalität und manchmal sogar Heilung beitragen. n Info & Kontakt: www.VeganBlatt.com © Donald Erickson, kamasigns - iStock, Christoph Müller - Wikipedia Kale ist nichts anderes als Grünkohl. Er hat dank des grünen Smoothie-Trends als wichtiger Bestandteil der grünen Powersäfte ein Revival erlebt. Kale senkt den Cholesterin spiegel und ist reich an Zink, Magnesium, Vitamin C und K sowie Antioxi dantien. Moltebeeren Weitere heimi sche (europäische) Superfoods: Heidelbee ren, Preiselbeeren, Nüsse, Leinsamen, Hanf, Kürbis, Brennnessel, Löwenzahn, Brokkoli, Sauerkraut, Hagebutte, Rote Rübe u. v. m. wachsen in Lappland und sind sehr selten. In Skandina vien werden sie als Likör, roh oder gefroren und gesüßt verzehrt. Sie sind sehr reich an Vitaminen und Spu renelementen. Aus der Heimat Weizengras findet sich ebenfalls in grünen Smoothies wieder. Die jungen Triebe des Weizens sind reich an Vitamin C und E, Antioxidantien sowie Mag nesium und Chlorophyll. ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 19 AUVA thema Reiseübelkeit „Mama, mir ist schlecht!“ Wer bei einer Autofahrt diesen Satz schon gehört hat, weiß vielleicht auch, dass es dann oft schon zu spät ist. Gerade Kinder vertragen kurvige Stre cken mitunter nicht gut und leiden unter Reise übelkeit. Mit einer passenden Vorbeugung bleibt das Malheur vielleicht erspart. D ie Reiseübelkeit tritt in verschiedenen Formen auf, hat aber immer eines gemeinsam: Ungewohnte Bewegungen lösen Blässe, Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen aus. Das kann beim Autofahren passieren, aber auch auf dem Schiff, im Flugzeug, in der Achterbahn, im 3D-Kino oder sogar in Wolkenkratzern, die keine ausreichende Schwingungstilgung aufweisen. Selbst Seeleute, die sich auf Landgang befinden, können darunter leiden und auch der Ritt auf einem Kamel kann durch die enormen Schwankungen zu Reiseübelkeit führen. Die gute Nachricht: Endet die Bewegung, hört irgendwann auch die Übelkeit auf. Idealerweise wird allerdings vorgebeugt, damit das gar nicht erst passieren kann. Es kann jeden treffen Ein Blick zurück in den Fonds des Wagens oder zu Passagieren auf einem Schiff kündigt oft schon an, was bald passieren könnte: Betroffene werden blass – manchmal regelrecht grünlich im Gesicht – und schweigsam, meist schläfrig 20 7+8/2015 www.alle-achtung.at und fast apathisch, kalter Schweiß bricht aus. Die Stresshormone im Blut steigen an, die Magen-DarmFunktionen werden zurückgefahren, der Blutdruck fällt ab und der Herzschlag beschleunigt. Schließlich wird der Magen entleert, bei schwerer Seekrankheit oft bis zur völligen Magenleere, was zu Dehydrierung und sogar Depressionen führen kann. Berühmt und absolut kein „Seemannsgarn“ sind Berichte von Seeleuten, die unter so starker Seekrankheit litten, dass sie sich von Bord stürzten. Die Ursache sind widersprüchliche Informationen über Lage und Bewegung des eigenen Körpers, die die Sinnesorgane irritieren. Aus diesem Grund ist der Fahrer eines Autos auch nicht betroffen: Er steuert die Bewegungen und sieht die unmittelbare Reaktion darauf, die Bewegung des Wagens. Bei ihm widersprechen sich die Sinneseindrücke nicht. Reiseübelkeit kann jeden treffen, selbst erfahrene Seeleute. Studien zufolge steuern Intensität, Dauer, Frequenz, aber auch die eigene Körperposition und die vertikale oder horizontale Ausrichtung der Bewegung die Neigung zur Reiseübelkeit höchst individuell. Damit die Urlaubsreise von Anfang an schon Spaß macht, kann gegen Reiseübelkeit vorgesorgt werden Das hilft gegen Reisekrankheit Vor und während der Reise •Ingwer, Pfefferminze, Kamille, Schafgarbe •Keine schweren Mahlzeiten, kein Alkohol, kein Koffein, keine Milch, wenig Fett • Eventuell Akupressurbänder für die Handgelenke/Brille gegen Reisekrankheit • Eventuell Medikamente aus der Apotheke bzw. über den Arzt des Vertrauens Im Flugzeug •Auf Höhe der Tragflächen sitzen •Bewegungspausen •Aus dem Fenster schauen Im Auto/Bus • Selbst fahren •Nicht lesen, am Bildschirm spielen/lesen • Vorne sitzen •Am Fenster, in Fahrtrichtung sitzen •Frischluftzufuhr •Bewegungspausen Am Schiff •Horizont im Auge behalten •In der Mitte auf Wasserhöhe sitzen • Bei ersten Anzeichen auf den Rücken legen und Augen schließen zeugen unterstützt oft schon der freie Blick auf den Horizont, um nicht wieder „die Fische zu füttern“; bei ersten Anzeichen hilft es vielen Betroffenen, sich hinzulegen und die Augen zu schließen. Freilich sind in Apotheken Medikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen in Pflaster-, Tablettenoder Kaugummiform gegen Reisekrankheit verfügbar, die meist zuverlässig wirken. Als sanftere Prophylaxe hat sich Ingwer in jeder Form bewährt. Er wirkt antiemetisch, das bedeutet, er unterdrückt den Brechreiz. Ob als Saft, pure Knolle oder Zuckerl eingenommen, ist dabei nicht wichtig – im Idealfall wird jedoch schon vor der Reise damit begonnen. Auch Vitamin C, Pfefferminze, Kamille oder Schafgarbe scheinen manchen zu helfen. Wichtig zur Vorbeugung sind überdies leichte statt schwerer Mahlzeiten, kein Alkohol und möglichst kein Koffein, Fett oder Milch. Sitzen Sie wenn möglich mit Blick in Fahrtrichtung und auf die Straße. Spezielle Brillen erzeugen einen künstlichen Horizont, indem in das doppelwandige Glas zur Hälfte Flüssigkeit gefüllt wurde. Noch belegen allerdings keine Studien die Wirksamkeit dieser Brillen. Gerade bei Kindern wirken auch Akupressurbänder gut, die auf bestimmte Punkte am Handgelenk drücken und so die Übelkeit in Schach halten. Auch spezielle Atemtechniken können antrainiert werden und helfen vielen Betroffenen. Schlussendlich kann die Lösung für die Fahrt in den Urlaub sein, die Reise nachts anzutreten, sodass die lieben Kleinen schlafen, denn im Schlaf ruht auch das Gleichgewichtssystem. n © Kontrec - iStock t fa ch Rei sekr ankh eit h eiß d ist un sp ra ch li ch K in etose ion – in kt d ie kö rp er li ch e Rea w in del , ch Fo rm von B lä sse, S un d keit Kop fsch merz, Ü b el w oh nte ge E rb rech en – auf un B ew eg un gen . Formen von Reiseübelkeit Formen der Ungewöhnliche bei Fahr- und en nn kö Reiseübelkeit krankheit/ ul en (Sim ator Flugsimulator i Computerness) oder be Simulator Sick g Sickness) in übelkeit/Gam dospielen (Spiel genannte Pseu auftreten – so sind en nt ria gige Va Kinetosen. Gän eit, kh an kr nd La Seekrankheit, und RaumFlugkrankheit krankheit. © Izabela Habur - iStock Grundsätzlich ist aber niemand gefeit davor. Manche Krankheiten wie Migräne, Alkoholkonsum, Angst – zum Beispiel Flugangst –, Schwangerschaft oder Menstruation können die Anfälligkeit erhöhen. Kinder unter zwei Jahren leiden im Normalfall nicht unter Reisekrankheit, da ihr Gleichgewichtsorgan noch nicht voll entwickelt ist. Danach ist die Neigung oft sehr ausgeprägt und erreicht um das 12. Lebensjahr den Höhepunkt. Im Alter treten dann wesentlich weniger Fälle auf, bis das Phänomen ganz verschwindet. Vorbeugung ist wichtig! Manche Menschen scheuen Reisen alleine aufgrund ihrer Anfälligkeit für Reisekrankheit. Das muss nicht sein, denn mit einer wohl überlegten Vorbereitung kann der Übelkeit entgegengewirkt werden. Seekrankheit kommt auf kleineren Schiffen häufiger vor als auf großen, Reiseübelkeit im Auto ist im Fonds meist schlimmer als auf dem Beifahrersitz, wird durch Lesen intensiviert und bleibt dem Fahrer selbst erspart. In Schiffen und Flug- ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 21 Fotos © AUVA AUVA Kinder & Jugendliche Spielerisches Lernen soll mithelfen, Handverletzungen vorzubeugen „Wenn es Bälle regnet“ e KinderDas interaktiv enn es theaterstück „W bis dato de ur w “ et Bälle regn in Kindergärten über 50 Mal in rt. Die üh ef fg au h ic ganz Österre folgt des Projekts er Finanzierung liche tz sä Zu . VA durch die AU ergarten oder Kosten für Kind tehen nicht. ts die Eltern en Das interaktive Theaterstück der AUVA schult psychomotorische Fähigkeiten von Kindern im Vorschulalter und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Handverletzungen. B © AUVA allspiele unterstützen schon früh die Entwicklung der psychomotorischen Fähigkeiten von Kindern. Neben der Reaktionsfähig keit werden durch das Spiel mit dem Ball auch das periphere Sehen sowie die Koordination der einzelnen Körperteile wie Hand, Fuß oder Kopf trainiert. In den vergangenen 20 Jahren wurden deutlicheVerschlechterungen in den psychomotorischen Leistungen von Kindergartenund Volksschulkindern beobachtet. Dies zeigt sich auch in den Unfallzahlen beim Schulsport: die häufigsten Verletzungen betreffen die oberen Extremitäten. 2014 ereigneten sich 32.450 Unfälle beim Schul- 22 7+8/2015 www.alle-achtung.at Motorik und Freude an der Bewegung können einfach geschult werden sport, 37 Prozent davon betrafen die Hände. Die überwiegende Mehrheit dieser Handverletzungen passierte bei Ballspielen. Kindgerechtes Motorik-Training „Wenn es Bälle regnet“ erzählt von Antonio dem Jongleur, der seinen Zirkus verließ, da dieser zusperren musste. Bestückt mit großen Träumen vom eigenen Zirkus und nur einem einzigen Koffer sucht er den Weg nach Hause und trifft dabei auf sein Publikum – die Kindergartenkinder. Diese staunen nicht schlecht, wenn er seine Ball-Kunststücke vorführt, die von den Kindern dann auch gerne selbst ausprobiert werden. Und so wandern eine Stunde lang bunte Bälle von Hand zu Hand, werden auf Köpfen balanciert und durch Beine gefädelt. Mit dem interaktiven Theaterstück „Wenn es Bälle regnet“ setzt die AUVA bereits im Kindergartenalter an, um Handverletzungen entgegenzuwirken. In spielerischer Umgebung werden die Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren im Umgang mit Bällen vertraut gemacht. Einzelne Übungen zum Schutz der Hände und Finger werden durchgespielt und am Ende darf sich jedes Kind noch einen Übungsball mit nach Hause nehmen. n SERIE Sport Aloah! – Trendsportart Stand Up Paddling SPORT IN eich Österr Stand Up Paddling ist die weltweit am schnellsten wachsende Wassersportart. Gregor Wimmer, einer der heimischen Pioniere am Surfboard, wundert das nicht: „Die perfekte Verbindung von Spiel, Spaß und Bewegung.“ Fotos © ARochau - Fotolia I n diesem Sommer feiert das SUP (für Stand Up Paddling) Center Wachau sein fünfjähriges Bestehen. Geschäftsführer Mag. (FH) Gregor Wimmer war einer der ersten zertifizierten SUP Instruktoren, die diesen neuen Sport in Österreich professionell anbieten. Als globaler „Vater der Sportart“ gilt allerdings die Alltime-Windsurf-Legende Robby Naish aus Hawaii. Und wenn er es tatsächlich auch nicht erfunden hat, so war er es jedenfalls, der den Sport nicht nur „salonfähig“, sondern absolut „tren dy“ gemacht hat. Heute können wir in den Hochglanz-Gazetten dieser Welt unter anderem Hollywoodstars wie Cameron Diaz oder Jennifer Aniston am SUP-Board bewundern. Das SUP Board ist zwischen 2,80 und 5,50 Meter lang, 55 bis 90 cm breit und ähnelt einem herkömmlichen Longboard. Es ist aber wesentlich kippstabiler, was das Gleiten über Wasser auch für Ungeübte deutlich vereinfacht. Das Paddel besteht aus Alu, Glasfaser, Holz oder Carbon und wird individuell auf die Körpergröße des Sportlers angepasst. Einer der Hauptgründe, warum SUP innerhalb weniger Jahre einen derartigen Siegeszug um die Welt antreten konnte, liegt für Gregor Wimmer im schnellen Lerneffekt. Innerhalb einer Stunde können die dafür benötigten Grundtechniken vermittelt werden. Zudem ist der Sport äußerst familienfreundlich, weil er unabhängig von körperlichen Vorausset- „Kinderleicht und trotzdem effektiv – das Tolle am Training auf dem SUP Board. Aus lauter Spaß und Freude an der Natur nimmt man die Anstrengung kaum wahr.“ Gregor Wimmer, zertifizierter SUP Instructor zungen oder Alter gemeinsam in der freien Natur betrieben werden kann. Dabei könne jeder selbst für sich entscheiden, wie körperlich anstrengend man den Sport betreiben möchte, erläutert Wimmer: „SUP ist ein sehr variationsreicher Sport. Ob einfaches Sich-treibenLassen, Touring, Racing, Wellenreiten, Fitnessübungen am Board, Yoga usw., ob am Meer, auf einem Fluss oder einem See: SUP kann je nach Können, Lust und Laune auf nahezu jedem Gewässer betrieben werden.“ Die Wasserwanderer Wer es lieber gemütlich angeht, der kann dabei die Natur in vollen Zügen genießen, so Wimmer: „SUP ermöglicht es dem Wasserwanderer, vom Wasser aus völlig neue Blickwinkel und Perspektiven der Sport in Österreich. In dieser Serie stellen wir beliebte und weniger bekannte Sportarten vor. Den Fokus richten wir dabei jeweils auf deren Gesundheitspotenziale, betrachten aber auch mögliche Risikofaktoren. Umgebung zu entdecken, während er nahezu lautlos über das Wasser gleitet.“ Apropos Perspektive: Aus einer FitnessPerspektive heraus betrachtet stellt SUP ein sehr effektives und gelenkschonendes Ganzkörpertraining („Low Impact Sport“) dar. „Durch die ständigen Ausgleichsbewegungen auf dem dynamischen Element Wasser wird selbst die Tiefenmuskulatur gestärkt, Oberkörper, Rücken, unterer Rücken, Bauch, Beine und auch der Kopf werden beansprucht“, sagt Wimmer. Damit sei SUP die nahezu ideale Prävention für Rückenbeschwerden. Inzwischen gibt es an vielen heimischen Gewässern die Möglichkeit, den Sport zu erlernen oder entsprechendes Equipment zu leihen, zum Beispiel im SUP und Kanu Center Wachau, ein zertifiziertes Naish Stand Up Paddle Center der ASUPA, der Austrian Stand Up Paddling Association. n Info & Kontakt: www.kanu-wachau.at ALLE!ACHTUNG! 7+8/2015 23 Erfolg ist immer nur eine Frage der richtigen Entscheidung! www.aerzteverlag.at
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