BILDUNG Der stille Schaffer Zweiter Teil unserer Porträtserie mit den Swissmechanic-Kandidaten an den WorldSkills, die im kommenden August in Brasilien stattfinden. Robin Rohrer hat seine Lehre bei maxon motor ag in Sachseln noch nicht abgeschlossen und ist doch schon ein Sieger. Er hat sich 2014 an den SwissSkills in Bern eine Goldmedaille im Beruf Polymechaniker in der Disziplin CNC-Drehen erkämpft. Der zurückhaltende 19-Jährige tanzt momentan auf zwei Hochzeiten: QV (LAP) und dem Training für die WorldSkills in Brasilien. Wir haben ihm den Puls gefühlt. Von Helena Gysin Die Berufswahl, die Robin Rohrer getroffen hat, bereut er bis heute keine Sekunde. Damals in der ersten oder zweiten Oberstufe überlegte er zwar noch kurz, ob er statt Poly-, Baumaschinenmechaniker werden sollte. Da aber die Lehrstelle erst ein Jahr später zu haben war, schlug er den Weg ein, den er heute entschlossen geht. «Nicht zuletzt», sagt er, «kann ich mein fachliches Wissen in meinem Hobby 1:1 umsetzen». Er fährt 34 Mofacross. Zu dieser Leidenschaft gehört neben dem eigentlichen Fahrspass beim Rennen, das «Frisieren und Umemeche». Zufallstreffer: Drehen Robin gefällt es, dass man als Polymechaniker nach getaner Arbeit etwas in den Händen hält. Als Lernender bei maxon motor verdiente er seine Sporen in der Abteilung für den Prototypenbau ab. Dort werden Musterteile gefertigt, die später in Elektromotoren für verschiedenste An wendungsbereiche eingebaut werden. Nach der Grundausbildung kam er dann zum ersten Mal mit den CNC-Maschinen in Berührung. «Irgendwie merkte ich bald, dass mir das Drehen liegt», sagt Robin rückblickend. Dennoch hätte er damals keinen Gedanken an die Teilnahme bei den SwissSkills verschwendet. Anders sein Ausbildner Simon von Moos, der habe wohl seine Fähigkeiten erkannt, sagt der junge Berufsmann bescheiden. Dieser habe ihm dann den Zeitplan bis zu den Weltmeisterschaften gezeigt. Auf die Frage, wie er die Idee aufgenommen habe, meint Robin ganz trocken: «Jünger werde ich nicht. Ich will die Chance nut- SWISSMECHANIC 6/2015 BILDUNG zen, die sich mir jetzt bietet.» Dass er in Bern weitergekommen ist freut ihn und doch bleibt Robin Rohrer ruhig und sachlich. Doch blenden wir zurück. Der Weg nach Bern Simon von Moos reichte also die Anmeldung für die SwissSkills ein. Danach begann Robin mit ersten Übungsstücken. Das Testprojekt für die Vorausscheidung beinhaltete drei Werkstücke, die miteinander verbunden werden konnten. Das zeitliche Limit von 20 Stunden beeindruckte Robin nicht, er schaffte die Aufgabe in 15 Stunden. Zudem hatte er schnell begriffen, dass messen und nochmals messen, das A und O für das Gelingen der Dreharbeiten ist. Er erreichte den 2. Platz, damit gehörte er zu den Teilnehmern, die auch zum theoretischen Teil und zum Fachgespräch eingeladen wurden. «Da war ich super», sagt er. Und zum ersten Mal hört man ein bisschen Stolz heraus bei diesem ansonsten so zurückhaltenden Champion. Der Weg an die SwissSkills war geebnet. Dann am ersten Wettkampftag in Bern lief es nicht so, wie es sich der junge Mann gewünscht hätte: beim Programmieren passierte ihm ein Fehler, dass er zudem seinen Gehörschutz vergessen hatte, büsste er hart. Die Ablenkung durch die Zuschauer war grösser als erwartet. Am SWISSMECHANIC 6/2015 zweiten Tag lief es super, die Hoffnung kam zurück. Robin Rohrer erzählt, von den gemütlichen Abenden mit den anderen des Teams und ergänzt: «Am Tag kämpften wir gegeneinander, nach dem Wettkampf waren wir keine Konkurrenten mehr». Bekannte Sätze, die wir auch von anderen Profis zu hören bekommen – Schweizer Meisterschaft ob im Sport oder im Beruf, das macht anscheinend keinen Unterschied. Noch einmal betont Robin, dass in seinen Augen das Messen im wahrsten Sinne des Wortes «massgebend» oder eben Gold wert war. Die Freude über den Sieg teilte seine grosse Familie, Robin hat drei Brüder und zwei Schwestern, seine Freundin, aber auch die Firma mit ihm. «Alle waren happy», kommentiert er die Reaktion seines Umfeldes. Auch wenn er bei maxon motor der erste Lernende ist, der an 35 BILDUNG Schweizermeisterschaften gewann, wurde gerade er als «Versuchskaninchen», wie er sich selber bezeichnet, tatkräftig unterstützt. Davon zeugen die Plakate, die in der Werkstatt hängen und die Aufschrift tragen: Motivation heisst mehr leisten, als verlangt wird. Auf dem Bild posiert der Goldmedaillen-Gewinner, der wahrlich mehr geleistet hat, als von ihm verlangt war. Das volle Programm Der Terminkalender von Robin ist «gstunget» voll, wie er sagt. Seine IPA hat er zwar im April hinter sich gebracht. Ziemlich normale Arbeitswochen wechseln sich ab mit solchen, die gespickt sind mit Schulungen: bei MasterCam, bei VEBO in Solothurn und auch noch in Deutschland, um sich auf die CNC-Drehmaschine von ROMI einzufuchsen. Denn auch als Dreher steht er vor der Herausforderung in Brasilien, nicht auf der gewohnten Maschine arbeiten zu können, sondern auf einer ROMI GL240M – noch Drei Fragen an Robin Rohrer Was wird in deinem Koffer, mit dem du nach Brasilien reist, bestimmt nicht fehlen? «Saubere Unterwäsche», lacht und meint «…oder evtl. die Goldmedaille von SwissSkills als Glücksbringer». Wer ist dein grösster Fan? Mein Vater, meine Freundin, die ganze Abteilung von maxon motor ag… Wo stehst du beruflich in 10 Jahren? Vermutlich nicht mehr in der Werkstatt – bleibe sicher auf diesem Fachgebiet, aber bilde mich weiter. traut er deren Stabilität nicht so recht. Zwischendurch wird er sich eine Woche auf die theoretische Abschlussprüfung vorbereiten, die am 8. und 10. Juni über die Bühne geht. Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf – also heisst es auch weiterhin dranbleiben und ein paar Stunden mehr als gewöhnlich an der Ma- schine stehen. Das Programmieren übt er zwischendurch in der Kantine von maxon motor, umso die Wettkampf-Atmosphäre in Sachen Geräuschkulisse zu simulieren. Begeistert erzählt er auch vom vergangenen Team-Weekend mit allen Schweizer WorldSkills-Teilnehmer/innen in Mezzana (TI). Unter dem Motto: «No limits» führte der langjähriger Motivationstrainer Edi Schwertfeger,die jungen Schweizermeister an mögliche Limits – oder darüber hinaus. «Das mit dem Scherbenlaufen war weniger schlimm, als auf Kies zu gehen», kommentiert Robin eine Aktion. Er erzählt von der Medienschulung, dem Mentaltraining, das SWISSMECHANIC dem beruflichen Nachwuchs ermöglicht. «Man profitiert auch ganz persönlich von der Teilnahme: man muss Verantwortung übernehmen, Hotelzimmer buchen etc.» Noch einmal betont der Kandidat – und es klingt schon fast nach einem Appell an alle nachfolgenden Polymechaniker der Schweiz: «Das musst du nutzen, wenn du kannst!» Robin scheint sich von gar nichts aus der Ruhe bringen zu lassen, auch wenn es bis zur Abreise nach Brasilien noch ein paar Hürden zu nehmen gilt. Simon von Moos, der ihn als Experte begleiten wird, unterstützt ihn, gerade auch bezüglich Unstimmigkeiten auf dem Infrastruktur-Verzeichnis der WorldSkills. Zwischendurch sitzt der Bauernsohn an seinem Teich, schaut seinen Regenbogen-Forellen zu und stellt sich vor, wie toll es sich anfühlen wird, wenn er in Brasilien nicht nur ein Diplom, sondern gar einen Podestplatz erreicht. Viel Glück wünschen wir von SWISSMECHANIC und reihen uns dann gerne am Flughafen unter die ersten Gratulanten ein. 36 SWISSMECHANIC 6/2015
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