2 RUBRIK KREBSRISIKO ALKOHOL Bonn (cg) – „Hopfen und Malz, Gott erhalt’s!“ Sprüche wie diese zum Alkohol gibt es reichlich. Denn Alkohol ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig und ein anerkanntes Genussmittel. Besonders Männer trinken regelmäßig Alkohol. Dabei sind die Übergänge zwischen Genuss und Sucht fließend. EINE RISKANTE PARTNERSCHAFT 5 Stefan P. denkt über seinen Alkoholkonsum nach. Betriebsfeiern, Geburtstage und Trainingsabende – in den letzten Wochen gab es viele Anlässe, ausgiebig zu feiern. Und auch abends, auf dem Sofa, möchte er eigentlich nicht auf sein Feierabendbierchen verzichten. „Nein danke! Ich trinke einen O-Saft.“ Stefan P. aus Köln schaut sein Gegenüber ungläubig an, als dieser den angebotenen Sekt ablehnt. So leicht lässt sich der 38-Jährige jedoch nicht abwimmeln: „Komm schon! Ich hab Betriebsjubiläum und gebe einen aus – ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren.“ Doch sein Kollege bleibt standhaft. Am Abend ist Stefan zum Kegeln verabredet. Ganz selbstverständlich bestellt er sich ein Bier und für seinen Freund Andreas gleich eines mit. Doch wieder hört er „Nein danke! Für mich heute mal eine Apfelschorle.“ Er ist irritiert und hakt nach: „Wie, kein Bier? Was ist denn mit dir los? Mann oder Memme?“ Szenen wie diese spielen sich in unserer Gesellschaft häufig ab. Das Trinken von Alkohol ist gesellschaftlich akzeptiert und fester Bestandteil feierlicher und geselliger Anlässe. Wer hingegen verzichtet, wird als Spießer und Spaßbremse eingestuft oder setzt sich gar dem Verdacht aus, ein Suchtproblem zu haben. Am nächsten Tag lädt Stefan seine Frau Jutta zum Essen ein. Zur Pasta bestellt er Rotwein, Jutta möchte Wasser zu ihrem Salat. „Heute keinen Wein für dich? Bin ich von Abstinenzlern umgeben?“, fragt Stefan und erzählt von seinem Arbeitskollegen und von Andreas. „Mir ist es ernst. Mit Beginn der Fastenzeit habe ich mir vorgenommen, mich bewusster zu ernähren. Dazu gehört auch, dass ich häufiger mal auf Alkohol verzichte“, erklärt Jutta. „Nur, weil ich zum Essen einen Rotwein trinke, lebe ich doch nicht ungesund, im Gegenteil: Rotwein soll sogar gut für das Herz sein“, entgegnet ihr Stefan genervt. Jutta bleibt gelassen. „Schön wär’s, ist aber seit Jahren ein weit verbreiteter Irrtum. Außerdem: Die Menge macht’s. Alkohol ist Ursache für viele Krankheiten.“ Sie schlägt ihm eine Wette vor: „Schreib auf, an wieviel Tagen du seit Karneval keinen Alkohol getrunken hast. Sind es mehr als fünf, lade ich dich zum Essen ein, wenn nicht, lädst du mich ein.“ Widerwillig stimmt Stefan zu, schließlich will er nicht den Eindruck erwecken, ein Alkoholproblem zu haben. Natürlich hat er die „tollen Tage“ mit Freunden und Kollegen ausgiebig gefeiert und getrunken, wie das im Rheinland so ist. Aber danach? Einladungen zu Geburtstagsfeiern, Trainingsabende mit seinen Fußballern oder Ausgehen mit Magazin der Deutschen Krebshilfe Nr. 1/2016 Arbeitskollegen – Alkoholisches war immer dabei. Gleiches galt für die gemütlichen Fernsehabende auf dem Sofa – auch hier fehlte das Feierabendbierchen nie. Die Bilanz von Stefan ist ernüchternd: In den letzten vier Wochen hat er an insgesamt nur drei Tagen keinen Alkohol getrunken. Zudem hat er es nie geschafft, 72 Stunden am Stück auf Alkohol zu verzichten. Das Ergebnis schockiert und ärgert ihn. Er beschließt, zukünftig weniger Alkohol zu trinken und diesen dann bewusster zu genießen. Welche Menge ist gefährlich? Alkoholische Getränke sind vergleichsweise günstig, überaus beliebt und ihr Konsum traditionell fest verankert. Statistisch gesehen trinkt jeder Bundesbürger durchschnittlich rund 107 Liter Bier und 21 Liter Wein pro Jahr. Der Alkoholkonsum wird ganz unterschiedlich bewertet. Die einen empfinden es als eine „Trinkkultur“, die es zu pflegen gilt, andere empfinden Bier eher als „Grundnahrungsmittel“ denn als alkoholisches Getränk. Aber wie unbedenklich ist dieser Genuss? Und ist das berühmte „Gläschen in Ehren“ bereits ungesund? Alkohol ist ein Zellgift, das hauptsächlich über die Schleimhäute des Verdauungstraktes in das Blut aufgenommen wird. Alkohol und Krebs Regelmäßiger Alkoholkonsum begünstigt die Entstehung mehrerer Krebsarten: • • • • • • • Mund- und Rachenkrebs Speiseröhrenkrebs Darmkrebs Bei Frauen: Brustkrebs Kelhkopfkrebs Magenkrebs Leberkrebs 6 EINE RISKANTE PARTNERSCHAFT Über den Blutkreislauf verteilt sich der Alkohol im ganzen Körper und schädigt bei regelmäßigem Konsum insbesondere Leber, Bauchspeicheldrüse, Herz, Nerven und Muskulatur. Zudem begünstigt Alkohol das Entstehen verschiedener Krebsarten: Aus einer alkoholbedingten chronischen Lebererkrankung kann sich im weiteren Verlauf Leberkrebs entwickeln.Das Trinken von Alkohol fördert zudem die Refluxkrankheit, bei der Säure vom Magen in die Speiseröhre gelangt. Sodbrennen und Schmerzen hinter der Brust sind die Folge. Die Refluxkrankheit begünstigt das Entstehen von Speiseröhrenkrebs. Darüber hinaus erhöht sich das Risiko an Mundund Rachen-, Kehlkopf-, Brust-, Magen- und Darmkrebs zu erkranken. Wer zusätzlich noch raucht, erhöht zudem sein Risiko für Krebserkrankungen des oberen Atmungs- und des Verdauungstraktes auf das Zehn- bis Hundertfache. In sehr geringen Mengen, bewusst und vor allem nicht täglich konsumiert, bewerten Experten das Trinken von Alkohol als nicht gesundheitsschädlich. Einen Grenzwert festzulegen ist schwer, da es einen risikofreien Konsum von Alkohol nicht gibt. Zusätzlich zur Alkoholaufnahme spielen begleitende Faktoren wie beispielsweise das Geschlecht, das Alter und die Ernährung eine Rolle. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) empfiehlt erwachsenen, gesunden Männern nicht mehr als einen Viertelliter Wein oder 0,6 Liter Bier pro Tag zu trinken. Wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun will, sollte seine tägliche Flüssigkeits zufuhr von mindestens 1,5 Litern nicht in Form alkoholischer Getränke bestreiten. Darüber hinaus gibt es viele ursprünglich alkoholische Getränke, wie beispiels weise Bier, Wein und Sekt, heutzutage als schmackhafte alkoholfreie Alternative. Die Deutsche Krebshilfe ermutigt zu einem bewussteren Umgang mit Alkohol und zu einem geringeren Konsum. Mit dem Präventionsratgeber für Männer „Riskante Partnerschaft. Mehr Gesundheit – weniger Alkohol“ möchte sie insbesondere die Gruppe der über 30-Jährigen ansprechen. Gerade in dieser Altersgruppe entwickeln Männer riskante Trinkgewohnheiten. Das Risiko, dadurch krank oder sogar abhängig zu werden, nehmen viele von ihnen gar nicht (mehr) bewusst wahr. Stefan hat die Wette verloren und seine Frau zum Essen eingeladen. Dieses Mal bestellt er gemeinsam mit Jutta bewusst eine Weinschorle. Ganz auf Alkohol verzichten will er nicht, aber er hat sich vorgenommen, mindestens drei Tage in der Woche alkoholfrei zu bleiben. Zudem genehmigt er sich gelegentlich alkoholfreies Bier und empfindet dies auch nicht mehr als Verzicht. Weniger ist besser Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS). Warum ist das alkoholbedingte Krebsrisiko bei Männern höher als bei Frauen? Männer trinken im Allgemeinen mehr, häufiger und auf riskantere Weise Alkohol. Das Risiko einer Krebserkrankung ist durch regelmäßigen Alkoholverzehr erhöht. So sind rund zehn Prozent der Krebserkrankungen bei Männern und drei Prozent bei den Frauen auf den Alkoholkonsum zurückzuführen. Bei Männern treten Tumore vor allem im Darm, in der Leber und im oberen Verdauungstrakt auf. Ab wann wird der Alkoholkonsum gefährlich? Die Grenzen zwischen maßvollem Genuss, gesundheitsgefährdendem Konsum und schwer heilbarer Sucht sind fließend. Auch ein täglich niedriger Konsum, vor allem wenn er zur Entspannung oder Problemlösung unverzichtbar wird, kann zur Abhängigkeit führen. Wer sich unterhalb der von der DHS empfohlenen maximalen Alkoholmenge bewegt, minimiert das Risiko alkoholbedingter Krebserkrankungen. Gefährlich wird es, wenn diese Menge regelmäßig überschritten wird und die Dosis Alkohol erhöht werden muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Was empfehlen Sie Männern, wenn sie gesund bleiben wollen? Am sichersten ist es, auf Alkohol zu verzichten. Jeder, der Alkohol trinkt, sollte regelmäßig überprüfen, ob er problemlos mehrere Tage darauf verzichten kann. Alkohol ist gleichzeitig Genussmittel, Rauschmittel, Suchtmittel und Zellgift. Das ist unter dem Strich eine ziemlich riskante Mischung. Und darum gilt grundsätzlich: Weniger ist besser! Der Ratgeber „Riskante Partnerschaft“ sowie weitere Informationsmateria lien zur Krebsprävention sind kostenlos erhältlich ▸ www.krebshilfe.de Wenn Stefan P. heute Alkohol trinkt, dann ganz bewusst, mit Genuss und Maß. Magazin der Deutschen Krebshilfe Nr. 1/2016
© Copyright 2025 ExpyDoc