Überwachung in Thüringen: Illegaler als Edward Snowden erlaubt Bei der im Herbst 2010 durchgeführten gespenstischen Generalprobe für den NSUWahnsinn kam es zur Überwachung so genannter Rechtsextremisten aus dem Raum Jena. Die Überwachung ging auf angebliche Anschlagspläne gegen unsere geschätzte Frau Katharina König zurück, und die ausführende SOKO erhielt den malerischen Namen „Feuerball“. Die damaligen Überwachungsmaßnahmen führen uns in die Abgründe staatlicher Schnüffelei. Absurde Hausdurchsuchungen und Ermittlungsmaßnahmen, die sich damals auch gegen Karl Heinz Hoffmann richteten, ungeheuerliche Schikanen und schwere wirtschaftliche Schäden für die Betroffenen waren die Folge dieses Ermittlungsunsinns. Eine kleine Gruppe so genannter Rechtsextremisten hatte damals, am 11. September 2010, einen Vortrag von Hoffmann in Sachsen besucht. Auf dem Heimweg wurde die Gruppe telefonisch überwacht; man registrierte dabei angeblich ein Gespräch des Inhalts, Leute aus der Gruppe hätten von Hoffmann (der niemanden aus der Gruppe persönlich kannte) Sprengstoff und eine Anleitung zum „effizienten Einsatz“ des Höllenkrams erhalten. Das erwies sich schnell als falsch; trotzdem wurden die Ermittlungen im Interesse der öffentlichen Verdachtsproduktion jahrelang hingezogen. Die Posse ist zwar geklärt, aber es geht weiter. Ende Januar diesen Jahres steht dazu eine Verhandlung am Amtsgericht Jena an. Zwei Personen aus besagter Gruppe wird nunmehr das Vortäuschen einer Straftat vorgeworfen; aus welchem Grund eine solche Vortäuschung erfolgen hätte sollen, erschließt sich nicht ganz. Dass hier eine geheimdienstliche Intrige nahe liegt, steht auf einem anderen Blatt. Die Überwachung der kleinen Gruppe auf der Autobahn wurde vom Thüringer LKA angeblich auf der folgenden Rechtsgrundlage durchgeführt: „Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG -) § 34 a (Überwachung der Telekommunikation, Datenerhebung von Mobilfunkkarten und -endgeräten und sonstige Eingriffe), Stand 16. Juli 2008: (2) Die Polizei kann mit Hilfe von eigenen technischen Erfassungsanlagen 1. die laufenden Telekommunikationsinhalte überwachen und aufzeichnen, 2. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin verwendeten Karte und 3. die Standortdaten des Mobilfunkendgerätes (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 TKG) erheben. Ferner kann die Polizei die laufenden Telekommunikationsinhalte in der Weise überwachen und aufzeichnen, dass mit informationstechnischen Programmen in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird, wenn 1. durch technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass ausschließlich eine laufende Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet wird, und 2. der Eingriff in das informationstechnische System notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation in unverschlüsselter Form zu ermöglichen.“ Es wird deutlich, dass der Gesetzgeber nur eine Überwachung laufender Telekommunikationsinhalte vorsieht und dazu teilweise sogar technische Vorrichtungen fordert, die die Aufzeichnung anderer Daten unterbinden sollen. Was macht man aber, wenn die Inhalte der laufenden Telekommunikation allzu dünn sind, um eine Verdachtssuppe anzurühren? Kann man dann auch Dinge einbeziehen, die weder laufend noch Telekommunikationsinhalte sind? In den Aktenvermerken zu diesem Telefongespräch wird auch auf Gesprächsinhalte Bezug genommen, die mit laufender Telekommunikation nach landläufiger Auffassung kaum etwas zu tun haben können. „Hintergrundgespräche“, die nicht während eines Telefonats geführt werden sondern davor, und die man dem Richter in Aktenform selektiv vorlegt, lassen zumindest an eine Art der Schnüffelei denken, bei der nicht die laufende Telekommunikation überwacht wird sondern einfach die Umgebung eines Handys, und zwar nach der Art einer Wanze. An anderer Stelle wird von den Ermittlern eindeutig klargestellt, dass besagtes „Hintergrundgespräch“ kein Telekommunikationsinhalt war. Egal, wer in der Nähe dieses Handys spricht, und egal, wann jenseits des Telefongesprächs gesprochen wird, sprachliche Äußerungen fließen in die Ermittlungen ein; so sieht das aus. Zur rechtlichen Einordnung einer solchen Überwachungspraxis habe ich die Pressesprecherin des LKA Thüringen befragt; Auskunft gab es keine, weil ich nicht den etablierten Medien zugehöre. Die Rechtslage im Jahr 2010 ließ sich aber recht einfach anhand eines Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofs recherchieren (VerfGH 19/09, 21.11. 2012). Die Nichtauskunft des Thüringer LKA ist verständlich; wer gibt sowas schon gern zu. Und freihändige Totalüberwachung ist o.k., wenn es gegen die Bösen geht. Aber so niedrig denkt Frau Büchner von der Pressestelle sicher nicht. Es handelt sich um eine höfliche Dame.
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