Wer geht voran, wer reagiert?

Löttechnik Verarbeitungsprozesse
Entwicklung
Elektronik
Endprodukt
Technologie
Lötverfahren
50er
Erster Rechner
Trough-hole,
einseitige Leiterplatte
Kupferleiterbahnen,
Dickschichttechnik
60er
Automatische Zuschnittmaschine (Bekleidungsindustrie)
Durchkontaktierung
(Vias)
Metallisierung der
Lochwände
70er
Numerisch gesteuerter
Photoplotter
SMT- (Surface Mount Technology), SMD- (Surface
Mounted Devices) Bauteile
Wellenlöten / Schwallbad
80er
Walkman, PC
Verkleinerung, Kostenreduzierung, SMD auf beiden
Seiten
Reflowlöten
90er
Internet, Laptop,
Speicher
Multiplayer, Buried Vias,
Steigende Frequenz, SMDVerkleinerung, BGAs
Reflow unter Stickstoff
00er
MP3-Player, Handy,
Flachbildschirm
Plugged und Microvias, HDI,
Flex-Platinen, CSP, QFN, höhere
Ströme und Spannungen
Selektives Löten,
Bleifreies Löten
10er
Smartphone, LEDLights, Wechselrichter,
PV/Wind
Wärmemanagment,
Frequenz >8 GHz, PoP,
Embedded Components
Vakuum-Reflowlöten
1
Wer geht voran,
wer reagiert?
Entwicklung und Evolution der Elektronikindustrie
Um neue Ideen zu verwirklichen, braucht es viel Vorstellungs- und Innovationskraft –
sowohl auf Seite der Entwickler, die ihre Ideen reifen lassen, als auch auf Seite derer, die
diese Ideen in die technische Realität umsetzen, also beispielsweise der Elektronikindustrie. Einer der Technologieführer der Branche wird in diesem Jahr 25: Rehm Thermal
Systems aus Blaubeuren. Grund genug, sich die Entwicklung des Marktes einmal anzuAutor: Volker Feyerabend
schauen.
I
Johannes Rehm lenkt seit
25 Jahren erfolgreich die
Geschicke seines mittlerweile global aufgestellten
Unternehmens.
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productronic 04/2015
n der Geschwindigkeit des technischen Fortschritts gilt das 20. Jahrhundert als das
schnellste bisher. Die Zahl der Neuerungen
und ihrer Weiterentwicklungen war schwindelerregend hoch – angefangen mit dem Auto über die
Fliegerei bis hin zu Fernsehern und Telefonen.
Alles Dinge, die heute ganz selbstverständlich
zum Alltag gehören. Hätte man vor 30 Jahren
behauptet, dass heute beinahe jeder von uns mit
einem drahtlosen Telefon überall erreichbar wäre,
einem Gerät, das in Sekundenschnelle Daten und
Nachrichten aus der ganzen Welt anzeigen kann
– man wäre kopfschüttelnd für einen Fantasten
gehalten worden.
Schlüsselbranche für Innovationssprünge
Aber es brauchte Menschen mit Visionen, die sich
solche Dinge vorstellen konnten, an ihre Umsetzbarkeit glaubten und sie schließlich in die Tat
umsetzten. Der Elektronikindustrie kommt in diesem schnellen Prozess die Rolle einer Schlüsselbranche zu, der ein großer Teil des realisierten Fortschritts zu verdanken ist. Ohne die Entwicklungen
der Elektronikindustrie wäre so manche Innovation auf dem Markt nicht möglich gewesen – und
die Elektronikindustrie ist ein relativ junger Mitspieler bei der Industrialisierung. Der Übergang
von der vorwiegend mechanischen Industrie hin
zum Einsatz von Elektrotechnik und Elektronik
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Automation +und
Elektromaschinenbau; 26%
Ganz vorne dabei.
Energietechnik; 7%
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productronic, das Fachmagazin für Elektronikfertigung ist Markt- und
Elektromedizin; 5%
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Informationstechnik; 6%
Sonstige; 20%
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Branche. Antworten auf
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Bauelemente, 13%
2
Bild 1: Moore’s Law macht’s möglich: Die fortschreitenden Entwicklungen in der Halbleiterindustrie
treiben die Innovationen in der
elektronischen Baugruppenfertigung kontinuierlich an.
Bild 2: Heute bewegt sich der jährliche Umsatz der Elektronikindustrie allein in Deutschland deutlich
über 100 Mrd. Euro, wobei den Löwenanteil die Automation und der
Elektromaschinenbau bestreitet.
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Elektromaschinenbau; 26%
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Informationstechnik; 6%
die beste Entscheidungshilfe.
Sonstige; 20%
Licht; 3%
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Unterhaltungselektronik; 3%
Bauelemente, 13%
begann so richtig erst in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts,
also erst vor etwa 60 Jahren. Moderne Technik ist ohne Elektronik gar nicht mehr vorstellbar. Das gilt natürlich für Computer,
Handys und den Elektromaschinenbau, aber auch für einfache
Haushaltsgeräte. Heute bewegt sich der jährliche Umsatz der
Elektronikindustrie allein in Deutschland deutlich über 100 Mrd.
Euro, wobei der größte Anteil daran, 26 Prozent, im Sektor Automation und Elektromaschinenbau generiert wird. Im Jahr 2010
war die Elektronikindustrie die zweitgrößte Industriebranche
Deutschlands – mit 816.000 Beschäftigten.
Allein die deutsche Elektronikindustrie generiert über ein
Viertel des Gesamtumsatzes der 27 EU-Staaten. In der Produktivitätssteigerung liegt die deutsche Elektronikindustrie mit einem
Eck-Daten
Noch lange nicht das Ende der Fahnenstange
Die Entwicklungen in der Elektronik sind noch lang nicht zu Ende. Ob
die Geschwindigkeit der gesamten Elektronikevolution weiterhin so
rasant weitergehen wird wie bisher, sei dahingestellt. Komfort- und Sicherheitsaspekte in unserem Alltag werden weiterhin die Entwicklungen in der Chipentwicklung beflügeln und damit auch weiterhin hohe
Ansprüche an die elektronische Baugruppenfertigung stellen, wie etwa die prozesssichere Verarbeitung der Baugröße 03015m.
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Löttechnik Verarbeitungsprozesse
Im Jahr 2013 wurde der neu gebaute Gebäudekomplex eingeweiht, der
nun moderne Seminarräume und ein 460 m² großes Technology-Center
mit umfangreichem Testequipment beherbergt.
Blick in die Produktion des aktuellen Flaggschiffs VisionXP+. Das ReflowKonvektions-Lötsystem ist besonders energieeffizient, vermag nachweislich bis zu 20 Prozent Energie einzusparen.
Jahresdurchschnitt von etwa 6 Prozent beinahe 50 Prozent vor
Großbritannien mit 4 Prozent und Frankreich mit knapp
4,5 Prozent. In der Wertschöpfung der Elektronikindustrie in der
Europäischen Union erwirtschaftete die deutsche Elektronikindustrie im Jahr 2010 gar einen Anteil von 38 Prozent. Man kann
die Elektronikindustrie mit Fug und Recht als einen Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft bezeichnen.
ten und mit wachsendem Kenntnisstand zog die Spirale an. Die
Hersteller von Leiterplatten und Baugruppen boten neue Technologien an und die Entwickler forderten für neue Produkte neue
Fähigkeiten in der Produktion.
Anfangs war die Herstellung von Leiterplatten noch ein komplexer und zeitaufwendiger Prozess, die Automatisierung war
noch in den Kinderschuhen und die Bestückung einer Leiterplatte nur von Hand möglich. Erste Bestückungsautomaten kamen
Mitte der 1970er Jahre auf den Markt. Eine Reaktion auf immer
kleiner werdende Bauteile, teilweise kleiner als 1 mm², so genannte 'Pick-&-Place'-Automaten konnten damit umgehen. Nur waren
die Lötprozesse, um die Bauteile auf den Leiterplatten zu fixieren,
für solch feine Strukturen noch relativ unzuverlässig – und schnell
waren sie auch nicht.
Blick zurück in die Zukunft
Ein Bauteil und die begleitenden Technologien im Elektromaschinenbau seien hier herausgepickt, welches in seiner Entwicklung den Fortschritt der Elektronikindustrie maßgeblich begleitet hat: die Leiterplatte, respektive die gedruckte Schaltung. Erst
Anfang der 1950er Jahre wurden Leiterplatten erstmals industriell eingesetzt. Es waren einseitig bedruckte Platinen. Die Bauteile wurden von der unbedruckten Seite her durchgesteckt und
auf den kupfernen Leiterbahnen auf der anderen Seite verlötet
– alles manuelle Prozesse, von einer Automation war man noch
weit entfernt. Bis dahin waren elektronische Bauteile frei verdrahtet worden. Das heißt, sie hingen an Drähten frei in den
Gehäusen und waren nur an den Enden verlötet. Klar, dass solche Produkte nur von Hand hergestellt werden konnten. Durch
die Entwicklung von Leiterplatten bekamen die Produktentwickler ganz neue Möglichkeiten zur Hand, ihre Produkte zu gestal-
Geburtsstunde der Lötanlagen
Neue Anforderungen benötigen angepasste Prozesse. Die geforderten Schaltungen sollten in akzeptabler Zeit, in ausreichender
Stückzahl und in zuverlässiger Qualität produziert werden – ohne
Automatisierung schlichtweg unmöglich. Erkenntnisse der Forschung brachten weitere Entwicklungen hervor. In diesem Umfeld
begann man im Jahr 1990 in Blaubeuren bei der jungen Rehm
Thermal Systems Lötanlagen zur Automatisierung und Optimierung der thermischen Prozesse in der elektronischen Bau-
Info-Kasten
25 Jahre Qualität, Innovation und Know-how
Rehm Thermal Systems feiert im April sein 25. Firmenjubiläum. Was am
1. April 1990 begann, war alles andere als ein Aprilscherz: Mit einer innovativen Idee, einem Schweißgerät und einer Produktionsfläche von
45 m2 schickte sich Johannes Rehm an, seine eigene Firma Rehm Anlagenbau zu gründen. Der Geschäftsführer des heute als Rehm Thermal
Systems bekannten Unternehmens konstruierte kleine Reflow-Lötanlagen, die mit leicht zugänglicher, zu öffnender und gasdichter Prozesskammer besonders stabile Lötprozesse realisierbar machten und
zudem sehr wartungsfreundlich sind. Diese Innovation weckte schnell
das Interesse einiger namhafter Kunden, schließlich war Reflow-Löttechnik noch am Anfang der Entwicklung. Die Erfolgsidee gab der
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productronic 04/2015
Branche im Jahr 1990 entscheidenden Auftrieb. Seither ist Rehm auf
Expansionskurs: Mittlerweile arbeiten mehr als 450 kreative Köpfe
weltweit für die Firma und auch das Produktportfolio wächst. Heute
umfasst es neben Reflow-Lötsystemen mit Konvektion, Kondensation
und Vakuum auch Trocknungs- und Beschichtungsanlagen, Kalt- und
Warmfunktionstestsysteme sowie Anlagen zur Metallisierung von Solarzellen. Mit der Realisierung von individuellen Sonderanlagen, die
speziell auf Kundenwünsche abgestimmt sind, hat sich Rehm auch international einen Namen gemacht. Das Unternehmen ist mit Produktionsstandorten in Deutschland und China sowie 26 Vertretungen in 24
Ländern weltweit eine feste Größe.
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Bilder: Rehm
Löttechnik Verarbeitungsprozesse
Zarte Anfänge: Wolfgang Zeifang (l.), erster Mitarbeiter und heute technischer Betriebsleiter von Rehm, und Johannes Rehm vor der ersten Lötanlage aus dem Jahr 1990.
gruppenproduktion zu entwickeln. Mit einem neuartigen ReflowLötprozess unter Schutzgasatmosphäre schafften sie dann einen
innovativen Technologiefortschritt und brachten die industrielle Fertigung von Baugruppen ein gutes Stück voran.
Mit Markteinführung der Labtops oder neuer Speichertechnologien in den 1990er Jahren war ein weiterer Schritt in Richtung
Miniaturisierung getan und Multilayer-Platinen mit zahlreichen
Vias in den einzelnen Lagen kamen auf. Die SMDs wurden noch
kleiner und anspruchsvoller wie etwa Ball Grid Arrays. Schlagworte wie HDI, CSP, QFN in den 2000er Jahren für Produkte wie
MP3-Playern, Handys oder Flachbildschirmen machten die Entwicklung noch effektiverer Lötverfahren nötig. Nicht zu vergessen ist auch der Trend des bleifreien Lötens (RoHS Gesetzgebung),
welcher dieses Jahrzehnt mitprägte. Es führte dazu, dass es kleinere Arbeitsfenster beim Löten gab. Wurde bisher bei Mainstream-Loten ab 183 °C bei bleihaltigen Loten gearbeitet, musste nun mit 217 °C bei bleifreien Loten umgegangen werden. Daher
war es notwendig neue Systeme zu entwickeln, die eine noch
bessere Wärmeübertragung und differenzielleres Wärmemanagement (Temperaturprofilierung) ermöglichen.
spruchter Elektronik kümmert. Mit einem Schutzlackprozess
werden die Anwendungsmöglichkeiten und die Lebensdauer bei
Endprodukten verbessert. Derzeit arbeitet Rehm mit Industriepartnern an thermischem (Warm-, Kalt-) Testequipment, das vor
allem die Automobilindustrie braucht und die Elektronik robuster und langlebiger macht – neue Technik verlangt Fortschritt.
Oder verlangt Fortschritt neue Technik?
Technologieführer bringen strategische visionäre TechnologieRoadmaps auf dem Weg, so auch die Entwickler von Rehm:
Jüngste Entwicklungen wie ein Trockner für die Lithium-IonenBatterieherstellung für die E-Mobilität und Umwelt werden so
einen Beitrag für den großen Gesellschaftstrend leisten. Sicher
ist, solange wir gesamtgesellschaftliche Treiber haben wie Industrie 4.0 und die Branche es schafft technologisch vorne mitzuspielen, wird Platz für weiteres Wachstum der Hersteller in
Deutschland sein. (mrc)
n
Autor
Volker Feyerabend
Geschäftsführer von Apros
Consulting & Firmenservices
infoDIREKT 242pr0415
➤ Halle 7, Stand 451
Miniaturisierung treibt Lötverfahren voran
Aktuell setzen anspruchsvolle Bauteile, Smartphones und LEDs
weitere Trends. Komplexe Bauteile, Package On Package (PoP),
Embedded Components und Frequenzen von mehr als 8 GHz
fordern immer weitere Entwicklungen bei den Lötverfahren.
Zum Beispiel benötigt die regenerative Energiebranche Wechselrichter mit hohen Leistungen. Mit der Vakuum Reflowtechnik
lassen sich heute die Anwendungen weitestgehend poren-/
voidfrei auf den Baugruppen verlöten. Hier ist die Entwicklung
noch lange nicht am Ende.
Auch bei den aktuellen Anforderungen des 2010er Jahrzehnts
müssen Produktentwickler und die Entwickler der modernen
Löttechnik Hand in Hand gehen und gemeinsame tragfähige
Konzepte entwerfen, die den Anforderungen der modernen
industriellen Fertigung gerecht werden können. Zum Beispiel
auf die Herausforderungen bei Klimaschutz und Umwelteinflüsse wird bei Rehm Thermal Systems mit der aktuellen ProtectoAnlage eingegangen, die sich um den Schutz von hochbean-
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