10 (aktuell) bunt für 23.08.2015 - Status: Belichtet

EDDA GRAF
Der
W
ährend ältere Firmengründer
seines Kalibers normal komfortabel in Privatjets zu Terminen reisen,
quetschte sich Jung-Millionär Florian Gschwandtner (32) nach seinem
Sensationsdeal vor zwei Wochen völlig unprätentiös in die Touristenklasse eines fast 12-Std.-Flugs nach San
Francisco, wo Business- und Medientermine auf ihn warteten. Im Flieger
las er dann die Schlagzeilen internationaler Zeitungen über seinen riesen
Erfolg: „220-Millionen-Deal: Adidas
kauft ,Runtastic‘!“, „Eine rot-weißrote Erfolgsgeschichte“.
Auf Facebook tippst er beglückt:
„What a crazy week :-) thank you all
for the kind words and all the positive
reactions.“ (Übersetzt: „Was für eine
verrückte Woche :-). Danke euch allen
für eure netten Worte und positiven
Reaktionen!“) Nach der Ankunft geht
er erstmal eine Runde laufen und postet auch das: Die Route zu den Piers
von San Francisco, 6,33 km in 32,21
Minuten, Kilometerschnitt 5:06, verbrauchte Kalorien: 458. Das weiß er
alles ganz genau. Denn damit hat er
schließlich sein Geld gemacht. Nicht
mit dem Laufen, sondern mit der dazugehörigen App.
„Runtastic“ heißt sie und wurde
weltweit mittlerweile 140 Millionen
(!) Mal heruntergeladen. In 18 Sprachen. Sie ist sozusagen das „Red Bull“
unter den Fitness-Apps. Eine AustroErfolgsstory, kopiert und dennoch nie
erreicht. Armbänder, Brustgurte, Uhren, ja sogar eine Waage, die 8 verschiedene Körperwerte misst und sich
via Bluetooth mit dem Smartphone
verbindet, gibt es im bunten und äu-
10 K R O N E
BUNT
ßerst lukrativen Bauchladen. Im
„Krone“-Gespräch
erklärt
CEO
Gschwandtner das Firmen-Credo:
„Uns geht es nicht um die Daten der
Nutzer, sondern darum, sie ihnen
sinnvoll aufzubereiten.“
Daheim gab es 260 Schweine, 60
Stiere und einen alten Heimcomputer
Gegründet wurde das Austro-Startup 2009. Damals feierte das iPhone
gerade seinen ersten Geburtstag.
Die Unternehmensgeschichte liest
sich im Nachhinein durchaus flockig
bis schicksalhaft: Christian Kaar (32),
ein Kumpel von Gschwandtner, hätte
2008 eigentlich als Entwickler beim
renommierten Kartenanbieter „Tomtom“ beginnen sollen, als kurz vor
Antritt die Absage kam: Wirtschaftskrise, schlechte Zahlen, keine neuen
Mitarbeiter! Der junge Mann ist bitter enttäuscht und gräbt ein altes Projekt wieder aus: 2006 hatte er – noch
lang bevor es überhaupt das erste
Smartphone gab – gemeinsam mit
seinem Studienkollegen René Giretzlehner ein Programm für die SegelWM am Neusiedler See entwickelt:
Die Boote wurden mit GPS ausgestattet und auf einer digitalen Karte dar-
gestellt, um sie während des Rennens
besser verfolgen zu können. Eine gute
Idee, aber kein Businessmodell. Ein
Produktentwickler musste her! In diesem Fall Florian Gschwandtner, ein
Studienkollege. Damals ein cleveres
25-jähriges Bürscherl. Eines von drei
Kindern einer Bauernfamilie aus
Strengberg/Haag (NÖ). Am Hof gab
es 260 Schweine, 60 Stiere und einen
dieser alter Heimcomputer, die damals noch aussahen wie gigantische
Schreibmaschinen. Zwar absolvierte
der Sohn den Eltern zuliebe noch die
Landwirtschaftsschule in Wieselburg,
doch nebenbei noch weitere zwei Studien an der Fachhochschule Hagenberg. Als ihn der Hilferuf von den
Freunden ereilt, hat er schon einen
richtig coolen Job als Projektmanager
einer Softwarefirma, unterwegs zwischen Katar und Singapur. Als er die-
Firmenzentrale im Einkaufscenter:
136 Mitarbeiter aus 25 Nationen!
sen für das wacklige „Runtastic“Abenteuer kündigt, trifft die Eltern,
die sich ohnehin schon damit abfinden mussten, dass er nicht den Hof
übernehmen würde, fast der Schlag.
Alfred Luger stößt noch zum Team.
Das erste Gehalt
VIER FREUNDE: Luger, Giretzlehner, Gschwandtner, Kaar
zahlen sich die Burschen erst nach 6 Monaten aus. „Nicht einmal 900 Euro im Monat. Man lernt, günstig zu leben, Preise zu
vergleichen, und geht
zum Diskonter. Der
Vorteil: Wenn man
„Der Vorteil: Wenn
man viel arbeitet,
braucht man wenig
Geld. Nur einen
Porsche hab ich mir
jetzt geleistet.“
viel arbeitet, braucht man wenig
Geld“, erinnert sich Florian.
Vier Freunde sind sie bis heute.
Gschwandtner, als CEO der Chef der
Truppe: „Wir unternehmen auch pri-
den beliebten „DONI“. Der Chef
lacht: „Das ist unser ,Day of New Ideas‘, wo alle ihre Ideen präsentieren.“
Eine eigene „Feel good“-Managerin
kümmert sich um den Wuzler im
Freizeitbereich, die Blumen, die GeDer Single & Millionär lebt bescheiden tränke und das Personal. Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen. Es gibt
in einer 400-Euro-Mietwohnung
auch noch ein Büro in Wien und eines
vat viel zusammen. Wir grillen, wir
in San Francisco – in der berühmten
feiern oder gehen Ski fahren.“
„Second Street“. Bei aller Beschei136 Mitarbeiter tummeln sich mittdenheit ist ein Fuß im Silicon Valley
lerweile bei den virtuellen Fit-Freaks.
wichtig. Die Regeln der Branche ha25 Fahnen für Mitarbeiter aus 25
ben die vier gut verstanden, sie sind
Nationen hängen im 1400 m2 großen
dennoch sympathisch down to earth.
Multikulti-Headoffice im Loft der
Nach der Rückkehr aus den USA
Linzer „PlusCity“, einem bekannten
steht der Jungmillionär und Single,
Einkaufscenter. Einzigartig ist auch
dem der Deal geschätzte 20 Mio. netto
der Spirit hier: Die jungen Leute sprebrachte, nun in seiner nicht mal 400chen untereinander Englisch. Alle
Euro-Mietwohnung in Linz – allein
zwei Wochen präsentiert sich eine
mit der auszupackenden SchmutzwäAbteilung beim gemeinsamen Frühsche. Villa in Malibu braucht er keine,
stück. Und einmal im Monat gibt es
auch keinen Jet. Die Millionen investiert er lieber in fremde
BÜRO IM EINKAUFSZENTRUM: 25 Fahnen, 136 Mitarbeiter
Start-ups. Nur einen Porsche 911 Carrera hat er
sich geleistet. Ein Bubentraum, den er damals sogar auf einen Zettel
schrieb.
Ob die berühmten Briefe
ans Universum vielleicht
doch irgendwo landen?
Nach dem Deal flog er
Billigklasse in die USA
und las im Flieger seine
eigenen Schlagzeilen.
Fotos: Runtastic
Wie der 32-jährige Bauernsohn Florian Gschwandtner aus
Linz mit „Runtastic“ die erfolgreichste Fitness-App
der Welt gründete und damit nun zum Millionär wurde!