EDDA GRAF Der W ährend ältere Firmengründer seines Kalibers normal komfortabel in Privatjets zu Terminen reisen, quetschte sich Jung-Millionär Florian Gschwandtner (32) nach seinem Sensationsdeal vor zwei Wochen völlig unprätentiös in die Touristenklasse eines fast 12-Std.-Flugs nach San Francisco, wo Business- und Medientermine auf ihn warteten. Im Flieger las er dann die Schlagzeilen internationaler Zeitungen über seinen riesen Erfolg: „220-Millionen-Deal: Adidas kauft ,Runtastic‘!“, „Eine rot-weißrote Erfolgsgeschichte“. Auf Facebook tippst er beglückt: „What a crazy week :-) thank you all for the kind words and all the positive reactions.“ (Übersetzt: „Was für eine verrückte Woche :-). Danke euch allen für eure netten Worte und positiven Reaktionen!“) Nach der Ankunft geht er erstmal eine Runde laufen und postet auch das: Die Route zu den Piers von San Francisco, 6,33 km in 32,21 Minuten, Kilometerschnitt 5:06, verbrauchte Kalorien: 458. Das weiß er alles ganz genau. Denn damit hat er schließlich sein Geld gemacht. Nicht mit dem Laufen, sondern mit der dazugehörigen App. „Runtastic“ heißt sie und wurde weltweit mittlerweile 140 Millionen (!) Mal heruntergeladen. In 18 Sprachen. Sie ist sozusagen das „Red Bull“ unter den Fitness-Apps. Eine AustroErfolgsstory, kopiert und dennoch nie erreicht. Armbänder, Brustgurte, Uhren, ja sogar eine Waage, die 8 verschiedene Körperwerte misst und sich via Bluetooth mit dem Smartphone verbindet, gibt es im bunten und äu- 10 K R O N E BUNT ßerst lukrativen Bauchladen. Im „Krone“-Gespräch erklärt CEO Gschwandtner das Firmen-Credo: „Uns geht es nicht um die Daten der Nutzer, sondern darum, sie ihnen sinnvoll aufzubereiten.“ Daheim gab es 260 Schweine, 60 Stiere und einen alten Heimcomputer Gegründet wurde das Austro-Startup 2009. Damals feierte das iPhone gerade seinen ersten Geburtstag. Die Unternehmensgeschichte liest sich im Nachhinein durchaus flockig bis schicksalhaft: Christian Kaar (32), ein Kumpel von Gschwandtner, hätte 2008 eigentlich als Entwickler beim renommierten Kartenanbieter „Tomtom“ beginnen sollen, als kurz vor Antritt die Absage kam: Wirtschaftskrise, schlechte Zahlen, keine neuen Mitarbeiter! Der junge Mann ist bitter enttäuscht und gräbt ein altes Projekt wieder aus: 2006 hatte er – noch lang bevor es überhaupt das erste Smartphone gab – gemeinsam mit seinem Studienkollegen René Giretzlehner ein Programm für die SegelWM am Neusiedler See entwickelt: Die Boote wurden mit GPS ausgestattet und auf einer digitalen Karte dar- gestellt, um sie während des Rennens besser verfolgen zu können. Eine gute Idee, aber kein Businessmodell. Ein Produktentwickler musste her! In diesem Fall Florian Gschwandtner, ein Studienkollege. Damals ein cleveres 25-jähriges Bürscherl. Eines von drei Kindern einer Bauernfamilie aus Strengberg/Haag (NÖ). Am Hof gab es 260 Schweine, 60 Stiere und einen dieser alter Heimcomputer, die damals noch aussahen wie gigantische Schreibmaschinen. Zwar absolvierte der Sohn den Eltern zuliebe noch die Landwirtschaftsschule in Wieselburg, doch nebenbei noch weitere zwei Studien an der Fachhochschule Hagenberg. Als ihn der Hilferuf von den Freunden ereilt, hat er schon einen richtig coolen Job als Projektmanager einer Softwarefirma, unterwegs zwischen Katar und Singapur. Als er die- Firmenzentrale im Einkaufscenter: 136 Mitarbeiter aus 25 Nationen! sen für das wacklige „Runtastic“Abenteuer kündigt, trifft die Eltern, die sich ohnehin schon damit abfinden mussten, dass er nicht den Hof übernehmen würde, fast der Schlag. Alfred Luger stößt noch zum Team. Das erste Gehalt VIER FREUNDE: Luger, Giretzlehner, Gschwandtner, Kaar zahlen sich die Burschen erst nach 6 Monaten aus. „Nicht einmal 900 Euro im Monat. Man lernt, günstig zu leben, Preise zu vergleichen, und geht zum Diskonter. Der Vorteil: Wenn man „Der Vorteil: Wenn man viel arbeitet, braucht man wenig Geld. Nur einen Porsche hab ich mir jetzt geleistet.“ viel arbeitet, braucht man wenig Geld“, erinnert sich Florian. Vier Freunde sind sie bis heute. Gschwandtner, als CEO der Chef der Truppe: „Wir unternehmen auch pri- den beliebten „DONI“. Der Chef lacht: „Das ist unser ,Day of New Ideas‘, wo alle ihre Ideen präsentieren.“ Eine eigene „Feel good“-Managerin kümmert sich um den Wuzler im Freizeitbereich, die Blumen, die GeDer Single & Millionär lebt bescheiden tränke und das Personal. Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen. Es gibt in einer 400-Euro-Mietwohnung auch noch ein Büro in Wien und eines vat viel zusammen. Wir grillen, wir in San Francisco – in der berühmten feiern oder gehen Ski fahren.“ „Second Street“. Bei aller Beschei136 Mitarbeiter tummeln sich mittdenheit ist ein Fuß im Silicon Valley lerweile bei den virtuellen Fit-Freaks. wichtig. Die Regeln der Branche ha25 Fahnen für Mitarbeiter aus 25 ben die vier gut verstanden, sie sind Nationen hängen im 1400 m2 großen dennoch sympathisch down to earth. Multikulti-Headoffice im Loft der Nach der Rückkehr aus den USA Linzer „PlusCity“, einem bekannten steht der Jungmillionär und Single, Einkaufscenter. Einzigartig ist auch dem der Deal geschätzte 20 Mio. netto der Spirit hier: Die jungen Leute sprebrachte, nun in seiner nicht mal 400chen untereinander Englisch. Alle Euro-Mietwohnung in Linz – allein zwei Wochen präsentiert sich eine mit der auszupackenden SchmutzwäAbteilung beim gemeinsamen Frühsche. Villa in Malibu braucht er keine, stück. Und einmal im Monat gibt es auch keinen Jet. Die Millionen investiert er lieber in fremde BÜRO IM EINKAUFSZENTRUM: 25 Fahnen, 136 Mitarbeiter Start-ups. Nur einen Porsche 911 Carrera hat er sich geleistet. Ein Bubentraum, den er damals sogar auf einen Zettel schrieb. Ob die berühmten Briefe ans Universum vielleicht doch irgendwo landen? Nach dem Deal flog er Billigklasse in die USA und las im Flieger seine eigenen Schlagzeilen. Fotos: Runtastic Wie der 32-jährige Bauernsohn Florian Gschwandtner aus Linz mit „Runtastic“ die erfolgreichste Fitness-App der Welt gründete und damit nun zum Millionär wurde!
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