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Nr. 056 /2016 – 24. März 2016
Ahmad Dakka: Vom Flüchtling zum Apotheker
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Junger Syrer findet nach 18-monatiger Odyssee Zuflucht im Lahn-Dill-Kreis
und hilft nebenbei, ein Fachkräfteproblem zu lösen
Ahmad Dakka (links) mit Danya Kanawati-Wachter und Bildungscoach Daniel Konnerth
Ahmad Dakka ist dankbar. Dankbar dafür, dass er aus der inzwischen völlig zerstörten ehemaligen syrischen Rebellenhochburg Homs sein nacktes Leben retten konnte, dankbar dafür, dass
er seine anderthalb Jahre dauernde abenteuerliche Flucht unversehrt überstanden hat und
auch dankbar dafür, Menschen, wie Angela Lueder aus Greifenstein getroffen zu haben. Die
ehemalige Deutschlehrerin nahm sich des 25jährigen und sechs weiterer Flüchtlinge an, vermittelte erste Sprachkenntnisse und machte sie mit den Gepflogenheiten des Alltags vertraut. Heute steht Ahmad eine berufliche Karriere als Apotheker offen. Und ganz nebenbei löst er dabei
auch ein Personalproblem der Victoria Apotheke in Ehringshausen.
Aber der Reihe nach: Nach seinem Pharmaziestudium in Syrien flüchtete der junge Mann 2013
in den Libanon. Dort suchte er sich eine Beschäftigung und wollte so lange im Nachbarland
bleiben, bis sich die Lage in Syrien wieder stabilisiert. Im Libanon durfte Ahmad aber nur ein
Jahr bleiben, so dass er kurz vor Ablauf des Ultimatums seine Flucht in die Türkei fortsetzen
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musste. Auch dort arbeitete der Jungakademiker, musste dann aber den gefährlichen Weg über
das Mittelmeer nach Griechenland nehmen. Dort traf er auf seinen Bruder und seinen Cousin.
Zu dritt setzten die jungen Männer die Flucht über die Balkanroute fort. Nachdem die Einreise in
Mazedonien erst im vierten Anlauf gelang, wurden sie dort ohne Angabe von Gründen mit vierhundert weiteren Flüchtenden in einer Turnhalle inhaftiert. Dabei wurden ihnen sämtliche Kommunikationsmittel abgenommen. Nach 25 Tagen intensiver Proteste der inhaftierten, wurde die
Öffentlichkeit aufmerksam, so dass sich der Balkanstaat gezwungen sah, die Inhaftierten freizulassen. Über Serbien, Ungarn und Österreich erreichte das Trio im Juni 2015 schließlich deutschen Boden.
Apothekerin sucht seit zwei Jahren Fachkräfte
Angela Lueder erkannte auch das berufliche Potenzial der Flüchtlinge und vereinbarte einen
Termin bei der Wetzlarer Arbeitsagentur. Die Arbeitsvermittlerin bot den Dreien ein speziell für
Flüchtlinge konzipiertes Seminar an. Unter dem Titel „Perspektive für Flüchtlinge (PerF)“ bereiten Bildungscoaches des Berufsfortbildungswerks (bfw) Wetzlar im Auftrag der Agentur für Arbeit die Teilnehmer zwölf Wochen lang auf die Arbeitssuche vor. Daniel Konnerth ist einer von
ihnen und berichtet: „Zunächst profilen wir die Teilnehmer und suchen nach ihren Potenzialen.
Bei Ahmad haben wir sofort die Anerkennung seines Studienabschlusses in Angriff genommen.
Zu den Lehrgangsinhalten gehört neben dem Deutschunterricht auch eine grundlegende Information über den deutschen Arbeitsmarkt, die Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche und ein
sechswöchiges Praktikum“. Das bfw vermittelte den jungen Pharmazeuten als Praktikanten an
die Victoria Apotheke in Ehringshausen – ein Glücksfall, wie sich schnell herausstellte. Denn die
Inhaberin, Danya Kanawati-Wachter, sucht bereits seit zwei Jahren erfolglos nach zwei approbierten Mitarbeitern für ihr Unternehmen. „Der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Obwohl ich anfangs
etwas skeptisch war, habe ich Ahmad als Apothekenhelfer ins Praktikum übernommen.“ Inzwischen sei der junge Mann aus der Apotheke kaum mehr wegzudenken. Nachdem das Praktikum und damit auch das PerF-Seminar beendet waren, schloss sich unmittelbar ein 600Stunden Intensivsprachkurs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an. Hier
intensiviert der junge Greifensteiner vormittags in Wetzlar seine Sprachkenntnisse, um nachmittags in Ehringshausen sein Engagement in der Apotheke als Minijobber fortzusetzen. „Das
komplette Team war froh, als es hörte, dass Ahmad auch nach dem Praktikum bei uns bleibt“,
freut sich seine Chefin, die den neuen Mitarbeiter als ‚extrem wissbegierig und talentiert‘ beschreibt. Gemeinsam mit Ahmad treibt sie die Approbations-Anerkennung vor der Apothekenkammer voran. „Ahmad muss seine bereits sehr guten Deutschkenntnisse noch auf das Niveau
C1 (Anm. d. Red.: fünfte Stufe einer insgesamt sechsstufigen Kompetenzskala des GoetheInstituts) anheben, dann wird er zur Prüfung zugelassen. Ich bin mir sicher, dass er in spätestens einem Jahr als Apotheker bei uns arbeiten darf. Dann werde ich ihn auch Vollzeit beschäftigen, so dass er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann“, berichtet Danya KanawatiWachter weiter. Ahmad ist inzwischen als Asylberechtigter anerkannt und fühlt sich in jeder
Hinsicht in Deutschland angekommen.
Auch Ahmads Bruder ist Facharbeiter
Für Bildungscoach Konnerth steht jetzt die Integration von Ahmads Bruder auf der Agenda. „Er
hat im Betrieb seines Vaters Steinmetz gelernt. Nachdem ich Fotos seiner Arbeiten gesehen
habe, bin ich mir sicher, dass wir auch ihn in kürzester Zeit als Facharbeiter beruflich eingliedern werden“.