Wertbestimmenden Inhaltsstoffen von Lebensmitteln auf der spur

10 Aus den InstItuten Wissenschaft und forschung
LebensmitteL-technoLogie 10/15
Wertbestimmenden Inhaltsstoffen von
Lebensmitteln auf der spur
Bilder: Fachstelle inhaltsstoFFe am ilGi
Lebensmittel liefern uns täglich die Hauptnährstoffe Eiweiss, Fett und Kohlenhydrate für den Erhalt
unserer Gesundheit. Daneben rücken sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie etwa Polyphenole aufgrund
ihrer nachgewiesenen gesundheitlichen Wirkungen immer mehr in das Zentrum des Interesses. Die Fachstelle Inhaltsstoffe beschäftigt sich mit der Analytik, Gewinnung und Anwendung ausgewählter Nährstoffe.
dr. norbert Fischer
dozent für Lebensmittelchemie und Leiter der fachstelle inhaltsstoffe am iLgi,
[email protected]
Petra Huber
dozentin für Kosmetik und toxikologie am iLgi, [email protected]
L
ebensmittelchemie, Kosmetik und die Analytik von Lebensmittelinhaltsstoffen sind die Schwerpunkte in der Lehre
der Fachstelle für Inhaltsstoffe am ILGI der ZHAW. Im dritten
Semester lernen die Studierenden die Hauptbestandteile der
Lebensmittel und ihre charakteristischen chemischen Eigenschaften in der Theorie kennen. Dieses Wissen wird im vierten Semester im Praktikum Lebensmittelchemie vertieft, indem die Studierenden lernen, die Zusammensetzung üblicher
Lebensmittel wie zum Beispiel Backwaren oder Wurstwaren
mittels analytischer Standardmethoden zu untersuchen. Dabei
bestimmen die Studierenden beispielsweise den Fett-, Eiweissoder Zuckergehalt, oder auch den Anteil ungesättigter Fette,
den Produzenten häufig auf den Lebensmittelverpackungen
deklarieren. In der praktischen Laborarbeit erfahren die angehenden Fach- und Führungskräfte hautnah den für die Pro-
benvorbereitung erforderlichen Aufwand, wie viel Erfahrung
erforderlich ist, um mit Routinemethoden verlässliche Ergebnisse zu erzielen, und lernen die Aussagekraft von Laborergebnissen einzuschätzen.
Neben der Lebensmittelchemie deckt die ZHAW mit der
Fachstelle Inhaltsstoffe als einzige Hochschule in der Schweiz
den Bereich Kosmetiktechnologie in Lehre und Forschung ab.
Die Dozentin und Pharmazeutin Petra Huber vermittelt den
Studierenden im Bachelor Studiengang Lebensmitteltechnologie, im Rahmen von Wahlpflichtkursen in allgemeiner und
praktischer Kosmetik, Grundkenntnisse in der Formulierung
und Herstellung kosmetischer Präparate für die verschiedenen
Einsatzbereiche. Die praktische Verwirklichung eigener Ideen
in der Entwicklung neuer kosmetischer Produkte runden das
Vertiefungsfach Kosmetik ab. Diese Ergänzung schätzt nicht
nur die Industrie, auch Studierende profitieren von der Vertiefung, zum Beispiel kolloidalchemischer und emulsionstechnologischer Kenntnisse.
In den Semester- und Bachelorarbeiten im 5. und 6. Semester können die Studierenden die im Labor erworbenen
praktischen Kenntnisse vertiefen und im Rahmen laufender
Forschungsprojekte einbringen. Hierbei kommen dann über
die klassischen Routinemethoden hinaus moderne analytische
Methoden wie Dünnschichtchromatographie (HPTLC), Flüssigchromatographie (HPLC und HPLC-MS), photometrische Methoden oder auch rheologische Verfahren zur Bestimmung des
Fliessverhaltens von Lebensmitteln oder kosmetischen Zubereitungen zum Einsatz. Die enge Verzahnung der Lehre mit den
Forschungsschwerpunkten ist dem Team in der Ausbildung auf
allen Ebenen besonders wichtig. Regelmässig fertigen so auch
Studierende im Masterstudiengang Food and Beverage Innovation ihre Masterarbeiten auf analytischem Gebiet an der Fachstelle an. Im Rahmen von längerfristigen Forschungsprojekten
besteht sogar die Chance, komplexe Aufgabenstellungen über
längere Zeiträume gemeinsam mit Industriepartnern erfolgreich zu bearbeiten oder methodische Grundlagen für die Weiterentwicklung der Analytik an der Fachstelle zu erarbeiten.
Forschungsschwerpunkte. Der Erhalt wertgebender Inhaltsstoffe bei Verarbeitung oder Extraktion von Lebensmitteln
steht in der Forschung am ILGI im Vordergrund. Die Analytik
ausgewählter Inhaltsstoffe dient dazu, Prozesse besser zu verstehen und sie steuern und optimieren zu können. Das Spektrum der Lebensmittelinhaltsstoffe ist so gross, dass für die
Fachstelle zwangsläufig eine Schwerpunktsetzung in der ana-
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lytischen Begleitung der Entwicklung neuer Extraktions- und
Verarbeitungsverfahren erfolgen muss. Aufgrund der grossen
Forschungsprojekte am Zentrum für Inhaltsstoff- und Getränkeforschung in den Bereichen Tee und Kakao ergab sich
ein Schwerpunkt in der Analytik der Polyphenole. Beide Rohstoffe sind besonders reich an diesen sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, die vielfältige gesundheitliche Wirkungen als
Antioxidantien, als antimikrobiell wirksame Stoffe, aber auch
im Herz-Kreislauf-System aufweisen. Da der menschliche Organismus diese Substanzen nicht biosynthetisieren kann, ist
ihre Aufnahme über den Verzehr pflanzlicher Nahrungsmittel wichtig. Auf diesem Gebiet hat eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, im Rahmen einer Doktorarbeit mit der Universität
Hamburg, Analyseverfahren zur Trennung komplexer Polyphenole mittels HPLC und der simultanen Bestimmung der
antioxidativen Wirksamkeit der Einzelkomponenten entwickelt. Moderne Methoden der HPTLC (high performance thin
layer chromatography) wurden etabliert, um einen schnellen
Überblick über die Zusammensetzung des Polyphenolspektrums von Lebensmitteln, aber auch anderer sekundäres Inhaltsstoffe erhalten zu können. Die Weiterentwicklung der
Methoden erfolgt hierbei in Zusammenarbeit mit einem führenden Schweizer Gerätespezialisten. Neben Tee und Kakao
sind viele Obst- und Gemüsesorten in ihren sensorischen und
gesundheitlichen Eigenschaften von Polyphenolen geprägt,
sodass die Fachstelle auch in angrenzenden Bereichen laufende Forschungsprojekte analytisch begleiten kann.
Ein neueres Forschungsfeld stellt die Suche nach alternativen Proteinquellen für die menschliche Ernährung dar
und die Bereitstellung von Proteinextrakten für den Einsatz
in Lebensmitteln. Die ökologischen Folgen der weltweiten
Fleischproduktion sind bekannt, sodass es auf lange Sicht
unausweichlich sein wird, mehr pflanzliche Proteine für den
direkten Verzehr durch den Menschen bereitzustellen. Hier
haben die Wissenschaftler gemeinsam mit Industriepartnern
erste Machbarkeitsstudien zur Gewinnung von Proteinen aus
Weizenkeimen und aus Moringa oleifera durchgeführt (gefördert durch Swiss Food Research und KTI-Innovationsscheck)
und auch die Gewinnung von Proteinen aus Insekten am Beispiel von Mehlwürmern untersucht.
Im Hinblick auf die mögliche Anwendung in Lebensmitteln und Kosmetika führt das Team Untersuchungen zu den
physikalischen Eigenschaften von pflanzlichen Proteinisolaten und anderen Pflanzenextrakten durch. So zum Beispiel
Bestimmung der Gelier-, Schaumbildungs-, Emulgier-, sowie
Viskositäts- und Fliesseigenschaften. Da auch die Kosmetikindustrie pflanzliche Wirkstoffe verstärkt nachfragt, untersucht das Team Formulierungsmöglichkeiten, Stabilität und
haptisch-sensorische Eigenschaften von Kosmetika. Ein
trainiertes Fachpanel Kosmetik erlaubt es dabei, subjektive
Wahrnehmungen von Probanden mit objektiven, physikochemischen Messungen zu korrelieren, und so Rezepturen zu
modifizieren und zu optimieren. Messungen zum Penetrationsverhalten ausgewählter Wirkstoffe mittels Franz’scher
Diffusionszellen, an Modellmembranen, aber auch an
Schweinehaut, runden das methodische Spektrum der Charakterisierung der Einsatzpotenziale natürlicher Wirkstoffe
in der Kosmetik ab.
Als neue Analysemethode steht uns seit kurzem die FTIRMikroskopie mit «Focal Plane Array» Detektor zur Verfügung.
Diese Methode erlaubt es, ausgewählte Inhaltsstoffe im mikroskopischen Massstab, beispielsweise in pflanzlichen Zellstrukturen zu lokalisieren und so ein vertieftes Verständnis
des Verhaltens der im Gewebe eingebetteten Inhaltsstoffe,
etwa bei Extraktions- oder Verarbeitungsprozessen, zu erarbeiten. Diese Analysemethode, kommt auch im Rahmen eines
im Bereich Backwarentechnologie neu bewilligten KTI-Projektes zur Untersuchung von Teigstrukturen zur Anwendung.
Projekte mit Industriepartnern. Gerne bringt die Fachstelle ihre analytischen Möglichkeiten im Rahmen ihrer
Forschungsschwerpunkte in gemeinsame F&E-Projekte mit
Industriepartnern ein. Häufig decken vertrauliche Bacheloroder Masterarbeiten einen Teil der experimentellen Arbeiten
ab. Neben rein bilateralen Projekten werden Forschungsvorhaben zum Teil auch von der Schweizer Kommission
für Technologie und Innovation (KTI), beziehungsweise von
Swiss Food Research gefördert. Im Bereich der Weiterbildung wird das Angebot an massgeschneiderten Seminaren
zur Anwendung sensorischer Methoden in der Kosmetik an
der ZHAW oder in den Firmen gerne genutzt.
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Weitere Informationen:
http://lsfm.zhaw.ch/de/science/institute-zentren/zle
untersuchungen mittels FtIR-Mikroskopie geben Aufschluss über
dieser Artikel ist der achte von zehn Beiträgen, der die Fachstellen
die Lokalisierung von ausgewählten Lebensmittelinhaltsstoffen in
am Insitut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation, ILGI der ZHAW
pflanzlichen Zellstrukturen
vorstellt.