Christa Möhler-Staat - SFBB Berlin

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Christa Möhler-Staat
Referentin des SFBB
10. Juli 2015
Einführung in die Tagung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, Sie an diesem schönen Tagungsort begrüßen zu können.
Dank dafür an die Konrad- Adenauer- Stiftung.
Herzlich willkommen, auch im Namen meiner weiteren Kooperationspartner und
-partnerinnen.
Das sind: die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, die
Rechtsanwaltskammer Berlin, das Gemeinsame juristische Prüfungsamt der Länder
Berlin und Brandenburg und der Verein Zusammenwirken im Familienkonflikt.
„8 Jahre interdisziplinäre Zusammenarbeit - Beschleunigtes Familienverfahren in Berlin,
Weiterentwicklungserfordernisse und Qualifizierung der Verfahren, insbesondere bei
(vermuteter) Kindeswohlgefährdung“ ist das Thema unserer heutigen Fachtagung.
Seit über 8 Jahren richten wir in Berlin Fachtagungen für alle am familiengerichtlichen
Verfahren beteiligten Akteure aus, jeweils zu besonderen Themenschwerpunkten im
Bereich der Trennung- und Scheidungsverfahren.
In diesem Kontext wurden die ersten Berliner Arbeitskreise gegründet. 9 lokale
interdisziplinäre Arbeitskreise und 1 berlinweiter Koordinierungskreis stehen im
fachlichen Austausch mit dem Ziel, im Interesse des Kindes in besonderer Weise zu
kooperieren und rasche einvernehmliche Lösungen im Familienkonflikt zu erreichen.
Dabei werden jeweils besondere Themenschwerpunkte und Herausforderungen in den
Blick genommen.
Mit der heutigen Veranstaltung wollen wir den Fokus, über die Trennungs- und
Scheidungsverfahren hinaus, erweitern.
Die diesjährige Fachtagung wird sich im 1. Teil mit einer Bestandsaufnahme dieser
achtjährigen interdisziplinären Zusammenarbeit, Beschleunigtes Familienverfahren in
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Berlin im Kontext Trennung und Scheidung, befassen. Das soll im Anschluss an meine
Einführung im Rahmen eines Podiumsgespräches geschehen.
Ich begrüße dazu meine Gesprächspartner/innen:
Karin Delerue, Rechtsanwältin, Dr. Annika Hannemann, Verfahrensbeiständin,
Frank Uhlemann, Psych. Sachverständiger, Christiane Abel, Familienrichterin,
Uta von Pirani, Jugendamtsdirektorin Charlottenburg-Wilmersdorf,
Thomas Haudel, Psychologe, EFB Friedrichshain-Kreuzberg.
Im 2. Teil geht es um Weiterentwicklungserfordernisse und Qualifizierung der Verfahren
nach § 1666 BGB bei (vermuteter) Kindeswohlgefährdung.
In beiden Themenbereichen liegt die Herausforderung darin, das strukturell unterlegene
Kind und sein Wohl im Blick zu behalten, bei vielfältigen Interessenslagen und oft großer
Konfliktdynamik. Ein engagierter Familienrichter hat das einmal ganz einfach auf den
Punkt gebracht, indem er vorschlug, alle Beteiligten mögen im Interesse des Kindes das
„ABC des Familienrechts“ beachten: A- für Angst nehmen, B- für Beziehungen sichern
und C- Chancen für ein gesundes Aufwachsen ermöglichen.
Dieses im Ergebnis zu erreichen, ist aber nicht so einfach, schon gar nicht, wenn es um
den Verdacht von Kindesvernachlässigung, Kindesmisshandlung u./o. sexuellen
Missbrauch geht.
Hierzu wurde in den letzten Jahren bundesweit und in Berlin viel getan, damit es für ein
gefährdetes Kind nicht zum „Supergau“ kommt.
Konkretisierende neue zivilrechtliche und jugendhilferechtliche Vorschriften zum
Kinderschutz sind in Kraft getreten. In Berlin wurden standardisierte Verfahren und
Indikatoren-gestützte Einschätzungshilfen entwickelt sowie Kooperationsvereinbarungen
zwischen den Bereichen der Jugendhilfe, Gesundheitsdienste und Schule getroffen. Das
sind für eine Qualitätssicherung im Kinderschutz notwendige Schritte. Wir wissen aus der
Zusammenarbeit, wie wichtig es ist, eine gemeinsame Haltung, eine gemeinsame
Sprache, ein frühzeitiges strukturiertes und transparentes Vorgehen zu sichern.
Mit diesem Fachtag heute besteht die Gelegenheit, weitere hier vertretene
Berufsgruppen und Bereiche in die Diskussion einzubeziehen und zu schauen, wie in
den Verfahren nach § 1666 BGB mehr Klarheit und Handlungssicherheit erreicht werden
kann.
Dabei kommen wir nicht umhin, uns mit bundesweit diskutierten Schwachstellen und
Kritik bei der Umsetzung der Qualitätsanforderungen zu befassen.
Häufige Kritikpunkte sind:
 Das Kind bzw. die Kindeswohlgefährdung wird zu spät oder gar nicht
wahrgenommen.
 Das Kind gerät im Hilfeprozess immer wieder aus dem Blick, weil sich die
erwachsenen Akteure zu sehr miteinander beschäftigen.
 Die Kooperationen sind unzureichend.
 Verfassungsrechtlich sei das Elternrecht so stark, dass das Kind mit seinen
Rechten nach wie vor unterlegen bleibe.
 Verfahren ziehen sich zu lange hin, kindliches Zeiterleben und kindliche
Entwicklungsfenster werden zu wenig berücksichtigt.
Die unzureichende personelle Situation in den Institutionen und speziell im ASD/RSD ist
eine Schwierigkeit, die unbedingt zu beheben ist. Aber es gibt weitere Stolpersteine in
der interdisziplinären Zusammenarbeit zum Kinderschutz.
Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJUF) hat in seinem
Positionspapier der Ständigen Fachkonferenz 2, Familienrecht und Soziale Dienste im
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Jugendamt, „Im Mittelpunkt und doch aus dem Blick? Das Kind im familiengerichtlichen
Verfahren bei Kindeswohlgefährdung“ (https://www.dijuf.de/sfk-2.html) als Ursachen für
Umsetzungsprobleme Aspekte benannt, die in den Referaten und in den sich am
Nachmittag anschließenden Workshops unter die Lupe genommen werden sollen:
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Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechtspositionen der Eltern und Kinder
Die Komplexität der normativen Grundlagen des Verfahrens
Probleme bei der Sachverhaltsermittlung und bei der
Einschätzung der Erziehungsfähigkeit und Veränderungsfähigkeit von Eltern
Zu klären ist auch, inwieweit und mit welchen Besonderheiten das beschleunigte
Familienverfahren mit den ihm zugrunde liegenden Verfahrensgrundsätzen und
Haltungen auch in diesen sog. schwierigen Fallkonstellationen gem. § 1666 BGB zu
verbesserten Verfahrensgestaltungen beitragen kann.
Empfehlungen für eine Weiterentwicklung und Qualifizierung der jugendamtlichen und
familiengerichtlichen Verfahren sowie Kooperationserfordernisse bei (vermuteter)
Kindeswohlgefährdung, die das Kind in den Mittelpunkt stellen, sollen diskutiert werden.
Ich freue mich, dass uns dafür so kompetente Referent/innen zur Verfügung stehen:
In der Reihenfolge der Vorträge begrüße ich:
Prof. Dr. Ludwig Salgo, Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt/Main,
Erziehungs- und Rechtswissenschaften,
Heike Hennemann, Richterin am Kammergericht Berlin,
Dr. Eginhard Walter, Fachpsychologe für Rechtspsychologie,
Dr. Saskia Etzold, Fachärztin für Rechtsmedizin, Stellv. Ärztliche Leitung der
Gewaltschutzambulanz der Charité, Buchautorin.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, dass die Themenauswahl Ihr Interesse gefunden hat und alle relevanten
Berufsgruppen hier zusammengekommen sind.
160 Teilnehmer/innen konnten berücksichtigt werden, davon ca. 60 aus dem Bereich der
Jugendämter (ASD/RSD und EFB, Vormundschaften), 12 Richter/innen, 4 aus dem
Bereich des Bundesministeriums und der Senatsverwaltung für Justiz, 16
Rechtsanwält/innen, 11 Verfahrensbeistände und Umgangspfleger/innen, 27
Psychologische Sachverständige, 30 aus Beratungsstellen in freier Trägerschaft.
Ich bedanke mich schon jetzt bei allen Referenten, Mitwirkenden und
Workshopleiter/innen* und wünsche viel Erfolg mit interessanten Beiträgen, anregenden
Diskussionen und guten Begegnungen.
* Workshopleiter/innen: Rainer Kulla, Hamburg, Behörde für Inneres und Sport; Ursula
Weber, JA Stegl.-Zehl.; Gregor Profitlich, Richter am AG Schöneberg; Berlin, Sabine
Rindsfüßer-Rose, JA Nkln; Axel Hoppe, JA Nkln.;Barbara Stark, JA Tr.- Köpenick.; Dr.
Christine Maihorn, Kinderschutz-Zentrum Berlin; Kirstine Frömel, JA Tr. – Köpenick