und Rechtsextremismus I

Thüringer Landtag
6. Wahlperiode
1692
Drucksache 6/
26.01.2016
Kleine Anfrage
des Abgeordneten Henke (AfD)
und
Antwort
des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport
Maßnahmen gegen den Links- und Rechtsextremismus I
Die Kleine Anfrage 688 vom 26. November 2015 hat folgenden Wortlaut:
Das Konzept der wehrhaften Demokratie folgt der Überzeugung, dass der freiheitliche demokratische Staat
den extremistischen Feinden, die seine Existenz oder seinen grundlegenden Charakter als freiheitliche und
demokratische Ordnung bedrohen, entgegenzutreten hat. Das Grundgesetz und die deutschen Landesverfassungen bekennen sich in diesem Sinne zur Wehrhaftigkeit. Dementsprechend ergreifen Bund und Länder
verschiedene repressive und präventive Maßnahmen, um dem politischen Extremismus entgegenzutreten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Organisationen und Initiativen sind in Thüringen derzeit gegen Links- oder Rechtsextremismus
aktiv? Wie bewertet die Landesregierung ihre Rolle bei der Prävention des Links- beziehungsweise des
Rechtsextremismus und was folgt für die Landesregierung aus dieser Bewertung?
2. Welche Projekte oder Programme gegen Linksextremismus plant die Landesregierung für die aktuelle
Legislaturperiode, um linksextremistischer Gewaltbereitschaft und linksextremistischen Einstellungen
in der Gesellschaft zu begegnen?
3. Welche Projekte oder Programme gegen Rechtsextremismus plant die Landesregierung für die aktuelle
Legislaturperiode, um rechtsextremistischer Gewaltbereitschaft und rechtsextremistischen Einstellungen
in der Gesellschaft zu begegnen?
4. Welche Maßnahmen der historisch-politischen Bildung im Bereich der Aufklärung über die DDR-Diktatur
fördert die Landesregierung unter welchen Haushaltstiteln und in welcher Höhe im Jahr 2015 beziehungsweise will die Landesregierung in den Jahren 2016 bis 2017 fördern (bitte nach Maßnahmen, geförderten
Einrichtungen sowie Jahresscheiben aufschlüsseln)?
5. In welcher Höhe werden Gedenkstätten, Grenzmuseen, Museen mit Schwerpunkt DDR-Geschichte im
Jahr 2015 durch das Land gefördert? Welche Fördersummen sind für die Jahre 2016 bis 2017 geplant
(bitte nach den geförderten Einrichtungen sowie Jahresscheiben aufschlüsseln)?
6. Wie viele Publikationen, die von der Landesregierung (einem Ministerium oder einer Behörde des Freistaats Thüringen) seit Dezember 2014 herausgegeben wurden, behandelten vorrangig den Linksextremismus? Wie viele der seit Dezember 2014 herausgegebenen Publikationen behandelten vorrangig den
Rechtsextremismus (bitte den Haushaltstitel angeben, aus dem Publikationen der politischen Bildung
[unter anderem zum Links- beziehungsweise Rechtsextremismus] gefördert werden)?
Druck: Thüringer Landtag, 5. Februar 2016
Drucksache 6/
1692
Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode
7. Welche Rolle spielt die Behandlung des Links- und Rechtsextremismus bei der Aus- und Fortbildung
der Polizei am Berufsbildungszentrum der Thüringer Polizei und an der Verwaltungsfachhochschule,
Fachbereich Polizei? Wie viele Lehrveranstaltungen, Seminare, Vorlesungen fanden zum Links- oder
Rechtsextremismus im Jahr 2015 statt (bitte nach der Zuordnung zu Links- beziehungsweise Rechtsextremismus und der jeweiligen Einrichtung aufschlüsseln)?
8. Wie viele Fortbildungen für Richter und Staatsanwälte zum Thema Links- oder Rechtsextremismus
fanden im Jahr 2015 statt (bitte nach der thematischen Zuordnung zu Links- beziehungsweise Rechtsextremismus aufschlüsseln)?
9. Wie viele Lehrveranstaltungen, Seminare, Vorlesungen beziehungsweise Fortbildungen zur Thematik
"linksextremistisch motivierte Straftaten und Tatmotive" oder "rechtsextremistisch motivierte Straftaten
und Tatmotive" fanden im Rahmen der Juristenausbildung (Studium und Referendariat) an den Thüringer Universitäten im Wintersemester 2014/2015 sowie im Sommersemester 2015 statt (bitte gemäß der
vorherigen Frage aufschlüsseln)?
10.Wie viele Seminare zum Links- oder Rechtsextremismus fanden im Rahmen der Ausbildung von Sozialkunde-/Sozialwissenschafts-Lehrern an Thüringer Universitäten im Wintersemester 2014/2015 sowie
im Sommersemester 2015 statt (bitte nach Jahresscheiben und der thematischen Zuordnung zu Linksbeziehungsweise Rechtsextremismus aufschlüsseln)?
Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan­desre­
gierung mit Schreiben vom 25. Januar 2016 wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Bezüglich der ersten Teilfrage wird davon ausgegangen, dass hier zivilgesellschaftliche Organisationen
und Initiativen gemeint sind. Entsprechend wird die zweite Teilfrage dahingehend verstanden, dass sie sich
nicht auf die Rolle der Landesregierung, sondern auf die Rolle dieser Organisationen und Initiativen bezieht.
Der Charakter zivilgesellschaftlichen Engagements bringt es mit sich, dass der Landesregierung kein umfassender Überblick über alle Organisationen und Initiativen vorliegt, die sich in der Thüringer Gesellschaft
gegen Links- und Rechtsextremismus engagieren.
Im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport sind z.B. die "Mobile Beratung für Demokratie - gegen Rechtsextremismus" und der "Thüringer Beratungsdienst - Ausstieg aus Rechtsextremismus und Gewalt" gegen Rechtsextremismus aktiv.
Die Fragen 2 und 3 werden im Zusammenhang beantwortet.
Zu 2. und 3.:
Über Programme und Projekte im engeren Sinne hinaus sind zu erwähnen:
Der Thüringen-Monitor - die Landesregierung unterstützt die Forschung im Bereich des Rechtsextremismus
u. a. durch den Thüringen-Monitor und fördert durch die Veröffentlichung und Diskussion der Ergebnisse die
politische Bildung. Zudem vermitteln die Ergebnisse Hintergrundwissen für die Beurteilung von Programmen gegen Rechtsextremismus. Dieses wichtige Instrument wird zukünftig fortgeführt.
Um die Effektivität ihrer Präventionsarbeit, vor allem gegen den Rechtsextremismus, zu erhöhen, richtete
die Thüringer Polizei im Jahr 2013 in der Landespolizeidirektion eine Stabsstelle polizeiliche Extremismusprävention ein. Das Zusammenwirken der Thüringer Polizei mit staatlichen und nichtstaatlichen Präventionsträgern wurde seitdem deutlich intensiviert.
Zu den erfragten Projekten gehören ebenfalls die "Mobile Beratung für Demokratie - gegen Rechtsextremismus" und der "Thüringer Beratungsdienst - Ausstieg aus Rechtsextremismus und Gewalt" gegen Rechtsextremismus (siehe Antwort zu Frage 1). Beide sind mittelbar in der Prävention tätig und sind zentral für
die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und
Weltoffenheit. Ihre Tätigkeit wird die Landesregierung dauerhaft absichern.
In der Jugendstrafanstalt Arnstadt wird das Anti-Gewalt-Training "Alpha" (AAT) für Jugendliche mit Gewaltstraftaten, Sexualstraftaten und für Brandstifter angeboten.
2
Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/
1692
In der Jugendarrestanstalt existieren Programme, die sich ebenfalls gegen extremistische Gewalt richten.
Sie werden von externen Vereinen durchgeführt (Thüringer Trainings und Bildungsprogramm [TTB], Projekt Do und reset).
Des Weiteren ist eine Überarbeitung des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit geplant.
Das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ist dazu geeignet, jedweden
demokratiefeindlichen Einstellungen entgegenzuwirken. Darüber hinaus fördert die Landesregierung das
Kompetenzzentrum Rechtsextremismus an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet.
Zu 4. und 5.:
Im Jahr 2015 hat die Landesregierung der Friedrich-Schiller-Universität Jena 27.838,40 Euro als Anschubfinanzierung für die Konzepterarbeitung für ein Graduiertenkolleg zu "Mechanismen der Diktatur" zur Verfügung gestellt. Ab Ende 2016 beabsichtigt die Landesregierung, das in Aussicht genommene Graduiertenkolleg zu unterstützen. Über die Höhe der Förderung können zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine
Aussagen getroffen werden.
Das Land fördert im Rahmen der Institutionellen Förderung Maßnahmen der historisch-politischen Bildung
im Bereich der Aufklärung über die DDR-Diktatur bei Grenzmuseen, Aufarbeitungsinitiativen und der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße der Stiftung Ettersberg.
Im Landeshaushalt 2015 wurden folgende Mittel etatisiert:
Haushaltstitel Zweckbestimmung
(Erläuterung)
0208 - 683 81 Zuschüsse an Grenzmuseen
(Grenzlandmuseum Eichsfeld e. V.:170.000 Euro,
Deutsch-Deutsches Museum Mödlareut 35.000 Euro,
Arbeitskreis Grenzinformation e. V./Grenzmuseum Schifflersgrund 20.000 Euro)
0208 - 685 81 Zuschüsse an Vereine der Aufarbeitungsinitiative
(Gedenkstätte Amthordurchgang e.V.: 80.000 Euro,
Künstler für Andere e. V./Thüringer Archiv für Zeitgeschichte:
50.000 Euro,
Geschichtswerkstatt Jena e. V.: 40.000 Euro)
0208 - 686 81 Zuschüsse für laufende Zwecke an die Stiftung Ettersberg
(incl. Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt)
Haushaltsansatz
in Euro
230.000
170.000
843.100
Im Haushaltsplan 2016/2017 sind folgende Landesförderungen vorgesehen:
Haushaltstitel Zweckbestimmung
0208 - 683 81 Zuschüsse an Grenzmuseen
0208 - 685 81 Zuschüsse an Vereine der Aufarbeitungsinitiative
0208 - 686 81 Zuschüsse für laufende Zwecke an die Stiftung Ettersberg
2016
in Euro
296.100 190.000
850.000 2017
in Euro
396.100 205.000 850.000 Es kann noch keine abschließende Aussage über die Förderhöhen für die einzelnen Grenzmuseen und Aufarbeitungsinitiativen getroffen werden.
Zu 6.:
Im angesprochenen Zeitraum wurden keine Publikationen in den nachgefragten Themenbereichen herausgegeben.
3
Drucksache 6/
1692
Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode
Zu 7.:
Im Jahr 2015 wurde am Bildungszentrum der Thüringer Polizei im Rahmen der polizeilichen Fortbildung
zum Phänomenbereich Politisch motivierte Kriminalität (PMK) vier Mal das Seminar Rechts-/Linksextremismus angeboten.
Im Rahmen der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst werden die Phänomenbereiche Politischer
Extremismus Rechts/Links wie auch Islamismus/Islamistischer Terrorismus in mehrstündigem Unterricht
thematisiert.
Im Rahmen des Bachelorstudiums für den gehobenen Polizeivollzugsdienst wird die Thematik in den Modulen "Besondere Lage- und Kriminalitätsfelder", "Polizei und Globalisierung" und dem Wahlpflichtmodul
"Kriminalpolizei" behandelt.
Zu 8.:
Im Jahr 2015 kam das AfV 26 Vortragsersuchen aus dem Bereich der Justiz nach. Es handelte sich um zwei
Vorträge zum Linksextremismus und 24 Vorträge zum Rechtsextremismus.
Die Deutsche Richterakademie, eine von Bund und Ländern gemeinsam getragene Fortbildungseinrichtung, hat im Jahr 2015 folgende Tagungen angeboten:
- Politischer Extremismus - Herausforderung für Gesellschaft und Justiz vom 5. bis 10. Juli 2015 in Trier,
- Rechtsradikalismus und Neonazismus - Neueste Tendenzen vom 19. bis 23. Oktober 2015 in Wustrau.
Die Gedenkstätte Buchenwald und das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz
veranstalten in Kooperation mit dem Bildungszentrum der Thüringer Polizei Meiningen, der Stiftung "Dr. Georg Haar" Weimar und Drudel 11 e. V. Jena jährlich eine Tagung zum Rechtsextremismus. In diesem Jahr
wurde folgende Tagung angeboten:
Click Dir Deine Helden! - Mediale Bilderwelten und ihre Faszination für junge Menschen in Radikalisierungsprozessen vom 16. bis 18. November 2015 in der Jugendbegegnungsstätte der Gedenkstätte Buchenwald.
Zu 9.:
Für Rechtsreferendare fanden im Jahr 2015 zwei Fortbildungsveranstaltungen zum Thema "Rechtsextremismus" statt.
Es wurden jedoch Veranstaltungen angeboten, die Themen der politischen Einstellungen berühren, jedoch
nicht ausschließlich zu o.g. Thematik.
Zu 10.:
An der Universität Erfurt fand im Wintersemester 2014/2015 ein Bachelor-Seminar zum Thema "Soziologische Beobachtung von politischem Extremismus" statt.
Dr. Klaubert
Ministerin
4