1. Mose 8,22 und Johannes 8,12

Gottesdienst im Grünen - Anhausen
– 18.07.15 um 15.00 Uhr - Symbol Sonnenblume
Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht
(1. Mose 8,22)
Pfarrerin Hanna Nicolai1
Liebe Gemeinde,
heute habe ich Ihnen etwas aus einem Gartenfreunde Garten mitgebracht. Eine Sonnenblume.
(blühende Sonnenblume zeigen). Gerade sind sie am Aufblühen.
Sonnenblumen werden heute ja nicht nur in Gärten angepflanzt, sondern auch auf ganzen
Feldern. Man hat die Sonnenblume wieder entdeckt. Entweder zum Abschneiden für die Vase
oder eben als Nutzpflanze, um Öl zu gewinnen.
Die Sonnenblume, in gewisser Weise tatsächlich Bestandteil unseres Alltags Als leuchtende
Blüte im Wohnzimmer oder vielleicht haben Sie heute auch schon ein Vollkornbrot gegessen
mit Sonnenblumenkernen oder einen Salat, der mit Sonnenblumenöl angemacht war. Oder
vielleicht haben sie im Winter schon Sonnenblumenkerne ins Vogelhäuschen gelegt und sich
an den Vögeln gefreut, die die Kerne holten.
Die Sonnenblume – für mich eine der schönsten Blumen mit ihrem strahlenden Gelb und
ihren großen Blüten.
Die Sonnenblume, ein Symbol für unser Leben. Was ich an diesen Blumen faszinierend finde
ist, dass sie wie kaum eine andere Blume sich nach der Sonne ausrichten. Sie strecken ihre
Blüte der Sonne entgegen, dorthin, wo es hell ist, wo die Wärme herkommt. Morgens nach
Osten, mittags nach Süden, abends nach Westen. Sie wächst förmlich der Sonne entgegen.
Streckt sich auch zur Lichtquelle.
Wonach strecken wir Menschen uns aus? Was sind die Dinge, für die wir uns auf die
Zehenspitzen stellen? Wonach recken wir den Hals, wann werden unsere Augen groß?
Es ist wohl wie bei der Sonnenblume: Wir strecken uns aus nach einer Quelle des Lichts, nach
einer Quelle des Lebens. Wir brauchen etwas, das uns Kraft gibt, etwas, das in uns Freude
auslöst und was unsere Seele ernährt.
Eine solche Lichtquelle ist zum Beispiel der anerkennende Blick eines anderen. Es tut gut,
Anerkennung und Wertschätzung zu erleben für das, was man leistet: sei es in der Schule
durch ein Lob der Lehrerin, am Arbeitsplatz durch den Chef, vom Partner oder anerkennende
Worte vom Nachbarn für den eigenen Garten. Anerkennung – wie eine Lichtquelle. Und wie
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Die Predigt greift eine Predigt von Katrin Tröndle, Mühlacker, auf.
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gut, dass Gott uns so geschaffen hat, dass wir anderen Wertschätzung und Anerkennung
geben können.
Und wir selbst bekommen sie alle noch von einer anderen Lichtquelle, von Gott.
Wir sind eingeladen, es der Sonnenblume nachzutun. Unseren Blick auch nach der Sonne zu
richten. Ich meine jetzt nicht die Sonne am Himmel, sondern Jesus, der gesagt hat: „Ich bin
das Licht der Welt“ (Johannes 8,12). Wenn wir beten, dann schauen wir auf diese Sonne, auf
Jesus. Dann trinken wir auch seine Strahlen, so wie es die jungen Sonnenblumenblüten tun.
Da ist Kraft zu finden, um den Stürmen des Alltags standzuhalten, da kommt mir Liebe
entgegen, wie ein wärmender Sonnenstrahl.
Das war der erste Gedanke: Die Sonnenblume – ein Symbol für unser Leben. Sie streckt sich
dem Licht entgegen und wir sind eingeladen, es ihr nachzutun und uns nach dem ewigen
Licht, nach Jesus auszustrecken mit unserem Gebet: Morgens, Mittags und Abends.
Neben der schönen, blühenden Sonnenblume habe ich Ihnen noch eine andere Sonnenblume
mitgebracht, eine, die ihren Blütenkopf nicht mehr nach der Sonne ausstreckt und bei der
vermutlich niemand mehr auf die Idee käme, sie in einer Blumenvase auf den Tisch zu stellen
(verblühte Blume zeigen). Sie ist verblüht, hängt den schweren Kopf und hat schon braune
welke Blätter, und eigentlich schenkt man ihr keinen zweiten Blick mehr.
Der Wechsel in der Natur, vom Blühen zur Ernte und zum Vergehen, wir sehen ihn hier an
diesen Blumen. Und es gibt ein Bibelwort, in dem dieser Wechsel besonders gut ausgedrückt
ist. Es ist ein Versprechen, das Gott den Menschen gegeben hat:
„Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und
Winter, Tag und Nacht“ (1.Mose 8,22).
Dieser Wechsel in der Natur wird uns versprochen, damit wachsen kann, was wir brauchen.
Aber dieser Wechsel, vom Säen und Ernten und vom Vergehen gilt nicht nur in der Natur,
sondern auch in unserem Leben. Beide Sonnenblumen (zeigen), die leuchtend gelbe und die
verblühte, sind für mich Beispiele für unser Leben. Symbole für unser Leben.
(1) Die Sonnenblume, mit ihrem leuchtenden Gelb, die ihren Kopf der Sonne entgegenstreckt,
ist für mich ein Bild für Zeiten, an die man sich gerne erinnert, wo es leicht fällt, Gott dankbar
zu sein.
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An Zeiten, wo man selbst etwas gesät hat an Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und so
manches aufgeblüht ist.
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Sie erinnert mich an Zeiten oder Tage, die wie kleine leuchtende Höhepunkte im
Alltag sind:
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Ein Besuch, über den man sich sehr gefreut hat;
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einmal gutes Essen im Kreis der Familie
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ein netter unterhaltsamer Nachmittag gemeinsam mit anderen.
Vielleicht hat man selbst dazu beigetragen, Freundlichkeit gesät, die man nun ernten darf.
Vielleicht kommt aber manches auch ganz überraschend.
(2) Doch an was erinnert die vertrocknete, unansehnliche Blume?
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Mich erinnert sie einmal daran, dass so wie in der Natur auch unser Leben in einem
Wechsel ist. Wir haben nicht nur leuchtende, blühende Zeiten. Gott mutet uns auch
frostige Zeiten zu, in denen nichts zu erwarten ist und alles trostlos aussieht.
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Er schenkt uns die Nacht, in der wir gut und fest schlafen und morgens erfrischt
aufwachen; er mutet uns aber auch die Nacht zu, wo wir nur ´schwarz´ sehen und viele
Gedanken den Kopf und das Herz schwer machen.
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Doch, und das ist für mich die wichtigste Botschaft dieser vertrockneten Blume. In ihr
steckt Kraft, die Kerne werden reif; es wächst im Verborgenen eine Ernte heran.
Liebe Gemeinde,
jeder und jede kann es nur selbst entscheiden, wo im eigenen Leben aus schweren Zeiten
Gutes entstanden ist; wo schwere Zeiten einen weise gemacht und man an Reife zugenommen
hat; wo aus Zeiten, in denen man sich der verwelkten/verblühten/vertrockneten Blume sehr
ähnlich fühlte, Früchte entstanden sind. Aber ich möchte doch die Frage stellen: Wenn Sie an
Ihr Leben denken, sind dann nur die Erfahrungen mit äußerer Leuchtkraft für Sie wichtig oder
auch die Erfahrungen, die schmerzlich waren und durch die doch eine wichtige Ernte
herangereift ist?
„Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und
Winter, Tag und Nacht“ (Gen 8,22). Über all diese Wechsel in der Natur und in unserem
Leben hinweg spricht Gott uns zu: „Ich halte zu euch und bleibe euch treu. Ich bin das Licht
der Welt. Ich bin dein Licht.“ Amen.
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