Franziskanische Zeitschrift für das Heilige Land

Franziskanische Zeitschrift für das Heilige Land
70. JAHRGANG 2016
HEFT 1
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
liebe Freunde und Wohl täter des Heiligen Landes!
D
as Titelbild mag kein fotografisches Meisterwerk sein, aber es stellt eine wahrlich
denkwürdige Szene dar: die Feier der Osternacht in der Pfarrkirche der Franziskaner in
Aleppo im vergangenen Jahr 2015. Schon seit
vier Jahren herrscht Krieg im Land. Aleppo ist
von Kämpfen hart betroffen. Die Frontlinie
geht durch die Stadt. Ein Teil steht unter der
Herrschaft der Regierung, ein anderer wird
von Rebellen beherrscht. Viele Viertel liegen
in Schutt und Asche. Niemand weiß, wann sein
Haus oder er selber von einer Bombe oder
Rakete getroffen wird. Die Kirche St. Franziskus, die Pfarrkirche einer lebendigen Christengemeinde in Aleppo, steht noch, auch wenn sie
schon bald nach Ostern während des Gottesdienstes von einer Rakete beschädigt wurde,
ohne dass es jedoch – wie durch ein Wunder
– Tote oder Verletzte gab. Das Kloster nebenan
ist zu einem Ort vielfältiger Hilfe für die Bevölkerung geworden: Wasser, Nahrung, medizinische Betreuung, aber auch Trost und Ermutigung werden Tag für Tag verteilt.
Die Bevölkerung scheint es den Franziskanern zu danken. Ihre Kirche ist, wie das Titelbild zeigt, in der Osternacht dicht gefüllt (siehe
auch das Bild auf S. 9). Das Osterlicht ist bereits
entzündet, die brennende Kerze wird vom
Diakon zum Altar getragen, hinter ihm Pater
Ibrahim, der Pfarrer – nur verschwommen zu
2
erkennen. Die Leute entzünden ihre Kerzen am
Licht Christi. Gleich wird das Exultet, der Lob
des Osterlichtes, gesungen werden.
Wir, die in Sicherheit, Frieden und Wohlstand
leben, können es wohl nicht erahnen, was
für diese Menschen die Feier der Osternacht
bedeutet. Sie erfahren Nacht und Finsternis,
Angst, Not und Hoffnungslosigkeit jeden Tag.
Sie wissen darum wohl auch besser das Licht zu
schätzen, das Christus ihnen schenkt.
Ein kleiner Strahl dieses Lichtes ist für sie wohl
auch der Dienst, den die Brüder des heiligen
Franziskus hier – und auch an anderen Orten
Syriens – unter wahrlich lebensgefährlichen
Umständen für sie tun. „Die Franziskaner des
Heiligen Landes” – so erklärte jüngst angesichts
der Verhältnisse in Syrien der Kustos – „haben
nie Orte und ihre Bevölkerung aufgegeben,
die die Kirche ihrer Sorge anvertraut hat, auch
nicht in Zeiten der Gefahr ... Ein Hirte verlässt
seine Herde nicht.”
Die Brüder können freilich diese Dienste nur
tun, weil viele Wohltäter in aller Welt sie unterstützen. Sie sind ihnen aus ganzem Herzen dafür
dankbar, dass sie so einen Strahl des Osterlichtes weitergeben dürfen.
Im Namen der deutschsprachigen Kommissäre
des Heiligen Landes
Inhalt
Syrien – Die Wiege des Christentums
Ein Interview über die aktuelle Situation
Elias van Haaren OFM/Johannes Auer
Das tägliche Leben der Franziskaner
in der Grabeskirche
Hélène Morlet
Seite 4
Seite 11
Alphons Ratisbonne
Ein Elsässischer Jude wird Ordensgründer
im Heiligen Land (2)
Gottfried Egger OFM
Seite 17
Pesach in Jerusalem
Der 12-jährige Jesus im Tempel
Bernardin R. Höhn
Das „zweite“ Grab des Lazarus
Petrus Schüler OFM
Nachrichten aus Syrien
Raynald Wagner OFM
Seite 20
Seite 26
Seite 32
3
Wiege des Christentums
Elias van Haaren OFM/Johannes Auer
Syrien –
Die Wiege des Christentums
Ein Interview über die aktuelle Situation
Johannes Auer: Die Lage der Christen in Syrien
ist dramatisch. Das Christentum in Syrien
gehört aber neben dem lateinischen Westen
und dem griechischen Osten zu den drei Hauptströmen des Christentums. Lassen Sie uns daher
mit einem Rückblick beginnen: Können Sie uns
die Lebensumstände der Christen in Syrien vor
dem Bürgerkrieg beschreiben?
P. Elias van Haaren OFM: Die Lebensumstände der Christen in Syrien waren ähnlich wie
die der restlichen Bevölkerung. Syrien war ein
säkularer Staat, die in Syrien regierende BaathPartei war, ähnlich wie im Irak, nicht religiös
ausgerichtet. Der Präsident selber gehört zu
einer religiösen Minderheit, er ist Alawit. In
Syrien herrschte Religionsfreiheit, die verschiedenen Religionsgemeinschaften hatten Freiheit
in der Ausübung ihrer Religion, überall findet
man Kirchen und religiöse Institutionen (Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime,
Begegnungszentren usw.). Es gibt bedeutende Wallfahrtsorte (Maalula, Damaskus, Homs,
Sadneya). Die Christen gehörten zur Mittelschicht, waren oft Geschäftsleute, vor allem in
4
den Städten; auf dem Land arbeiteten sie in der
Landwirtschaft, hatten kleine Betriebe. Es gab
viele Dörfer mit einer mehrheitlich christlichen
Bevölkerung. Das Christentum prägte Syrien
2000 Jahre hindurch, die ersten Christen gab
es zur Zeit des heiligen Paulus. Syrien war keine Demokratie; wer jedoch nicht direkt gegen
die Regierung tätig war, konnte in Freiheit
leben. Diese oder ähnliche Verhältnisse finden
wir in vielen Ländern dieser Welt. Menschen
arrangierten sich mit der Situation. Da sie aufgrund ihrer Religion nicht verfolgt waren und
sich zutiefst als Syrer fühlten, sahen sie keinen
Grund, Syrien zu verlassen.
Syrien wird als Teil des „Heiligen Landes” be zeichnet. Welche Rolle spielt (oder sollte)
Syrien im Gedächtnis und Glaubensleben der
Christen weltweit spielen?
Syrien gehört zur Kustodie des Hl. Landes.
Schon in der Hl. Schrift, im Alten wie im Neuen Testament, wird Syrien erwähnt. Das Erlebnis seiner Bekehrung hatte der heilige Paulus in
Damaskus. Viele Heilige (Johannes von Damas-
Wiege des Christentums
Wiege des Christentums
Christen leben in gemischten Ehen. Christen
aller Konfessionen, eben im Bewusstsein eine
Minderheit zu sein, leben und arbeiten an der
Basis völlig normal miteinander und machen
keine Unterschiede, auf der Ebene der Hierarchie sieht das natürlich manchmal auch anders
aus. Gerade an den Wallfahrtsorten und während der Feiertage sieht man zum Teil noch die
verschiedenen Traditionen der orientalischen,
byzantinischen und lateinischen Kirche.
Können Sie uns das Verhältnis zu den Muslimen
vor dem Bürgerkrieg beschreiben?
kus, Ephraim der Syrer, Simon Stylitis, Tekla, um nur einige zu nennen) waren Syrer. In
Syrien gibt es bis heute Orte, an denen das Aramäische, die Sprache Jesu, als Umgangssprache
gesprochen wird. Die syrisch-orthodoxe Kirche
und die nestorianische Kirche wirkte missionarisch bis nach Indien, China und in die Mongolei. Die Tradition der Klöster ist uralt: Syrien
kann somit zu Recht als Wiege des Christentums bezeichnet werden.
Soweit ich es beurteilen kann, war das Verhältnis zwischen den Religionen im Allgemeinen gut; man lebte zusammen und feierte in
der Nachbarschaft Feste gemeinsam, man gratulierte sich gegenseitig zu den Feiertagen.
Freundschaften zwischen Muslimen und Christen waren völlig normal, viele Muslime schickten ihre Kinder auf christliche Privatschulen.
Gemischte Ehen hingegen gab es eigentlich
nicht; gewöhnlich heiraten Christen Christen,
unabhängig von der Konfession, Muslime heiraten Muslime (Sunniten Sunniten, Schiiten Schiiten), Yeziden heiraten Yeziden, Drusen immer
Drusen und Alawiten stets Alawiten. Ausnahmen gab es natürlich immer.
Wie hat sich dieses Verhältnis durch den Krieg
gewandelt?
Syrien weist eine weit zurückreichende Geschichte des Zusammenlebens der unterschiedlichen Konfessionen auf. Wie prägte und prägt
dies den Alltag der Christen?
Die Christen in Syrien sind Lateiner, GriechischOrthodoxe, Syrisch-Orthodoxe, Melkiten (Griechisch-Katholische), Maroniten, Armenier,
unierte katholische Armenier, Chaldäer (unierte syrisch-orthodoxe Christen), Nestorianer
und kleine Gruppen von Protestanten. Viele
Zwei wichtige Zeugnisse aus der christlichen Geschichte Syrien: Die Kapelle des hl. Hananias,
die an die Taufe des hl. Paulus erinnert (oben), und die Ruinen der Symeonsbasilika aus der Blütezeit
des syrischen Mönchtums (unten). © H. Fürst
5
IM LAND DES HERRN
des Krieges wie alle anderen Syrer auch, dann
aber, weil sie als Christen zumindest in einigen
Regionen besonderen Bedrohungen ausgesetzt
sind, nämlich ganz konkreter Verfolgung, Vertreibung, Entführung.
Können Sie uns beschreiben, welche Form der
Hilfe wir hier im Westen besonders leisten
könnten oder sollten, um den verfolgten Christen und der notleidenden Bevölkerung im Allgemeinen beizustehen?
Ich denke, dass drei Dinge sehr wichtig sind:
Einmal geht es um konkrete finanzielle Hilfe. Es
ist wichtig, die christlichen Gemeinden vor Ort
zu unterstützen, oder jenen Christen zu helfen,
die z. B. in den Libanon oder nach Jordanien
geflüchtet sind. Die Christen müssen im Nahen
Osten bleiben, es ist die Wiege des Christentums, die sich auf keinen Fall leeren darf. Die
Ich denke, dass jene Muslime, die sich nicht
Gruppen wie Al Nusra oder IS angeschlossen haben, weiterhin ein normales Verhältnis
zu Christen (und umgekehrt) pflegen. IS oder
Al Nusra verfolgen ja auch alle Muslime, die
nicht ihren Weg gehen, wie sie auch die anderen nicht-muslimischen Religionsgruppen verfolgen. Die Christen erwarten sich wohl mehr
Hilfe, Unterstützung und Verteidigung durch die
Muslime und eine klarere Distanzierung gegenüber IS und Al Nusra. Ich glaube, es ist wichtig,
nicht von „den” Christen oder „den” Muslimen
zu sprechen. Es gibt viele Menschen, die weiterhin befreundet sind, aber sicher auch viele,
die auf beiden Seiten polarisieren, Christen, die
Muslimen nun grundsätzlich misstrauen, Muslime, die Christen grundsätzlich unterstellen, per
se für Assad zu sein. Es gab natürlich viele Verletzungen, die tief sitzen, und es werden natürlich mehr Muslime Opfer des Krieges, da die
Muslime einfach die Mehrheit der Bevölkerung
stellen. Christen jedoch fühlen sich doppelt
verfolgt: einmal weil sie Syrer sind und Opfer
Blick von der Burg auf die Stadt Aleppo (oben). © H. Fürst.
Die Herz-Jesu-Kirche der Franziskaner in Latakia (unten). © CTS
6
Wiege des Christentums
Wiege des Christentums
Präsenz der Christen ist wichtig für die ganze
Region, deshalb sollten wir die Christen unterstützen, in ihrer Heimat zu bleiben, um diese
mitzugestalten und wieder aufzubauen.
Des Weiteren ist es wichtig, klare Zeichen der
Solidarität zu setzen, z. B. bei Demonstrationen,
Schweigemärschen usw. Wir müssen Druck auf
Politiker und Medien ausüben. Das Schicksal
der Christen wird – aus welchen Gründen auch
immer – leider übersehen. Genauso wie das
Thema Terror oder Flüchtlinge muss das Thema
Christenverfolgung in den Medien, und nicht
nur in speziellen Medien, sondern in den breiten Medien und in der Politik einen zentralen
Punkt einnehmen.
Der dritte Punkt ist sicher das Gebet, auch
wenn dieser Punkt nur gläubige Menschen
betrifft, so müssen wir vor allem in der Kirche,
als gläubige Menschen, unsere Stimme im Gebet
erheben und für unsere Brüder und Schwestern
beten.
Welche Rolle spielen bei diesen humanitären
Aktionen Organisationen wie „Kirche in Not”,
oder auch die Caritas?
Gerade was die konkrete Hilfe vor Ort betrifft,
spielen diese Organisationen, aber auch andere Gruppen wie z. B. die Franziskaner oder die
Stiftung von Sr. Hatoune, eine große Rolle. Da
es für Einzelpersonen eigentlich unmöglich ist,
zu helfen, sind diese Organisationen die einzige
Möglichkeit, von Europa aus konkrete Hilfe zu
leisten.
Die westliche Berichterstattung scheint eine
Schlagseite aufzuweisen: Über das Leiden und
die Lage der Christen wird wenig bis nichts
berichtet. Wie kann man sich das vorstellen,
welche Gründe sind hier vorherrschend?
Ich glaube, es liegt daran, dass das Christentum
weltweit so gut wie keine Lobby hat. Überhaupt
P. Ibrahim inmitten seiner Pfarrkinder im Klosterhof in Aleppo.
© CTS
7
IM LAND DES HERRN
spielt der Konflikt in Syrien erst eine Rolle, seit
tausende Flüchtlinge zu uns kommen. Syrien
ist halt nicht Kuwait oder ein anderer Ölstaat.
Die Christen als Minderheit spielen im internationalen Kalkül keine Rolle. Syrien ist weit
weg, und bis die Flüchtlinge kamen, hat uns
Syrien so gut wie nicht betroffen. Politiker,
die für Christen eintreten, müssten Position
beziehen, das scheint heute der Karriere nicht
gerade förderlich zu sein. Man hat, denke ich,
Angst als „islamophob” dargestellt zu werden,
wenn man sich für Christen einsetzt. Ein weiteres Problem ist, dass gewisse Länder sehr wohl
Interesse daran haben, dass der Krieg in Syrien
weitergeht und dass IS seine Stellung halten
kann, z. B. die Waffenlobby, aber auch gewisse Kreise, die Assad und seine Regierung stürzen wollen (hier kann man einige sunnitische
Staaten, die keinen säkularen Staat im Nahen
Osten wünschen, nennen), aber auch westli-
che Staaten, die ihre eigenen Interessen haben.
Dies alles führt dazu, dass die Christen in Syrien
immer mehr in Vergessenheit geraten: ein klassisches Schicksal einer Minderheit, ähnlich wie
jenes der Kopten in Ägypten. All diese Gruppen
haben keine Lobby mehr, weil das sogenannte „christliche Abendland” nur mehr ein leerer
Begriff, aber keine gelebte Realität ist.
Hat nicht gerade der Westen mit seinen Verbündeten, wie Saudi-Arabien, hier eine immense Verantwortung an der Eskalation und der
Entwicklung der Ereignisse? Und, erlauben Sie
diese vielleicht naive Frage, wo sitzen jene
Waffenlobbyisten, die den Krieg vorantreiben?
Der Westen, also Europa und die USA, haben
ohne Zweifel diese Verantwortung. Inwieweit
z. B. Länder wie Saudi-Arabien dabei helfen
können, ist sehr fraglich. Im Hinblick auf Syrien
sind die Ziele der verschiedenen Länder sehr
unterschiedlich und daher auch ihre Interessen.
Solange nicht Friede in Syrien, unabhängig von
der Person Assad, das Thema ist, wird es diesen
Frieden nicht geben. Da bisher scheinbar die
verschiedenen Kräfte nur mit dem Ziel kämpfen, Assad zu stürzen oder an der Macht zu halten, und dabei bereit sind, die verschiedensten
Gruppen zu unterstützen, oder eben umgekehrt
deren Unterstützung zu verhindern, gibt es keine einheitliche Linie. Die Türkei will den Einfluss der Kurden unbedingt verhindern, SaudiArabien und andere sunnitische Länder präferieren eine sunnitische Regierung in Syrien, der
Iran und Russland unterstützen Assad, sei es
aus religiösen oder politischen Gründen. Europa fürchtet vor allem die Gefahr des Terrors.
Was die Christen betrifft, ist Saudi-Arabien
wohl nicht der geeignete Verbündete.
Auch wenn es als Verbündeter des Westens gesehen wird, ist Saudi-Arabien nach Nordkorea das
Land mit den schlechtesten Lebensbedingungen
für Christen; denn jede Ausübung der Religion,
Die Pfarrkirche St. Franziskus der Franziskaner in Aleppo.
© CTS
8
Wiege des Christentums
Wiege des Christentums
auch im privaten Raum, ist untersagt, christliche
Symbole sind verboten. Der Besitz von Bibeln,
Kreuzen usw. steht unter Strafe. Es ist den
Christen verboten, gemeinsam zu beten, es gibt
keine Kirchen, auf Konversion steht die Todesstrafe. Was die Auslegung der Sharia betrifft, ist
Saudi-Arabien von wenigen Punkten abgesehen
auf einer Stufe mit dem IS: es gibt Steinigungen,
Auspeitschungen, Hände werden abgehackt, die
Stellung der Frauen ist verheerend.
Die Frage nach den Waffenlobbyisten möchte ich nicht an dieser Stelle beantworten; es
gibt nicht wenige Länder, die am Waffenhandel und Krieg verdienen. Ich denke, Waffenexperten können sehr leicht feststellen, woher
die Waffen der verschiedenen Gruppen im
Kampf gegeneinander und gegen die Regierung
stammen.
Welche Rolle spielte oder spielt das Christentum in der Politik des Nahen Ostens, insbesondere in Syrien?
In vielen Ländern des Nahen Osten gibt es
christliche Politiker. Einige syrische Politiker
waren oder sind Christen, wie Michel Aflaq,
Fares al Khoury, Elias Farah, Ibrahim Haddad,
Michel Kilo, Georges Nicola Jabour, Joseph
Suweid. Die Bürgermeisterin von Bethlehem ist
Christin, ebenso sind bzw. müssen die Bürgermeister von einigen Orten in Palästina immer
Christen ein.
Ist es überhaupt denkbar, dass das Christentum
in einem dezidiert islamischen Staat geduldet
wird?
Es kommt auf den Staat an, in Saudi-Arabien,
wie schon erwähnt, ist jegliche Ausübung einer
anderen Religion als dem Islam bei Strafe
verboten. Im Iran, das sich als erstes Land
der Welt als islamische Republik bezeichnet
hat, gibt es Kirchen, Klöster, eine kirchliche
Hierarchie. Es ist den Christen möglich, ihren
Glauben zu leben und Feste zu feiern. Auch
christliche Symbole, wie Kreuze auf den Kirchen, sind nicht verboten. Mission steht natürlich unter Strafe. Ebenso gibt es in einigen Golfstaaten Kirchen. Die Christen in diesen Ländern
sind jedoch Migranten, während die Christen im
Iran einheimische Christen sind.
Die Franziskaner sind bis heute unverändert in
Syrien vor Ort. Wie sieht ihr Alltag dort aus?
Das hängt ganz davon ab, von welchen Orten
wir sprechen. Einige unserer Klöster, vor allem
in der Region Orontes, wurden völlig zerstört,
Feier der Osternacht 2015 in der Franziskus-Kirche in Aleppo.
© CTS
9
IM LAND DES HERRN
aus manchen Orten wurden die Christen vertrieben. Im Orontesgebiet, das unter der Herrschaft der Al Nusra steht, dürfen die Franziskaner zwar bleiben, aber es dürfen keine Glocken
mehr geläutet werden, alle christlichen Symbole außerhalb der Kirchen mussten entfernt werden, die Frauen müssen ein Kopftuch tragen. In
Orten wie Aleppo leiden die Franziskaner wie
der Rest der Bevölkerung unter den Raketenangriffen (Kloster und Kirche in Aleppo wurden
mehrmals getroffen), der Mangel an Wasser,
Treibstoff, Elektrizität, Lebensmittel usw. ist
schrecklich. Die Franziskaner in Aleppo haben
Gott sei Dank einen Brunnen, der Wasser für
viele Menschen liefert. In Damaskus ist die Lage
nicht ganz so schlimm, aber auch bedrohlich. In
Latakia herrscht zwar Ruhe, aber unser Kloster
ist Zufluchtsort für viele Flüchtlinge. Zwei Mitbrüder wurden entführt, wurden aber befreit.
Die Franziskaner versuchen den Menschen zu
helfen, die Institutionen irgendwie am Laufen
zu halten, sie feiern weiter die Gottesdienste
und stehen den Menschen zur Seite, so gut sie
können. Interessanterweise haben wir jedes
Jahr Novizen aus Syrien; der Orden hat also
Zukunft trotz aller Gefahren. Junge Menschen
aus Syrien finden im Franziskanerorden einen
Ort und eine Heimat, wo sie ihre Berufung
leben können. Das Blut der Märtyrer war schon
immer der Same für neue Christen.
Immer wieder wird Verständnis für jene Christen geäußert, die vor Verfolgung fliehen. Dennoch betonen christliche Würdenträger, dass
das Wesentliche eigentlich darin liege, den
Christen eine Möglichkeit zum Überleben in
ihren Ländern zu ermöglichen. Wenn wir kurz
über Syrien hinausblicken, wo sind Christen
heute in diesen Ursprungsländern des Nahen
Ostens denn überhaupt noch in Sicherheit?
Natürlich ist es verständlich, dass Christen aus
Syrien oder dem Irak flüchten. Die Kirche vor
10
Ort jedoch versucht, die Christen zum Bleiben
zu motivieren, denn Christen sind ein Teil des
Nahen Ostens, ein Teil der Geschichte, aber
auch ein wichtiger Teil der Gegenwart. Ein Weggehen der Christen würde einen großen Verlust
bedeuten, einmal für die Menschen selber, denn
sie verlieren ihre Heimat und werden entwurzelt, dann aber auch für die Gesellschaft an sich,
denn Christen haben den Nahen Osten immer
geprägt, sie haben zum kulturellen Reichtum
dieser Region entscheidend beigetragen. Der
Weggang einer jeden Minderheit ist ein Verlust,
denken wir nur an die vielen orientalischen
Juden, die es in jener Region bis 1948 gab, oder
an andere Gruppen wie Drusen oder Jesiden;
jede Gruppe die geht, macht die Region ärmer.
In Israel, den palästinensischen Gebieten, Jordanien und dem Libanon sind Christen bisher
sicher. Es gibt zwar in Israel Benachteiligungen,
diese haben aber damit zu tun, dass Christen
Araber sind und daher oft Menschen zweiter
Klasse. In Ägypten können wir auch nicht von
Verfolgung sprechen, Christen sind aber doch
oft Menschen zweiter Klasse. Im Irak und Syrien
ist die Situation sicher am schlimmsten.
Ist das Wirken der Franziskaner akut bedroht?
Das Wirken der Franziskaner ist genauso bedroht wie das Wirken aller anderen christlichen Konfessionen, doch eines ist sicher: Der
gute Hirt verlässt seine Herde nicht. Solange es
Katholiken in Syrien gibt, werden die Franziskaner ihnen zur Seite stehen.
Welche Zukunft hat das Christentum in Syrien?
Das hängst alles von der Zukunft ab; in einem
islamischen Gottesstaat oder gar einem IS-Kalifat wird es keine Zukunft haben. Zukunft gibt
es nur in einem säkularen Syrien oder zumindest unter einer gemäßigten Regierung, die die
Rechte aller Minderheiten garantiert.
Grabeskirche
Hélène Morlet
Das tägliche Leben der
Franziskaner in der Grabeskirche
S
ie sind zu zehnt: zehn Brüder, im Alter von
32 bis 60 Jahren, aus Korea, Polen, Malta, Brasilien, Italien, Ghana und aus Israel. Sie
bilden den Franziskanerkonvent in der Grabeskirche zu Jerusalem. Im Namen der Kustodie
des Heiligen Landes sind sie die Hüter dieses
Heiligtums und leben im Rhythmus des Statu
Quo. Ihr Konvent, den Augen der Pilger verborgen, funktioniert wie jeder andere Konvent des
Ordens auch. Die Leitung liegt in den Händen
des Superiors, derzeit ist es Bruder Noel Muscat. Während er sonst bei den Franziskanern
gewöhnlich „Guardian” heißt, wird er hier „Präsident” genannt, weil der einzige „Guardian” des
Heiligen Grabes der Kustos des Heiligen Landes
selbst ist. Zur Unterstützung des Präsidenten
gibt es einen Vikar und einen Ökonomen. Die
Gemeinschaft ist zusammengesetzt aus sieben
Priesterbrüdern und drei Nicht-Priesterbrüdern.
Wie in jedem anderen Konvent auch wechseln Zeiten des gemeinsamen Gebetes mit den
anderen für das gute Funktionieren notwendigen Tätigkeiten. Hinzu kommt aber, dass dieser
Konvent sich in unmittelbarer Nähe des Heiligen Grabes befindet, des heiligsten Ortes der
Christenheit. Damit sind auch die Tätigkeiten
der Brüder engsten verbunden.
Die verschiedenen Aufgaben
und Dienste
Frater Kazimierz Frankiewicz, ein Pole, bereits
seit 14 Jahren Mitglied des Konventes, erklärt:
„Unsere erste Aufgabe ist eine religiöse: wir
müssen bei allen gemeinsamen Gebeten anwesend sein, alle Tage. Und mehrere Male in der
Woche haben wir Dienst: von 8.30 bis 12 Uhr
und von 14.30 bis 19 Uhr halten wir uns dann
an der Tür zur Sakristei auf und sind bereit, auf
die Bitten und Fragen der Pilger und Touristen
zu antworten.” Diese Bitten reichen von der
Segnung von Andachtsgegenständen oder auch
Personen bis zur Spendung des Bußsakramentes: sehr häufig zeigen wir nur den Weg zu den
Toiletten.
Die Möglichkeit zum Bußsakrament wird jeden
Tag den ganzen Tag über angeboten. So oft es
möglich ist, kommen für diesen Dienst auch
Priester von auswärts für einige Wochen oder
Monate, um den Franziskanern zu helfen. Eine
11
IM LAND DES HERRN
Schrift über dem Beichtstuhl gibt die Sprachen
an, die der jeweilige Beichtvater beherrscht:
Französisch, Polnisch, Deutsch: „Ich kann auch
Russisch, Kroatisch und Slowakisch die Beichte hören, weil ich diese Sprachen alle verstehe”, bemerkt Pater Jozef, ein Diözesanpriester,
der für den Sommer gekommen ist. Er wartet
geduldig auf der Bank neben dem Beichtstuhl.
Wenn niemand kommt, beantwortet er die Fragen der vielen Touristen, Juden, Muslime oder
Atheisten. Viele wissen nur wenig über den Ort,
an dem sie sich gerade befinden. „Es gibt viele,
die keine Ahnung haben, was der Salbungsstein
bedeutet, den die meisten Gläubigen küssen,
wenn sie die Kirche betreten, oder was es mit
der Ädikula, dem Heiligen Grab, auf sich hat”,
sagt Pater Guillaume, ein französischer Priester, der ebenfalls zur Unterstützung des Beichtdienstes der Franziskaner gekommen ist.
manchmal einzeln. Ihre Aufgabe ist es, die Gottesdienste in den für alle Konfessionen gemeinsamen Plätze in der Grabeskirche zu koordinieren, aber auch in den den Franziskanern allein
gehörenden Kapellen, in denen Pilgergruppen
eine Messe feiern können. Zu den üblichen
Kenntnissen, über die jeder gute Sakristan verfügen muss, kommt hier noch die Notwendigkeit dazu, den Statu quo genau zu kennen, der
die gemeinsamen Rechte und Pflichten der verschiedenen Miteigentümer der Basilika regelt.
Er regelt seit 1852 das Zusammenleben der
verschiedenen Konfessionen in der Grabeskirche aufgrund der Tradition bis in die kleinsten
Dinge hinein. Wer darf wo und wann gehen,
wie müssen die Teppiche gelegt werden, wer
darf das Öl der Lampen nachfüllen … Der erste
Sakristan, Bruder Andrew Ako-Hayford, tut diesen Dienst bereits seit 15 und Bruder John Savage seit 9 Jahren. Jedes Recht, das der Statu
Die Arbeit der Sakristane
Neben dem Beichtdienst sind drei Brüder in der
Sakristei beschäftigt, manchmal alle zugleich,
12
Ein Franziskaner im Gespräch mit einem orthodoxen Geistlichen vor dem Heiligen Grab (oben).
Beim Reinigen des Heiligen Grabes (unten).
© MAB/CTS
Grabeskirche
Grabeskirche
quo gewährt, muss in Anspruch genommen
werden, sonst geht es verloren.
Den ganzen Tag über empfangen die Sakristane
Priester und Pilger, die kommen, um hier die
Eucharistie zu feiern. „In Stoßzeiten empfangen wir täglich 20 bis 25 Gruppen, die Messen
feiern wollen. Gegenwärtig gibt es wegen der
politischen Spannungen und wegen des hohen
Euro- und Dollarkurses etwas weniger Pilger.
Jetzt haben wir täglich etwa 15 Messen”, ergänzt
Bruder John. Während des Tages können sie in
der Sakramentskapelle der Franziskaner oder
in der Kreuzfahrerkapelle gefeiert werden. Im
franziskanischen Bereich der Basilika gelegen
und durch Türen abgetrennt, können dort die
Gottesdienste etwas freier gestaltet werden;
im den einzelnen Konfessionen gemeinsamen
Teil der Grabeskirche dagegen, der Altar der
heiligen Maria Magdalena inbegriffen, ist nur
eine gesungene Messe am Tag den Katholiken
erlaubt.
Die Betreuung der Gruppen und der großen
Menschenmenge und der Umgang mit den verschiedenen kulturellen Unterschiede machen
auch einen Teil unserer Arbeit aus. „Wir richten die liturgischen Gewänder her, die Hostien,
wir sorgen dafür, dass jede Gruppe hinreichend
Zeit hat für die Feier der heiligen Messe”, sagt
Bruder John. „Unser Programm hat genau geregelte Zeiten. Da ist es dann oft schwierig mit
Gruppen, die sich nicht an Zeit und Ordnung
halten. Manche sind pünktlich oder zu früh und
sind zur rechten Zeit fertig. Andere dagegen
kommen zu spät und wissen bis zur letzten
Minute nicht die Zahl der Pilger und folglich
auch die Zahl der Hostien nicht, die wir bereit-
Die tägliche Prozession der Franziskaner in der Grabeskirche.
© CTS
13
IM LAND DES HERRN
stellen sollen. Manche stimmen zwar meinen
Hinweisen zu, aber halten sich nicht daran. Das
macht die Sache oft kompliziert: wir wollen alle
zufriedenstellen, aber nicht alle kooperieren
und sind sich dessen nicht bewusst, dass es hier
der Ordnung bedarf.”
Undankbare Aufgaben
Während der offiziellen täglichen Prozession
am Nachmittag durch die Grabeskirche müssen die Sakristane den Brüdern vorausgehen,
um Platz zu machen. Die Leute zu bitten, auf
Kalvaria Platz zu machen oder den Besuch am
Heiligen Grab zu unterbrechen, ist nicht sehr
angenehm. Im Allgemeinen verstehen es die
Pilger, vor allem, wenn sie die Prozession der
Brüder sehen oder sie singen hören. Manchmal
beschweren sich aber auch einige und wollen
nicht zurücktreten. So muss man manchmal
Polizei spielen. Das belastet einen. Vor allem
diese große Masse der Touristen auszuhalten und jeden Tag damit zu leben, hat zur Folge, dass man manchmal vergisst, wo man sich
befindet. Das Alltägliche gewinnt die Oberhand:
Kanalisationsarbeiten müssen im Konvent
durchgeführt werden. Die Arbeiter mit ihren
Werkzeugen und dem Bauschutt durchqueren
die Kirche, da es nur einen Zugang gibt, den
über die Kirche. „Die sonderbarste Sache, die
ich bisher gesehen habe, war ein kleiner Traktor, der in die Basilika fuhr und hinter der Orgel
parkte, fünf Meter am Heiligen Grab”, erinnert
sich lächelnd Bruder Junio Marques, ein Brasilianer, der erst jüngst in den Konvent kam.
Bruder Zacheusz Draezek, ein polnischer Priester im Heiligen Grab, betont: „Ich habe mir vorgenommen, mich jeden Tag daran zu erinnern,
wo ich bin und warum ich hier bin. Die immer
neue Lektüre der Leidensgeschichte, und die
Osterberichte der Evangelien zu lesen, ist dafür
ein gutes Mittel, ebenso die tägliche Prozession
durch die Grabeskirche. Wenn ich in Gefahr
bin, meinen Dienst gewohnheitsmäßig zu verrichten, dann erinnere ich mich wieder an
meinen Vorsatz.” Bruder John fügt noch hinzu:
„Manchmal erinnert uns ein Pilger, der sich für
unseren Dienst bedankt, an die Rolle des gastfreundlichen Gesichts, die wir hier zu erfüllen
haben. Das erinnert uns auch an die jahrhundertalte franziskanische Mission, Wächter des
Heiligen Grabes zu sein. Wenn das Totenbuch
unseres Konventes gelesen wird, dann denkt
man an diese Franziskaner alle, die hier gelebt
haben, um den Zugang zu den heiligen Stätten
zu schützen und zu erhalten. Früher, als nur
Öllampen die Räume beleuchtet und zugleich
verrusst hatten, war es noch weit schwieriger,
hier zu leben.”
Aber auch wenn heute elektrisches Licht die
Ein Franziskanerbruder vor dem Altar auf Kalvaria in der Grabeskirche.
© CTS
14
Grabeskirche
Grabeskirche
Kerzen ersetzt hat, ist der Konvent trotzdem
immer noch finster und feucht. Nur eine kleine Terrasse lässt etwas Sonnenlicht herein.
Die älteren Brüder, die schon viele Jahre hier
leben, haben oft Probleme mit den Gelenken.
Die Zimmer, die meisten ohne Fenster, verfügen über keine Zentralheizung.
Zeiten der Erholung
Um diese Lebensumstände zu bewältigen, haben
die Brüder, wenn sie fünf Wochen ununterbrochen hier gelebt haben, eine Woche frei. Sie
gehen dann in andere Konvente der Kustodie,
die etwas Ruhe und Natur zu bieten haben. Lektüre, Gebet, etwas Handarbeit und Schlaf stehen dann vor allem auf dem Programm. Bruder
Zacheusz erläutert das etwas näher: „Ich lebe
gern in meinem Konvent. Aber in den Tagen, da
ich frei habe, erfreue ich mich an der Natur und
dem freien Blick. Als ich da einmal abends noch
hinausgegangen bin, sah ich den Sonnenuntergang. Dieser war wirklich wunderbar. Auch
wenn ich im Dienst jeden Augenblick nütze, um
zu schlafen, wenn ich müde bin, so erschöpft
einen doch der Rhythmus des
Gebetes, der verlangt, täglich
um Mitternacht aufzustehen.”
Auch wenn die Ordnung, die
der Statu quo vorgibt, den Tag
auf ungewohnte Weise aufteilt, ist es doch noch möglich, andere Aktivitäten damit
zu verbinden. Bruder Andrew
besucht nebenher theologische Vorlesungen, Bruder Junio
nimmt an einem Italienischkurs teil und Bruder Kazimierz
kümmert sich um die Blumen
in der Kapelle. Um in Form zu
bleiben, gehen die Brüder auch
in die Stadt zu einem Spaziergang oder spielen in einer Ama-
teurmannschaft sogar Fußball. Wie in jeder
Gemeinschaft machen auch Zeiten des brüderlichen Beisammenseins das Leben angenehm.
„Wir kochen sogar manchmal gemeinsam zu
unserem Vergnügen Speisen aus unserer Heimat. Einer der Brüder bäckt Brot. Regelmäßig
kochen wir auch für die griechisch-orthodoxen
Mönche der Grabeskirche. Wir bieten ihnen Pizza oder auch süßes Gebäck an”, erläutert Bruder Zacheusz. „Sie versorgen uns dafür manchmal mit Schokolade oder einer Nachspeise!”
Das Verhältnis
zu den anderen Konfessionen
Was die Beziehungen zu den anderen christlichen Konfessionen in der Grabeskirche betrifft,
gehen die Meinungen der Brüder je nach ihrem
Alter etwas auseinander. „Im Großen und Ganzen sind sie mit ihren Aufgaben voll beschäftigt
und wir mit den unsrigen” , sagt Bruder John.
„Es hängt von der Zeit, den Oberen und von
den Menschen selber ab. Die Beziehungen sind
mehr oder weniger herzlich, aber immer korrekt.” „Man darf nie vergessen, dass wir nicht
Die Dachterrasse des Franziskanerkonvents bei der Grabeskirche.
© R. Wagner
15
IM LAND DES HERRN
die gleiche Sprache sprechen”, bemerkt Bruder
Kazimierz, „Es sind darum die kleinen Gesten,
die die Qualität der Beziehungen verraten. Einer
der griechischen Mönche hat mir eine kleine
Ikone geschenkt, ein anderer hat zum Beispiel
die Pilger um Ruhe bei unserer Messe auf Kalvaria gebeten.”
Trotzdem ist der Mentalitätsunterschied eine
Realität und eine gewisse Distanz besteht
immer. Bruder Giuseppe Gaffurini sieht es
anders: „Wenn man die verschiedenen Konfessionen hier beten sieht, wird man an das prophetische Wort des Jesaja (Jes 56,7) erinnert:
,Denn mein Haus wird ein Haus des Gebetes für
alle Völker genannt.’ Wenn die Kopten während unserer Messe oder die Armenier während
unserer Prozession lautstark singen, so ist es
offenkundig schwierig, sich zu sammeln. Aber
das ist auch schön. An einem Samstag der Fastenzeit sah ich einmal den Einzug aller Patriarchen und ihre Liturgien. Ohne sich zu kreuzen,
betete jeder getrennt, aber alle zusammen.”
Die Hilfe von außen
Auch wenn das Leben der Brüder im Konvent der Grabeskirche keineswegs Erholung
ist, so erhalten sie doch große Unterstützung
von außen. Die erste Aufgabe der Kustodie ist
und bleibt die Betreuung der heiligen Stätten,
wie es die Bulle von Papst Clemens VI. (1342)
besagt, die in der Sakristei hängt. Zum Beichtdienst der Franziskaner in der Grabeskirche
kommen Priester von außen zur Hilfe. Die tägliche Prozession durch die Basilika unterstützen die Studenten des Seminars. Zur feierlichen
Messe am Morgen vor dem Heiligen Grab und
auch zur Prozession kommen immer zwei Brüder, die sich für diesen Dienst von ihren anderen Verpflichtungen frei machen, ein Organist
(meist ist es Bruder Petrus Schüler, Mitglied der
deutschen Franziskanerprovinz, z. Z. im Dienst
der Kustodie) und ein Sänger. An den Festtagen
helfen Arbeiter der Kustodie, die Teppiche vor
dem Heiligen Grab für das feierliche Amt in der
Frühe auszulegen, die Bänke für die Pilger aufzustellen und die Bücher für die Liturgie vorzubereiten.
Ganz gleich, ob die Brüder selbst den Konvent
im Heiligen Grab gewählt haben oder ob sie von
der Kustodie dorthin geschickt wurden, auch
wenn sie manchmal unter dem Leben, das durch
diesen Ort geprägt wird, etwas leiden, sie sind
sich doch der Besonderheit des Heiligen Grabes
bewusst.
Es ist der heiligste Ort der Christenheit. Hier
wurde Jesus Christus gekreuzigt und begraben,
hier ist er auferstanden. Hier hat er seine Sendung vollendet. Hier haben die Jünger und die
Frauen den Verlust ihres Meisters drei Tage
erfahren. Mit der Auferstehung ist die Hoffnung
und das Leben wieder zurückgekehrt. Ohne die
Auferstehung gäbe es das Christentum nicht.
Hier leben zu dürfen oder hierher als Pilger zu
kommen, ist eine Gnade, die uns, erfüllt mit
Freude, leben lässt.
Die Übersetzung aus „La Terre Sainte”,
Nr. 640 (2015) besorgte P. Raynald Wagner
Ein Traktor auf dem Weg in die Grabeskirche.
© CTS
16
Alphons Ratisbonne
Gottfried Egger OFM
Alphons Ratisbonne
Ein Elsässischer Jude wird Ordensgründer im Heiligen Land (2)
D
ie Gnadenstunde in Rom, in der Ratisbonne von einem Saulus zum Paulus geworden ist, geschah am 20. Jänner 1842. Er selbst
beschreibt sie folgendermaßen:
„Die Kirche St. Andrea ist klein, schmucklos und
wenig besucht … Ich glaube nicht, dass außer
mir sich jemand in der Kirche befand. Gegenstände der Kunst gab es keine zu bewundern.
Mechanisch ließ ich den Blick umherschweifen,
ohne bei irgendetwas zu verweilen. Ich erinnere mich nur, dass ein schwarzer Hund vor
mir herlief. Bald darauf aber verschwanden
der Hund und die ganze Kirche. Ich sah nichts
mehr … oder vielmehr, oh mein Gott! Ich sah
nur noch eines! Wie wäre es möglich, dies eine
in Worte auszudrücken? Nein, die menschliche
Sprache hat keine Worte, das auszusprechen,
was unaussprechlich ist. Jedwede Beschreibung, so erhaben sie auch sein mag, wäre eine
Entweihung der unaussprechlichen Wahrheit.
Ich lag da, niedergeworfen, in Tränen gebadet,
ganz außer mir, als Herr de Bussières mich zum
Leben zurückrief. – Auf seine sich überstürzenden Fragen konnte ich keine Antwort geben,
ergriff aber endlich die Medaille, die auf meiner
Brust hing, und küsste mit Innigkeit das Bild der
gnadenstrahlenden Jungfrau … O, ja, sie war es
selbst gewesen.”
Der Gnadenaltar in St. Andrea del Fratte in Rom, vor dem Alphons seine Gnadenstunde erlebte.
© G. Egger
17
IM LAND DES HERRN
Die Marienerscheinung in Rom
Die Gottesmutter war ihm in jener Gestalt
erschienen, die auf der Wunderbaren Medaille
aufgeprägt ist. Er gestand bestürzt und ergriffen
seinem Begleiter: „Sie hat mir (bei ihrer Erscheinung) nichts gesagt, aber ich habe von da an
alles verstanden.”
Bussières berichtet, wie er Ratisbonne in diesem Moment erlebte: „In der Kirche sah ich
Ratisbonne in einer zutiefst andächtigen Haltung vor der Kapelle des hl. Michael und des hl.
Raphael knien. Ich trat zu ihm und schüttelte
ihn mehrfach, doch er merkte gar nicht, dass
ich da war. Schließlich wandte er mir sein tränennasses Gesicht zu und faltete die Hände und
sagte: ,… Ich bin glücklich! Welche Fülle der
Gnade und des Glücks für mich! Wie gütig ist
Gott! Und wie unglücklich sind diejenigen, die
das nicht wissen … Bringen sie mich zu einem
Beichtvater. Wann kann ich die Taufe empfangen, ohne die ich nicht länger leben kann?’”
Taufe und Firmung
Kurz darauf empfing der Neubekehrte die Taufe. Dies war am 31. Jänner 1842 bei den Jesuiten
in der Kirche „Gesu”. Unter Anteilnahme vieler
Menschen empfing Ratisbonne die Taufe, dazu
bat er, auf den Namen „Maria” getauft zu wer-
den. Fortan nannte er sich nur noch mit diesem Doppelnamen Alphons Maria. An die Taufe schloss sich sogleich die Firmung und die hl.
Kommunion an.
Nun brach er mit den früheren Plänen, auch mit
der geplanten Vermählung seiner Nichte Flora
Ratisbonne. Er schrieb ihr einen langen Brief
und erklärte, dass er wegen seiner Bekehrung
zum katholischen Glauben nicht mehr zu seinem Versprechen stehen könnte. Er teilte ihr
dann in einem weiteren Brief mit, dass er wie
sein Bruder Theodor katholischer Priester werden möchte. Ihr versprach er, sie weiter wie
eine Schwester zu lieben und viel für sie zu
beten.
Bei den Jesuiten
Nach einer Zeit der Zurückgezogenheit, wo
er noch mehr Klarheit für seinen weiteren
Weg empfangen konnte, teilte er Pfarrer Desgenettes mit: „Meine Familie hat mir nun volle
Freiheit zugestanden. So will ich diese meine
Freiheit ganz dem Dienste Gottes weihen. Ich
opfere ihm fortan mein ganzes Leben, um der
Kirche und meinen jüdischen Brüdern unter
dem Patronat der seligsten Jungfrau Maria zu
dienen.”
Am 20. Juni 1842 trat er in das Noviziat der
Jesuiten in Toulouse ein. Anschließend studierte er in Laval Theologie und wurde dann 1848
zum Priester geweiht. Nach segensreichem Wirken im Jesuitenorden erkannte er, dass er den
Orden verlassen sollte, um sich ganz der Sorge
um das Heil seiner Glaubensgeschwister zu widmen. Er bekam im Einvernehmen mit Papst Pius
IX. und seinen Ordensvorgesetzten die Erlaubnis dazu.
Sein Bruder Theodor hatte inzwischen 1843 mit
der Gründung einer Kongregation zu Ehren
Unserer Lieben Frau von Sion begonnen. Die
Schwestern sollten sich besonders dem Sühnegebet und der Erziehung junger Mädchen, ins-
Vorder- und Rückseite der Wunderbaren Medaille.
© R. Wagner
18
Alphons Ratisbonne
Alphons Ratisbonne
besondere der Neubekehrten, widmen. Alphons
Maria, der seinen Bruder für diese Gründung
inspiriert hatte, fühlte sich selbst dazu berufen,
diese Kongregation vor allem im Heiligen Land
zu verbreiten.
Im Heiligen Land
Am 12. September 1855 betrat P. Alphons Maria
das erste Mal in seinem Leben das Heilige Land.
Unter größten Schwierigkeiten gründete er
drei Häuser für die Schwestern Unserer Lieben
Frau von Sion, wie sich die von ihm gegründete Schwesternkongregation nannte. Das erste
Haus war an der Via Dolorosa, beim sog. EcceHomo-Bogen , wo der Kreuzweg beginnt, ein
Haus für jüdische Waisenkinder. Weiter folgte
das Haus St. Peter, das als Lehrwerkstätte für
jüdische Buben gedacht war und schließlich ein
weiteres Haus in Ain Karem, am Ort der Begegnung zwischen Maria und ihrer Verwandten Elisabeth. Dieses Haus im pittoresken Dörfchen
am Stadtrand in den Bergen Judäas gelegen,
plante er als Erholungsstätte für kranke und
betagte Schwestern.
Über die Anfänge der jungen Kongregation
berichtet er selbst: „Es sind schon sechs Jahre
her, dass ich ins Heilige Land zog, dem Scheine nach als Pilger, in Wirklichkeit aber mit der
längst gefassten Absicht, dort ein Genugtuungswerk der Töchter von Sion zu stiften. Als ich
Paris verließ, besaß ich nur gerade die zur Reise benötigten Mittel, aber ich reiste ab in dem
innigen Vertrauen, dass Gott das Werk wolle,
dessen Plan er mir ins Herz gesenkt hatte und
dass seine göttliche Vorsehung mir zu Hilfe
kommen werde.”
(Fortsetzung in der nächsten Nummer)
Die pittoreske Lage der von Alphons gegründeten Erholungsstätte bei Ain Karem.
© G. Egger
19
Pesach
Bernardin R. Höhn
Pesach in Jerusalem
Der 12-jährige Jesus im Tempel
D
er Text, der diesem Beitrag zugrunde liegt,
ist Lukas 2,41 bis 47, die Erzählung vom
12-jährigen Jesus im Tempel, oder „Jesus unter
den Lehrern”, wie der Abschnitt auch genannt
wird.
Die Erzählung ist Sondergut des Lukasevangeliums. Auch wenn sie zuerst Christusverkündigung der frühen Kirche ist und nicht historischer Bericht, spricht nichts dagegen, den Text
einmal näher zu betrachten im Blick auf das,
was er uns über den historischen Jesus und seine religiöse Lebenswelt berichten kann.
Das Gebot zur Wallfahrt
Unser Text beginnt mit der Information, dass
die Eltern Jesu jedes Jahr zum Paschafest, hebräisch pesach, nach Jerusalem gingen. Die Verpflichtung zur Pilgerschaft nach Jerusalem zum
„Fest der ungesäuerten Brote” (pesach) , zum
„Wochenfest” (schawuot) und zum „Laubhüttenfest” (sukkot) gründet auf einem alttestamentlichen Gebot, das in drei Texten (Ex 23,14–17;
34,18–23; Dtn 16,16–17) überliefert ist.
Zur genauen Beobachtung des Gebotes waren
aber nur Juden verpflichtet, die im Umkreis
Der 12-jährige Jesus im Tempel unter den Lehrern.
Aus: B. Ricci, Vita D. N. Jesu Christi, 1607. Bibliothek St. Anna, München.
20
Pesach
Pesach
einer Tagesreise von Jerusalem wohnten. Wer
weiter entfernt lebte, tat dem Gesetz schon mit
einer Wallfahrt pro Jahr genüge. Für Juden aus
der Diaspora erachtete man eine gelegentliche,
wenigstens aber eine Wallfahrt im Leben, als
ausreichend.
Für die Galiläer galt die Bestimmung einer
Wallfahrt pro Jahr. Viele wählten dafür pesach,
so auch die Eltern Jesu, wie Vers 41 zu entnehmen ist: „Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr
zum Paschafest nach Jerusalem.” Eine dreimalige Wallfahrt wäre aus ökonomischen Gründen schwierig gewesen, denn das hätte fünf
bis sechs Wochen Abwesenheit von zu Hause
bedeutet.
Über die zur Wallfahrt verpflichteten Personen
informiert uns die Mischna (Chagiga 1,1). Dort
heißt es: „Alle sind zum Erscheinen (in Jerusalem) verpflichtet, ausgenommen …” „Alle”
bedeutet hier, wie immer, wenn es um religiöse
Pflichten geht, alle Männer. Ausgenommen sind
also Frauen, Alte, physisch und psychisch Kranke, kleine Kinder und Sklaven.
Das Alter Jesu
Kurz soll hier auf die Frage eingegangen werden, welche Bedeutung die in Vers 42 gemachte
Altersangabe hat: „Als er zwölf Jahre alt geworden war …” Manche christliche Kenner des
Judentums kommen bei dieser Information zu
einer heute naheliegenden, aber nicht zutreffenden Interpretation der Stelle. So z. B. der
Franziskaner W. Pax, der schreibt: „Jesus nahm
an den Wallfahrten teil. Als er zwölf Jahre alt
wurde, wurde sie, wie es auch heutzutage vielfach üblich ist, mit der Feier der ,Bar Mitzwah’
verbunden, bei der ein jüdischer Junge religiös
mündig wird.” („Jesus im Jerusalem”, 33)
Diese Deutung des 12-jährigen Jesus als Bar
Mitzwah (Sohn des Gebotes) scheitert aber an
der Tatsache, dass sie anachronistisch ist. Eine
Bar Mitzwah-Feier ist für die damalige Zeit nicht
nachzuweisen, der Brauch entstand erst im
14. Jahrhundert bei den Juden in Deutschland.
Zur Altersangabe lässt sich also sagen, dass
Jesus damit in der Lebensphase war, in der er
vom Vater an die Beobachtung der religiösen
Gebote herangeführt wurde, zu der er ab dem
13. Lebensjahr verpflichtet war.
Die Pilger
Die Jerusalem-Wallfahrer reisten gewöhnlich in
Gruppen, die oft aus Großfamilien (vgl. V. 44b:
„dann suchten sie ihn bei den Verwandten und
Bekannten” ) oder Dorfgemeinschaften bestanden. Dies geschah vor allem zum Schutz vor
Räuberbanden und Wegelagerern. Die Wege
waren unsicher, denn die Pilger trugen Spendengelder mit sich, eine lohnende Beute.
Die Mehrzahl der Pilger machte die Reise zu
Fuß, was als besonders verdienstvoll galt. Manche benutzten auch einen Esel als Reittier, selten hingegen war der Gebrauch eines Wagens.
Für die Reisegeschwindigkeit galt die Regel, je
größer die Pilgergruppe, desto langsamer das
Fortkommen. Das Tempo hing aber auch von
der Jahreszeit ab. Während der heißen Sommermonate war nur am frühen Morgen und am
späten Nachmittag Reisezeit. Die Tagesleistung
in dieser Zeit war ca. 13 km. Zu pesach, im klimatisch günstigen Frühling, rechnete man für
eine Gruppe mit Frauen und Kindern eine
Tagesstrecke von 20 bis 30 km. Nach Josephus (Vita 52) konnte ein eilig Reisender die
ca. 100 km von der Südgrenze Galiläas bis nach
Jerusalem auf direktem Wege durch Samaria in
drei Tagen zurücklegen.
Die Gruppen waren auch nicht ständig geschlossen unterwegs, da nicht alle Pilger gleich
schnell gingen. Man traf sich erst am späten
Nach mittag wieder an dem Ort, der für das
Nachtlager vorgesehen war. So ist es nicht verwunderlich, dass Jesu Eltern meinten, „er sei
irgendwo in der Pilgergruppe” , und erst am
21
IM LAND DES HERRN
Ende der Tagesstrecke feststellten, dass er vermisst wird.
Bei all dem ist immer zu berücksichtigen, dass
das Reisen in jener Zeit mit vielen Strapazen
verbunden war. Die Straßen und Wege waren
steinig und staubig, nicht selten begleiteten
Hunger und Durst sowie ungünstige Wetterbedingungen die Pilger. Auch die Nachtquartiere
waren oft nicht komfortabel.
Abschließend sei noch erwähnt, dass die Strecke von Nazareth nach Jerusalem ca. 135 km
beträgt, was wenigstens vier Tage Wanderung
mit drei Übernachtungen bedeutete.
Die Pilgerwege
Über den Weg, den die Pilgergruppe, der Jesus
angehörte, nach Jerusalem genommen hat, sagt
unser Evangelientext nichts. Wir wissen aber,
dass es für die Galiläer drei Wege in die heilige
Stadt gab.
Einmal den westlichen Weg, der durch die
Scharonebene, der Küste entlang, über Antipatris (Afek) nach Jerusalem ging. Dann den
östlichen Weg, der durch die Jordansenke über
Jericho führte. Schließlich noch den mittleren
Weg, der durch Samaria über Sebaste verlief.
Die kürzeste Verbindung nach Jerusalem war
der Weg, der durch Samaria führte. Bei Josephus lesen wir: „Die Galiläer, die zu den Festen
nach Jerusalem zogen, pflegten ihren Weg
durch Samaria zu nehmen.” (Ant XX 6,1) Diese
Route hatte den Vorteil, dass sie immer durch
besiedeltes Gebiet führte. Das bot einen gewissen Schutz vor Überfällen, zudem waren Verpflegung und Unterkunft leichter zu finden.
Für die frommen Juden stellte die Durchquerung von Samaria aber insofern ein Problem
dar, als sie dort der Gefahr der religiösen Verunreinigung ausgesetzt waren. Aufgrund einer
alten Animosität kam es auch immer wieder zu
Streitigkeiten zwischen galiläischen Pilgern und
Samaritern. So berichtete Josephus: „Bei dem
Dorfe Gema (Ginaea) … war einer der vielen
nach Jerusalem zum Fest reisenden Juden, ein
Galiläer, ermordet worden” (Bell Jud II 12,3).
Aus diesem Mord entstand unter den Juden ein
Aufruhr, den schließlich römische Reitertruppen befrieden mussten.
Die christliche Tradition kennt bezüglich der
Pilgerrouten zwei Orte, die im Zusammenhang
mit unserem Text stehen. Da ist einmal das
Dorf Dschifna (Jifna), südöstlich von Bir Zeit.
Nach örtlicher Tradition soll die heilige Familie auf ihrem Weg nach und von Jerusalem hier
vorbei gekommen sein. Der andere Ort ist alBire, heute ein Teil von Ramallah. Dort soll die
erste Station der Pilger auf der Rückreise gewesen sein, an der die Eltern Jesus vermissten.
„Im Tempel“
Nach der Festwoche, die der Evangelist übergeht, begegnen wir Jesus „im Tempel”. Wo
genau, wird nicht gesagt. So lag es nahe, die
Szene in einer der Wandelhallen, die das Heiligtum umgaben, anzusiedeln.
Moschee und Ruinen der byzantinischen Kirche in al-Bire.
© T. Vuk
22
Pesach
Pesach
Aber auch in diesem Fall ermöglichen uns
Archäologie und schriftliche Überlieferungen
eine nähere Ortsbestimmung. Konkret handelt
es sich um die Ausgrabungen südlich des Tempelberges in den Jahren 1968 bis 1974 und um
Texte aus der Mischna und Tosefta.
Bei den Ausgrabungen wurde ein ca. 6 m breiter, erhöht angelegter Weg freigelegt, der entlang der Südmauer des Tempels verläuft. An
diesem Weg entdeckte man, im Abstand von
70 Metern, die beiden Hulda-Tore, von denen
die Mischna (Middot 1,3) berichtet. Vom Sammelplatz der Pilger, der vor der Südmauer lag,
führen zwei Treppen zu diesem Weg hinauf. Die
linke (westliche) Treppe ist 64 m breit, die rechte (östliche) nur ca. 20 m. Zwischen den Treppen stand ein niederes Gebäude, das vermutlich dem Sanhedrin (Hohen Rat) als Versammlungsraum diente. Man schließt das aus zwei
Fragmenten einer Inschrift, auf denen nur noch
die Endung „~ - nim” zu lesen ist, die dem Wort
„zekenim” (Älteste) zugeordnet wird.
Steigt man die Treppen hinauf, so führt die
linke zum größeren „Doppeltor”, die rechte
zum „Dreifachtor”. Nach der Mischna (Middot
1,3) dienten die Tore als Ein- und Ausgang zum
Tempel. Hinter den Toren lagen Treppen, die
unterirdisch auf die Tempelplattform hinauf,
bzw. von dieser wieder herunter, führten. Die
Mischna (Middot 2,2) überliefert weiter, dass
die Pilger durch das rechte Tor zur Tempelplattform hinauf stiegen, um sie später über die linke Treppe und das „Doppeltor” wieder zu verlassen.
Hinweise in jüdischen Quellen legen nahe,
dass die Treppen vor dem Tempel auch als Versammlungsort von Gelehrten dienten. So wird
in der Tosefta (Sanhedrin 2,6) von einem Ereig-
Die Ausgrabungen an der südlichen Mauer des Tempelplatzes mit den Hulda-Toren.
© R. Wagner.
23
IM LAND DES HERRN
dem christlichen Leser ungewöhnlich. Man
zieht daraus dann schnell den Schluss, dass
Jesus schon als Knabe mit übernatürlichem
Wissen begabt und den jüdischen Lehrern deshalb auch überlegen war. Gleiches denkt auch
Schalom Ben-Chorin, der in seinem Jesusbuch
schreibt: „Er [Jesus] tritt vielmehr als der von
Gott selbst Inspirierte auf, der schon als Knabe
den Schriftgelehrten überlegen ist.”
Dazu ist zunächst anzumerken, dass der Text
eine solche Interpretation nicht hergibt. Nirgends wird gesagt, dass Jesus den Lehrern
überlegen war. Und im Kontext der damaligen
Zeit war es auch keineswegs erstaunlich, dass
ein 12-jähriger Knabe es wagte, sich unter die
Gelehrten zu setzen, um mit ihnen zu diskutieren, wie wir gleich erfahren werden.
Um die Szene richtig zu verstehen, müssen wir
einen Blick auf die religiöse Bildung der jüdischen Knaben in jener Zeit werfen. Das „Lernen”, d. h. das religiöse Studium, war im Judentum schon immer ein hohes Ideal, zu dem jeder
nis gesprochen, bei dem Rabbi Gamaliel und
die Ältesten auf den Treppen des Tempelberges
saßen. Und an anderer Stelle (2,2) wird gesagt,
dass Rabbi Gamaliel und die Ältesten am oberen Ende der Treppe zum Tempelberg standen.
Offenbar war also hier der Ort, an dem sich die
Gesetzeslehrer trafen, sich berieten und debattierten.
Aufgrund dieser Erkenntnisse kann man davon
ausgehen, dass Jesus hier, auf einer der Treppen vor dem Tempel, unter den „Lehrern”
(Ältesten) saß, als die Eltern ihn „nach drei
Tagen fanden”.
Jesus und die Lehrer
Das Geschehen, um das es nun geht, beschreibt
Lukas (2,46) so: „Er (Jesus) saß mitten unter den
Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen.”
Dass sich ein 12-jähriger Junge unter die Gelehrten setzt und mit ihnen diskutiert, erscheint
Mann verpflichtet ist. Dabei hat der Vater die
Grundelemente der religiösen Bildung an den
Sohn weiter zu geben. In einem Text heißt es:
„Sobald der Knabe zu sprechen beginnt, spricht
der Vater mit ihm die heilige Sprache und lehrt
ihn die Thora.”
Der häuslichen Schulung folgte eine öffentliche Schule, die es seit der ersten Hälfte des
1. Jh. v. Chr. gab. Der allgemeine Schulbe-
Das „Dreifachtor“ zur Tempelplattform. © R. Wagner (oben)
Rekonstruktion der Südmauer des Tempelplatzes (unten).
24
Pesach
Pesach
kam es, dass ich schon als Knabe von etwa
14 Jahren meiner Wissbegierde wegen von
jedermann gelobt wurde und dass selbst
die Hohenpriester und Vornehmen der
Stadt mich besuchten, um eine gründliche
Auslegung des Gesetzes von mir zu erfahren.” (Vita 2)
In der Mischna (Abot 4,20) lesen wir dazu:
„Und wer von den Alten lernt, wem gleicht
er? Einem der reife Trauben isst und alten
Wein trinkt. Rabbi (Jehuda haNasi) sagte: Schaue nicht auf den Krug, sondern
auf das, was darin ist; es mag einen neuen (Krug) geben, der voll alten Weins ist,
und einen alten, in dem noch nicht einmal
Wein ist.”
Jesus war kein „Wunderkind“
such scheint sich aber erst ab der Mitte des
2. Jh. n. Chr. durchgesetzt zu haben. Was das
Alter betrifft, so haben die Knaben die Schule
mit sechs oder sieben Jahren begonnen.
Es lässt sich also sagen, dass ein Junge aus
einer religiösen Familie, wie Jesus es war, mit
zwölf Jahren schon über eine gewisse religiöse Bildung verfügte. Diese Bildung ermöglichte
es ihm auch, an den Lehrgesprächen und Diskussionen teilzunehmen, die von Anfang an
zum Schulbetrieb gehörten. Der israelische
Schriftsteller Amos Oz bemerkt dazu: „Jüdische
Gelehrsamkeit war – und ist noch immer – mit
Begeisterung streitlustig.” Ein wesentliches Element dieser Streitkultur war und ist, dass die
Schüler den Lehrern Fragen stellen.
Im Text (2,47) heißt es dann: „Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und
über seine Antworten.” Schüler, die, obwohl
sie noch jung an Jahren waren, über ein großes
Wissen verfügten, waren nicht selten. Ein Beispiel ist Flavius Josephus (37 bis 100 n. Chr.),
der jüdische Historiker, der in seiner Autobiographie ohne jede Bescheidenheit schreibt: „So
Zusammenfassend kann man sagen, dass die
Begegnung Jesu mit den Lehrern nach jüdischer
Lesart durchaus nicht ungewöhnlich ist. Derartige Gespräche, die auch sehr kontrovers sein
können, gehörten und gehören zur religiösen
Bildung der heranwachsenden Knaben.
Jesus war also kein „Wunderkind” und er verfügte auch nicht über besondere göttliche
Gaben, die ihn schon als Knaben von seiner
Umgebung abgehoben hätten, wie wir etwa im
apokryphen Thomasevangelium lesen. Er verfügte mit zwölf Jahren offenbar über ein überdurchschnittliches, aber nicht übernatürliches
religiöses Wissen.
Abschließend sei noch der jüdische Religionswissenschaftler David Flusser zitiert, der in seiner Monographie „Jesus” schreibt: „Die Anekdote bei Lukas über den Knaben Jesus steht nicht
im Gegensatz zu dem, was wir sonst über die
jüdische Bildung Jesu wissen. … Er war sowohl
in den heiligen Schriften als auch in der mündlichen Lehre zu Hause und konnte mit diesem
Lehrgut frei schalten. Die jüdische Bildung Jesu
war unvergleichlich höher als die des Paulus.”
Der 12-jährige Jesus im Gespräch mit jüdischen Gesetzeslehrern.
Aus dem Deckenzyklus in Zillis.
© R. Wagner
25
Lazarus
Petrus Schüler OFM
Das „zweite“ Grab des Lazarus
I
n Betanien wird seit alters das Lazarusgrab
verehrt. Betanien liegt an der Straße, die von
Jerusalem in östlicher Richtung um den Ölberg
herum in die Jordansenke hinunter nach Jericho und zum Toten Meer führt. Heute allerdings
ist diese Straße durch die Mauer versperrt, die
Israel von den palästinensischen Gebieten
trennt. Während es früher selbstverständlich
war, dass die meisten christlichen Pilgergruppen diesem biblischen Heiligtum einen Besuch
abstatteten, ist es heute hier ruhig geworden.
Viele Gruppen scheuen den kilometerweiten
Umweg, den man machen muss, um den Ort
zu erreichen. Die Franziskaner der Kustodie
machen jedes Jahr zusammen mit einer Schar
einheimischer Christen am Samstag vor dem
Passionssonntag eine Wallfahrt nach Betanien,
um der biblischen Ereignisse zu gedenken, die
mit diesem Ort verbunden sind.
Die Auferweckung des toten Lazarus. Im arabischen Namen des Ortes El Azarijeh ist übrigens
der Name Lazarus enthalten. Außerdem lokalisiert das Johannesevangelium auch jenes Mal
sechs Tage vor dem Paschafest, bei dem Marta
bediente und Maria mit einem Pfund echtem,
Das erste Grab des Lazarus
Dieses Betanien (es gibt noch ein anderes jenseits des Jordan, vgl. Joh 1,28) war die Heimat
von Maria, Marta und Lazarus, in deren Haus
Jesus und seine Jünger verschiedentlich gastliche Aufnahme fanden. Hier in Betanien war es
auch, wo nach dem Johannesevangelium (11,1–45)
Jesus sein spektakulärstes Wunder gewirkt hat:
Die Treppe zum Lazarusgrab in Betanien.
© T. Vuk
26
Lazarus
Lazarus
kostbarem Nardenöl Jesus die Füße salbte, um
auf seinen nahen Tod zu verweisen (Jo 12,1–8),
in Betanien. Die Lazaruskirche der Franziskaner und das Lazarusgrab in unmittelbarer Nähe
(heute in muslimischem Besitz) erinnern an diese
biblischen Geschehnisse.
Das zweite Leben des Lazarus
Manch einer wird sich vielleicht schon gefragt
haben, wie das Leben des Lazarus nach dieser
Rückkehr in das irdische Leben weitergegangen ist. Die Bibel berichtet uns darüber nichts.
Legenden haben allerdings diese Lücke reichlich ausgeschmückt. Wenn auch das, was da
über das weitere Leben des Lazarus berichtet
wird, nicht historisch sein dürfte, eines muss
dennoch wirklich geschehen sein. Lazarus hatte
das traurige Schicksal, ein zweites Mal sterben
zu müssen. Denn das Leben, das Lazarus durch
dieses Wunder der Totenerweckung erhielt,
war ja nicht von der Art, für die es nach Johannes Symbol war: ewiges Leben. Es ist darum
nicht verwunderlich, wenn neben dem Lazarusgrab in Betanien noch andere Lazarusgräber
gezeigt und verehrt werden. Und in der Tat, es
gibt Gräber, die mit diesem zweiten Tod des
Lazarus in Verbindung gebracht werden.
Die Andreas-Kirche in Jericho
Eines davon findet sich in Jericho. Dort gibt es
die koptische St. Andreas-Kirche. Die koptischorthodoxe Gemeinde hatte hier 1935 die Ruinen
einer alten byzantinischen Kirche erworben, die
über einer Nekropole errichtet worden war. Es
ist naheliegend, dass bei den Grabungen eine
Menge Gräber gefunden wurden, von denen
einige in den neuen Kirchenraum integriert
wurden. Eines wurde kurzerhand zum Grab des
Lazarus gemacht – allerdings ohne jeden historischen Hintergrund. Wer aber bei einem Besuch
Jerichos genug Zeit hat, dem sei der Besuch
dieser Kirche schon allein wegen der Gastfreundschaft des dortigen Priesters empfohlen.
Darüber hinaus kann man ein byzantinisches
Die Auferweckung des Lazarus.
Mosaik in der Lazarus-Kirche in Betanien.
© R. Wagner
27
IM LAND DES HERRN
Mosaik bewundern, das eingehend auf der Webseite des franziskanischen „Studium Biblicum
Franciscanum” beschrieben ist.
Lazarus in Zypern
Eine wesentlich lohnendere Spur, was das spätere Leben des Lazarus angeht, führt auf die
Insel Zypern, in die Stadt Larnaca – das antike Kition. Schon immer hatte diese Insel eine
Art „Brückenfunktion” zwischen Europa und
dem vorderasiatischen Raum gespielt. Die örtliche Überlieferung erzählt, dass Lazarus von
den Aposteln Barnabas und Paulus zum Bischof
von Larnaka ernannt wurde und dass er dieses Amt bis zu seinem Tode in Larnaca ausübte. Über sein Wirken als Bischof schweigt sich
die Geschichte aus; jedoch gibt es zahlreiche
Legenden. Eine davon soll der Anschaulichkeit
wegen hier erwähnt werden:
Der heutige Besucher Larnacas kommt fast aus-
schließlich mit dem Flugzeug auf die Insel. Der
Flughafen liegt am Meer, nahe Larnaca. Auf
dem Weg in die Stadt passiert man einige flache Salzseen. Nach dieser Legende waren diese Seen früher ein großes Weinanbaugebiet
und Lazarus, der als durstiger Wanderer vorbei
kam, bat den Besitzer um einige Trauben. Der
Besitzer jedoch verweigerte ihm dies, obwohl
ein Korb Trauben zu seinen Füßen stand. Lazarus wies auf den vollen Korb, der Eigentümer
jedoch entgegnete ihm, dass es Salz sei. Daraufhin hätte Lazarus die Weinfelder in Salzseen
verwandelt.
Lazarus auf dem Weg
in den Westen
Über dieser volkstümlichen Legende soll aber
nicht vergessen werden, dass Lazarus hier auf
Zypern eine große Verehrung erfuhr, die sich
bis heute fortsetzt. Im Jahre 890 wird sein
Die koptische Andreas-Kirche in Jericho.
© P. Schüler
28
Lazarus
Lazarus
Leichnam in einem Sarg aus Marmor wiedergefunden, welcher die Worte ΦΙΛΙΟU (des
Freundes) trug. Die Reliquien des Heiligen wurden erhoben und bald darauf wurden die sterblichen Überreste nach Byzanz gebracht, von wo
aus sie in der Kreuzfahrerzeit nach Frankreich
gelangten. Daraus erklärt sich die große Verehrung, die Lazarus und seinen beiden Schwestern Maria und Marta heute noch dort zuteil
wird, besonders in Marseille.
Die Lazaruskirche in Larnaca
Doch hatten die Einwohner von Larnaca etwas
von seinen Reliquien zurückbehalten und über
dem Grab eine prächtige Kirche errichtet, die
sich in vielerlei Hinsicht zum Mittelpunkt der
Stadt entwickelte: von hier aus wurden Schulen, Krankenhäuser, Friedhöfe gegründet, hier
hatte das soziale Leben seinen Mittelpunkt.
Lange bestimmte die Lazarus-Kirche auch das
Bild der Stadt von der Meeresseite aus, wenn
der heutige Glockenturm auch erst 1857 erbaut
wurde. (Wir müssen bedenken, das Zypern seit
1571 unter osmanischer Herrschaft stand und
es verboten war, Glockentürme zu errichten.)
Jedoch blockieren seit den 70er Jahren riesige
Hotelanlagen am Strand jegliche Sicht auf die
Stadt.
1972 wurden Grabungen in der Kirche gemacht
und man fand tief unter dem Altar wieder einen
marmornen Sarg mit gleicher Inschrift und
in diesem eine kleine Holzkiste mit den vermeintlichen Reliquien. Dieses Kistchen kann
man heute im benachbarten „Byzantinischen
Museum” ausgestellt sehen, ein Museum, welches eine große Ikonen-Ausstellung und den
Kirchenschatz beherbergt. Die Reliquien jedoch
befinden sich in der Kirche und erfreuen sich
einer lebendigen Verehrung. In der unter dem
Altar angelegten Krypta findet man ständig
Menschen im Gebet, wie auch oben in der Kirche. Verehrung findet dort besonders ein kleines Stück des Schädelknochens des Lazarus.
Einzigartig ist die prächtige Ikonostase, die auf
der Insel einmalig ist. 129 Ikonen schmücken
das Meisterwerk und wer etwas Geduld und
Zeit mitbringt, entdeckt dazwischen zahlreiche
Schnitzereien mit österlichen Motiven. Bemerkenswert ist auch, dass die Lazaruskirche ein-
Ein byzantinisches Mosaik in der Andreas-Kirche in Jericho (unten).
Ikone von der Auferweckung des Lazarus in der Lazarus-Kirche in Larnaca (oben).
© P. Schüler
29
IM LAND DES HERRN
mal eine Kirche mit drei Kuppeln war, deren
Ansätze noch zu erkennen sind.
Die Grabeskirche
des heiligen Barnabas
Eine weitere ähnliche Kirche hat sich in Nordzypern erhalten, nämlich die Grabeskirche des
Apostels Barnabas bei Salamina. Sie wird nicht
mehr als Kirche benutzt, aber durch ihre Funktion als Ikonenmuseum hat sie nichts von ihrer
einstigen Schönheit eingebüßt. Und ein weiterer Aspekt soll ausdrücklich an dieser Stelle
erwähnt werden: seit einigen Jahren ist es den
Christen des griechischen Teils Zyperns wieder erlaubt, Wallfahrten zum Grab des Apostels Barnabas im türkischen Teil der Insel zu
machen. Im Gegenzug dürfen Moslems aus dem
nördlichen Teil der Insel ihr Heiligtum Hala-Sultan-Tekke, eine Moschee an den oben schon
erwähnten Salzseen nahe Larnaca, besuchen,
ein wichtiges islamisches Heiligtum, in dem das
Grab einer Tante des Propheten Mohammeds
verehrt wird.
Die Franziskaner auf Zypern
Nun zählt die Insel Zypern im strengen Sinne
nicht zum Heiligen Land, wenn auch die Verbindungen sehr vielfältig sind. Für uns Franziskaner sind die Beziehungen noch einmal enger,
denn bis auf eine kleine Pfarrei in Paphos (die
vom Lateinischen Patriarchat betreut wird),
stellen die Brüder der Kustodie den gesamten lateinischen Klerus der Insel. Auch hat die
Apostolische Nuntiatur, also die Vertretung
Die Lazarus-Kirche in Larnaca.
© P. Schüler
30
Lazarus
Lazarus
des Heiligen Stuhles, ihren Sitz im Kloster der
Franziskaner in Nicosia, derzeitiger Attaché ist
P. Jerzy Kray OFM. Ohne auf die vielgestaltigen
Aktivitäten der Franziskaner hier eingehen zu
wollen, kehren wir wieder zurück zum „zweiten
Grab” des Lazarus.
Zypern und besonders Larnaca hatten durch
Handel und Schifffahrt immer schon etwas
„internationales Flair” – für Nicosia blieb nur
die Rolle der politischen Hauptstadt. In dieser
weltoffenen Stadt an der Schnittstelle zwischen
Europa und dem Orient war dann etwas möglich, was man heute gut als moderne Ökumene
bezeichnen kann: 1570 erobern die Türken die
Insel und beschlagnahmen alle katholischen
Kirchen, auch die Kirche des Lazarus, die bis
dahin eine Benediktinerabtei war. Aber schon
knapp zwanzig Jahre später verkauften sie die
Kirche an die Orthodoxen, sicherten aber „den
Lateinern”, wie die Katholiken hier genannt
werden, gewisse Rechte zu: zwei Mal im Jahr,
jeweils am Fest des heiligen Lazarus wie auch
am Tag der heiligen Maria Magdalena dürfen
wir Lateiner die Kirche benutzen und die heilige
Messe feiern. Dazu wird das nördliche Seitenschiff eigens hergerichtet und ein kleiner „lateinischer” Altar errichtet, der auch heute noch
sichtbar ist – wenn denn der Vorhang im nördlichen Seitenschiff geöffnet ist. Und wenn dieses Recht auch im Jahre 1794 endete, so ist doch
auch heute noch über dem nördlichen Seitenportal weithin das Heilig-Land-Kreuz sichtbar,
selbst die hölzernen Türen tragen das gleiche
Kreuz, ohne dass es ein Stein des Anstoßes für
die griechisch orthodoxen Besitzer darstellen
würde.
„Bis jetzt wird noch die Stelle des Lazarus
gezeigt …”, so schreibt Eusebius über das Grab
des Lazarus in Betanien und Selbiges kann man
auch heute über sein zweites Grab auf Zypern
sagen – wenn dies auch der Legende zuzuordnen ist. Die entscheidende Botschaft ist bei beiden Gräbern die gleiche – Auferstehung.
Das Innere der Lazaruskirche in Larnaca (unten).
Das franziskanische Heilig-Land-Kreuz über dem Eingang der Kirche (oben).
© P. Schüler
31
Syrien
Raynald Wagner OFM
Nachrichten aus Syrien
D
ie Weihnachtstage 2015 waren für die
Franziskaner im Heiligen Land von einer
traurigen Nachricht überschattet. Wieder war
in Syrien ein Mitbruder bei seinem Einsatz für
die dortigen Christen in die Hände von Rebellen geraten. Am 23. Dezember war plötzlich
jeder Kontakt zu Bruder Dhiya Azziz abgebrochen. Niemand wusste, was mit ihm geschehen war, aber die Vermutung war nicht unbegründet und hat sich bald bestätigt, dass er
von Islamisten entführt worden war. Er hatte
dieses Schicksal bereits im Sommer erlebt, war
aber damals wieder freigekommen. Bruder
Azziz befand sich auf dem Weg in seine Pfarrgemeinde Yacoubieh im Orontestal/Syrien, einem
Gebiet, das von islamistischen Rebellen kontrolliert wird, die das Leben der Christen sehr
behindern. Er wollte dort die weihnachtlichen
Gottesdienste mit seiner Pfarrgemeinde feiern.
Er hatte sich freiwillig für die Seelsorgsarbeit in
diesem gefährlichen Gebiet gemeldet. Er befand
sich auf dem Rückweg von einem Besuch seiner
Familie in einem Flüchtlingslager in der Türkei
nach Syrien. Bruder Azziz ist Iraker und stammt
aus Mosul. Seine Familie musste in die Türkei
fliehen, als diese Stadt unter die Schreckensherrschaft des Islamischen Staates geriet.
Die Ungewissheit über das Schicksal von Bruder
Azziz dauerte bis zum 4. Jänner 2016. An diesem
Tag konnte Kustos Fr. Pierbattista Pizzaballa
die frohe Botschaft mitteilen: „Heute erhielten
Pater Dhiya Azziz OFM.
© CTS
32
Syrien
Syrien
wir die Nachricht, dass P. Dhiya Azziz befreit
worden ist. Es geht ihm gut. Wir können keine
weiteren Einzelheiten mitteilen, die vertraulich
behandelt werden müssen. Wir danken allen,
die uns geholfen haben, ihn zu befreien. P. Dhiya kann aber nicht länger in Syrien bleiben.”
Die Reaktion der Franziskaner
des Heiligen Landes
Da Pater Azziz – wohl als Forderung der Rebellen – nicht mehr in Syrien bleiben konnte, sah
sich die Leitung der Kustodie vor die Frage
gestellt, ob die Brüder diesen gefährlichen Seelsorgsdienst im syrischen Orontesgebiet noch
weiter leisten können oder sich besser zurückziehen. Der Kustos machte schnell eine Umfrage zu dieser Herausforderung, deren Ergebnis
ein sehr eindeutiges Ja ergab. Der Kustos fasste es so zusammen: „Fast alle von Euch waren
der Meinung, dass es unsere Pflicht sei, dort in
den Dörfern zu bleiben, ohne die geringe Zahl
der Pfarrkinder (etwa 400 in drei Dörfern) in
Erwägung zu ziehen und trotz der Gefahr.” So
konnte er die Entscheidung der Ordensleitung
bekanntgeben: „Im Diskretorium haben wir einstimmig beschlossen, dass es unsere Pflicht ist,
in diesen Dörfern zu bleiben, und dass wir deswegen einen anderen Bruder nach Yacoubieh
senden wollen.” Es fand sich bald ein Franziskaner, der sich dazu von sich aus bereit erklärte:
Bruder Louay Bhsarat, der bisher im seelsorglichen Einsatz in der Pfarrei in Betlehem war
und daneben ein Spezialstudium absolvierte.
Am 31. Jänner 2016 wurde er in Betlehem verabschiedet, um sich auf den Weg nach Syrien,
nach Yacoubieh, zu begeben. In einem Brief an
seine Brüder begründete Kustos P. Pizzaballa
den Entschluss so: „Die Kustodie hat nie Orte
und ihre Bevölkerung aufgegeben, die die Kirche ihrer Sorge anvertraut hat, auch nicht in
Zeiten der Gefahr. Nicht wenige unserer Märtyrer – auch in jüngster Zeit – haben in Verhältnissen ihr Leben verloren, die nicht von
Das Orontestal im Norden Syriens,
in dem sich drei von Franziskanern betreute christliche Dörfer befinden.
© H. Fürst
33
IM LAND DES HERRN
der gegenwärtigen Situation sehr verschieden
waren. Ein Hirte verlässt seine Herde nicht und
fragt nicht, ob seine Schafe es wert sind oder
nicht, ob sie zahlreich sind oder wenige. Für
den Hirten sind alle Schafe wichtig und er liebt
sie alle gleich. Das muss auch für unseren Fall
gelten. Der Hirte steht an der Frontlinie seiner
Herde. Immer. Der Bischof (gemeint der Apostolische Vikar von Aleppo, P. Abou Khazen) hat
hinzugefügt, dass unsere Dörfer im Orontestal
die einzige christliche Präsenz in dem Gebiet
darstellen, das von Rebellen kontrolliert wird.
Diese sind zu einer Art Symbol für alle Christen Syriens
geworden. Wenn sie in ihren
Dörfern bleiben, so geben sie
allen anderen ein Zeichen von
Stärke und Mut.
Wir haben noch ein weiteres, nicht weniger wichtiges
Motiv für unsere Entscheidung zu nennen. Wir sind
hier (im Heiligen Land) für
Christus da und für Seine Kirche, und aus keinem anderen
Grund. Wir sind Ordensleute
und wir gehören Ihm ... An
den heiligen Stätten präsent
34
zu sein, in einer Pfarrei zu arbeiten oder irgend einen anderen
Dienst hier zu verrichten, alles
sollte immer da rauf ausgerichtet
sein, für den Zeugnis abzulegen,
dem wir gehören. Wenn wir uns
von diesen Dörfern zurückziehen,
würde das bedeuten, dass wir den
Sinn unserer Sendung verfehlten.”
Der Kustos schloss sein Schreiben mit einer Bitte, die auch uns
angeht. „Ich lade Sie alle ein, für
ihn (Bruder Louay Bhsarat), für
seine Pfarrkinder, für alle Brüder,
die in Syrien tätig sind und für die
gesamte Bevölkerung Syriens zu beten. Möge
dieser schreckliche Krieg bald ein Ende finden!”
„Nichts wird mehr
wie vorher sein“
Zu einer Tagung im Jänner 2016 in Rom mit
dem Thema „Christen im Nahen Osten und Vertreibung” war auch der Kustos des Heiligen
Landes, P. Pierbattista Pizzaballa, eingeladen.
Er ist mit der Lage dort bestens vertraut; auch
Syrien gehört seit je her zur Kustodie des Hei-
In einem Album aus der Zeit um 1890 finden sich Fotos vom Wirken der Franziskaner im Orontestal,
damals unter friedlicheren Verhältnissen als heute: Kirche und Konvent in Knayeh (oben)
und die Kinder der dortigen Schule (unten).
Syrien
Syrien
ligen Landes. Eine stattliche Zahl der Brüder
ist dort tätig; in Aleppo hat die Kustodie zwei
Konvente, drei in Damaskus und einen in Latakia. Außerdem betreuen sie drei Pfarreien im
Norden Syriens, im Orontestal: Ghassanieh,
Yacoubieh und Knayeh. Aus seinem Vortrag bei
dieser Tagung seien nur einige Zitate mitgeteilt,
die die Lage schlaglichtartig aufleuchten lassen:
„Dieser Krieg, der neue Verhältnisse schaffen
wird, hat nicht nur die Infrastrukturen und die
Staaten zerstört, sondern auch das Vertrauen
zwischen den verschiedenen Gemeinschaften,
vor allem zwischen den Christen und der moslemischen Mehrheit. Nichts wird mehr wie vorher sein.”
„Es ist nie die Rede von den obdachlos Gewordenen, den Leuten, die ihr Haus verloren und
kein Geld mehr haben für einen Neubeginn.
Mehr als zwei Drittel aller Syrer leben nicht
mehr dort, wo sie vor dem Konflikt gelebt
haben. Die Situation ist so dramatisch, dass
wir nicht einmal mehr mitteilen, wenn unsere Ordensangehörigen entführt werden. Wir
geben es nur dann bekannt, wenn sie auch
nach einer Woche noch nicht zurück sind.”
Zur Haltung der islamischen Religionsfüh-
rer sagte der Kustos: „Die islamischen Führer
waren sehr schüchtern, wenn es darum ging,
das Abscheuliche zu verurteilen, das im Gange
ist.”
„Geblieben sind vor allem die Armen, die nicht
die Mittel haben, um irgendwohin zu können.
Sie wissen nicht, wohin sie gehen sollen. Doch
fast niemand von ihnen hat seinen Glauben
verleugnet. Sie lassen sich Köpfe abschneiden,
aber verleugnen nichts.”
Über die Situation in dem Gebiet, in dem sich
die drei christlichen Dörfer befinden, die von
den Franziskanern betreut werden, und das
von „gemäßigten” Rebellen kontrolliert wird,
sagte der Kustos, dass der Ausdruck „gemäßigt”
natürlich relativ zu sehen sei, er beziehe sich
ausschließlich auf den direkten Vergleich mit
dem Islamischen Staat. Auch unter der Herr-
Oben: Die Pfarrkirche in Yacoubieh.
Unten: Die St. Joseph-Kirche in Knayeh.
© H. Fürst
35
IM LAND DES HERRN
vor. Da wurden zwei Konzerte angekündigt,
die in der St. Antonius-Kirche der Franziskaner
in Damaskus stattfanden, das eine am 24., das
zweite am 27. Jänner 2016. Das erste war ein
Orgelkonzert des syrischen Musikers Aghiad
Mansour, beim zweiten war der Kammerchor
des Konservatoriums von Damaskus beteiligt.
St. Antonius ist die Pfarrkirche der katholischen
Christengemeinde im Stadtteil Salhieh, die von
den Franziskanern betreut wird. Die Kustodie
schaft der „Gemäßigten” sei es Nicht-Moslems
verboten, Besitz zu haben oder religiöse Symbole zu zeigen. „Weder Kreuze noch Statuen
sind erlaubt, vom Wein für die Messfeier ganz
zu schweigen. Doch dort, wo ich hingekommen
bin, haben die Christen nicht nachgegeben.
Keiner hat es zugelassen, dass ihre religiösen
Symbole angerührt wurden, und den Messwein
haben sie in ihren Häusern versteckt.”
Der Kustos wies darauf hin, dass die islamischen Führer „äußerst zurückhaltend sind,
wenn es um die Verbrechen geht, die von den
islamischen Milizen verübt werden. Es hat einige lobenswerte Ausnahmen gegeben, die hoffen
lassen”, doch bei der großen Mehrzahl herrsche
Schweigen. Es werde eine harte und schwierige
Aufgabe sein, den Bruch zwischen den Christen und den Moslems wieder zu kitten. „Das
wird viel Zeit und mehrere Generationen in
Anspruch nehmen, um zumindest die Koexistenz zu erreichen, die es vor dem Krieg gab.”
Orgelkonzerte in Damaskus
Dass es in Syrien auch noch etwas anderes gibt
als Krieg, Terror und Zerstörung, geht aus einer
Mitteilung auf der Homepage der Kustodie her-
36
Oben: Eine von einer Bombe getroffene Franziskanerkirche in Aleppo.
Unten: Beim Orgelkonzert in der Antonius-Kirche in Damaskus.
© CTS
Syrien
Syrien
gab als Motiv für diese ungewöhnliche Veranstaltung an, dass es gelte, Hoffnung zu wecken.
„Diese Hoffnung gründet nicht allein darauf,
dass die materiellen Bedürfnisse befriedigt
werden (das ist ein Feld, auf dem die Kustodie
des Heiligen Landes an vorderster Front arbeitet); Hoffnung nährt sich auch von immateriellen, moralischen und spirituellen Gütern und
ist mit der Erfahrung von Schönheit verbunden
… Es soll ein Zeichen der Solidarität mit den
Christen sein, die im Land bleiben und hier weiter in ihren Kirchen beten und Musik machen,
trotz der schwierigen Situation, in der sie, seit
hier Krieg ist, leben müssen.”
Sein Leben war engsten mit Syrien verbunden,
sowohl mit den Christen als auch mit der reichen christlichen Geschichte des Landes. Die
letzten 26 Jahre seines langen Lebens hatte er
hier verbracht. Pater Romualdo war ein gebürtiger Spanier (15. Mai 1937 geboren) und stand
seit 1960 im Dienst der Kustodie des Heiligen
Landes. Nachdem er zunächst wichtige Dienste
in Jerusalem und vor allem in Ägypten erfüllt
hatte, kam er 1989 nach Damaskus und wirkte dort bis zu seinem Tod. Seit 1993 war er der
offizielle Delegat des Kustos für Syrien und den
Libanon. Am 7. Mai 2001 war ihm die ehrenvolle
Aufgabe zugefallen, Papst Johannes Paul II. bei
seiner Pilgerfahrt nach Griechenland, Syrien
und Malta in Damaskus zu empfangen und bei
seinem Besuch der Paulus-Gedenkstätten in
Damaskus zu begleiten.
Neben seiner Sorge für die Mitbrüder in Syrien
und im Libanon und natürlich auch für die dort
lebenden Christengemeinden – er war zeitweise Seelsorger in Knaye und Ghassanieh
im Orontestal gewesen – galt sein Interesse
der christlichen Geschichte Syriens und ihren
archäologischen Zeugnissen. Zusammen mit
Zum Tod von
Fr. Romualdo Fernandez OFM
Am 15. Dezember 2015 verstarb in Damaskus
der Franziskanerpater Romualdo Fernandez.
Oben: Die Orgel der Antonius-Kirche in Damaskus.
Unten: Der mit Syrien eng verbundene Pater Romualdo Fernandez.
© CTS
37
IM LAND DES HERRN
seinen Mitbrüdern, P. Pasquale Castellana und
P. Ignacio Pena erforschte er das einst so reiche
syrische Mönchtum, insbesondere die typische
Form der Styliten, und die sogenannten Toten
Städte mit ihren christlichen archäologischen
Resten. Eine ganze Reihe von Publikationen war
das Ergebnis seiner Forschungen. Er hatte auch
gute Beziehungen zu syrischen Archäologen
und Wissenschaftlern. Darum bereitete ihm die
jüngste Entwicklung und die Bedrohung Syriens
durch den Islamischen Staat, der bekanntlich
in seinem Herrschaftsgebiet alle christlichen
Zeugnisse, mögen sie noch so ehrwürdig und alt
sein, zu zerstören sucht, große Sorge. Bei einem
seiner letzten Besuche in Jerusalem erklärte er:
„Der Konflikt ist eine Bedrohung des gesamten
Patrimoniums von Syrien. Fr. Ignacio Pena und
ich hatten Tausende von Fotos davon gemacht.
Es wäre dringend notwendig, dieses Material zu
digitalisieren und zu katalogisieren.” Er hoffte,
dies noch auf der Altenstation von Sankt Salvator in Jerusalem vollenden zu können, in die er
demnächst umziehen wollte. Doch der Tod ließ
dies nicht mehr zu.
Heinrich Fürst,
Gregor Geiger:
Im Land des Herrn
Ein franziskanischer Pilgerund Reiseführer für das Heilige Land.
Kartoniert, 830 Seiten
ISBN: 978-3-89710-613-0
€ 26,90 (D)
Der von P. Gregor neubearbeitete und aktualisierte Pilgerführer ist nun erschienen und über
die Kommissariate des Heiligen Landes und in
jeder Buchhandlung erhältlich.
IM LAND DES HERRN
Franziskanische Zeitschrift
für das Heilige Land
70. Jahrgang 2016 • Nr. 1
Herausgeber:
Die Kommissariate des Heiligen Landes im
deutschen Sprachraum.
Redaktion für Deutschland:
P. Raynald Wagner
Sankt-Anna-Straße 19, D-80538 München
E-Mail: [email protected]
Druck:
Grasl FairPrint, A-2540 Bad Vöslau, www.grasl.eu
Für das Generalkommissariat des Heiligen Landes ist
Nachhaltigkeit ein wichtiger Maßstab unseres Handelns.
Deshalb achten wir auch bei der Herstellung dieser Zeitschrift ganz besonders auf umweltfreundliche, ressourcenschonende und schadstofffreie Produktionsweisen
und Materialien.
Das Papier stammt aus ökologischer, ökonomischer und
sozial nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Für die
Druckproduktion wurden nur erneuerbare Energien und
reine Pflanzenölfarben verwendet.
Fotos: Redaktionsarchiv
„Im Land des Herrn” erscheint viermal im Jahr
und wird den Freunden und Förderern der Franziskaner im Heiligen Land kostenlos zugestellt.
Die Zeitschrift kann bei den unten angeführten
Kommissariaten bestellt werden.
Für eine Spende sind wir sehr dankbar.
Anschriften und Konten der einzelnen
Kommissariate:
Kommissariat Werl:
D-59457 Werl/Westfalen, Klosterstraße 17,
Bank für Kirche und Caritas, Paderborn
IBAN: DE 24 4726 0307 0055 0504 00,
BIC: GENODEM1BKC.
Generalkommissariat Wien:
A-1010 Wien, Franziskanerplatz 4,
PSK Wien 1939833 (BLZ 60000)
Kommissariat Schweiz:
Franziskanerkloster Mariaburg
CH-8752 Näfels/Kanton Glarus
PC-Fribourg 17-4135-4
Copyright © Kommissariat des Hl. Landes, München
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Abdruckes
einer Übersetzung, oder der Reproduktion einer
Abbildung, vorbehalten.
Titelbild: Die Feier der Osternacht 2015 in der Pfarrkirche der Franziskaner in Aleppo. © CTS
Rückseite: Plakat der deutschen Diözesen zur Heilig-Land-Kollekte 2015.
38
Franziskanische Pilgerfahrten
ins Heilige Land 2016/17
Kommissariat des Heiligen Landes Werl
P. Werner Mertens, Franziskanerkloster Werl, Klosterstraße 17, 59457 Werl
Tel. 02922/982-131, Fax 02922/982-154, [email protected] – www.heilig-land.de
Heilig-Land-Fahrt Herbst 2016 „HF2016“
Sonderfahrt K.G. Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges,
Herbstferien in NRW;
Nazareth, Tabor, See Gennesaret, Jerusalem, Bethlehem u. a.
13. 10. 2016 bis 21. 10. 2016
Heilig-Land-Fahrt Frühjahr 2017 „FJ2017“
Jerusalem, Bethlehem, Nazareth, Berg Tabor, See Gennesaret u. a.
28. 04. 2017 bis 06. 05. 2017
Heilig-Land-Fahrt Herbst 2017 „HF2017“
Jerusalem, Bethlehem, Nazareth, Berg Tabor, See Gennesaret u. a.
13. 10. 2017 bis 21. 10. 2017
Besinnungstage für Heilig-Land-Fahrer und Interessierte
19. 08. 2016 bis 21. 08. 2016
„Mehr-Familien-Haus – Ökumenismus im Heiligen Land“
Anhand der gemeinsam genutzten Heiligtümer wird der Referent Br. Gregor Geiger OFM einen Einblick
geben in die verschiedenen Heiligen Stätten einerseits und in die verschiedenen Religionen und
Konfessionen andererseits.
Beginn: Freitag, 19. August, 18 Uhr, Abschluss: Sonntag, 21. August, 13 Uhr
Referent: Dr. Gregor Geiger OFM, Studium Biblicum Franciscanum, Jerusalem
Information und Anmeldung: beim Kommissariat Werl (siehe oben)
Abonnement der Zeitschrift möglich über Internet: [email protected]
Kommissariat des Heiligen Landes, Schweiz (Näfels)
P. Gottfried Egger OFM, Franziskanerkloster Mariaburg, CH-8752 Näfels/Kanton Glarus, Tel. 0041-55612-2818,
Fax 0041-55612-2827, E-Mail: [email protected]
Herbstreise
(Drusberg)
18. 10. 2016 bis 27. 10. 2016
Generalkommissariat des Heiligen Landes, Wien
P. Elias van Haaren OFM, Franziskanerplatz 4, A-1010 Wien, Tel. 0043-1-5121917,
E-Mail: [email protected]
Jordanien, Sinai und Hl. Land
Sinai und Hl. Land
Hl. Land
Hl. Land
Jordanien, Sinai und Hl. Land
Sinai und Hl. Land
Hl. Land
Neue Reise – Der Abrahamsweg
04. 04. 2016 bis 19. 04. 2016
06. 04. 2016 bis 19. 04. 2016
10. 04. 2016 bis 19. 04. 2016
01. 08. 2016 bis 09. 08. 2016
10. 10. 2016 bis 25. 10. 2016
12. 10. 2016 bis 25. 10. 2016
16. 10. 2016 bis 25. 10. 2016
16. 11. 2016 bis 25. 11. 2016
39
w
Das Heilige Land im Internet:
www.heilig-land.de (Kommissariate des Heiligen Landes, Deutschland)
www.heiligland.franziskaner.ch (Kommissariat des Heiligen Landes, Schweiz)
www.pilgerreise.at (Kommissariat des Heiligen Landes, Wien)
www.custodia.org (Kustodie der Franziskaner, Jerusalem)
www.proterrasancta.org (Hilfswerke für das Heilige Land)
www.cicts.org (Christian Information Centre, Jerusalem)
www.heiligland.ch (Schweizerischer Heilig-Land-Verein)
www.terrasanctablog.org/de