In diesem Tabor-Magazin ist zu lesen: Wer oder was ist TABOR e.V. Im Juristendeutsch sind wir ein Verein zur ganzheitlichen Unterstützung strafentlassener und anderweitig sozial belasteter Menschen. Im normalen Sprachgebrauch sind wir eine Gemeinschaft von Christen, die sich ein wenig um Menschen in Not, insbesondere um strafgefangene und strafentlassene Menschen annehmen will. ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ ist unser Prinzip. Einige von uns (z.Zt. sind wir 17 Leute) wohnen in einer Wohngemeinschaft außerhalb von München (Moosach bei Glonn) zusammen. Dort versuchen wir uns gegenseitig Stütze auf dem manchmal beschwerlichen Weg ins und durchs Leben zu sein. Wer nach der Haft oder aus einer anderen sozialen Notlage heraus neu anfangen will, sein Leben ohne Alkohol, Drogen und Kriminalität zu gestalten, der kann sich, wenn er/sie bei uns leben will, bewerben. Wir sind eine christlich-katholische Gemeinschaft. Wir versuchen darauf zu vertrauen, dass ER, Jesus Christus, der Weg zum Leben ist. Zum täglichen Abendgebet, zur Frühmesse und zum monatlichen ,Hausgottesdienst‘ laden wir ein; der Besuch ist aber freiwillig! Einige Male im Jahr besuchen wir die umliegenden Gefängnisse, um den Menschen dort im Gottesdienst mit Liedern und persönlichen Lebenszeugnissen Mut zu machen. In manchen Gefängnissen bieten wir wöchentliche Gesprächsgruppen an. Auch in Pfarrgemeinden gestalten wir schon mal den Gottesdienst mit, um so die Christen dort auf manche Not in unserem Land hinzuweisen und Vorurteile und Berührungsängste abzubauen. Manchmal besuchen uns in unserer Wohngemeinschaft Jugend- oder Firmgruppen, um zu sehen, wie wir miteinander leben. Wir besuchen auch im Religionsunterricht Schüler/innen ab dem 9. Jahrgang, um von Knast, Drogen, Kriminalität, Neuanfang und beginnender Heilung zu erzählen. Das sind oft tiefe Begegnungen. Alle Leute in unserer Tabor-Gemeinschaft und im Verein arbeiten ehrenamtlich und ohne Bezahlung. Unser Verein erhält keinerlei staatliche oder kirchliche finanzielle Unterstützung und trägt sich weitgehend aus Eigenleistungen und Spenden. Wenn Du Interesse hast, melde dich, mach’ mit, leb’ mit oder besuch uns! Vorstand: Ingrid Trischler, Josef Six, Konrad Brand Hausleitung: Norbert Trischler Altenburg 33, 85665 Moosach Tel.: 08091/558615 [email protected] - Menschen aus und nach der Haft erzählen von ihrer Lebensgeschichte: - Ich bin der glücklichste Mensch auf dieser Welt S.04 - Liebe Freunde, LeidensS.06 genossen und Kämpfer! - Im Knast lernte ich, mich als S.09 Mensch anzunehmen - Das Gefängnis S.08 meine letzte Chance - Leben in meinem Gefängnis S.10 S.11 - Knast und Freiheit - Licht und Dunkel S.12 in meinem Leben - Mein Leben im Gefängnis S.15 - Leben im Namen und in S.16 der Gnade Gottes - Mein altes Leben, durch S.18 die Haft zwangsbeendet - Plädoyer für einen humaneren S.20 Strafvollzug - Zum Nachdenken S.26 - Macht. Gefängnis. Sinn? - Mögliche schädliche Folgen S.30 des Strafvollzugs - Aus manchen Gefängnissen S.32 muss man ausbrechen S.36 - Christ sein heute - Gedichte aus dem Knast S.43 - Texte S. 16/25/29/34/35/41/42 - Bilder vom Sommerfest der Tabor WG am 21.06.15 - Briefkontakte gesucht! 3 S.44 S.46 Liebe Freunde, Mitglieder und Förderer des Tabor e.V., besonders liebe Freunde in den Gefängnissen! Eine Rutschbahn ist für Kinder ein beliebtes Spielgerät. Herrlich das Gefühl, wenn es durch die berauschende Geschwindigkeit, mit der es nach unten geht, im Bauch kitzelt. Solange man die Sicherheit hat, dass man unten aufgefangen wird oder zumindest sicher ankommt, ist das mit Freude verbunden! Anders im Gefängnis: Wer durch eine Inhaftierung eine rasante Rutschpartie nach unten, in die untersten Schichten der Gesellschaft erlebt, findet dies wohl eher nicht berauschend. Viele erwartet: sozialer Abstieg, Ausschluss aus der menschlichen Gemeinschaft, Ächtung, Verlust der Wohnung, der Arbeit und oft auch der sozialen Beziehungen: Mancher hat verloren, ist draußen und muss selbst zusehen, wie er sein Leben wieder auf die Reihe bekommt. Und oft sind es die Menschen, die eh schon am Rande der Gesellschaft stehen und nun noch weiter hinaus gedrängt werden. Wer will denn einen Knacki in seiner Familie, in seiner Firma, in seiner Nachbarschaft, in der Pfarrgemeinde ... ? leben, spürt Gefühle, die jahrelang unterdrückt waren. - Auch davon geben einige Geschichten in diesem Heft Zeugnis. Aber muss es ein Gefängnis sein, damit Menschen zur Besinnung kommen? Gäbe es nicht viele andere vorbeugende Maßnahmen, um den Menschen auf dem Weg ins Leben zu helfen? Und es darf wohl auch die grundsätzliche Frage gestellt werden: Hat Gefängnis einen Sinn? Gibt es Alternativen zur Freiheitsstrafe? Und sollte man nicht auch über Alternativen im und zum Strafvollzug vermehrt nachdenken? Es gibt ja durchaus Modelle, die auf dem Weg der Resozialisierung sinnvoller und erfolgreicher sind und so den Menschen, den Tätern wie den Opfern und möglichen zukünftigen Opfern, eher gerecht werden. Es lohnt sich darüber nachzudenken. Für manche ist die Haft aber auch eine Chance für einen Neuanfang: Mancher kommt zur Besinnung, der Kopf ist frei von Sucht- und Betäubungsmitteln und fängt wieder an zu funktionieren: Mancher analysiert und reflektiert seine Lebensgeschichte, sucht nach einem Sinn für seine Zukunft, findet eventuell auch Antworten vielleicht sogar in der Bibel, macht sich mit Gleichgesinnten auf den Weg, fängt an zu Ich wünsche Euch/Ihnen einen gute SomEure Ingrid merzeit! (Vorsitzende Tabor e.V.) 4 Ich bin der glücklichste Mensch auf dieser Welt meist gleichgültig, ohne Interesse am Menschen, gelegentlich freundlich, ab und an mit Respekt und nur selten bösartig. Ich war mir ganz sicher: Diesen Beitrag für das Tabor-Magazin schreibe ich in ein paar Minuten. Es ist ja alles klar und ganz einfach! Gute Ratschläge geben; Verbesserungsvorschläge; Tipps für andere Gefangene; Ideen, wie man mit straffällig gewordenen Menschen umgehen sollte. Gar kein Problem, wohl für keinen von uns. Schwieriger wird es schon bei Fragen wie: Welchen Sinn hat Gefängnis? Ist es ein bloßes Wegsperren, Verwahren oder auch Hilfe? Wie erlebe ich selbst meine Haft und was mache ich daraus? Unmöglich ist die Frage nach positiven Erfahrungen. Positive Erfahrungen? Hier in Haft? Niemals! Oder ... vielleicht doch? Sechs Wochen nach meiner Inhaftierung begann ich zu arbeiten. Ich wollte nicht mehr 23 Stunden täglich in der Zelle eingesperrt sein. Ich nutzte die Angebote der kirchlichen Seelsorge intensiv. Ich habe mich meiner Sucht gestellt und setze mich mit ihr auseinander. Aber all das ist nicht das, was ich als Ratschlag geben will. Diese Tipps, Angebote und Hinweise werden auch oft gegeben. Hier in Haft lernte ich durch die bewusste und unbewusste Hilfe von Mitmenschen, dass die Sichtweise, aus der ich mein bisheriges Leben wahrgenommen habe, nicht gut war. Aber den ersten Schritt musste ich selbst gehen. Ich bin nicht gerne eingesperrt. Ich wäre viel lieber bei meiner Frau und meinen Kindern. Meine Drogensucht und die damit verbundene falsche Selbsteinschätzung und Wahrnehmung meiner Umgebung haben mich hierher gebracht. Gott sei Dank! Ja, ich danke Gott dafür. Die Alternativen wären schlimmer gewesen. Schlaganfall, Behinderung, Tod? Ich bin 47 Jahre alt , konsumierte seit 14 Jahren regelmäßig Amphetamin, Extasy, Kokain und LSD. Selbst ein ,freiwilliger‘ Aufenthalt in einem Bezirkskrankenhaus auf Grund eines Horrortrips brachte mich nicht zur Vernunft. Seit fünf Jahren habe ich einen Herzschrittmacher und trotzdem konsumierte ich weiter. Die Mengen nahmen sogar noch zu. Ich bin jetzt seit einem Jahr in Haft und ich bin gerne hier. Darf man das fühlen? Und auch äußern? Anfangs glaubte ich, keine Chance zu bekommen. Alles um mich herum schien böse und schlecht. Aber wie bin ich? Bin ich freundlich, ehrlich, hilfsbereit oder gut? Wem gebe ich eine Chance? Doch nicht einmal mir selbst! Erst als ich anfing, mir selbst unangenehme Fragen zu stellen und versuchte, einen ehrlichen Blick auf mich selbst zu werfen, begann ich mich zu öffnen. Ich ließ Gefühle zu, ,echte‘ Gefühle! Nicht das, was mir meine Drogen vorgaukelten oder meine Umwelt von mir Dann Festnahme, U-Haft und Verurteilung. Schock! Angst, Verzweiflung, Wut, Hass, Hoffnungslosigkeit - all diese negativen Gefühle. - Wie man uns behandelt? Zu5 erwartete. Ich durfte hier Dinge erleben und erfühlen, an die ich nicht mehr geglaubt hatte. Ich kann meine Umgebung hier nicht ändern, aber ich kann sie als angenehmer erleben, auch und gerade zum Guten. Gefühlsduselei? Frommes Geschwätz? Probiert es doch einmal! Eure bisherige Einstellung zum Leben ist doch auch nicht immer das Gelbe vom Ei. Zumindest hat sie Euch hierher in den Knast gebracht! Wir nehmen unsere Umgebung immer in Bezug auf unsere Gefühle wahr. Solange ich Angst empfinde, wird sich meine Umgebung als Bedrohung darstellen. Solange Wut und Hass in mir sind, werden die Menschen um mich nur schwer offen und freundlich reagieren. Doch strahle ich selbst Ruhe und Frieden aus, wird mir Zuversicht und Hoffnung geschenkt. Durch meine Freude verändere ich meine Umgebung und meine Mitmenschen. Aus Gram und Dunkel wird bunt und hell. Aus Kälte und Angst werden Wärme und Freundschaft, und selbst das Eingesperrt-Sein kann zur Befreiung werden. Ich muss es nur wagen und zulassen. Den ersten Schritt gehen, auf einem beschwerlichen Weg, voll von Steinen und Hindernissen. Ich darf auch hinfallen, denn ich weiß, dass selbst dann, wenn meine Füße mich nicht mehr tragen, ein anderer - nämlich Gott - mich weiter trägt. Wann wird uns so viel Zeit geschenkt? Nutzt sie sinnvoll! Keine Ausreden! Hier herrscht keine Hektik des Alltags, kein Computer, kein Telefon, kein Chef, nichts, was sofort erledigt werden muss und keinen Aufschub duldet. Ich kann hier alles überlegt beginnen und versuchen aufzuarbeiten, auch oder gerade mein bisheriges Leben. Ich darf hier in der Abgeschiedenheit meiner Zelle ganz offen, ehrlich, ohne Scham und Angst zurückblicken. Niemand beobachtet mich. Ich kann lange verdrängte Gefühle zulassen. Ich kann weinen und trauern, lachen und mich freuen. Niemand nimmt mich wahr, schüttelt den Kopf, belächelt mich oder lacht mich gar aus. Niemand! - Wirklich niemand? Ich selbst nehme mich plötzlich in einer ganz unbekannten Art und Weise wahr. Und ganz oft, auch wenn meine Zellentüre geschlossen ist, merke ich, dass ich nicht allein bin. Ich habe akzeptiert, dass es Gottes Wille war, der mich hierher brachte, und seitdem ich diese Last nicht mehr trage, geht es mir besser. Ich habe eine sehr liebevolle Frau, wunderbare Kinder und eine Familie, die alle zu mir stehen und mir Liebe und Kraft schenken. Dessen bin ich mir bewusst und auch dafür danke ich Gott jeden Tag. Ganz besonders, seitdem mir ein Mitarbeiter der JVA einmal sagte: „Sind sie doch froh, eingesperrt zu sein. Ich muss jetzt nach Hause zu meiner nervigen Frau!“ Seit diesem Tag weiß ich ganz sicher, dass ich der glücklichste Mensch auf dieser Welt bin. Denn ich freue mich auf den Tag, wenn ... Christian, JVA München-Stadelheim 6 Mit völliger Schuldeinsicht, aufrichtiger Reue, entsprechender Buße und letztendlich dem Willen zur Wiedergutmachung begann ein langer langer Weg der Selbstresozialisierung. Auf diesem Weg haben mir immer wieder Geistliche, Beamte, Anstaltsleiter, Psychologen, Therapeuten und Selbsthilfegruppen sehr geholfen. DANKE! Liebe Freunde, Leidensgenossen und Kämpfer, am 12.01.2015 hatte ich einen Herzinfarkt mit Herzstillstand. Dank der Güte des Herrn und der Ärzte wurde entschieden, dass ich doch noch einen Beitrag im Tabor-Magazin schreibe. Auf Grund meiner langjährigen Erfahrung als Ganove, Ehrenamtlicher und Bürger kann ich nur sagen, dass der Neuanfang immer gelingen kann, wenn der Einzelne dazu konsequent bereit ist. Es ist mit Sicherheit kein leichter Weg, jedoch ein Weg des Friedens und der Liebe!!! Für all Diejenigen, die mich nicht kennen: Ich bin 66 Jahre "jung", war insgesamt 15 Jahre in den verschiedensten Gefängnissen, wie: JVA Nürnberg, Amberg, Bayreuth, Bernau, Stadelheim, Mannheim, Oldenburg, Stuttgart-Stammheim, Laufen-Lebenau, Niederschönenfeld, Ulm, Paris, Marseille, Aix-enProvence, Toulon. Der Strafvollzug in Bayern ist in verschiedenster Hinsicht reformbedürftig und es müsste viel mehr Fachpersonal eingestellt werden, um den Menschen in Haft therapeutisch gerecht zu werden. Meist mangelt es am Geld, hin und wieder blockieren die Sicherheitsvorschriften oder die zwischenmenschlichen Gegensätze. Seit 26 Jahren lebe ich straf- und suchtfrei, bin in Rente und immer noch ehrenamtlich in bayerischen Gefängnissen tätig. Ich leitete Gruppen in Aichach, Ebrach und Nürnberg. Aktuell leite ich eine Partnertreffgruppe in der JVA Nürnberg. Meine Idee lautet: Ich wollte die Welt verändern, es änderte sich nichts - ich änderte mich und es veränderte sich die Welt. Also, liebe Freunde, seid ehrlich zu Euch selbst! Und wenn es Euch gelingt, seid auch ehrlich zu Euren Mitmenschen und offen für ein Leben mit Gott. Glaubt an Euch und seid bereit für den Aufstieg!!! Herzliche Grüße und Gottes Segen Nun, wenn man im Gefängnis gelandet ist, dann kann man wohl sagen, dass dies eine soziale Rutschbahn nach weit unten bedeutet! Jedoch: In jeder Widrigkeit des Lebens ist ein Vorteil verborgen! Bei mir lag der Vorteil darin, dass ich bei meiner letzten Haftzeit von 4 Jahren in der JVA Nürnberg endlich begriffen habe, dass ich mit dem Geschenk meines Lebens sehr verantwortungslos umgegangen bin. Euer Herbert 7 Im Knast lernte ich, mich als Mensch anzunehmen Fast jeder von uns kennt das Gefühl, wenn einem die Freiheit genommen wird, wenn Tag für Tag die dicke Eisentür hinter dir ins Schloss fällt und du für einige Stunden mit dir allein bist. Was tust Du in dieser Zeit? Du schaust fern, hörst Musik, liest ein Buch oder schreibst Briefe an deine Angehörigen und Freunde. Manche haben das Glück, arbeiten zu dürfen und müssen nicht den ganzen Tag in der Zelle sitzen und die Wand oder den Fernseher anstarren. Warum tun wir uns das eigentlich überhaupt an? Warum sind wir vom rechten Weg abgekommen? War es die Sucht? Der Kick und das Verlangen nach Anerkennung und danach, gemocht zu werden? Viele haben Grausames in ihrer Vergangenheit erlebt und nie darüber gesprochen, sind in ihrem inneren Gefängnis eingesperrt und haben die Hoffnung aufgegeben, jemals aus dem Sumpf wieder heraus zu kommen. führte lange und intensive Gespräche mit dem Seelsorger und der Psychologin. Langsam erkannte ich, dass ich gar kein so schlechter Mensch bin, dass es gut ist, wie ich bin. Ich wurde als Mensch angenommen und lernte, mich selbst ein Stück weit zu mögen. Genau so erging es mir. Die ersten sechs Monate im Gefängnis dachte ich mir Tag für Tag, dass eh alles sinnlos ist, ließ mich immer mehr gehen und wollte einfach nicht mehr kämpfen, um aus dem schwarzen Loch heraus zu kommen. Dann kam ich allerdings an den Punkt, an dem ich mich jeden Tag fragte: ,War das alles, was ich in meinem Leben erreichen konnte? Bin ich wirklich ein so schlechter Mensch?‘ Ich bin jetzt seit Anfang Mai wieder frei und weiß heute, dass das Gefängnis mir einen Neustart ins Leben gegeben hat, ein Leben ohne Straftaten, ohne das Gefühl zu haben, nicht gemocht zu werden. Denn jede/r von uns wird gemocht und geliebt. Sei es von unseren Familien, Freunden und Bekannten, in erster Linie aber von Gott! Allein wegen der Menschen, die wir lieben, lohnt es sich zu kämpfen und besonders wegen uns selbst. Ihr habt euer Leben selbst in der Hand und könnt vieles schaffen und erreichen, ihr müsst es nur wollen und an Mel euch glauben. Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, es gibt sehr wohl noch Hoffnung, dem Sumpf zu entfliehen, und dass es noch nicht zu spät ist. Ich fing an, mich mit meiner Vergangenheit auseinander zu setzen, um Hilfe zu bitten und diese auch anzunehmen. Ich 8 deres. Und der Konsum wurde von Woche zu Woche immer höher. Das Gefängnis meine letzte Chance! Es begannen die Schlägereien und damit noch mehr Probleme. Ich war mir sicher, dass mir nichts passiert, da ich jeden Abend zu Gott betete. Nach meinen ersten Strafanzeigen wusste ich: O.k., Gott hilft mir, da es nur kleine Bestrafungen vor Gericht gab. Für die ersten zwei Anzeigen wegen schwerer Körperverletzung bekam ich eine Geldstrafe, für die dritte Anzeige wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz das gleiche, eigentlich harmlos, da meinte ich, dass Gott hinter mir steht. Deshalb machte ich Jahre lang so weiter und hatte sehr viel Glück, dass mich die Polizei nicht erwischte. Das Problem war, dass ich immer mehr ins schwarze Loch abrutschte, ins Milieu. Die Frage: Ist das Gefängnis positiv oder negativ? Wahrscheinlich gehen die Meinungen da weit auseinander. So erzähl ich mal meine Meinung. Mein Leben fing sehr gut an, mit sieben Jahren begann ich beim FC Hertha mit dem Fußballspielen, was mir sehr viel Spaß und Freude gemacht hat. Nach vielen Jahren, so mit fünfzehn, hatte ich viele Freunde, eine Lehrstelle und ein geregeltes Leben. Das Problem war, dass ich sehr viele Freunde hatte und zwar gute und schlechte (kriminelle) Freunde. Am Anfang ging ich zwischen beiden hin und her: Ein paar Tage zu den guten Freunden und dann manchmal zu den ,schlechten‘ Leuten. Das Schlimme an der Situation war, dass ich mich für die schlechte und kriminelle Seite entschieden habe, da diese Leute cooler und angesehener waren. Natürlich wollte ich auch cool sein, wobei ich immer am Abend zu Hause gebetet habe, ob dies denn wirklich mein Weg sei. Nachdem ich von Tag zu Tag mit diesen Freunden abhing, hatte ich Schutz und immer mehr Macht, was mir sehr gefiel. Es ging dann die PartyDisco-Zeit los und da bin ich immer verrückter und ,mutiger‘ geworden. Ich probierte alles, was man auf dem Schwarzmarkt so an Drogen bekommen kann: Kokain, Hasch und viel an- Nach einiger Zeit wusste ich, dass ich ganz schön krass unterwegs war. Meine Probleme wurden dadurch nicht besser, ich hatte Ärger mit meiner Familie und viel anderen Stress. Ich verdrängte meine Probleme mit Drogen, lenkte mich ab. Aber so rutschte ich immer tiefer in den Abgrund und brauchte immer mehr Drogen und dadurch natürlich immer mehr Geld. Dann probierte ich mal was Krasses aus, so dachte ich mir, und begann einzubrechen, um an Geld zu kommen. Von Woche zu Woche brach ich in viele Wohnungen ein und hatte dadurch viel Geld. Jetzt war ich drogenabhängig und 9 ein Einbrecher. Ich dachte mir oft am Abend, wenn ich zu Gott betete: Wie komme ich da raus aus dem ganzen Scheiß? Das Ganze wurde immer schlimmer mit mir. Eines Abends machte ich mir so Gedanken, dass ich zu wieder klarer denken. Und ich weiß, dass es von Gott kam. Gott will mir nichts Böses, sondern Er will meine Zukunft retten. Ich bin so dankbar dafür, weil sich dadurch meine Einstellung sehr verbessert hat. Der Knast hat mich clean und im positiven Sinn sehr nachdenklich gemacht. Ich bin wieder ein anderer Mensch geworden. Ich bereue meine Taten zutiefst und möchte den Schaden, den ich anderen Menschen mit meinen Einbrüchen zugefügt habe, wieder gut machen. Ich habe auch schon mit einigen Opfern Kontakt aufgenommen und mich ehrlich entschuldigt. Eine echte Wiedergutmachung werde ich nach der Haft anstreben. Ich kann meine Zukunft wieder neu aufbauen, ohne Drogen und ohne kriminellen Scheiß. Ich denke mal, ohne den Knast wäre ich nicht mehr da oder hätte keine Familie mehr. Am Abend in der Zelle bete ich immer zu Gott und bedanke mich dafür, dass ich hier sitze. Ich bin echt froh, dass es so weit kam. Denn nur dadurch habe ich die Kurve gekriegt und kann meine Zukunft wieder aufbauen. Deshalb ist das Gefängnis für mich nur positiv, weil ich weiß, dass es meine letzte Chance ist. Macht auch Ihr das Beste daraus. Gott ist immer hinter Euch! Gott sei Dank! Helmut Zinner JVA Straubing Gott gesagt und gebetet habe, dass wohl nur durch den Knast meine Zukunft zu retten wäre. Tatsächlich wurde ich kurze Zeit später wegen der Einbrüche verhaftet. Mittlerweile sitze ich seit sieben Monaten im Gefängnis und kann dadurch Daniel, JVA München-Stadelheim 10 Leben in meinem Gefängnis Bei den wenigsten Gefängnissen siehst du die Gitter! Einige Jahre meines Lebens habe ich in psychiatrischen Kliniken verbracht, davon auch einige Zeit auf der ,Geschlossenen‘. Ich war nicht im Knast. Doch ich weiß, was es heißt, in einem Gefängnis zu leben, in einem inneren. Manchmal spüre ich es ganz deutlich. Dann engt es mich ein, schnürt mich ein, lähmt mich, blockiert mich, nimmt mir den Atem. Ich liege im Bett und kann mich nicht bewegen: Angst, Schrecken, Schmerz, Grauen. Es ist zum Verzweifeln, es ist Wahnsinn. Ich weiß heute, dass dieses Erleben nichts oder nur wenig mit meinem Verhalten, mit meinen Handlungen zu tun hat. Es sind traumatische Erlebnisse aus meiner frühen Kindheit, die mich nicht loslassen, nicht loslassen wollen. bin, dass diese Liebe mich trägt und hält, auch und gerade, wenn ich ganz unten bin und selbst für mich nichts mehr tun kann. In dieser Liebe hat alles Platz: Was ich als negativ empfinde, was als positiv gilt, wo ich mir selber Vorwürfe mache und ein schlechtes Gewissen. Mein Leben ist anders verlaufen, als ich es mir vorgestellt habe. Mit 27 Jahren bin ich krank geworden, mit 30 Jahren war ich zum ersten mal für längere Zeit in der Psychiatrie. Heute bin ich 63 und lebe in der TaborWG mit Norbert und Ingrid. Nichts kann mich von dieser Liebe trennen. Und so versuche ich Tag für Tag, diesen Gott, der für mich die Liebe ist, zu finden: In meinen Gedanken, in meinem Herzen, mit allen meinen Kräften. Schmerzen in der Brust, Ängste, Atemnot, innere Kämpfe begleiten mich Tag für Tag, manchmal weniger spürbar, manchmal sehr heftig. Ich habe gelernt, mit ihnen zu leben und umzugehen. Es ist ein langsamer, ein langer, ein mühsamer Weg heraus aus diesem Gefängnis. Seit 16 Jahren lebe ich ohne Medikamente, seit 17 Jahren war ich nicht mehr in der Klinik. Was mir in erster Linie hilft, ist meine Beziehung zu und mein Glaube an Gott. Diese Beziehung ist nicht starr, nicht statisch. Sie verändert und vertieft sich, mein Gottesbild wandelt sich. In erster Linie vertraue ich, dass ich geliebt Dabei hilft mir auch die Erfahrung, dass mein Atem mich mit dem Leben verbindet und mich am Leben hält. Tief durchatmen, tief Luft holen, täglich zu üben, tief in den Bauch zu atmen, hilft mir. Neue, gute Gedanken tauchen auf und ich spüre meine Lebenskraft. In diesem Atem ist der Geist Gottes, ist die Freiheit, die mich unabhängig macht von äußeren und inneren Zwängen, die mich hoffen lässt, dieses Gefängnis eines Tages ganz zu verlassen. Manfred, Tabor WG, Pfingsten 2015 11 Ein bisschen bilde ich mir ein, ich kann bei dem Thema mitreden. Ich verbrachte in Bayern eine lebenslange Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld. Es dauerte lange, bis ich die Freiheit wieder sah. Knast und Freiheit Die Freiheit ist unser höchstes Gut, vertreten einige Philosophen ihre Ansicht. „Schön ist es, auf der Welt zu sein ...“ sangen Roy Black und die kleine Anita und verherrlichten in ihrem Song auch die Freiheit. Was die Freiheit bedeutet, vermag man erst richtig zu beurteilen, wenn man sie auf einmal nicht mehr hat, wenn man Gefangener ist. Soziologen und Psychologen reden von Fehlverhalten, wenn man wegen Straftaten im Gefängnis gelandet ist. Der betreffende Gefangene meint nach seiner Festnahme „alles Schei ...“ und er bedauert, dass er erwischt worden ist. „Passiert mir kein zweites Mal!“, vertritt der Knacki seine Auffassung. Ein richtiges Verständnis für Schuld und Sühne hat er leider nicht. Das müsste ihm erst bei seinem Strafantritt im Gefängnis beigebracht werden und zwar von den Regierungsräten der Anstaltsleitung. Es müsste gesagt werden: Der Staat derzeit hat keine andere Möglichkeit, euch Straftätern euren Hang und eure Absicht, Verbrechen zu begehen, auszutreiben, als adäquate Gefängnisstrafen gegen euch zu verhängen. Wenn ihr das nicht begreifen wollt, dann gibt es die nächste Strafe bis hin zur Sicherungsverwahrung, oder vielleicht auch irgendwann eine lebenslange Freiheitsstrafe. Zum Thema Fehlverhalten: Es gibt genug Wege und Möglichkeiten, im Leben mit allen auftretenden Schwierigkeiten zurecht zu kommen, und zwar in korrekter Weise, ohne dass man mit dem Strafgesetzbuch kollidiert. Triebe und Leidenschaften, Unzulänglichkeiten in unserer Persönlichkeit und vor allem Unverständnis für die betreffende problematische Lebenssituation, und obendrein nicht zu verzeihende Dummheit und Unvermögen, korrekt vorzugehen, lassen uns eine Straftat begehen. Würde doch dabei jeder vernünftige Mensch sagen, wenn einer in den Knast muss: Na, das hätte nicht sein müssen; das Problem hätte man auch anders lösen können - im Rahmen der Gesetzmäßigkeit. Geschehen ist geschehen. Man kann eine Straftat nicht mehr rückgängig machen. Den Knast auch nicht. Aber man braucht kein weiteres Mal hinein. Einer braucht nur genau zu überlegen, was er tut und was bei seiner Handlungsweise rauskommt. Der lateinische Spruch dazu: Was immer du auch tust, fange es klug an und berücksichtige das Ende! (Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!) Klaus Günter, München 12 Mein Bruder kam dreieinhalb Jahre nach mir auf die Welt. Er ist für mich etwas Besonderes; ich nenne ihn mein Heiligtum und bin sehr stolz auf ihn. Unsere Eltern waren beide berufstätig und so passte meine Oma auf uns auf. Wir waren den ganzen Tag im Kindergarten, von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Mein Daddy kam immer so um 17.00 Uhr von der Arbeit, badete und hat dann was gegessen. Ansonsten saß er im Wohnzimmer und schaute fern. Er war sehr zurückgezogen und in sich verschlossen. Seine Liebe konnte er mir nur zeigen, indem er mir Sachen kaufte oder mir Geld gab – ich habe mit zehn Jahren bereits 25.-DM Taschengeld wöchentlich bekommen, mein Bruder auch, immer freitags war ‚Zahltag’. Ich denke, man kann’s so nennen: Er hat uns seine Liebe mit materiellen Dingen und Geld ausbezahlt. Vielleicht konnte er nicht anders. Licht und Dunkel in meinem Leben Sabrina erzählt über ihr Leben. Aber meine Mommy hat uns mit dem Herzen geliebt. Ich bin vom Charakter her wie mein Dad und mein Bruder ist wie meine Mom vom Gefühl und Charakter. Mein Dad konnte nicht wirklich was mit Gefühlen anfangen, aber ich lernte es von meiner Mom, was Liebe ist und wie man damit umgehen soll. Wie ich es gezeigt bekam, so kann ich es weitergeben. Aber ich kann – ehrlich gesagt – nicht viel von meinen Gefühlen zeigen, ich kann nicht Ich heiße Sabrina wurde in 1986 in Landshut geboren. Wenn ich so zurückdenke, hatte ich als Kind eigentlich alles, was ich wollte: Ich bin ein Wunschbaby meiner Eltern gewesen, und doch war da auch viel Dunkles. 13 wirklich damit umgehen. Gerade jetzt, wo ich seit drei Monaten im Gefängnis bin und keine Drogen nehme und somit clean bin, sind da oft so viele Gefühle auf einmal, und ich bin überfordert. und nahm ihn in die Hand. Zwei Minuten später bin ich zusammengebrochen. Ich habe mir die Schuld dafür gegeben: Ich bin ja davongelaufen und hatte meinen Dad verlassen. Ich konnte und wollte es nicht begreifen, dass mein Dad für immer weg ist. Ich fühlte mich, als ob man mir mein Herz herausgerissen hätte. Ich denke, dass damals auch ein Teil von mir gestorben ist. Keine Ahnung, aber es fühlt sich nun mal so an. Ich will kein Mitleid erregen, aber ich fang mal an zu erzählen, was bei mir so abging. Mein Daddy war Wochenendtrinker und hat meine Mom oft geschlagen. Auch ich bekam mit drei Jahren von ihm mein erstes blaues Auge verpasst. Jedes Wochenende dasselbe Drama. Aber mein Dad hatte auch gute Seiten. Wir sind hin und wieder mal zum Schwimmen gefahren oder haben mit dem Rad Ausflüge gemacht. Mein Dad hat dann auch von alleine das Trinken aufgehört, aber dadurch war er irgendwie noch mehr gereizt und er ist oft mal ‚ausgerastet’. Mit fast 14 Jahren bin ich dann an einer so genannten Borderline-Störung erkrankt. Ich hatte einen Freund, der es nicht wirklich gut mit mir meinte. Er war 29 Jahre alt, ich war 15 Jahre jünger. Durch ihn habe ich mein Selbstwertgefühl und zum Teil auch meinen Lebenswillen verloren. Ich habe kurz nach dem Tod von meinem Dad angefangen, Drogen zu nehmen. Ich konnte mir dadurch eine Schutzwelt aufbauen. So empfand ich keinen Schmerz, keine Trauer und keine Schuld mehr. Als ich 13 Jahre alt war, hab’ ich das nicht mehr ausgehalten und bin von zu Hause weggelaufen. Meine Mom und mein Bruder sind mir hinterher. Meine Mom wollte mich wieder nach Hause holen, aber ich sagte: ‚Ich halte den Streit und die Schläge nicht mehr aus.’ Mein Freund hat mich geschlagen und im Schlaf vergewaltigt, sodass ich oft wegen der heftigen Schmerzen aufgewacht bin, weil mein Unterleib blutete. Er hielt mir meinen Mund zu und sagte zu mir: ‚Solltest du je darüber reden, bring’ ich dich um!’ Aus Angst war ich fast vier Jahre mit ihm zusammen. Erst mit 17 schaffte ich es, mit ihm Schluss zu machen. Wir sind dann zu dritt zu einem ehemaligen Freund gezogen und wohnten dort acht Tage lang, ehe das Schreckliche passierte: An einem Samstag kam mein Bruder vom Fußballspielen und sagte zu mir: ‚Papa hat sich aufgehängt!’ Er sagte es dreimal zu mir und ich glaubte es nicht. Ich ging zu unserem Haus, um mich selbst zu überzeugen und da fuhren der Leichenwagen und die Polizei an mir vorbei. Ich ging zur Wohnung. Da saßen meine Oma und die Tante von meinem Dad in der Essdiele. Sie weinten. Ich ging ins Wohnzimmer und sah auf der Kommode den blutigen Strick Drei Monate später lernte ich einen neuen Mann kennen. Mit dem hat zu Anfang alles gepasst. Er hat mir damals meinen ersten Schuss gesetzt. Zweieinhalb Jahre waren wir zusammen, aber es war nur eine Drogenbeziehung. Später erst habe ich gemerkt, dass wir zwei völlig verschiedene Charaktere waren. Wir waren zusammen auf zwei Therapien, die nichts gebracht 14 haben. Ich machte Schluss mit ihm während der Therapie. Dafür hängte er mich hin, und ich flog aus der Therapie raus. mich zum Wendepunkt in meinem Leben geworden. Ich werde einen neuen Weg gehen. Ich bin jetzt 22 Jahre alt. Ich bin so oft gefallen und noch öfter aufgestanden. Und egal, was noch kommen mag: Ich werde immer wieder aufstehen. Denn es gibt Menschen, denen ich etwas bedeute. Und nicht zuletzt um meiner selbst willen! Nun bin ich seit 14 Monaten mit einem sehr netten Jungen zusammen. Er ist der erste Mensch im Leben, dem ich mich voll und ganz anvertraut habe. Und ich merke, wie gut mir das tut, mich öffnen zu können. Mein Selbstvertrauen ist gewachsen und ich habe angefangen, wieder Gefühle zu zeigen. Obwohl ich jetzt wegen Drogen im Gefängnis bin, hält er zu mir und macht mir Mut. Sabrina Hier in der JVA habe ich viel Zeit, über mein Leben mit seinem Licht und Dunkel nachzudenken. Vieles ist in mir wieder hochgekommen. Es gibt hier einige nette Menschen, mit denen ich reden kann, denen ich meine Lebensgeschichte erzählen kann: Der ewige Streit und die Prügel zu Hause, der Selbstmord von meinem Dad, meine Schuldgefühle, die schlimmen Dinge mit meinem ersten Freund, die Drogen … Ich hab’ das Gefühl, ich bin aufgewacht und fang’ an zu leben. In dieser schrecklichen Situation der Haft und getrennt von meinem Freund habe ich doch auch angefangen, Gutes zu entdecken, Chancen für mein Leben zu sehen. Alle Dunkelheit der Welt kann das Licht einer einzigen Kerze nicht Ich mache jetzt bald eine Therapie für Frauen bei ‚Primadonna’. Und ich glaube, dass mir das viel helfen wird. Denn ich will endlich leben. So ist das Gefängnis für auslöschen. 15 (aus China) Leben führen. Hier realisierst du es nicht wirklich, aber ich kann sagen: Ich bin froh, diese Erfahrung machen zu dürfen. Denn so lerne ich (zwar durch eine harte Schule), was es heißt, sich durchzusetzen, Probleme auszuhalten und nicht davor wegzulaufen. Klar fehlen mir die Umarmungen und Liebkosungen meiner Familie und ich bin nicht frei. Trotzdem lerne ich, in den Menschen zu lesen - und die meisten sind falsch! Ich habe das Glück, hier Leute wieder zu treffen, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Eine habe ich seit 15 Jahren nicht gesehen und treffe sie hier im Knast wieder. Zufall oder von Gott gewollt? Wer weiß! Auf jeden Fall fühle ich mich besser, wenn ich ein vertrautes Gesicht erblicke. Ja, ich habe hier drinnen einiges gelernt, was für mein alltägliches Leben wichtig ist: Stark bleiben, Ruhe bewahren und lächeln. Es ist nicht schön, im Gefängnis zu sein, aber man kann auch hier Schönes entdecken: den Chor, die Emmausgruppe, Yoga, Bastelgruppe, Poesiegruppe und Gottesdienst. Und ich habe endlich viel Zeit zum Lesen. Also: Gebt nicht auf, bleibt stark! Es kann nur besser werden. Mein Leben im Gefängnis Manchmal frage ich mich, warum? Ja, ich habe einen Fehler gemacht, danach mein Leben wieder geordnet, einen Job, eine Familie aufgebaut, eine Therapie begonnen. Und dann findest du dich plötzlich hinter Gittern wieder. Alles ist so unwirklich und doch klare Gewissheit. Für die meisten Menschen bist du gebrandmarkt. Viele beschimpfen dich als Verbrecher oder noch schlimmer. Dabei vergessen die meisten, dass auch wir Menschen sind. Mit Gefühlen wie Trauer, Schmerz, Wut, Verzweiflung, Einsamkeit und Angst. Warum versuchen die Menschen nicht, hinter die Maske des ,Verbrechers‘ zu schauen. Da würden sie Menschen sehen, die nach Hilfe rufen, egal was sie verbrochen haben. Ob Diebstahl, Mord oder Drogendelikte. Das sind Hilfeschreie nach Beachtung oder aus Verzweiflung. Und wenn ich mir das so anschaue, denke ich an Jesus. Er wurde geschlagen, beschimpft, bespuckt und dann lebendig ans Kreuz genagelt. Und trotzdem stand er mit erhobenem Haupt da. Denn er wusste, er müsse durch diese Hölle gehen, um seinen Auftrag zu erfüllen und so zum Leben zu gelangen. Wir erdulden einiges im Gefängnis. Manche Beamtinnen, die einen behandeln wie Vieh, das Essen und die Lästereien der Mitgefangenen. Aber ich weiß, dass mein Leben, wenn ich hier draußen bin, wieder gut wird. Ich habe eine tolle Familie, die hinter mir steht und einen kleinen süßen Sohn. Allein dafür lohnt es sich zu kämpfen. Ich gebe nicht auf und kämpfe weiter. Ich will bei meiner Entlassung erhobenen Hauptes aus der Tür gehen und stolz sagen: ,Ich habe es geschafft und bin stark geblieben.‘ Danach werde ich ein drogenfreies, friedliches A. , NFA München, Schwarzenberg Anfügen möchte ich ein Gebet von einer Mitgefangenen und Freundin: 16 Leben im Namen und in der Gnade Gottes mit einem erfüllten Herzen! Gott! Mögen d i ej e n i g e n, d ie über uns richten, niemals vergessen, dass auch sie Wenn ich meine Umgebung erblicke, könnte ich kotzen. Doch nicht weil ich mich hier im Gefängnis befinde und andere Menschen mein Schicksal zu bestimmen versuchen oder über mich richten wollen, sondern eher über die mangelnde Einsicht vieler, die ihr eigenes Antlitz nicht ertragen und es sich und anderen dadurch nur noch schwerer machen. Alle, die wir hier in Haft unser Dasein fristen, befinden sich im gleichen Boot. Doch anstatt sich an den Händen zu fassen, ihr eigenes Leben zu überdenken, sich selbstkritisch zu betrachten und aus ihren eigenen Fehlern zu lernen, verhalten sie sich genauso schlimm oder sogar manchmal schlimmer als zuvor draußen auf der Straße, von der wir alle kommen. Dir gegenüber zu Gehorsam verpflichtet sind. Mögen d i ej e n i g e n, d ie über uns richten, niemals vergessen, dass sie bei ihren Entscheidungen Dei- nen Gesetzen unterworfen sind. Mögen d i ej e n i g e n, d ie über uns richten, sich immer bewusst sein, dass es nur Dir obliegt, Recht vom Unrecht zu unterscheiden. Mögen d i ej e n i g e n, Ich bin froh, hier zu sein, das Schicksal und Leid vieler Menschen zu sehen, zu bemerken, wie gut es mir selber doch geht und wie viel Leid diese Erde über Menschen gebracht hat. Doch nicht der Planet kämpft gegen uns, sondern wir gegen ihn, von Anbeginn. Ich kann diesen Lug und diese Falschheit nicht mit ansehen, denn viele drehen sich nur im Kreis, anstatt den Aufenthalt hier als eine Chance auf ein besseres Leben zu betrachten. Nein, sie lügen weiter, betrügen und beklauen sich auch hier gegenseitig und lassen sich auch noch vom Bösen mitreißen. Viele sind auch nur neidisch und eifersüchtig, Habgier bestimmt ihr Dasein auf dieser Welt. Für all diese tut es mir sehr leid, dass sie nicht gelernt haben, in Gottes Namen zu leben, nicht in Demut vermögen, sich selbst zu tadeln, d ie über uns richten, den Mut haben, in Deinem Sinne zu entscheiden. Mögen über d i ej e n i g e n, uns Grenzen r i c ht e n , ihrer Gerichtsbarkeit d ie die irdischen nicht ü- berschreiten. Sie sind nicht Du, sie werden es niemals sein. Danica, JVA München Schwarzenberg 17 sondern sich mit ihren Lügen nur weiterhin selbst betrügen. Ich maße es mir nicht an, über diese zu urteilen, ich sage nur, was meine Augen sehen, meine Ohren hören und mein Herz mich fühlen lässt. die sich hier in diesem trostlosen Ort befinden, appellieren, sich und seinen Weg gut anzusehen, zu überdenken, sich an Gott zu wenden und vor Gott und sich selbst seine Sünden zu bereuen. Denn nur wer erkennt und versteht und seine Hand mit Liebe ausstreckt, wird das Leben sehen, in dem er sich hätte schon längst befinden können. Durch meinen Glauben an Gott und seine Gnade bin ich zuversichtlich und blicke mit einem erfüllten Herzen in meine eigene Zukunft. Ich weiß, dass ich mich auf Gott verlassen kann und Er mich nicht alleine lässt, solange ich lebe, bete und Ihm vertraue. Egal wie schwer oder wie furchtbar, ausweglos oder zerstörerisch eine Situation auch erscheinen mag, es geht immer voran, solange man den Glauben an das Positive nicht vergisst, sich selbst auch mal zurück nimmt und andere beachtet und achtet, wie sie sind - auch mit ihren Fehlern. Wenn man nur ein Stück versucht, sich an die Gebote Gottes zu halten und selbst mit gnädiger Hand waltet, wird Gott einen auch nie verstoßen. Das Herz wird erfüllt von Liebe sein, egal an welchem Ort man sich auch befindet. Man muss sein Wesen dafür nicht ändern, man muss nur dazulernen, lernen zu kämpfen, nicht zu resignieren und nicht zu versuchen, seine eigene Schuld auf andere abzuwälzen, denn das bringt keinen von uns auch nur einen Schritt voran. Die Umkehr und der Versuch, es zu tun, sind das, was zählt. Keiner ist ohne Schuld. Doch es ist einen Versuch wert zu probieren, nach der Hl. Schrift Gottes zu leben. Und wer das tut, weiß auch, dass Gottes Gnade und Gerechtigkeit allmächtig und großartig sind. Egal, was ich getan habe, ich habe immer versucht, die Gebote des Herrn nicht zu übergehen. Ich habe aus meiner Sicht immer mit Seiner Unterstützung und Seiner Macht an meiner Seite überlebt und gelebt. Dafür danke ich dem Herrn jeden Tag und es lässt mich das alles hier im Knast leicht ertragen und meine Buße tun, weil ich einen Halt habe. Mir hilft es sehr, aber man muss dafür auch ehrlich zu sich selbst sein. Ich habe gelernt, meinem Feind oder Schuldiger die Hand im Guten zu reichen. Dies befriedigt mich 100mal mehr, als mit Hass und Gewalt zu reagieren. Ich habe dadurch Frieden für mich erfahren. So sehe ich meiner Zukunft mit einem sicheren Gefühl und mit Stärke entgegen. Ich danke Gott für alles, was Er mir beschert. Es gibt nie etwas Schlechtes, aus dem nicht auch etwas Gutes resultiert. Davon bin ich überzeugt und lasse meinen Glauben aus meiner Seele sprechen, damit vielleicht auch andere davon profitieren und einen besseren Weg für sich selber finden Versucht Eure Zeit sinnvoll zu nutzen. Wir sind alle Kinder Gottes und keiner ist allein. Jeden Tag sterben auf dieser Erde unschuldige Kinder, Frauen und Männer! Es gibt soviel Trauriges und viel zu viel Armut auf dieser Erde. Um das sollten wir uns Gedanken machen und uns selbst objektiv und selbstkritisch betrachten. Gibt es denn nicht immer einen anderen neben uns, dem es viel schlechter geht als uns selbst? Es ist für mich ein furchtbares Thema, und ich kann auch hier nicht alles in Worte fassen, was ich vielen gerne mit auf ihren Weg geben möchte. Doch ich kann nur an alle, Michaela, JVA München Schwarzenberg 18 Mein altes Leben wurde durch die Haft zwangsbeendet Mit Anfang dreißig dann das unfreiwillige Coming-Out – durch die gezielte, absichtliche Indiskretion von ‚Christen’. Ausgrenzung durch die ‚fromme Szene’, Verlust des sozialen Umfeldes und seelischer Absturz waren die Folge. Erst recht keine Chance, Beziehungs- und Liebesfähigkeit zu entwickeln. Mein inzwischen beinahe fünfzig Jahre währendes Leben verlief in gewisser Hinsicht nicht besonders gut. Kindheit und Jugendzeit waren geprägt durch die Unberechenbarkeit, den Jähzorn und den Alkoholismus meines Vaters und meiner sehr manipulativen Mutter. Zunächst ‚gerettet’ haben mich die etwas ausgleichenden positiven Erfahrungen in der evangelischen Jugend. Mit vierzig traute ich mich dann endlich – aber nur zu einem ‚Verhältnis’ mit einem Vierzehnjährigen, dessen sexuelle Neugier ich ausnutzte. Ich weiß heute, dass dies absolut nicht in Ordnung war und unter Strafe steht. Zwar kriegte ich nach einiger Zeit die Kurve aus diesem für beide Seiten unguten Verhältnis, aber nun wich ich auf das Internet aus… Vertrauensunfähigkeit, Urmisstrauen und, mit beidem verbunden, das Verschließen von Gefühlen und Nöten in mir selbst waren dennoch als ungute Saat gelegt. In meiner Persönlichkeitsentwicklung blieb ich dadurch in einigen Bereichen hängen (wie mir jetzt aus der Rückschau klar wird). Natürlich flog beides auf … und ich landete für zweieinhalb Jahre im Knast. Völliger Zusammenbruch meines bisherigen Lebens. Wohnung futsch, Freunde futsch, alles futsch. Ich war am Ende und am Boden, fühlte mich wie vor einer schwarzen Wand. Tiefste Scham darüber, als gläubiger (wenngleich zutiefst verwundeter) Christ im Gefängnis gelandet zu sein. Überdies bemerkte ich schon als Teenager, dass mich Jungs mehr interessieren als Mädchen. In dem christlich-fundamentalistischen Umfeld, in dem ich dann für viele Jahre meine soziale Heimat hatte, wurde mir jedoch immer gesagt, Homosexualität sei Sünde und Abfall von der Nachfolge Jesu. Und ich glaubte dies … und verkümmerte im Laufe meiner Twenjahre innerlich immer mehr. Natürlich bekam das niemand mit, hatte ich ja im Elternhaus perfekt gelernt, aus Selbstschutz mein Inneres nicht preiszugeben. Meine emotionalen, erotischen und sexuellen Bedürfnisse ließen sich jedoch auf Dauer nicht verdrängen. Weil ich mich an gleichaltrige, erwachsene Männer nicht herantraute, begann ich, nach pubertierenden Jungs zu schielen. 19 Doch was passierte? Ich bekam die Chance, das Programm einer Sozialtherapeutischen Abteilung für Sexualstraftäter zu durchlaufen - viele wertvolle, oft tränentreibende Impulse. Ich wurde einer wunderbar geduldigen Einzeltherapeutin zugeteilt … viele wertvolle, auch tränenreiche Gespräche. Einzelzelle auf Jugendherbergsniveau (Luxus für bayerische Knastverhältnisse), Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen, mir ein vorübergehendes Zuhause zu gestalten. rührte mich an. Eine wunderbare Ergänzung zu meiner psychotherapeutischen Arbeit. Nun bin ich etliche Zeit schon wieder in Endlich konnte/musste ich nicht mehr vor mir selbst davonlaufen! Vielmehr war dies die Möglichkeit, meine Vergangenheit nochmals anzuschauen und damit zu beginnen, sie aufzuarbeiten: Meine tief sitzenden Verletzungen begannen zu heilen; nachträgliches Trauern über verpasste Chancen und frühe Verluste sehr geliebter Menschen durch Unfalltod fand statt. Nach und nach begriff ich, warum ich ‚falsch’ abgebogen war und wo die Defizite meiner Persönlichkeitsentwicklung lagen. Kurz und gut: Eigentlich war ich froh, dass mich die Richterin aus dem Verkehr gezogen und mir eine Zwangspause verordnet hatte. Freiheit. Bis jetzt klappt das Leben: Ich erlebe – zum ersten Mal in meinem Leben – eine tiefe Liebe in einer schönen Beziehung zu einem Mann. Natürlich besuche ich regelmäßig die örtliche Emmausgruppe. Ich bin auf einem guten, hoffnungsvollen Weg, mir eine freiberufliche, künstlerische Existenz aufzubauen. Mein altes Leben wurde durch die Haftzeit ‚zwangsbeendet’. Doch nun habe ich die Chance zu einem kompletten Neuanfang geschenkt bekommen – und wer hat das schon mit knapp fünfzig? Ich bin erfüllt von tiefer Dankbarkeit. Und dann der göttliche doppelte Bonus: Einerseits ergab es sich, dass ich mit anderen Gefangenen den Gottesdienst in der evangelischen Anstaltskirche mit gestalten durfte. Andererseits lernte ich die Emmausbewegung kennen, denn dort in der JVA gab es eine entsprechende Gruppe. Beim Auspacken meines eingelagerten Hausrates fand ich eine Schmucktasse wieder mit diesem Aufdruck: ‚Jesus Christus spricht: Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre.‘ Lk 22,32 Gott ließ mich nicht los, obwohl ich mich vor ihm verkrochen hatte. Im Knast holte Er mich wieder heraus aus dem Loch und Peter 20 Plädoyer für einen humaneren und pro-sozialen Strafvollzug entstehen kann und auch dafür, wo dessen Entwicklung hingehen sollte. Die Aussagen gelten zwar für viele Bundesländer, jedenfalls aber für Bayern, dessen Strafvollzug die Verfasser erlebt haben. Weitere Artikel, auch mit entsprechenden Reformvorschlägen, werden folgen. Teil 1: Der blinde Fleck mitten in der Gesellschaft Wie hätten wir denn die Haftentlassenen gerne? Von den ca. 60.000 Menschen, die derzeit in deutschen Gefängnissen einsitzen, werden de facto alle eines Tages wieder in die freie Gesellschaft zurückkehren, unabhängig von Delikt oder Haftlänge. Die Zahl derer, die nicht mehr auf freien Fuß kommen, ist vernachlässigbar gering. Über das Thema Straffälligkeit haben leider die Sensationsberichterstattung der Medien und die Verlautbarungen von Gericht und Staatsanwaltschaft die Deutungshoheit. Meist binnen Stunden werden vermeintlich Schuldige und ihre mutmaßlichen Motive angeprangert und damit sind sie vorverurteilt, egal was davon später in der Rechtsprechung Bestand haben wird. Selbst falls sich bei Verdächtigten (zumal wenn sie sofort in U-Haft genommen werden) im späteren Strafprozess herausstellt, dass sie teilweise oder vollends zu Unrecht angeklagt waren, haben weder sie noch ihre Angehörigen eine Chance, ihr altes Leben und ihre Unbescholtenheit wieder zurückzugewinnen, denn "irgendwas wird schon dran gewesen sein …!" Nicht selten ist das Ergebnis von Freisprüchen trotzdem die totale Existenzvernichtung des Betroffenen. Gesetzt den Fall, wir würden erfahren, dass in unsere Nachbarwohnung ein früherer Straftäter nach seiner Haftentlassung einziehen wird was für Erwartungen hätten wir dann an ihn? Zu welchem Typus von Gesellschaftsmitglied sollte ihn denn der Staat (im Strafvollzug) verändert haben? Sachinformationen dazu sind allerdings medial nicht sexy, solange sie nicht reißerisch daher kommen. Deshalb ist es leider auch nicht Teil der medialen oder staatlichen Berichterstattung, zu fragen, wo die Straffälligkeit des Einzelnen her kommt, welchen indivi- Diese Artikelserie will dazu beitragen, dass in der Gesellschaft ein realistischeres Bewusstsein über den aktuellen Strafvollzug 21 duellen Inhalt und Zweck eine Freiheitsstrafe im speziellen Fall für ihn haben sollte und vor allem darüber, was das Gemeinwesen denn zu erwarten hat, wenn "so einer" wieder raus kommt. Wäre der Strafvollzug ein Unternehmen und müssten sich die politisch und vollzuglich Verantwortlichen am Ergebnis ihrer Arbeit, ihrem "Output" (Quote der resozialisierten Haftentlassenen) messen lassen, so müsste man diese Verantwortlichen sofort entlassen und das Unternehmen abwickeln! Für die Gesellschaft ist es aber wichtig und sie hat ein Recht darauf, zu erfahren, was zu Straftaten führt, wie sie geahndet werden und was im Freiheitsentzug geschieht. Diese Information wäre vor allem auch den Opfern von Straftaten geschuldet. Zumeist bleibt es aber bei reißerisch aufgemachten Rückblicken auf die vormalige Tat, kurz bevor ein Inhaftierter wieder in Freiheit kommt. Das hat die erneute Stigmatisierung des Haftentlassenen und diffuse Ängste in seiner neuen Umgebung als schädliche Folge. Man stelle sich vor, BMW würde Autos produzieren, von denen auch nur 10% kurz nach dem Verkauf defekt sind - man würde Vorstand und Aufsichtsrat auf den Mond schießen und die Firma kaum vor dem Bankrott retten können. Dagegen nimmt es die Öffentlichkeit klaglos hin (weil sie es nicht erfährt), dass ein Heer von Staatsbediensteten in über 50% der Fälle bei seinem Auftrag zur Resozialisierung versagt und damit auch bei der Prävention und dem Schutz der Gesellschaft nach der Haftentlassung. Gleichgültig was die Gründe dafür sein mögen, muss man sagen: Dieser Strafvollzug schadet der Gesellschaft, er ist schuldig der unterlassenen Hilfeleistung für künftige Opfer! Der "Konzern Strafvollzug" versagt katastrophal Auftrag und einzige Daseinsberechtigung für den Strafvollzug ist die Sicherstellung des Freiheitsentzugs ohne Schaden für die Gesellschaft und die sog. Resozialisierung der Inhaftierten. Vereinfacht gesagt wäre der teure und personalintensive Strafvollzug nur dann gerechtfertigt, wenn er Straffällige sicher verwahrt und im Freiheitsentzug alles tut, damit ehemalige Straftäter bei ihrer Haftentlassung künftig ohne Straffälligkeit bleiben und pro-sozialer Teil unseres Gemeinwesens werden. Die Steuerzahler und auch die potenziellen Opfer von Rückfalltätern in der Gesellschaft werden darüber vom Staat (wohlweislich?) im Unklaren gelassen. Dass der aktuelle Strafvollzug ca. 4,5 Mrd. EUR/Jahr kostet, wird ebenfalls nirgends thematisiert und das Thema "Output" von Strafvollzug wird komplett ausgeblendet. Stattdessen schüren populistische Politiker unwidersprochen mit einem "Wegsperren für immer" beim Bürger die Illusion, dass mit dem Einsperren alles erledigt sei. Ob der praktizierte Strafvollzug überhaupt tauglich ist, der Gesellschaft zu nutzen, bleibt unhinterfragt und er ist es keineswegs! Denn zumindest so viel ist sicher: Eine Kosten-NutzenRechnung fiele katastrophal aus. Diese Rechnung wird aber nicht aufgemacht (zu- Die Gewährleistung der Sicherheit erfüllt der Strafvollzug weitgehend und Entweichungen oder Gefährdungen für Dritte sind die große Ausnahme. Aber bei dem damit verbundenen Resozialisierungsauftrag versagt der Apparat total - die Rückfallquote liegt - egal wie man sie misst oder definiert - im Schnitt bei 50%, teilweise sogar deutlich höher! 22 mindest nicht publik gemacht), denn es sind ja "nur Steuergelder". Das Vertrauen der Gesellschaft in die vorbeugende und korrigierende Schutzfunktion des Staates wird missbraucht und nicht eingelöst. Der Bürger wird "dumm" gehalten (unwissend) und ihm wird vermittelt, die Verantwortlichen wüssten schon, was sie tun und das war schon immer so - Transparenz ist nicht willkommen. Wissenschaftliche kriminologische Erkenntnisse aus Jahrzehnten werden grundsätzlich negiert, stattdessen ist das "Länger-und-härter-Bestrafen" die einzig erkennbare Veränderung. Hauptsache "mia san mia" ... top, in dem fast nach Belieben mit dem Objekt Mensch umgegangen werden kann dem kritischen Blick der Öffentlichkeit entzogen. Gefängnisse sind die wohl unnatürlichsten und schlechtesten Orte für soziale Wesen und überwiegend kommen Menschen dort "schlechter" heraus, als sie hinein mussten. Käfig- und Massentierhaltung finden hier „Blinder Fleck" mitten in unserem Gemeinwesen Von jeher ist das Einsperren von Menschen nur die ultima ratio des Staates, wenn er sich nicht mehr anders zu helfen weiß, mit dem Bürger umzugehen, der gegen wichtige Regeln des Zusammenlebens verstoßen hat. Es ist nachvollziehbar und richtig, dass Gerichte staatlicherseits das sanktionieren, was ansonsten in private Rache ausarten könnte (Gewaltmonopol), auch durch Freiheitsentzug als eine Möglichkeit der Bestrafung. Die Strafvollzugsgesetze des Bundes und der Länder sind größtenteils selbst aus der Sicht von Betroffenen gut durchdacht und richtig. ihre inhumane Entsprechung für die "Aussätzigen" der Gesellschaft, die Randgruppe der Gefangenen. Umso weniger ist es nachvollziehbar, wieso die praktische Umsetzung des Strafvollzugs ein absolutes Stiefkind der Gesellschaftspolitik ist, die Schmuddelecke, der blinde Fleck mitten in unserem Gemeinwesen. Gefängnisse und wie sie arbeiten, wo sie nutzen oder gar schaden, sind eine unbekannte Parallelwelt, eine Art Sozialbio- Um es klar zu sagen - die überwältigende Mehrzahl der inhaftierten Strafgefangenen muss sich als Folge ihrer Straffälligkeit den Freiheitsentzug zurechnen lassen und diesen auch aushalten. Dies rechtfertigt aber nicht, dass sie dabei zusätzlich auch noch 23 in ihrer Menschenwürde verletzt oder ihnen die Garantien eines modernen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats vorenthalten werden. Dass dies sogar der Alltag in Gefängnissen ist und die Möglichkeiten zu willkürlichem Staatshandeln so vielfältig sind, ist unserer Gesellschaft nicht nur unwürdig, sondern auch klar gesetzeswidrig nur erfährt davon fast niemand! Und wenn es vor Wahlen in der Bierseeligkeit von Stammtischen doch thematisiert wird, dann geschieht es "denen" doch ganz recht, dann werden "Law-and-Order"-Sprüche geschwungen. vor sie dagegen vorgehen können. Das rechtliche Instrumentarium dazu ist nur sehr schwach ausgeprägt und man ist praktisch gezwungen, gegen die JVA vor Gericht zu gehen und viele Monate auf eine Entscheidung zu warten. Was dann Gefangene erwartet, die es dennoch wagen, ihr Anliegen vor Gericht überprüfen zu lassen, reicht vom Vorwurf des Querulantentums über unangekündigte Zellenkontrollen bis zu Verschleppen von Lockerungsabläufen und spontanen Verlegungen in andere Anstalten. Jedenfalls sollte sich derjenige warm anziehen und mit vielem rechnen, was man durchaus als Schikane empfinden kann. Machtgefälle und Willkür Der praktische Alltag im Strafvollzug wird durch Verwaltungsvorschriften, Hausordnungen sowie Einzelweisungen der Anstaltsleiter/innen, die einen sehr großen Ermessensspielraum haben, bestimmt. In diesen Ausführungsbestimmungen zu den (guten) Gesetze wird aber sehr viel von dem, was der Gesetzgeber eigentlich beabsichtigte hatte, zu Ungunsten der Gefangenen aufgeweicht oder gar konterkariert. Das Machtgefälle im Vollzug ist riesig und eine eiserne Regel ist es, nicht mit Gefangenen zu sprechen, sondern über sie hinweg zu entscheiden. Konfrontation und Opposition gegen den Strafvollzug und dessen Ziele ist dadurch zur Regel geworden. So hat sich der Gesetzgeber die Resozialisierung zu einem mündigen Staatsbürger sicher nicht vorgestellt. Stattdessen kommen dann Menschen zurück in Freiheit, die zumeist die Nase so voll von Staat und Obrigkeitswillkür haben, dass der Gesellschaft damit nicht gedient, sondern geschadet ist! Dadurch ist es möglich, dass alle Strafvollzugsbediensteten zahllose Maßnahmen treffen können, die sich für Gefangene als ständige weitere "Nebenstrafen" auswirken, obwohl ihre eigentliche Strafe im Namen des Volkes "nur" den Entzug der Freiheit vorsieht. Selbst wenn es oft nicht so gemeint sein mag, aber für den entmündigten Gefangenen, der zusammen mit seinen Bezugspersonen dem totalen System Strafvollzug vollkommen ausgeliefert ist, kommt vieles davon nur noch als reine Willkür an. Bevor wir Möglichkeiten zur Veränderung des Strafvollzugs aufzeigen wollen, soll als Teil 2 in der nächsten Ausgabe eine Bestandsaufnahme stehen, was in der praktischen Umsetzung des Strafvollzugs hauptsächlich im Argen liegt unter dem Thema: Strafvollzug schadet der Gesellschaft, wenn … Die Rechtslage sieht aber vor, dass Gefangene zunächst allen "Anweisungen von Bediensteten Folge zu leisten" haben, be- Im Juli 2015 von Betroffenen aus Bayern 24 Menschen, Wir brauchen sind als wir, die schlechter selbst s un r vo r wi it dam en. bestehen könn ndenböcke, Sü Wir brauchen st damit wir selb n können. he ge t ch fre au unsere Sünden Wir brauchen abzuladen: re nicht auf ande sie ER t ha llig wi ei Fr n, für uns getrage ck bo unser Sünden s. te das Lamm Got Petrus Ceelen 25 ART. 2 AUFGABEN DES VOLLZUGS 1 Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. 2 Er soll die Gefangenen befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Behandlungsauftrag). ART. 3 BEHANDLUNG IM VOLLZUG 1 Die Behandlung umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, auf eine künftige deliktfreie Lebensführung hinzuwirken. 2 Sie dient der Verhütung weiterer Straftaten und dem Opferschutz. 3 Die Behandlung beinhaltet insbesondere schulische und berufliche Bildung, Arbeit, psychologische und sozialpädagogische Maßnahmen, seelsorgerische Betreuung und Freizeitgestaltung. 4 Art und Umfang der Behandlung orientieren sich an den für die Tat ursächlichen Defiziten der Gefangenen. Bayerisches 26 Strafvollzugsgesetz (v. 01.01.2008) Macht. Gefängnis. Sinn? tung voraussetzt, dass man Teil der Gesellschaft ist, aus der aber die Gefangenen gerade ausgeschlossen sind? So verwundern die Rückfallquoten nicht, die laut einer Studie aus 2014 nach sechsjährigem Beobachtungszeitraum 45% und bei Jugendlichen sogar bei 70 % liegen. Je nach Sanktion, Delikt oder Region liegen die Zahlen sogar noch höher. Studien zufolge führen sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahmen oft zu einer Senkungen der Rückfallquoten, aber leider sind sie in puncto Resozialisierung nur von beschränkter Aussagekraft. Zudem wirken dem Gelingen der Resozialisierung auch die in der Haft hinzukommenden Gefahren entgegen: Dass manche dort erst richtig kriminell werden, dass das Selbstwertgefühl und die sozialen Beziehungen zerstört werden, dass bleibende Stigmatisierung sowie durch die Haft verursachte psychische Störungen entstehen bis hin zum Suizid. war das Thema einer Tagung, die im Februar 2015 in der evang. Akademie in Tutzing stattfand. Den Eröffnungsvortrag hielt der Kriminologe und Leiter der sächsischen JVA Zeithain, RegDir Dr. Thomas Galli, der über langjährige Erfahrungen in verschiedenen Positionen des Strafvollzugs, so auch in Amberg und Straubing, verfügt. Langfassung: www.machtgefaengnissinn.de Hier werden einige der von ihm geäußerten Gedanken wiedergegeben: Fünf Ziele verbindet der Staat mit Inhaftierung. Deren Sinnhaftigkeit bzw. Erreichbarkeit werden kritisch hinterfragt: 1. soll Vergeltung praktiziert werden, indem dem Straftäter, der Übles (Unrechtmäßiges) getan hat, ebenfalls ein Übel (Freiheitsentzug) zugefügt wird. 2. soll eine Resozialisierung zum Nutzen des Inhaftierten wie auch der Gesellschaft erfolgen. 3. dient die Haft der Sicherung vor weiteren Straftaten. 4. soll durch die Strafe eine Abschreckung potenzieller Täter erreicht werden und 5. soll der öffentliche Vollzug der Strafe eine Stärkung des Vertrauens der Allgemeinheit in Recht und Gesetz bewirken. Der Stellenwert, der diesen Zielen eingeräumt wird, wird kritisch unter die Lupe genommen. Dabei erscheint das Ziel der Resozialisierung besonders beachtenswert, weil faktisch alle Inhaftierten irgendwann wieder in Freiheit entlassen werden und die Allgemeinheit deshalb am besten durch eine große Gewichtung auf die Resozialisierung vor weiteren Straftaten geschützt wird. Inwieweit kann es aber im Gefängnis überhaupt gelingen, zu resozialisieren? Ist nicht sogar ein Widerspruch darin zu sehen, dass ein Leben in sozialer Verantwor- (Siehe auch der Artikel: Mögliche schädliche Folgen des Strafvollzugs, S. 31 f in diesem Heft.) Galli plädiert dafür, dass verstärkt ein dem christlichen Menschenbild entsprechender Vollzug auf Augenhöhe angestrebt werden sollte, bei dem sich die Bediensteten nicht für mehr wert erachten sollten als die Gefangenen und sich nicht über die Gefangenen erheben und diese dadurch klein halten dürfen. Um diesem Ideal näher zu kommen, muss ein höchstmögliches Maß an Selbst- und Mitbestimmung der Inhaftierten angestrebt und damit der Macht-Ohnmacht-Dualität zumindest teilweise entgegen gewirkt werden. Hierzu müssen Räume geschaffen werden (z. B. durch die Gründung von Kommissionen für gemeinsame Arbeit und Aktivitäten), in denen Gefangene Verantwortung über27 nehmen und Team-Strukturen gebildet werden können. Vorteilhaft wäre es auch, die Gewährung von erforderlichen Behandlungsmaßnahmen weniger restriktiv zu handhaben. Der Vollzug sollte weniger prüfen, mit welcher Begründung er die Anliegen von Gefangenen ablehnen kann. Stattdessen sollten unterstützende Anregungen, auch von Seelsorgern und Ehrenamtlichen, mehr Beachtung finden und deren Einbindung unbürokratischer ermöglicht werden. So sollte ein Gefängnis nicht nur Probleme verwalten, sondern aktiv Positives gestalten. In einem Klima von Angst und Druck können Gefangene nicht positiv beeinflusst werden und es entstehen meist negative Identifikationsmöglichkeiten. Damit werden eher Aggressionen aufgebaut, die dann wieder Straftaten nach sich ziehen können. Es sollte eingehender geprüft werden, inwieweit repressive Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung zwingend erforderlich sind. Auch ist zu prüfen, inwieweit z. B. der Arrest als Disziplinarmaßnahme durch eine einvernehmliche Streitbeilegung ersetzt werden kann. Hiermit habe man im sächsischen Strafvollzug gute Erfahrungen gemacht. Zur Vermeidung von schweren seelischen Schäden, die insbesondere bei langjährig Inhaftierten entstehen können, sollten Kontakte zu externen Bezugspersonen vermehrt und einfacher ermöglicht werden, anstatt einzig Sicherheit und Ordnung in den Fokus zu stellen. Daher wird im sächsischen Strafvollzug ein Schwerpunkt auf die Familienorientierung gesetzt, beispielsweise durch nicht überwachten Langzeitbesuch. Derartige Maßnahmen (mit denen Gefangene auch Belohnung neben der allgegenwärtigen Bestrafung für unerwünschtes Verhalten erfahren) lassen eine niedrigere Rückfallquote erwarten. Galli mahnt selbstkritisch: Vertreter der Justiz sollten nicht länger dazu beitragen, "dass sich der (Irr-)Glaube hält, die Integration in die Gesellschaft könnte durch die Haft am besten gelingen." Hier sei auch die Wissenschaft gefordert, die Wirkung einzelner Maßnahmen weitergehend zu erforschen. Die wissenschaftliche Erkenntnisbasis sollte vergrößert und im Strafvollzug entsprechend angewandt werden. Hierbei müsse man verstärkt nach vorbeugenden Maßnahmen suchen bzw. sozialen Strukturen entgegenwirken, die zu schädigendem Verhalten führen. Für unser soziales Zusammenleben brauchen wir eine Moral, die gut und böse unterscheidet und sich am Bild eines selbst28 bestimmten Menschen mit freiem Willen orientiert, wie wir es auch aus dem christlichen Glauben kennen. Der Mensch hat den freien Willen, um sich Gott zuzuwenden oder sich Gott zu verweigern. So dürfen wir den Menschen auch nicht mit seiner "bösen" Tat gleichsetzen und Straftäter als minderwertig ansehen. Jeder Mensch trägt das Potenzial für gut und böse in sich. Der Vortrag schließt mit den Worten: "Um dem Sinn von Gefängnis mehr Raum zu geben und den Unsinn zurückzudrängen, brauchen wir einen breiten Diskurs unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse und möglichst aller gesellschaftlicher Kreise und Institutionen; und da spielen die Vertreter von Kirche, Politik, Medien und sozialen Einrichtungen sowie Mitarbeiter in den Gefängnissen eine ganz wesentliche Rolle." In jedem jungen Menschen, auch in den schlimmsten, gibt es einen Punkt, wo er dem Guten zugänglich ist; und so ist es die erste Pflicht des Erziehers, diesen Punkt, diese empfängliche Stelle des Herzens zu suchen und zu nutzen. Zusammenfassung: Barbara Jörg weil ich es dann am Konfuzius, chines. Weiser des 6. Jahrh. v. Chr. * * * * * Liebe mich, wenn ich es am wenigsten verdiene, meisten brauche! * * * * * Eine Art Feindesliebe Mitleid haben auch mit denen in denen das Leid so schlecht wie keinen Platz mehr gelassen hat für ihr Mitleid. Erich Fried 29 glaubliche Hoffnung bereit: Keine Gefängnismauer kann sein Licht abhalten. Keinen noch so dunklen Ort gibt es, wo Gott nicht seine befreienden Boten hinschicken kann. Und das fürbittende Gebet kann Wunder wirken, auch heute, auch in einem Gefäng- Darf man im Gefängnis auf Wunder hoffen? Die meisten werden sagen: In dieser harten Welt gibt’s keine Wunder. Und doch hat der Evangelist Lukas in seiner Apostelgeschichte (Kap. 12) genau in dieser Welt ein Wunder beschrieben: Die Rettung des Petrus aus dem Gefängnis des Herodes in Jerusalem. König Herodes war auf die politische Unterstützung der Pharisäer aus. Und da diese der neu entstehenden Christengemeinde feindlich gegenüber standen, ließ er deren Anführer Petrus einsperren, um sich damit bei den Pharisäern einzuschmeicheln. Petrus sollte den Juden dann öffentlich vorgeführt werden. Das Ergebnis war klar vorhersehbar: Er sollte mit Volkes Stimme verurteilt und getötet werden. Petrus wird schwer bewacht und an Ketten gefesselt; vor Erschöpfung schläft er. Draußen beten die Freunde aus der Christengemeinde inständig für ihn. Lukas erzählt nun: Ein Engel, ein Bote Gottes also, weckt ihn auf mit seinem Licht, stößt ihn in die Seite und fordert ihn auf mitzukomRaffael, Die Befreiung des Petrus,Vatikanische Museen men. Petrus weiß nicht, wie ihm da geschieht. Die beiden passieren nis: Einer bekommt wieder Lebensmut. sämtliche Wachen, das eiserne GefängnisEine gewinnt wieder Selbstachtung. Einer tor öffnet sich ihnen; Petrus ist frei und der kann Reue und Einsicht in seine Schuld Engel verschwindet. gewinnen. Eine kann ihre Rachegefühle Eine schöne Geschichte – gewiss. Doch überwinden. - Viele Briefe, die in dieser die Botschaft dieser Geschichte ist für alle, Zeitschrift veröffentlicht werden, sprechen die Gott vertrauen wollen und können, unJosef Six davon. geheuer: Dieser Gott hält für uns eine un30 Mögliche schädliche Folgen des Strafvollzugs "Verbrechern" unterscheidet, wohl aber vom Gros der Bevölkerung außerhalb der Anstalt. Neben seiner Freiheit verliert der Gefangene eine ganze Reihe weiterer Güter, die für Menschen außerhalb der Gefängnismauern zur Selbstverständlichkeit gehören und zu einem menschenwürdigen Leben nötig sind. Verlust der Privatsphäre Von Privatsphäre kann nicht die Rede sein, wo man auf engem Raum mit unzähligen Menschen zusammenleben muss, deren Gemeinschaft man nicht gesucht hat. Es gibt kaum eine Möglichkeit, sich vor den anderen zurückzuziehen und selbst, wenn man allein auf Zelle sitzt, kann man nie sicher sein, ob nicht im nächsten Augenblick ein Beamter die Tür öffnet. Abbruch heterosexueller Das Gefängnis als totale Institution Unter totalen Institutionen versteht man solche, die das gesamte Leben der darin lebenden Menschen beherrschen. Außer Gefängnissen zählen dazu in mehr oder weniger starkem Ausmaß auch psychiatrische Krankenhäuser, Erziehungsheime, Kasernen, Internate und Klöster. Ihnen allen sind einige Merkmale gemeinsam • Autoritäres System • Streng geregelter Tagesablauf • Viele Schicksalsgenossen • Institution darf nicht verlassen werden Menschen, die in solchen Institutionen leben (müssen), sind zum Teil einem hohen psychischen Leidensdruck ausgesetzt. Das Gefängnis als Inbegriff einer solchen totalen Institution kann zahlreiche schädlichen Auswirkungen auf die Inhaftierten haben. Das sieht auch der Gesetzgeber so, der mit dem § 3 StVollzG den Schaden für die Gefangenen möglichst gering zu halten sucht. Im Gefängnis Beziehungen Wo nur Männer zusammenleben, werden auch solche Männer zur Homosexualität gedrängt, die von ihrer Veranlagung her heterosexuell sind. Gelegentlich kommt es auch zu sexueller Gewalt. Trennung von den Angehörigen Strafgefangenen steht pro Monat mindestens eine Stunde Besuch durch Verwandte zu. Die Personalknappheit in vielen Gefängnissen lässt dieses Minimum oft zur Stigmatisierung und Regel werden. Identitätsverlust Mit dem Tag der Inhaftierung verliert der Gefangene auf einen Schlag all seine gewohnten Lebensbezüge. Mit einem Mal ist er völlig hilflos einer übermächtigen Institution ausgeliefert. Schon durch die Einkleidung in die uniforme Anstaltskleidung wird dem Gefangenen verdeutlicht, dass für ihn nun ein völlig anderes Leben beginnt und dass er sich in nichts von all den anderen Mangel an einer natürlichen Umgebung Bei nur einer Stunde Hofgang pro Tag sind die Gefangenen die meiste Zeit einer eintönigen, künstlichen und krank machenden Umgebung ausgesetzt. Verlust der Habe Außer den wenigen Gegenständen, die der Gefangene auf seiner Zelle besitzen darf, 31 wird ihm aller Besitz für die Zeit der Haft weggenommen. Verlust von Selbständigkeit knackt; ein Autodieb erfährt, wie sich mit Heroin schnelles Geld machen lässt usw. Nach der Entlassung und Kreativität Im Strafvollzug ist jeder Augenblick des Alltags streng geregelt. Für freie, eigenverantwortliche Entscheidungen bleibt wenig Raum. Verlust der Verlust der Arbeit Nach der Inhaftierung ist es für Gefangene sehr schwierig eine neue Arbeit zu finden. Als Vorbestrafter kommt man nur selten irgendwo unter. Verlust der Wohnung Fast kein Gefangener kann während seiner Inhaftierung seine Wohnung draußen halten. Kommt er dann aus dem Gefängnis, steht er zunächst einmal auf der Straße. Verlust an Beziehungen So mancher will mit einem "Ex-Knacki" nichts mehr zu tun haben. Überhaupt ist es schwierig, Beziehungen nach draußen aufrechtzuerhalten, wenn man sich monate- oder jahrelang niemals sieht. Auch viele Ehen zerbrechen während der Inhaftierung. Für Dritte: Familie Gerne wird vergessen, dass oft die Familie des Inhaftierten (obwohl unschuldig) die Hauptlast an der Inhaftierung trägt. Opfer Bei Vermögensdelikten haben nicht einmal die Opfer etwas von der Inhaftierung des Gefangenen. Im Gegenteil: Durch die geringe Entlohnung im Gefängnis, kann sich eine Rückzahlung des Schadens lange hinauszögern, sofern sie nicht überhaupt unmöglich wird. Mit Verbüßung der Haftstrafe ist für die meisten Gefangenen die Schuld abgegolten. Zu einem Ausgleich mit dem Opfer sieht sich kaum ein Gefangener verpflichtet. persönlichen Sicherheit Gefangene sind Übergriffen durch Mitgefangene und Vollzugspersonal fast ungeschützt ausgesetzt. Verlust des Realitätssinns Viele Gefangenen verlieren in der Haft den Sinn für jede Realität. Oft träumen sie von einer wunderschönen Zukunft nach der Inhaftierung, ohne an ihre negativen Erfahrungen in der Vergangenheit und praktischen Probleme zu denken. Haftkoller Die psychischen Belastungen während der Haft können bei langen Haftstrafen zu seelischen Spannungen führen, die sich irgendwann gewaltsam gegenüber Mitgefangenen oder dem Anstaltspersonal entladen. Selbstmord Gerade in den ersten Tagen der Haft kann der durch die Inhaftierung ausgelöste Schock zum Selbstmord führen. Gefangene, die zum ersten Mal ins Gefängnis kommen, sind davon besonders häufig betroffen. Erlernen von Kriminalität Im Gefängnis kann der Gefangene viel dazulernen: Ein Drogentäter kann beispielsweise lernen, wie man ein Auto Dieser Beitrag ist unter der Rubrik ,Kontroverse Themen‘ von der Internet-Plattform knast.net veröffentlicht. 32 Aus manchen Gefängnissen ist‘s brav!“ Und wenn der Besuch fort war, richteten die Eltern die Tante nach Strich und Faden aus, zogen über sie her: „Wie die wieder rumläuft, die olle Zofe!“ Es gibt verschiedene Arten des Vollzugs: Geschlossener und offener Vollzug, Maßregelvollzug und Verwahrvollzug. Mein Vollzug war der innere Vollzug oder der Spießbürgerkorsett-Vollzug. Meine Gitter und Mauern waren gesellschaftliche Normen: „Das tut man nicht!“ „Was werden die Leute sagen!?“ Das Strafmittel waren gesellschaftliche Ächtung, vorwurfsvolle oder verständnislose Blicke der anderen bis hin zum Ausschluss aus der Gemeinschaft. Und nicht zuletzt die Sexualität: Mit ,Pfui‘ und Ekel wurden da Versuche belegt, meinen eigenen Körper zu entdecken, anzuschauen, zu berühren und dabei Lust zu empfinden! Ich weiß noch, wie meine Mutter mir den Hintern versohlte, als ich mit knapp drei Jahren nackt im Kinderbett mit meinem Penis spielte! muss man einfach ausbrechen Diese wenigen Beispiele mögen zeigen, wie sehr ich dieses Korsett als Gefängnis erlebte. Bei manchen Verhaltensmustern kämpfe ich bis heute, daraus auszubrechen. (Auch ein trotziges Übertreten mancher Normen zeugt ja davon, dass ich die Verhaltensnorm noch in mir trage, gerade weil ich sie bekämpfe. So bin ich noch nicht wirklich frei. Oberster Richter war die öffentliche Meinung, verkörpert durch den erhobenen Zeigefinger meiner Eltern (oder waren es nur die Zwanghaftigkeit und die Ängste meiner Mutter?), deren moralin-saures Korsett ich mir als Kind zunächst zu eigen machte. Und was da alles reglementiert und bestraft wurde: Religiöse Vorschriften: „Der ,Himmivater‘ sieht alles und schimpft. Du musst brav und gehorsam sein, damit er dich liebt. Sonntags musst du zur Kirche gehen, sonst kommst du in die Hölle.“ Gott und sein Gehilfe, der Nikolaus, als Vollstrecker mancher Erziehungsvorschriften. Mit dreizehn Jahren fing ich an zu rebellieren. Nachdem ich bis dahin eine - wie ich sie nannte Hitlerfrisur hatte, ließ ich mir nun die Haare wachsen. Und wie das meine Mutter auf die Palme brachte - richtig schön! Sie hatte kein Machtmittel dagegen. Ich ging einfach nicht zum Friseur. Und der Vater unterstützte sie trotz mehrmaliger Aufforderung ihrerseits („Jetzt sag doch du auch mal was!“) nicht. 1:0 für mich! Der erste Stein der Gefäng- Bekleidungsvorschriften: Es war genau geregelt, was zu welcher Gelegenheit getragen werden musste. Wie hasste ich den Kulturstrick, die Krawatte, die ich bis heute verweigere (nicht nur, weil sie nur eine Hinweisfunktion auf das männliche Geschlechtsteil ist!). In der Kommunikation: Nach außen immer eine freundliche Fassade: „Sei ein liebes Kind! Gib der Tante schön die Hand! So 33 nismauer war gefallen. Ich rebellierte! Und das erstreckte sich bald auf alle Bereiche. Mit mir rebellierten auch meine Altersgenossen, ja eine ganze junge Generation. Verhaltensvorschriften hatte ja zum Teil auch eine wichtige Funktion: Gute Werte zu schützen. Aber Befreiung geschieht oftmals zuerst von einem Extrem ins andere, bis man dann den gesunden Mittelweg erkennt und lebt. Die Jeanszeit war gekommen! ,Blue Jeans‘ zu jeder Gelegenheit, ob ins Theater oder in die Kirche ... Am besten ausgewaschen, ausgefranst, zerrissen! Einfach dagegen sein, anders sein, raus aus den überholten Vorschriften. Dann die sexuelle Revolution, freie Liebe. Die Anti-Baby-Pille machte vieles einfacher. Gott liebt den Sex! Für mich war die Jugendzeit ein Rebellieren gegen alle Vorschriften und Obrigkeiten nach der Devise: „Mach‘ kaputt, was dich kaputt macht!“ Und diese Zeit war für mich wichtig, um frei zu werden, das Zwangskorsett von mir zu schleudern, spießbürgerlichen Kleingeist abzulegen. Freilich merkte ich bald, dass ich zunehmend in ein neues Gefängnis geraten war: Es war die Abhängigkeit von der Willkür meiner inneren Triebe, von meiner täglichen Lust und Laune. Dazu kam die Gefahr, immer mehr von Alkohol und anderen Suchtmitteln abhängig zu werden. Doch ich bekam - Gott sei‘s gedankt - die Kurve. Als Erwachsener konnte ich dann schauen, welche Werte das Korsett schützen wollte: Achtung vor den anderen (z.B. wenn ich mich zu einem Fest schick anziehe!); Sexualität als intimster Vollzug partnerschaftlicher Liebe; Religion als Beziehungspflege zu unserem Schöpfer ... Ich hatte mich aus meinem Gefängnis - so gut es ging - befreit. Aber dieser Prozess dauert wohl ein Leben lang: Befreien von äußeren (sinnlosen) Zwängen; Erkennen, was für mich, meine Mitmenschen und für ein Zusammenleben in Gesellschaft, Kirche und Familie an Regeln und Normen wichtig und notwendig ist. Politisch links und sozial engagiert sein, Haschisch rauchen, Alkoholexzesse, Hippie-Dasein: Make peace - not war! Es gäbe noch vieles zu erzählen! In der Bibel schreibt der Apostel Paulus: „Prüft alles, das Gute behaltet!“(1Thess 5,21) Vom Rest befreit euch! Zugegeben: Wir haben das Kind oft mit dem Bade ausgeschüttet. Das Korsett der Franz 34 Die Legende vom Hamsterrad Wir wünschen Dir: - die Freiheit zu sehen und zu Vor langer Zeit traf sich der Teufel mit dem lieben Gott. Gott sprach zum Teufel von der Freiheit, für die er den Menschen geschaffen habe und von seinen Träumen für ihn. Der Teufel hörte sich das eine Zeit lang an, dann sagte er: Deine Gedanken und Träume sind ja schön und gut! Aber die Menschen werden das nie begreifen! Erlaube mir, dass ich in der Welt viele unsichtbare Hamsterräder aufstelle. Dann wirst du sehen: Die Menschen werden sich diesen Rädern nähern, ohne sie wahrzunehmen. Sie werden sie „Alltag“ nennen, oder „Normalität“, und sie werden blind in ihnen herumlaufen ohne Unterlass, und dich werden sie bei all ihrer Arbeit ganz vergessen. Dann wirst du sehen, dass deine Träume für sie viel zu hoch sind! Gott ließ sich auf das Experiment ein. Er sagte: Ich traue meinen Menschen zu, dass sie erkennen, wozu sie eigentlich erschaffen sind! Lieber Teufel, sie werden in deine unsichtbaren Hamsterräder hinein laufen, das ist gewiss, aber glaube mir: Es wird nicht lange dauern, bis sie merken, dass es sehr viel mehr gibt in ihrem Leben als Arbeit und Feierabend und dann wieder Arbeit und Alltag und drei Wochen Urlaub und dann wieder Arbeit, und so weiter. hören, was im Moment wirklich da ist, anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird. - die Freiheit, das auszuspre- chen, was Du wirklich fühlst und denkst, und nicht das, was von Dir erwartet wird. - Die Freiheit, zu Deinen Ge- fühlen zu stehen, und nicht etwas anderes vorzutäuschen. - Die Freiheit, um das zu bitten, was Du brauchst, anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten. - Die Freiheit, in eigener Verantwortung Risiken einzugehen, anstatt immer nur auf „Nummer sicher zu gehen“ und nichts Neues zu wagen. Wir wünschen Dir das Gefühl, ohne Einschränkungen in der eigenen Kraft zu sein, das Leben – mit der Nähe Gottes – kraftvoll meistern zu können. Wie das Experiment ausging? Ich weiß es nicht. Wir sind ja noch mitten drin! Verfasser unbekannt 35 Schuld, des Vernarrt-Seins in einen krankmachenden Lebensstil ... - und manchmal tun sie es sogar in Gefängnissen. Gefesselt - befreit Etwa 1986 hat der amerikanische Künstler Keith Haring dieses Bild gemalt. Am rechten Rand steht nein, sondern leidet ein Mensch, starr und eingespannt mit hochgeworfenen Armen. Eine weiße Fessel hat ihn eng im Griff. Endlos und aussichtslos wäre dieser Zugriff, gäbe es im anderen Bildteil nicht die Schere, gebildet von zwei weiteren Menschen. Obwohl auch diese im Gefahrenbereich sind, ist es ihnen gelungen, die Fessel zu durchtrennen, so fest, so bedrohlich sie auch ist. So gibt es wieder Hoffnung für den Gefangenen. Für Keith Haring, der 1990 nach einem fast besessenen künstlerischen Schaffen mit 32 Jahren an AIDS verstorben ist, war das Bild wohl eine beschwörende Botschaft an die Betrachter: Tut was dagegen, dass Menschen die Luft zum Leben genommen wird, dass Menschen abseits gestellt werden, dass sie den sozialen Erstickungstod erleiden! Setzt euch gegen die Ausgrenzung der AIDS-Infizierten ein; entzieht ihnen nicht eure Nähe! Für mich als getauften Christen hat das Bild noch etwas anderes zu sagen: Ich sehe darin etwas von jener Rettung und Befreiung, die wir an Ostern feiern dürfen: Es gibt seit Ostern einen, der meine, ja alle unsere Fesseln zerreißt: Gott. Und seit Ostern gibt es solche, die in der Kraft Gottes Fesseln lockern, zerreißen und zerschneiden helfen: Fesseln der Einsamkeit, der Befangenheit, der Sucht, der Krankheit, der Wenn man solche Menschen fragt, sagen sie: "Ich tu doch nichts Besonderes!" - Und doch: Wo immer sie selbstlos Gutes tun beistehen, einen Besuch machen, pflegen, einen guten Rat geben, Zeit opfern, Geld spenden und vieles andere mehr - da kommt Hoffnung auf für Gefangene, da ist letztlich der Geist Gottes am Werk, der die Macht hat, alle Fesseln dieser Welt zu sprengen. Josef Six 36 rungsposition innerhalb des damals größten europäischen Autoschieberrings streitig zu machen und wollte Geschäfte hinter dessen Rücken abwickeln. Ein todeswürdiges Vergehen! „Vor Ihnen sitzt ein verurteilter Mörder“ 20 Jahre später. Torsten Hartung – ein hochgewachsener Mann mit markanten Gesichtszügen – sitzt im Wohnzimmer seiner kleinen Wohnung im thüringischen Altenburg. An der Wand hinter ihm hängt ein riesiges Kruzifix. Die Luft ist mit Weihrauch geschwängert. Mit ruhiger Stimme erzählt der 52-Jährige seine Lebensgeschichte. An vielen Stellen klingt sie wie der Stoff, aus dem Hollywood-Streifen gemacht sind. Hat dieser Mensch das wirklich alles getan? Die Ausstrahlung des Mannes, der mir gegenüber sitzt, und die Geschichte, die er erzählt, wollen so gar nicht zusammenpassen. Als könnte er Gedanken lesen, sagt er: „Vor Ihnen sitzt ein verurteilter Mörder. Und glauben Sie mir: Ich habe in meinem ganzen Leben keinen bösartigeren Menschen kennengelernt als mich selbst!“ In diesem Moment bekomme ich eine Ahnung von der kriminellen Energie, die Torsten Hartung einst getrieben haben mag. Die Gründe dafür reichen zurück bis in Hartungs Kindheit. In seinem Elternhaus im mecklenburgischen Schwerin war Gewalt an der Tagesordnung. Es verging fast kein Tag, an dem er und seine drei Geschwister nicht zwischen die Fronten der streitenden Eltern gerieten oder dass sie wegen Lappalien bestraft wurden. So etwa, als Torsten mit sieben Jahren eines Tages von der Schule nach Hause kam und der Mutter traurig den abgerissenen Riemen seiner Brottasche zeigte. Anstatt den Sohn zu trösten und den Riemen wieder anzunähen, schlug sie ihn, bis er blutete. Die zwei Leben des Torsten H. Die Wandlung vom Saulus zum Paulus „Vor Ihnen sitzt ein verurteilter Mörder. Und glauben Sie mir: Ich habe in meinem ganzen Leben keinen bösartigeren Menschen kennengelernt als mich selbst!“ Bewirkt der christliche Glaube tatsächlich auch heute noch eine totale Lebenswende? Das Beispiel von Torsten Hartung zeigt es. Als Kopf einer der größten Autoschieberbanden Europas gab es für ihn einst nur zwei Dinge: Geld und Gewalt. Dann wurde er Christ. Heute kümmert er sich ehrenamtlich um straffällige Jugendliche – und ist glücklich. (von Matthias Pankau) 20. Juni 1992. Zwei Limousinen nähern sich einem Waldstück nahe der lettischen Hauptstadt Riga. Auf einer Lichtung halten sie. Drei Männer steigen aus. Einer bleibt bei den Autos, die beiden anderen gehen ein Stück. Dann zieht einer von ihnen eine Pistole, zielt auf den Kopf seines Gegenübers und drückt ab. Ein dumpfer Knall hallt durch den Wald. Torsten Hartung steckt die Waffe wieder ein. Den Exekutierten lässt er liegen, nimmt ihm nur die Papiere ab. Der Tote hieß Dieter und war ein Komplize und krimineller Weggefährte Hartungs. Doch dann versuchte er, Hartung seine Füh37 jeweiligen Gegenüber gab er das stets zu verstehen: „Wenn du gewinnen willst, musst du mich totschlagen“, schleuderte er ihnen entgegen. „Diese Entschlossenheit machte den Leuten Angst.“ Mit 18 Jahren wurde Torsten Hartung das erste Mal zu einer Haftstrafe verurteilt; damals noch zu zehn Monaten wegen Diebstahls. Beim zweiten Mal waren es schon ein Jahr und zehn Monate wegen Körperverletzung, beim dritten Mal fast drei Jahre. Die Mutter täuschte einen Selbstmord vor Aber noch schlimmer als die körperlichen Schmerzen waren die seelischen, wenn sie ihm Sätze an den Kopf warf wie „Wir haben dich nie gewollt“ oder „Du bist an allem schuld“. An diesem Tag drohte die Mutter damit, sich das Leben zu nehmen. Als sie sich auf dem Dachboden bereits die Wäscheleine um den Hals gelegt hatte und ihr kleiner Sohn mit einem Küchenmesser nach oben gestürmt kam, um die Leine zu durchtrennen und so seiner Mutter das Leben zu retten, fuhr sie ihn nur an: „Hör auf! Die Wäscheleine gehört dem Nachbarn Müller.“ In diesem Moment wurde dem Jungen klar, dass sie sich gar nicht umbringen, sondern ihm lediglich Angst und ein schlechtes Gewissen machen wollte. „An diesem Tag starb mein Urvertrauen und der Hass begann zu wachsen“, erinnert sich Hartung. Er täuschte einen Fluchtversuch vor 1983 schien es für kurze Zeit so, als würde sein Leben eine Wendung zum Guten nehmen. Er lernte eine junge Frau kennen, die viel Geduld und Verständnis für ihn aufbrachte. Mit ihr zog er ins damalige Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz), machte dort eine Lehre zum Dachdecker. Er verdiente nicht schlecht. „Doch was sollte ich mit dem Geld machen? Wir durften ja nicht raus“, erzählt er. Als dann auch noch eine beantragte Urlaubsreise ins sozialistische Bruderland Bulgarien abgelehnt wird, will Torsten nicht länger in der DDR leben. An der sächsischbayerischen Grenze täuscht er einen Fluchtversuch vor und lässt sich bewusst dabei erwischen. Sein Plan: Nach einigen Jahren Haft wegen versuchter Republikflucht würde ihn der Westen freikaufen. Und so kommt es. Hartung wird zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, die er in Cott- „Wenn du gewinnen willst, musst du mich totschlagen“ War er in der Grundschule lange Zeit der Klassenclown gewesen, um zumindest auf diese Weise etwas Aufmerksamkeit zu bekommen, so entwickelte er sich nun zunehmend zum Schläger, je mehr Gewalt er zu Hause erlebte. „Die besten Kämpfer sind die, die das Leben hassen“, sagt er. Und es klingt immer noch überzeugend. Seinem 38 bus verbringt. Anschließend schiebt ihn die DDR nach West-Berlin ab. bringt die Fahrzeuge an ihren Bestimmungsort. So verdient er schon bald bis zu 90.000 US-Dollar pro Woche, umgerechnet damals 150.000 D-Mark. Es scheint, als sollte sich sein in die Dunkelheit gesprochener Wunsch erfüllen. Schon bald liefert er gestohlene deutsche Luxuskarossen nach Russland, in den gesamten Ostblock sowie in die arabische Welt. Die Seele verkauft „Zwar lebte ich nun in Freiheit. Aber meine Geschichte hatte ich ja mitgenommen“, erzählt er. Immer häufiger streitet er sich mit seiner Freundin, der er – nachdem er von der Bundesregierung in Bonn freigekauft worden war – zur Flucht in den Westen verholfen hatte. Als sie sich schließlich von ihm trennt, bricht für Hartung eine Welt zusammen. So sitzt er eines Abends Ende 1990 allein in seiner Berliner Wohnung. „Ich sah überhaupt keinen Sinn in meinem Leben.“ Da kommen ihm plötzlich Goethes Faust und sein Pakt mit Mephisto in den Sinn. Und obwohl er zu dieser Zeit weder an Gott noch an den Teufel glaubt, spricht er in diese unsichtbare Wirklichkeit hinein: „Du kannst meine Seele haben, ich brauche sie nicht mehr. Aber im Gegenzug möchte ich eineinhalb Jahre leben wie ein König in dieser Welt.“ Ein Meister der Täuschung Dabei gehen er und seine Komplizen, von denen er einige noch aus Zeiten der politischen Haft in der DDR kennt, so strukturiert und geschickt vor, dass ihnen lange niemand auf die Schliche kommt. Meistens sind es dunkle Autos, die von den Auftraggebern bestellt werden. Da Hartung Kontakte zu Polizei und Zulassungsstellen hat, die er besticht, tarnt er die Autos einfach als zivile Polizei- oder als Regierungsfahrzeuge. „Sie bekamen entsprechende Nummernschilder und wir setzten uns Blaulicht aufs Dach“, erzählt er. „Damit wurden wir meist nicht einmal an den Grenzen gestoppt. Wer wollte schon eine vermeintlich deutsche Regierungsdelegation anhalten“, fragt er und lächelt schelmisch. Torsten Hartung genießt es, einen falschen Schein zu erwecken, und er perfektioniert sein Auftreten immer mehr. „Mit visueller Täuschung kann man fast alles erreichen“, sagt er. „Die Menschen beurteilen dich zunächst danach, wie du auftrittst.“ Als er und einige seiner Mitstreiter beispielsweise 1991 vor dem Hotel „Stadt Sofia“ – dem damals vornehmsten Hotel in der bulgarischen Hauptstadt – mit mehreren schwarzen Limousinen halten und für eine Nacht absteigen, gibt Hartung vor, von Interpol zu sein. Im Hotel und bei der Polizei fühlt man sich geschmeichelt, dass solch wichtige Leute hier haltmachen. Hotel-Pagen parken Der Pate von Riga Wenige Wochen darauf ist Hartung gerade mit einem Freund bei einem russischen Künstler, als zwei zwielichtige Gestalten den Raum betreten – Igor, auch genannt „der Pate von Riga“, und sein Leibwächter Iwan, wie sich herausstellt. Fast nebenbei fragen sie, wer ihnen deutsche Luxusautos besorgen könne. Hartung sagt zu. Zwei Bekannte von ihm studieren an einer Fernuniversität Feinmechanik. Und zwar nur aus einem Grund: Um die Schließmechanismen von Oberklassewagen der Marken Mercedes und BMW zu überwinden. „20 Sekunden brauchten sie durchschnittlich, um einen Wagen zu knacken“, erzählt Hartung. Er selbst kümmert sich um die gesamte Logistik, besorgt gefälschte Zulassungs- und Versicherungspapiere und 39 die gestohlenen Fahrzeuge, und führende Polizeivertreter laden die Hochstapler abends sogar ins Konzert ein. Im Hotel wird man selbst dann nicht stutzig, als die Gruppe die Rechnung am nächsten Morgen bar und mit Dollar-Noten bezahlt. Ich war vor allem Täter Als er im Oktober 1992 gerade eine neue Transportroute auskundschaften möchte, wird Hartung in Stockholm von Interpol verhaftet. Als Kopf der inzwischen europaweit gesuchten Bande kommt er sofort in Einzelhaft – zunächst in Schweden, dann in Deutschland. Insgesamt vier Jahre, neun Monate und zwei Tage sieht er keinen anderen Menschen als den Gefängniswärter, der jeweils die Tür auf- und zuschließt. Er beginnt ein Fernstudium in Psychologie. „Ich wollte mich selbst verstehen.“ Hartung erkennt, dass die Ursachen für sein Gewalt- und Aggressionspotenzial in seiner Kindheit liegen. Ihm wird aber auch deutlich, wie vielen Menschen er selbst Unrecht getan hat. „Ich war ja nicht nur Opfer, sondern vor allem Täter. Doch wohin ich mit meiner Schuld sollte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht.“ Die einzige Möglichkeit, seine Gedanken loszuwerden, ist ein Tagebuch. 15,8 Millionen DM Schaden in achtzehn Monaten Insgesamt 120 Luxusautos stehlen und verkaufen Hartung und seine 54 „Räuber“ in knapp eineinhalb Jahren. Die Höhe des Versicherungsschadens beläuft sich auf 15,8 Millionen DM, wird später in den Akten zu lesen sein. Torsten Hartung hat so viel Geld verdient, dass er kaum weiß, wohin damit. Und nachdem er Dieter in dem Waldstück bei Riga „ausgeschaltet“ hat, ist er auch im Unternehmen und bei den Kunden wieder die unangefochtene Autorität. Trotzdem spürt er eine große innere Leere. Kurz bevor Hartungs Autoschieberring ziemlich genau 18 Monate nach jener Nacht, in der er seine Seele verkaufte, auffliegt, besucht er während eines Urlaubs auf Mallorca eine kleine Kirche. Darin steht eine Wand, an die Besucher Gebetsanliegen heften können. Hartung schreibt auf einen Zettel: „Ich wünsche mir ein Leben in Glück!“ Wenn es Gott gibt … Ostern 1998 wird im Gefängnis in BerlinMoabit ein Jesus-Film gezeigt. Hartung – der inzwischen nicht mehr in Einzelhaft ist – schaut ihn sich an. Anschließend notiert er in sein Tagebuch: „Jesus, Du hattest Deine Auferstehung. Gib auch mir eine zweite Chance! Schenk mir ein neues Leben!“ Einige Wochen später liegt er auf seinem Gefängnisbett und sieht, wie sich das weiße Laken, das er wegen der Hitze vors 40 Fenster gespannt hat, aufgrund eines Luftzugs ans Fensterkreuz legt. Beim Anblick dieses Kreuzes kommt ihm wieder Jesus in den Sinn und er beginnt in den Raum zu sprechen: „Wenn es dich gibt, schenk mir ein neues Leben! Schau nur, was ich getan habe. Ich habe mich über dich gestellt, indem ich über Leben und Tod entschieden habe. So will ich nicht länger leben.“ Ohne es zu wollen, fängt er an zu weinen. „In diesem Moment hörte ich eine Stimme, die ganz liebevoll und barmherzig sagte: Ich weiß“, erinnert sich Hartung. Für ihn ist dieser Moment eine Art Damaskuserlebnis: „Da wusste ich, dass es Gott wirklich gibt.“ Als Hartung am nächsten Morgen mit einem Lächeln auf den Lippen aus seiner Zelle tritt, halten ihn viele seiner Mithäftlinge für durchgedreht. Beim Freigang auf dem Hof pflückt er ein Gänseblümchen und bewundert dessen Farbe und Struktur. „Erstmals überhaupt nahm ich die gesamte Schönheit der Schöpfung wahr, weil Gott mir den Schleier der Sünde von den Augen genommen hatte.“ Hartung beginnt die Bibel zu lesen und besorgt sich andere christliche Literatur. Im Gefängnis gibt es zwei Bibelgruppen – eine evangelische und eine katholische. Hartung besucht beide. ... Fortan geht er nur noch zu ... Bibelstunden und Gottesdiensten. stammenden Frau Claudia in der Stadt Altenburg (südlich von Leipzig) in Thüringen. Arbeit hat er nicht: „Mit insgesamt 20 Jahren Gefängnis im Lebenslauf stellt einen niemand an.“ Sehnsucht nach seinem alten Leben hat er trotzdem nicht: „Geld macht nicht glücklich, eine persönliche Beziehung zu unserem Schöpfer und Erlöser schon.“ Und genau das möchte Hartung auch straffälligen Jugendlichen vermitteln, die er ehrenamtlich betreut. Mittelfristig möchten Torsten und Claudia Hartung ein Haus aufbauen, in dem sie solche junge Menschen auf dem Weg in den Alltag nach der Haft begleiten. Schließlich ist Torsten Hartung ein lebendiges Beispiel dafür, dafür, dass es die sprichwörtliche Wandlung vom Saulus zum Paulus wirklich gibt. Taufe in der Gefängniskapelle Am 20. Juni 2000 lässt er sich in der Kapelle der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel taufen. Erst später wird ihm bewusst, dass das auf den Tag acht Jahre nach dem Mord an Dieter war: „Für mein Leben ist der 20. Juni ein symbolisches Datum. Es zeigt, wie böse der Mensch von sich aus ist, wie Gott aber selbst aus dem Schlechtesten Gutes erwachsen lassen kann.“ 2006 wird Hartung nach knapp 15 Jahren Haft entlassen. Heute lebt er mit seiner aus Südkorea Matthias Pankau / idea Wetzlar Veröffentlicht im österreichischen privaten Internet-Forum kath.net 41 Ich habe in meiner Heimat Tunesien als Animateur und Dekorateur gearbeitet. Ich war verliebt in eine deutsche Frau. Ich habe sie geliebt und wir haben geheiratet. Als ich dann nach Deutschland gekommen bin, hat sie mich belogen und verletzt, bis es zur schlimmen Tat gekommen ist und ich sie umgebracht habe. Nun bin ich seit acht Jahren im Gefängnis. 42 Zum Bild: Die Tränen bedeuten, dass ich mich sehr einsam und verletzt fühle ohne Familie. Das gebrochene Herz kommt von der Enttäuschung durch meine Frau. Die andere Hälfte des gebrochenen Herzens ist meine (Ex-)Frau. Die Mitte des Herzens ist der Stengel von der Blume. Dieser saugt meine Tränen auf. Es kommt neue Hoffnung. Das ist eine neue Frau, die wie eine neue Blume in meinem Herz gewachsen ist. Diese Frau heißt Vlasta , ich habe sie über das Tabor-Magazin kennen gelernt und sie bedeutet mir sehr viel und gibt mir Hoffnung. Abed, JVA Straubing TERMINE So 02.08.2015 9.00 Gottesdienst JVA Landsberg Le ie f r b r se e Grüß Gott beisammen! Meine Anerkennung für das neue Tabor Magazin 58. Die Beiträge sind interessant und menschlich sehr anregend. Man sieht die Welt nach der Lektüre wieder ein Stück anders. Herzlichen Dank! Gilbert Niggl, (Pfarrer) * * * Das neue Tabor Magazin ist echt beeindruckend. So viele ergreifende Zeugnisse von Betroffenen! Könntet ihr uns da noch 3 bis 4 Exemplare zukommen lassen? Wir würden das Magazin gerne noch an einige Leute weitergeben. Wir wünschen euch ein gesegnetes Osterfest und noch ganz viele Auferstehungserlebnisse bei euren Leuten! Viele Grüße Christoph und Christine Liebe Ingrid, lieber Norbert, mir ein grösserer Betrag frei geworden ist. Aus diesem Grunde erhaltet Ihr eine monatliche Spende. Der Dauerauftrag ist bereits eingerichtet. Bitte keinen Kopf machen, von meinem Budget her passt alles. Frau B. hat einen Antrag gestellt, dass ich aus der Führungsaufsicht vorzeitig entlassen werde. Die Entscheidung steht noch aus. Vielen herzlichen Dank für Euren unermüdlichen Einsatz und Durchhaltevermögen. Herzliche Grüsse und Gottes Segen! xx wenn Ihr von mir auch nur einmal im Jahr etwas zu sehen oder zu hören bekommt ich komme zum Sommerfest - vergessen habe ich Euch beide und die Wohngruppe nie. Ich bin Euch unendlich dankbar, dass ich aus der Wohngruppe heraus mein neues Leben einrichten konnte. Neben meiner Arbeit habe ich mir die Wohnung eingerichtet. Ich habe mir alles neu gekauft. Und dann habe ich noch ratenweise Schulden beglichen. Ganz fertig mit der Abzahlung werde ich Ende 2016 sein. Jetzt konnte ich wieder einen Gläubiger vollständig bezahlen, sodass 43 G e dic Ist der Schatten schmutzig grau dunkelgelb, indigoblau? Ist er in dunkles Schwarz getaucht oder bläulich-schwarz geraucht? Ist er mal matt, mal nebelfahl, oder kräftig allemal? Er kann in allen Farben strahlen muss man ihn nur sehen, malen. Doch setzt er sich auf dein Gemüt, er nur noch Grau in Grau versprüht. So wirkt er auch durch Eisengitter, macht den Tag oft trüb und bitter! h te a us de m K n as t Doch wo es diese Schatten gibt, sich auch ein Licht durch Gitter schiebt, ein Licht, von Gottes Hand gelenkt, dir dann den inn‘ren Frieden schenkt. Und der Schatten schmutzig grau leuchtet dann indigoblau! Nowi, JVA Landsberg Starker Geist - schwaches Fleisch Ich möchte gern, so manches mal, kann mich nicht überwinden. Befinde mich im tiefen Tal, von dort gibt‘s kein Entschwinden. Es bleibt mir zwar der freie Wille, so denke ich mir oft: Der Weg - geleitet in der Rille, ändert sich unverhofft. Zu schwach ist meist mein Leibe, auch wenn noch stark der Geist. Ich steh auf wackelnder Scheibe, bis es mich runter reißt. Ich denk, ich hab noch Kraft, alles allein zu schaffen. Der Körper dann erschlafft: Kann mich nicht mehr aufraffen! Das zieht mich ziemlich runter. Die Tage werden trübe. Dann wird es wieder bunter. Erlebe starke Schübe. Will es noch mal versuchen. Ich weiß, ich kann es doch. Nur manchmal könnt ich fluchen und fall erneut ins Loch. Ich frag mich, wer ich bin! Was hilft mir wirklich weiter? Worin find ich den Sinn? Werd ich nach mal gescheiter? So war ich fast ersoffen. Wo bleibt die süße Traube? Und wie vom Blitz getroffen, weiß ich: Es ist der Glaube! Ich starte den Versuch, wende mich an Gottes Sohn. Lese in Seinem Buch und find die Antwort schon. Jetzt wand‘le ich durch‘s Leben und bau auf Jesus Christ. Erbitt mir Seinen Segen, weil Er Erlöser ist. Dirk Landwehr, JVA Straubing 44 Lebensfroh Verschenk‘ jeden Tag dein Lächeln, öffne die Augen für das Wunder des Lebens, atme, tanze, liebe, schmecke Gefühle und sage am Abend: Ich habe gelebt! Nadja H., ehem JVA Aichach 45 TABOR - SOMMERFEST Rigol & tOrf zwei Clowns brachten uns zum Lachen 46 Briefkontakte gesucht Ich suche eine ehrliche und treue Freundin für einen Briefkontakt und evtl. späteres Kennenlernen. Alter egal! Bin Ü 50 und Freigänger in der JVA Landshut. Wolfgang Kahlmann Berggrub 55 84036 Landshut Hallo, ich bin Mohammad, bin 35 Jahre alt und suche eine nette Brieffreundin. Mohammad Walizadeh Äußere Passauer Str. 90 94315 Straubing Briefe schreiben ist, sich alles von der Seele zu reden Briefe schreiben ist, zu sich selber zu finden Briefe schreiben ist, den Weg aus der Einsamkeit zu gehen Briefe zu erhalten ist, Freude geschenkt zu bekommen Briefe zu erhalten ist, Freunde zu finden Briefe zu erhalten ist, Gott im Herzen zu erkennen. Ehepaar, beide Anfang 60, sucht sich einsam fühlende Menschen, die Lust auf eine Brieffreundschaft haben. Nicht der Täter steht im Mittelpunkt des Seins, sondern der Mensch. Monika & Henry Toedt, Eichendorffstr. 3, 97762 Hammelburg * * * * * * * * * * * Pecenkovic´ Nusmir, 49, suche Briefkontakt. Bin ein netter, sportlicher Typ und sehr verträumt. Ich spreche serbisch, kroatisch, bulgarisch & deutsch. Berggrub 55, 84036 Landshut Ich bin Chris, 27 Jahre alt, ich suche eine Brieffreundin, da ich draußen niemanden habe. Chris Gumpinger Baumannstr. 81 83233 Bernau Das nächste Tabor-Magazin erscheint Ende Oktober zum Thema: Wenn ich ans Sterben denke ... Begegnungen und Erfahrungen mit dem Sterben Gedanken über den Tod Wenn Du ein eigenes Erlebnis, Gedanken, ein Gedicht oder ähnliches beitragen willst, schicke es uns zu. Einsendeschluss: 3.Oktober 2015, Tabor-Magazin Redaktion, Altenburg 33, 85665 Moosach 47 IMPRESSUM Herausgeber: Redaktion: Anschrift: Telefon: E-Mail: Homepage: Druck: Auflage: Fotos: Erscheinungsdatum: TABOR e.V. Josef Six, Norbert Trischler Altenburg 33, 85665 Moosach 08091-5586-15/-0 [email protected] www.tabor-ev.de Jugendwerk Birkeneck 1600 Stück N. Trischler, M. May Sommer, Juli 2015 An diesem Heft haben mitgearbeitet: Abed Aimen, Manfred Bauer, Daniel, Danica, Klaus Günter, Nadja H., Barbara Jörg, Dirk Landwehr, Herbert M., Melanie M., Sabrina, Josef Six, Franz T., Ingrid und Norbert Trischler, A., Michaela, Peter, Christian, Die Artikel geben grundsätzlich die Meinung der Verfasser wieder, was nicht unbedingt der Meinung des Tabor e.V. entspricht. Wir konnten nicht alle uns zugesandten Beiträge ins Heft aufnehmen und bitten um Verständnis. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ o Ich unterstütze TABOR e.V. als Förderer mit einer einmaligen Spende von € ............................ einer monatlichen Spende von € .................. o Ich möchte aktiv mitarbeiten & bitte um Aufnahme als Vereinsmitglied (Jahresbeitrag 30.-€) Zahlungen bitte an: Tabor e.V. Liga Bank eG München: IBAN: DE 81 7509 0300 0002 3114 37 BIC: GENODEF1M05 Name:............................................................................ Adresse:......................................................................... 48 Das Leben durch die Mauer bricht! Die Eisenstäbe halten‘s nicht. Dein Engel in die Zukunft schaut. Gefiedert schwingt er sich ins Licht, das Auferstehung dir verspricht und49 deine Seele auferbaut. (Vlasta Levorova, JVA Aichach)
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