Gemeinschaft 1. Zum Begriff Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet Gemeinschaft eine Gruppe von Menschen, in deren Beziehung zueinander ein Zusammengehörigkeitsgefühl (Wir-Gefühl), beispielswei se durch ähnliche Interessen oder Ziele, gegeben ist. Gemeinschaft in diesem Sinne ist meist ein freiwilliger, menschlicher Zusammenschluss (vgl. Antennengemeinschaft, Sport gemeinschaft, …) In der Bibel bedeutet das Wort Gemeinschaft (griech. koinonia) Teilhaberschaft, Anteilnah me, Zugehörigkeit als Teil eines Ganzen. Gemeinschaft beschreibt, was allen Christen ge meinsam gegeben ist: Sie haben in Jesus Christus einen gemeinsamen Herrn, bekommen in ihm Anteil am Heil und sind durch ihn Teil des Leibes Christi. Gemeinschaft ist zuerst und vor allem die (organische) Verbundenheit mit Christus und als Gemeinde, die in der Praxis des Lebens und Glaubens konkret ausgestaltet werden will. 2. Biblische Bezugspunkte Gemeinschaft als „Lebens“gemeinschaft: Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apo stel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. (Apg. 2,4) Gemeinschaft = gemeinsam zu Jesus gehören: Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn. (1.Kor 1,9) Gemeinschaft als Mahlgemeinschaft: Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemein schaft des Leibes Christi? (1.Kor 10,16) Gemeinschaft im Dienen und im Geben: … und haben uns mit vielem Zureden gebeten, dass sie mithelfen dürften an der Wohltat und der Gemeinschaft des Dienstes für die Heili gen; (2. Kor 8,4) bzw. Ich danke meinem Gott … für eure Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tage an bis heute; (Phil 1,5) Gemeinschaft als Geistgemeinschaft: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! (2. Kor 13,13) Gemeinschaft als Zeugnisgemeinschaft: …was wir gesehen und gehört haben, das ververkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemein schaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. (1.Joh.1,3) Gemeinschaft als Glaubensgemeinschaft: …dass der Glaube, den wir miteinander haben, (wörtl. die Gemeinschaft des Glaubens) in dir kräftig werde … (Phlm. 6) Gemeinschaft im Sinne der Bibel als Geschenk einer gemeinsamen Mitte in Christus ist zuerst Gabe Gottes, nicht Aufgabe von Menschen. Sie entsteht nicht durch willentlichen Zusammenschluss von Menschen oder wegen ihrer gemeinsamen Interessen, Sympathi en oder eines „Wir-Gefühls“; Gemeinschaft ist stets (vor)gegeben, selbst da, wo Sympathi en fehlen oder sich Interessen gelegentlich widersprechen: „Christliche Gemeinschaft heißt Gemeinschaft durch und in Christus“. Sie ist „ … kein Ide al, das wir zu verwirklichen haben, sondern eine von Gott geschaffene Wirklichkeit, an der wir Anteil haben dürfen“ (Dietrich Bonhoeffer, Gemeinsames Leben). Gemeinschaft Ohne den Begriff Gemeinschaft zu verwenden, beschreibt z.B. das Bild vom Leib Christi (Röm. 12; 1. Kor. 12, Eph. 4), was Gemeinschaft meint: Es gibt eine gemeinsame Mitte (ein Herr, ein Geist, eine Taufe …), wodurch der Einzelne Teil des Ganzen ist (Gemein schaft als Gabe). Zugleich sind die Einzelnen aufeinander angewiesen und füreinander wie für das Ganze verantwortlich (Gemeinschaft als Aufgabe). Die Bilder von Gottes Ackerfeld oder von Gottes Bau (1.Kor. 3,1.Petr. 2) weisen in eine ähnliche Richtung: Der gemeinsame Grund – Jesus Christus – ist gelegt, für den weiteren Ausbau steht jeder Ein zelne in der Verantwortung (… jeder sehe zu, wie er darauf baue; baue; … lasst euch einbauen als lebendige Steine) 3. Gemeinschaft leben Gemeinschaft kann man nicht „machen“ oder sich aussuchen, sie will einfach gelebt sein. Vielfältig ist der Reichtum von Gemeinschaft, den wir in der „Familie der Kinder Gottes“ er leben: Wir können miteinander und füreinander beten. Wir teilen Freud und Leid miteinan der und tragen die Lasten der anderen mit. Wir arbeiten zusammen, ergänzen einander, übernehmen Verantwortung füreinander. Wir sind einander „Gehilfen zur Freude“ und ge ben einander Orientierung und Korrektur. Wir erleben im Miteinander Stärkung unseres Glaubens und Wachstum darin. Gemeinschaft beschreibt nicht die Struktur, sondern die Kultur des Miteinanders und be darf deshalb der sorgfältigen Pflege. Wie alles Gute, das Gott schenkt, ist auch Gemein schaft gefährdet, z.B. durch Unverbindlichkeit oder Unwahrhaftigkeit, durch Unversöhnlich keit oder unbereinigte Konflikte, durch Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes oder durch Unbußfertigkeit oder Uneinsichtigkeit. Auch überzogene Idealvorstellungen von Ge meinde stören das Miteinander in der Gemeinschaft, weil Unzufriedenheit schnell Dank barkeit vertreibt. 4. Zusammenfassung: Gemeinschaft ist ein Geschenk, das angenommen und genutzt werden will. Die angemes sene Reaktion auf ein Geschenk ist der Dank. Dank statt Klage ist der biblische Grundte nor im Reden von Gemeinde bzw. Gemeinschaft (vgl. z.B. die Briefe des Apostels Paulus). Wir tun gut daran, in diesen Tenor mit einzustimmen. Gemeinschaft ist kostbar: Sie bedarf eines behutsamen Umganges und sorgfältiger Pfle ge. Gute Gemeinschaft untereinander ist kein „Selbstläufer“, sie lebt wie jede gute Bezie hung vom gemeinsamen Gespräch mit Gott und miteinander, von Vergebung und Versöh nung, von gegenseitiger Ergänzung und Korrektur und von der Verantwortung und Fürsor ge füreinander. Gemeinschaft ist immer auch Gemeinschaft auf dem Weg. Sie ist - wie unser Glaube – im Rahmen unseres irdischen Daseins nie fertig oder ideal und bedarf - wie die Gemeinde insgesamt - der ständigen Erneuerung. Unser Gebet darf sein: „Herr, erneuere unsere Gemeinschaft, und fange bei mir damit an“. Horst Kleiszmantatis, Gornau
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