Festrede 10jähriges Jubiläum

Disentis, am 27. September 2015
Festrede zum 10-jährigen Matura- Jubiläum
Ich möchte dem OK danken, dass ich eine Einladung erhalten habe, um mit euch das 10jährige Matura- Jubiläum zu feiern. Ich war vom ersten bis zum letzten Tag mit euch zusammen
in der Klasse, habe die Matura aber ein Jahr später gemacht. Das bedeutet, dass ich die Rede
mit dem Titel „Matura als Reifeprüfung nach 7 Jahren Klosterschule“ dann erst nächstes Jahr
halten werde. Heute möchte ich unsere Zeit, unsere Jahre an der Klosterschule Disentis hoch
leben lassen und einige persönliche Gedanken dazu machen. Damals hiess die Schule ja KSD,
also Klosterschule Disentis, mit P. Pirmin als Rektor. Heute heisst die Schule Gymnasium und
Internat Kloster Disentis, mit Rektor Dr. Oec. Bruno Hensler, und schon merken wir, wie die
10 Jahre doch auch markante Veränderungen mit sich brachten, um nicht zu sagen, dass wir
jetzt halt auch älter geworden sind. Ich weise darum auf diese Veränderung hin, weil ich glaube,
dass man eine Zeit am besten würdigen kann, indem man den Ort und die Menschen würdigt, die
mit dieser Zeit verbunden sind. Das Kloster, die Mönche, die Schule, das Internat, unsere
Klasse…was für eine Zeit!
Das Kloster Disentis blickt auf eine 1400-jährige Geschichte zurück. Dass Klöster eine Schule
führen, für Bildung sorgen, mit ihren Bibliotheken ein Ort des Wissen sind, ist keine moderne
Erfindung, sondern hat Tradition und gehört gewissermassen zum Selbstverständnis eines
Klosters; mit Wurzeln, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Die Schule mag heute anders
heissen, die ihr zugrunde liegenden Werte aber, also die Grundwerte einer Schule im
benediktinischem Geiste, werden weiterhin vermittelt und gepflegt. In diesem Zusammenhang
gefällt mir das Motto des Jubiläumsjahres: Stabilitas in Progressu (Beständigkeit im
Voranschreiten). Von dieser Beständigkeit durften auch wir profitieren, als wir vor 16 Jahren als
1. Klässler unsere Mittelschulkarriere hier begonnen haben. So ein Kloster macht Eindruck,
und wer im Internat war, der wüsste noch viel mehr zu berichten über die Zeit hinter
klösterlichem Gemäuer. Ich habe das erste Jahr auch im Internat gelebt und habe die
Atmosphäre, die das Kloster ausstrahlt und die Einbettung des Internats im Klostergebäude
selbst, als eine schöne, lehrreiche und in meiner jugendlichen Entwicklung sehr prägende Zeit
empfunden. Ich merke das heute, wenn ich an der PH wieder einmal über meine eigene
Schulzeit reflektieren muss um herauszufinden, wie ich schulisch eigentlich „ticke“: dann denke
ich immer wieder an die erste Klasse hier an der Klosterschule und im Internat; ich denke an
den Zusammenhalt, die Freundschaft, an die Streiche und auch ganz allgemein an den
Aufbruch in die Jugendjahre, mit allem, was eben dazu gehört. So hat das Kloster uns über die
6 Jahren hinweg einen Rahmen geboten, ich würde auch sagen, es war eine behütete Zeit.
Sozusagen die Vorbereitung für das kommende Erwachsenenleben.
Wenn ich meiner Rede einen Titel geben müsste, dann würde dieser lauten: „Lehrer sein ist
nicht immer einfach“. Das soll keine Binsenweisheit sein, sondern eine Erfahrung, die ich nun
in drei längeren Praktikas in der Primarschule sowie bei hunderten Lektionen im Kampfsport
gemacht habe. Und wenn ich an unsere Klasse denke, so werden wohl auch einige Lehrer das
manchmal gesagt haben. Erinnert euch an unserem Temperament, unsere Energie und unsere
Festlaune. Ja die Festlaune und die Festtüten! Ich habe einmal ein paar Jahre nach der Matura P.
Disentis, am 27. September 2015
Bruno gefragt, ob er sich noch an die Projektwoche in Rorschach (4. Klasse) erinnern könne,
da kam nur ein Schmunzeln und ein „jaja“ zurück. Und würde ich P. Pirmin nach der Woche
„Ensemen, insieme“ fragen, so würde wohl auch er einiges über uns Festtüten zu berichten
haben; anstossen in allen vier Landessprachen, das konnten wir Ende Woche sehr gut. Im
Rückblick nach 10 Jahren sehe ich doch einiges aus einer anderen Perspektive; vor allem ist die
Leistung unserer Lehrerinnen und Lehrer zu würdigen, denn wie gesagt: „Lehrer sein ist nicht
immer einfach“: Wie die Schüler zum Lernen von Franz Voci motivieren? Wie bringt man
Andri zum English lernen oder mich dazu, Mathe zu verstehen? Durchaus keine leichten
Aufgaben. Und wenn Lehrer sein schwierig ist, ist „Rektor sein“ wohl schon fast unmöglich. P.
Pirmin aber war eine Konstante während unserer Zeit. „Konstante“ kommt glaube ich auch aus
der Mathematik, oder? Er hat uns am ersten Tag begrüsst und uns am letzten Tag mit dem
Maturazeugnis verabschiedet. Und wer eine direkte Linie zum Eckpunkt des Klosterganges
beschreiten musste um ins Rektorat zu gelangen, dem war nicht selten etwas unwohl, hatte er
oder sie wohl etwas auszubaden und für etwas gerade zu stehen. Das gute Funktionieren einer
Schule ist massgeblich von der Schulleitung abhängig und in diesem Sinn sind wir Ihnen, P.
Pirmin, zu herzlichem Dank verpflichtet. Mittlerweile sind Sie als Rektor zurückgetreten und
wir wünschen Ihnen, dass sie nun auch etwas kürzertreten können und wünschen Ihnen alles
Gute! Es würde hier den Rahmen sprengen, alle Lehrer und Mönche aufzuzählen, die unsere
Schulzeit nicht nur begleitet haben, sondern geprägt. Ich bin mir sicher, dass jede und jeder von
uns von einem Fach und von einer Person besonders geprägt wurde. Bei mir war es der
Geschichtsunterricht von P. Urban, der mich zu einem Geschichtsstudium motiviert hat. Ganz
im Sinne von „Geschichte ist Kontinuität“ bin ich bestrebt, meinen zukünftigen Primarschülern
die Wichtigkeit von historischem Lernen und Bewusstsein zu vermitteln, und ich werde dabei
wohl häufig an Sie denken. Für mich waren Sie, lieber P. Urban, ein Mentor und ich danke
Ihnen dafür! Ich möchte, im Namen von uns allen, dem Kloster und den Mönchen für die
Geduld und die Beständigkeit danken. Mit dem Dank sollen auch die besten Wünsche für die
Zukunft verbunden sein; voranschreitend, aber beständig bleibend.
Am Schluss wäre noch eine Sache zu klären. Ich werde manchmal als „Heimweh- Bündner“
bezeichnet. Das löst in mir zunächst Ablehnung aus; ich komme zwar gerne nach Hause ins
Bündnerland, aber grad „Heimweh-Bündner“? Was würde das bedeuten? Ist es ein Heimweh
nach einem Ort? Heimweh nach einer Person? Oder ist es ein Heimweh, und zu denen würde ich
mich zählen, nach einer Zeit? Ich denke, dass vielleicht auch das Heimweh nach der
Klosterschulzeit mich immer wieder gerne nach Disentis reisen lässt. Vor allem schätze ich
heute die Anlässe mit der Gymnasialverbindung Desertina. Für mich ist das Festen bei den StV
Anlässen etwas in den Hintergrund gerückt und dafür die Kontaktpflege in den Vordergrund
getreten. Auch darin ist das Älterwerden wohl zu erkennen.
Bevor ich schliesse, möchte ich dem OK (Andrea Kollegger, Bettina Werro, Andreas Wartmann
und Andri Casanova) für die Initiative und die gute und gelungene Arbeit herzlich danken! Und
jetzt, liebe Maturaklasse 2005, gratuliere ich euch zur 10-jährigen Matura und ich danke euch
für die 6 wundervollen Jahre!
Martin Bundi