150526 gegen Plakatierung Frei.Wild-1

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Kreisvereinigung Wolfsburg_Mechthild Hartung, Leuschnerstr.26, 38444 Wolfsburg
Tel. 05361/76263, email: [email protected]
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mohrs,
26.5.2015
mit Empörung mussten wir sehen, dass in unserer immer als „weltoffen und multikulturell“
bezeichneten Stadt mit großformatigen Anzeigen für Konzerte der nationalistischen Band
"Frei.Wild" an Bushaltestellen geworben wird. Zum Glück treten sie (noch?) nicht in unserer
Region auf. Trotzdem wird in Wolfsburg für zwei Veranstaltungen in Berlin und Natz geworben. Will die Stadt Wolfsburg wirklich auf diese Weise dazu beitragen, dass Menschen aus
unserer Region in Berlin oder Natz Arenen zu füllen, um dieser ultranationalistischen Band
Gehör zu verschaffen?
Textzeilen wie "Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik/ an diesem heiligen Land, das unsre Heimat
ist/ Drum holt tief Luft und schreit es hinaus/ Heimatland, wir geben Dich niemals auf" (Lied
"Südtirol") machen deutlich, dass hier "Heimatliebe" als "heiliger" Nationalismus verstanden
wird, der keine Kritik duldet. Über das Lied "Wahre Werte" schreibt der blog publikative.org:
„…In diesen Zeilen steckt alles, was völkischen Nationalismus ausmacht: Die Bezüge auf euiin
'Erbe', welches 'bewahrt' gehöre und nicht 'verkommen' dürfe; die Annahmen von Verwurzelung und organischer Zugehörigkeit, kulminierend in der Formel 'Heimat heißt Volk, Tradition
und Sprache'. Obwohl - oder gerade weil die Band sich offiziell 'unpolitisch' nennt, sind ihre
Texte voll von solchen nationalistischen und völkischen Tönen.“
Frei.Wild ist eine band, die Nationalismus schürt, völkische Auffassungen verbreitet und Anknüpfungspunkte an und für rechtspopulistische Organisationen bietet.
In Würzburg wurde die Werbung für Frei.Wild nach Bürgerprotesten entfernt - warum sollte
das nicht auch in Wolfsburg möglich sein?
Wir würden uns wünschen, dass sich das Büro des OB in ähnlichen Fällen beim Innenministerium kundig macht oder auch bei Organisationen wie der VVN/BdA und anderen örtlichen
Antifa-Initiativen nach fragt.
Mit antifaschistischen Grüßen - i.A. VVN/BdA KV Wolfsburg -
Mechthild Hartung
Anlagen:
Artikel "Die Zeit" und internetadressen
Frei.Wild – Rechtsrock ernst nehmen
Von Clara Herrmann 17. Februar 2014 um 10:37 Uhr
Neonazi mit Frei.Wild-Schal bei einem Naziaufmarsch 2013 in Magdeburg © Jesko Wrede
Die 2001 in Südtirol gegründete Band Frei.Wild, die sich selbst als Deutschrock-Band beschreibt, versucht sich immer wieder ein unpolitisches Image zu verpassen – doch sie ist
Sprachrohr eines keinesfalls unpolitischen Nationalismus. Die Band sorgte bei der Echoverleihung 2013 für Aufsehen, als sie wegen des Vorwurfs rechter Textinhalte nachträglich von der
Nominierungsliste gestrichen wurde. Daraufhin kam es ausgerechnet von der rechtsextremen
NPD zu Protesten.
Ein Kommentar
Im letzten Jahr beantragte das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit
erstmals eine Indizierung einiger Texte der Band bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Das Verfahren wurde im Dezember eingestellt, da die Band die in dem
Antrag genannten Internetquellen aus dem Netz entfernte. Das Thüringer Ministerium beantragte erneut eine Indizierung des Songs „Rache muss sein“ wegen seiner Anregung zu Gewalt und
Selbstjustiz. Und wieder wurde der Antrag abgelehnt. Die Prüfstelle schätze den Song zwar als
sehr kritisch ein, doch der künstlerische Kontext des gesamtem Albums würde den Song realtivieren - Die Songs von Frei.Wild bleiben damit jugendfrei.
Die Kunstfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung sind wertvolle Güter unsere Demokratie – rechtliche Hürden für Verbote sind Zeichen des Rechtsstaats. Dennoch muss eine
genaue Auseinandersetzung mit Bands aus der rechten Grauzone stattfinden. Die Codes, die
von Bands wie "Frei.Wild" in ihren Songs benutzt werden, müssen entschlüsselt und das Potenzial, das sie in einer rechtsgerichteten Szene freisetzen können, ernst genommen werden.
Gerade für Jugendliche sind – Gewalt anregende Texte gefährlich. Die Rechtsrock-Szene hat
immer wieder gezeigt, dass sie eine große Bedeutung für Rechtsextreme besitzt und die Vernetzung in der rechten Szene unterstützt. Wie die Antworten auf meine Kleine Anfrage
„Frei.Wild“ an den Berliner Senat zeigen, schätzt der Senat die Band nicht als eine politische
Band ein.
Aktuell zeigt der Angriff eines Frei-Wild-Fans auf den grünen Bundestagsabgeordneten SvenChristian Kindler, dass Anhänger der Band nicht zu unterschätzen sind und auch vor Gewalt
nicht zurückschrecken. Kindler hatte im November 2013 in Hannover auf einer Demonstration
gegen Frei.Wild und gegen „völkische Ideologie und Nationalismus“ gesprochen. Anfang Februar wurde der haushaltspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion dann tagsüber im
alternativen Stadteil Linden in Hannover von einem Frei.Wild-Fan angesprochen, ob er „der
Sven von den Grünen“ sei und bei der Anti-Frei.Wild-Demonstration geredet hätte. Als Kindler
das bejahte, griff der junge Mann ihn körperlich an, beleidigte ihn mehrmals als „Antinationaler Wichser“ und „Vaterlandsverräter“ und bedrohte ihn. Als Kindler über diesen Vorfall auf seiner öffentlichen Facebookseite berichtete, rollte eine Welle von Hass und Gewaltbedrohungen von Frei-Wild-Anhängern gegen ihn los. Der Bundestagsabgeordnete will sich aber
nicht davon einschüchtern lassen und machte klar, dass er weiterhin gegen Nationalismus und
rechtes Gedankengut aktiv sein will.
Frei.Wild verbreitet ein Weltbild, dass Vorurteile, Vereinfachungen und Abgrenzungen befördert. Es ist wichtig, rechte Musik nicht zu verharmlosen oder die Rolle von Musik im Rechtsextremismus zu unterschätzen. Nicht zuletzt hat die Aufarbeitung des NSU Komplexes gezeigt,
dass rechte Musik ein Nährboden für die Radikalisierung von Neonazis sein kann. Deshalb
sollten Prävention und Aufklärung gestärkt werden. Kinder und Jugendliche müssen für Strategien der rechten Szene sensibilisiert werden. Wir sollten genauer hinsehen und vor allem hinhören!
Empfohlene Artikel zur Kritik an »Frei.Wild«:
Publikative.org: Kein Frei.Wild!
http://www.publikative.org/2012/10/26/kein-frei-wild/
Der Freitag - Sag mir, wo du stehst:
http://www.freitag.de/autoren/joerg-augsburg/sag-mir-wo-du-stehst
VISONS - With Full Force - Mit Frei.Wild, ohne uns:
http://www.visions.de/news/17976/With-Full-Force-Mit-Frei-Wild-ohne-uns
Antifaschistisches Infoblatt - »Frei.Wild«: Zwischen Kitsch und Subkultur:
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-band-»freiwild«-zwischen-kitsch-und-subkultur
Antifa Meran: Frei.Wild Dossier
http://antifameran.blogspot.de/p/freiwild.html
Publikative.org: Frei.Wild - „unpolitischer Hass auf „Gutmenschen“
http://www.publikative.org/2012/10/31/frei-wild-unpolitischer-hass-auf-gutmenschen/
Thomas Kuban: Alles nur Fassade? Oder: Wie „rechts“ sind Frei.Wild wirklich?
http://www.endstation-rechts.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=7721%3Aalles-nur-einmissverständnis%3F-oder-wie-„rechts“-sind-freiwild-wirklich%3F&Itemid=405
Und für alle die Kritik lieber musikalisch hören wollen:
egotronic - Die Band der Vollidioten
http://www.youtube.com/watch?v=ZvzSowFnz2Y