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Intraartikuläre Kortisoninjektionen bringen in Kombination mit
Bewegungstraining keinen zusätzlichen klinischen Benefit
Frage:
Bringt eine intraartikuläre Kortisoninjektion vs. einer Placeboinjektion vor einem Bewegungstraining eine zusätzliche klinische Beschwerdebesserung?
Hintergrund:
Die Kniearthrose ist noch vor der Hüftgelenksarthrose die häufigste Arthroseform. Sie führt zu
Schmerzen und Einschränkungen im Alltag. Mehrfach konnte in Studien der positive Effekt von
Bewegungstraining auf Schmerzen und Beweglichkeit des Kniegelenkes nachgewiesen werden.
Leitlinien empfehlen als konservative Therapie der Kniearthrose eine Kombination von nichtpharmakologischen und pharmakologischen Massnahmen. Intraartikuläre Kortisoninjektionen sollen
Schmerzen und vor allem die lokale Entzündungsreaktion behandeln. Die vorliegende Studie
vergleicht die Wirkung einer intraartikulären Kortisoninjektion mit einer Placeboinjektion jeweils 2
Wochen vor Beginn eines Bewegungstrainings.
Einschlusskriterien:

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Patienten älter als 40 Jahre mit radiologisch nachgewiesener Kniegelenksarthrose, klinischen
Zeichen einer lokalen Entzündung sowie Knieschmerzen bei Bewegung (grösser als 4 auf
einer 10-teiligen Skala).
BMI ≤35
Ausschlusskriterien:


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Patienten mit Kortisoninjektionen innerhalb der letzten 3 Monate
Orale Kortisontherapie innerhalb der letzten 4 Wochen
Arthritis, Kniegelenksoperationen, Unmöglichkeit am Bewegungstraining teilzunehmen,
Kontraindikationen für die Kortisoninjektion, Schmerzsyndrome (z.B. Fibromyalgie) oder
Spinalnervenkompression.
Studiendesign und Methode:
Randomisierte, placebo-kontrollierte Studie
Studienort:
Klinik für Rheumatologie, Universitätsspital Kopenhagen, Dänemark
Interventionen:
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Gruppe 1: Intraartikuläre Injektion mit 1 ml (40 mg/ml) Methylprednisolon Acetat, sowie
4 ml (10 mg/ml) Lidocain Hydrochlorid.
Gruppe 2: Intraartikuläre Injektion mit 1 ml isotonischer Salzlösung und 4 ml (10 mg/ml)
Lidocain Hydrochlorid.
Bei beiden Gruppen erfolgte 2 Wochen nach der invasiven Intervention ein 12-wöchiges
Bewegungstraining.
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Outcome:
Primärer Outcome

Veränderung auf der Schmerz-Subskala des „Knee Injury and Osteoarthitis Outcome Score“
(KOOS) nach 14 Wochen. (Skala von 0-100; je höher der Wert desto grösser die
Verbesserung)
Sekundäre Outcomes

Weitere Subskalen des KOOS bestehend aus Symptomen, Funktionalität im Alltag und beim
Sport, Quality of Life sowie Belastungs- und Krafttests, Plasmakonzentration von Interleukin
6 und semiquantitative Beurteilung des Kniegelenkergusses sowie der Synovitis mittels MRI
zu den Zeitpunkten 0, 2, 14 und 26 Wochen.
Resultat:
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Die 100 eingeschlossenen Patienten wurden den Behandlungsgruppen per Zufall zugeteilt.
Die Patienten waren zu 61 % Frauen, das Durchschnittsalter war 63.4 Jahre, der
durchschnittliche BMI war 28.9.
Primäres Outcome: Nach 14 Wochen zeigte sich eine Differenz von 1.2 (95 % KI., -3.8
bis 6.2; p = 0.64) auf der KOOS Schmerzskala (eine grössere Verbesserung in der
Placebogruppe). Die Entwickler des KOOS bezeichnen einen Unterschied von minimal 8-10
Punkten als klinisch relevant.
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Bezüglich der sekundären Outcomes konnte zwischen den beiden Gruppen zu keinem
Zeitpunkt eine statistisch relevante Differenz gezeigt werden.

In beiden Gruppen kam es nach 2, 14 und 26 Wochen zu einer Verbesserung des
subjektiven Schmerzempfindens. Die zusätzliche intraartikuläre Kortisoninjektion brachte zu
keinem Zeitpunkt eine relevante klinische Verbesserung der Beschwerden.
Kommentar:

Ob ein anderes Kortisonpräparat (z.B. ein länger wirksames wie Betamethason) in anderer
Dosierung ebenfalls keine zusätzlich klinische Wirkung zeigt, bleibt offen. Für
Methylprednisolon gibt es in diesem Setting keine Indikation.
Literatur:
M. Hendriksen, et al.: Evaluation of the benefit of corticosteroid injection before exercise
therapy in patients with osteoarthritis of the knee. A randomized clinical trial. JAMA, 2015
June, 175(6): 923-930.
Verfasser:
Stefan Zechmann