Klimaschutz BEGINNT MIT STAHL www.stahl-online.de Klimapolitik: Weichenstellung in Paris? 12_Schulterschluss Unternehmen, IG Metall und Politik: Gemeinsam für Stahl 14_Existenzgefährdend Die problematische Reform des Emissionshandels 20_Nachhaltig positiv Die einzigartige CO2-Bilanz des Werkstoffs Stahl InhaltSverzeichnis 02 CO2 STAHL ist zu OV A I NN RTUNG STAHL UND KLIMA HOCHFESTEN STÄHLEN. 19 % R O TW wiegt ein AUTO durch den Einsatz von −25 % CO2 VE ON TI – um so viel hat die Stahlindustrie in Deutschland ihre CO2-EMISSIONEN bereits seit 1990 GESENKT. 1 1990 2014 CO TONNE 2 wird über die gesamte Lebenszeit von einer Tonne Stahl durch Wiederverwertung EINGESPART. 30.000 TONNEN ELEKTROBLECH werden benötigt, um die ELEKTROMOBILITÄTSZIELE der Bundesregierung zu erreichen. PERSPEK Knapp 25.000 E TIV 300 MIO. EURO – so viel zahlt die Stahlindustrie JÄHRLICH an EEG-ABGABEN. WINDKRAFTANLAGEN werden in Deutschland betrieben. Sie bestehen zu rund 80 % aus STAHL. Knapp 40 % CO2-ZERTIFIKATE WERDEN DER STAHLINDUSTRIE 2030 FEHLEN, wenn die EU-Kommission ihren Reformplan zum Emissionshandel umsetzt. 90.000 BESCHÄFTIGTE hat die Stahlindustrie in Deutschland, 4 insgesamt MIO. MENSCHEN arbeiten in stahlintensiven Branchen. DAS KOSTET DIE BRANCHE IN DEUTSCHLAND BIS ZU 1 MRD. EURO JÄHRLICH. 03 11 Editorial Hans Jürgen Kerkhoff über die Notwendigkeit eines einheitlichen Klimaschutzes 18 | 19 AUF GRÜNEM GLEIS Die Bahn ist der wichtigste Verkehrsträger der Stahlindustrie 12 | 13 04 | 05 SCHULTERSCHLUSS Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften bilden Allianzen für Stahl GUT FÜRS KLIMA Wer das Klima schützen will, kann auf Stahl nicht verzichten. Vier innovative Beispiele 14 | 15 06 | 07 | 08 Knappe ZERTIFIKATE Die Verschärfung des Emissionshandels ist existenzgefährdend für die Stahlbranche SUBSTANZ STATT SYMBOLIK Weltklimagipfel in Paris: Die Beschlüsse sind wegweisend – auch für die Stahlindustrie GELEBTE EFFIZIENZ Das Sparen von Ressourcen und Energie ist für die Stahlindustrie selbstverständlich 20 | 21 NACHHALTIG POSITIV Die Ökobilanz von Stahl ist vorbildlich – dank perfekter Kreislaufwirtschaft 22 | 23 ZAHLEN UND FAKTEN Was Sie über Stahl und Klima wissen müssen 16 | 17 09 | 10 WUNSCH UND WIRKLICHKEIT Warum die CO2-freie Stahlpro duktion eine Illusion ist WEISSER RAUCH China poliert sein Klima-Image – und stößt dennoch mehr CO2 aus als je zuvor Weitere Informationen zur Stahlindustrie finden Sie online: www.stahl-online.de · www.stahl-blog.de · twitter.com/stahl_online Herausgeber Wirtschaftsvereinigung Stahl Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Kontakt Beate Brüninghaus, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit Tel.: +49 211 6707-115 E-Mail: beate.brueninghaus@ stahl-zentrum.de Gestaltung Ketchum Pleon GmbH, Düsseldorf Stand November 2015 Redaktion Ketchum Pleon GmbH, Düsseldorf, Wirtschaftsvereinigung Stahl, Abteilung Public Affairs und Neue Medien Bildnachweise: Titel iStock, S. 2: iStock (1), fotolia (2), S. 3: Illustration Katrin Wolff, S. 4: Wirtschaftsvereinigung Stahl (1), iStock (2), S. 5: iStock (1), Amazone (2), S. 9: iStock, S. 11: Illustration Katrin Wolff, S. 12: MWEIMH NRW/R. Sondermann (1), Becker&Bredel (2), S. 13: Wirtschaftsvereinigung Stahl, S. 15: Fotolia, S. 16/17: Fotolia, S. 18: iStock, S. 19: Illustrationen Katrin Wolff, S. 22/23: Fotolia. 57 Mio. t RECYCELBAR. AN 25 % WENIGER 100 % ohne Einschränkungen und IMMER WIEDER 440 MIO. TONNEN CO2 können jährlich in der EU mit INNOVATIVEN STÄHLEN EINGESPART werden. 70 Mio. t BIS ZU Editorial 03 Effektiver Klimaschutz kann nur gelingen, wenn sich alle auf vergleichbare Ziele verständigen Sehr geehrte Damen und Herren, die Weichen, die im Dezember beim internationalen Klimagipfel in Paris gestellt werden, sind entscheidend – entscheidend für das Klima und entscheidend für die Stahlindustrie. Ein effektiver Klimaschutz kann nur dann gelingen, wenn sich alle Emittenten auf ein koordiniertes, gemeinsames Vorgehen zur CO2-Minderung verständigen. Gelingt dies nicht, ist zu befürchten, dass die von der EU gewählte Weichenstellung den Industriestandort Europa schwächt und die Stahlindustrie auf das Abstellgleis führt. Bereits jetzt zeigt sich: Der regional auf Europa begrenzte Emissionshandel wird zur immer größeren Belastung für den internationalen Wettbewerb. Die von der EU-Kommission veröffentlichten Pläne zur Verschärfung des Zertifikatehandels lassen diese Hürde schon jetzt unüberwindbar werden. Die Stahlindustrie in Deutschland steht zu ihrer Verantwortung für den Klimaschutz. Sie beteiligt sich in vielfacher Hinsicht an den Anstrengungen der Klimavorsorge. Stahlinnovationen ermöglichen klimafreundliche Produkte, Ressourcen- und Energieeffizienz erreichen vorbildliche Werte und es werden vorwiegend umweltfreundliche Verkehrsträger genutzt. Allerdings hat die Stahlindustrie aufgrund ihrer prozessbedingten Emissionen heute kaum noch technische Möglichkeiten zur CO2-Reduzierung. Stahl wird immer gebraucht und er wird auch immer hergestellt werden – unabhängig vom Ausgang der Pariser Klimakonferenz. Eine Politik, die dafür sorgt, dass Stahl außerhalb Europas zu schlechteren Umweltbedingungen produziert wird, schadet dem Klima. Deswegen müssen die klimapolitischen Instrumente – der Weltgemeinschaft, der EU und Deutschlands – die Leistungsfähigkeit dieser Branche erhalten, sodass die nachhaltigen Standorte in unserem Land bestehen können. Hans Jürgen Kerkhoff Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl Vorsitzender Stahlinstitut VDEh GUT FÜRS KLIMA Innovative Stahl-Lösungen 04 Energie: Der Wind weht vertikal Windräder bestehen heutzutage zu rund 80 Prozent aus Stahl – und dieser Anteil dürfte weiter wachsen. Denn es zeigt sich: Die Herstellung der bis zu 75 Meter langen Rotorflügel aus faserverstärktem Kunststoff ist energieintensiv, das Recycling problematisch. Eine Lösung sehen Ingenieure in kleineren Windkraftanlagen mit vertikalen Rotorblättern aus Stahl. Bis zu 90 Prozent geringere Material- und Fertigungskosten sowie die vollständige Recyclingfähigkeit sprechen für die Stahlvariante. Ein weiteres Plus: Der geringe spezifische Platz bedarf der Anlagen sorgt bei gleicher Fläche für einen höheren Energieertrag. Mobilität: Basiswerkstoff Nummer 1 Auto und Stahl: Diese Kombination hat eine lange Geschichte – und eine Erfolg versprechende Zukunft. Stahl bleibt unverzichtbarer Konstruktionswerkstoff. Nach einer Studie von McKinsey wird der Anteil von hochfesten Stählen im Automobil sogar steigen. Innovative Stahllösungen finden sich zum Beispiel bei neuartigen Stahlkolben für Pkw-Motoren. Sie besitzen im Vergleich zu den üblichen Kolben ein hohes Potenzial, um Spritverbrauch und CO2-Ausstoß zu mindern. Beim E-Mobil schützt hochfester Stahl nicht nur die Insassen, sondern auch die sensible Batterie. Elektrobleche aus Stahl steigern Wirkungsgrade und Leistung der Elektromotoren. Und die 100-prozentige Recyclingfähigkeit des Werkstoffs Stahl trägt wesentlich dazu bei, die Ökobilanz des Zukunftsautos nachhaltig zu verbessern. Wer das Klima schützen will, kann auf Stahl nicht verzichten. Laut einer Studie lässt sich etwa ein Drittel der für Deutschland bis 2020 geplanten CO2-Reduzierungen nur mithilfe innovativer Stahlprodukte realisieren. Vier Beispiele für moderne Umwelttechnologie. 05 Effizienz: Weniger ist mehr Effizienz ist eine der größten Herausforderungen beim Klimaschutz. Moderne, hochfeste Stähle können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, wie das Beispiel HiperFer-Stahl zeigt: Der neu entwickelte High Performance Ferritic Steel sorgt mit seiner hohen Korrosionsbeständigkeit und Formfestigkeit in Kraftwerken dafür, dass der Wirkungsgrad der Anlagen steigt und ihr Energieverbrauch sinkt. Innovative Stahllösungen helfen auch, die Effizienz von Stromtransformatoren zu erhöhen. Bisher gehen mehr als vier Prozent der Bruttostromerzeugung bei Übertragung und Verteilung im Leitungsnetz verloren. Dieser Verlust lässt sich durch den Einsatz neu entwickelter Stahlkerne um 35 Prozent verringern. Durch den so erzielten höheren Wirkungsgrad lassen sich im Jahr 2020 laut Expertenmeinung rund 2,3 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Vergleich zum Ausstoß von 2007 einsparen. Versorgung: Leicht und schonend Lange Zeit galten große und schwere Landmaschinen als Garant für gute Erträge. Doch dank des innovativen Werkstoffs Stahl sind nun „Leichtgewichte“ angesagt. Höher- und höchstfeste Stähle sorgen dabei nicht nur für ein geringeres Gewicht, sie ermöglichen auch einen niedrigeren Treibstoffverbrauch. Beide Aspekte spielen in der Land- und Forstwirtschaft eine immer wichtigere Rolle, denn auch hier wachsen die Anforderungen an Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit. Und noch ein weiterer Vorteil fällt ins Gewicht: Der geringere Druck, den die Maschinen auf Acker und Waldboden ausüben, reduziert die Gefahr der Bodenverdichtung. Substanz statt Symbolik Klimapolitik 06 Die Welt schaut auf Paris. Dort verhandelt die internationale Staatengemeinschaft vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015 über ein Klimaabkommen für die Zeit nach 2020. Die Stahlerzeugung ist unbestritten energieintensiv und verursacht prozessbedingt zwangsläufig CO2. Eine emissionsarme Welt ist aber nur mit nachhaltigen Werkstoffen wie Stahl zu erreichen. Um Stahl auch weiterhin in Deutschland und Europa produzieren zu können, müssen die Maßnahmen, die regional zur Emissionsminderung ergriffen werden, ausgewogen sein und den globalen Kontext berücksichtigen. Die derzeit skizzierte klimapolitische Route lässt dies allerdings nicht erwarten – im Gegenteil. Verstärktes Engagement Das Ziel: Die Erde soll sich im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um nicht mehr als zwei Grad erwärmen. Die anstehenden Entscheidungen sind wegweisend – auch für die Stahlindustrie. Im Vorfeld der Konferenz von Paris ist ein Aufbruch spürbar: Das Engagement der Weltgemeinschaft in Sachen Klimaschutz scheint sich zu verstärken. Die USA und China, bei der Aushandlung des KyotoProtokolls noch abwesend, signalisieren die Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Rahmen eines neuen Klimavertrags und haben bereits erste Versprechen abgegeben. Global agierende Konzerne fordern einheitliche Standards bei der Bepreisung von CO2 und sogar Papst Franziskus äußert sich mit mahnenden Worten zur Klimaproblematik. Kein Zweifel, die Relevanz des Themas ist deutlich gestiegen. Doch das allein verspricht noch keinen Erfolg in Paris. Denn für den notwendigen globalen Klimaschutz gibt es erst dann eine verlässliche Perspektive, wenn sich alle Länder auf verbindliche und vergleichbare CO2-Einsparungen verständigen. Ein internationaler Emissionshandel mit transparenten fairen Regeln für alle Beteiligten und einem angemessenen CO2-Preis wäre der weitere konsequente Schritt in Richtung eines nachhaltig funktionierenden Klimaschutzes. Ungleiche Ambitionen Ob die Konferenz in Paris dieses wünschenswerte Ergebnis hervorbringt, ist mehr als fraglich. Immerhin: Die Europäische Union, die für 10,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist, hat sich verpflichtet, ihren Kohlenstoffausstoß bis 2030 um 40 Prozent zu senken. Das wären rund fünf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Dass dieses Versprechen ernst gemeint ist, zeigt nicht zuletzt die angekündigte deutliche Verschärfung des europäischen Emissionshandels. Doch es scheint so, als bleibe der ambitionierte Ansatz der Europäer auf absehbare Zeit eine Ausnahme. China stellt erst ab 2030 Emissionssenkungen in Aussicht. Bis dahin lässt der mit gut 29 Prozent weltweit größte CO2-Emittent seinen Treibhausgasausstoß weiter ansteigen. Die von der EU angestrebte Minderung wird somit unmittelbar durch die chinesischen Emissionen wieder zunichtegemacht. Die USA, mit 15 Prozent auf Platz zwei im CO2-Ranking, streben eine Senkung von rund 26 Prozent an – allerdings bezogen auf das emissionsreiche Basisjahr 2005. Umgerechnet auf 1990, das Basisjahr der EU, bedeutet dies eine Reduktion von nur etwa 15 Prozent. So folgt der vermeintlich guten Nachricht von der Bewegung in den internationalen Klimaverhandlungen die schnelle Ernüchterung: Zu viel Symbolik, zu wenig Substanz – das reicht nicht aus, um der Herausforderung Klimaschutz effektiv zu begegnen. Die Anstrengungen der EU allein reichen nicht aus, um überhaupt in die Nähe des Zwei-Grad-Ziels zu kommen. Anteil am weltweiten CO 2 -AusstoSS in Prozent 07 29,1 14,8 China 15,0 23,3 15,7 USA 10,5 4,3 1,2 1,4 2,1 2,1 1,8 1,5 Kanada 1,6 1,3 Südkorea 1,8 5,1 1,4 1,2 1,0 3,9 Japan 1,0 Italien 1,0 Gleich oder Gesunken 2013 Deutschland Frankreich 2,0 2002 2,4 Iran 2,0 Angestiegen 2013 5,0 Mexiko 3,3 Quelle: IW Köln, 2015 6,4 Vereinigtes Königreich 1,3 Indien Brasilien 1,5 Saudi-Arabien 1,4 5,9 Indonesien 1,3 1,1 EU 1,0 Australien Russland 08 Höhere Kosten beschränken den Planungsspielraum der Stahlindustrie in Europa, notwendige Investitionen und Neuentwicklungen entfallen, die Branche gerät technologisch auf das Abstellgleis. Schließlich sind eine niedrigere Produktion, die Schwächung ganzer regionaler Industriecluster und der Abbau von Arbeitsplätzen zu befürchten. Massive Belastungen In der EU und in Deutschland folgen den politischen Ankündigungen auch konkrete Taten. Die kostspielige Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Quellen schreitet voran, der Preis für die CO2-Zertifikate soll deutlich steigen. Für energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie bringen beide Entwicklungen massive Belastungen mit sich. In Deutschland werden die Mehrkosten bis zu eine Milliarde Euro pro Jahr betragen. Schon heute zeigt sich: Der Plan, durch eine restriktive Verknappung der Emissionsrechte und hohe Kosten die Unternehmen zur Verbesserung ihrer Produktionsprozesse zu zwingen, geht nicht auf. Die Stahlbranche hat ihre Effizienz bereits in einem Ausmaß gesteigert, dass im Rahmen der bestehenden technischen Möglichkeiten kaum noch Verbesserungen realisierbar sind. Die Folge: Die europäische Stahlindustrie muss aufgrund ihrer unvermeidbaren Emissionen und des zwangsläufig hohen Energieverbrauchs CO2-Zertifikate zukaufen. Dies bringt Mehrkosten mit sich, die Unternehmen an EU-fernen Standorten nicht haben. Findet die Weltgemeinschaft in Paris keinen Ausweg aus dem Ungleichgewicht, droht ein unheilvolles Szenario: Wertvolle Basis Dem Klima ist dadurch keineswegs geholfen. Denn Stahl ist Konstruktionswerkstoff und Innovationstreiber zugleich – und steht für anspruchsvolle und nachhaltige Lösungen. Bereits heute bildet leistungsfähiger und innovativer Stahl die wertvolle Basis für klimafreundliche Produkte. Lässt sich Stahl in Europa nicht mehr wirtschaftlich produzieren, wird er aus anderen Regionen importiert. Und dort fallen zumeist deutlich höhere CO2-Emissionen an als in den auch umwelttechnisch moderneren Stand orten in der EU. Eine nachhaltige Klimapolitik muss sich daher die Frage stellen, was emissionsintensive Branchen für das Klima leisten können und welche Rahmenbedingungen sie benötigen. Die europäische Stahlin dustrie übernimmt doppelt Verantwortung: Sie entwickelt den Werkstoff im Sinne des Klimaschutzes weiter und arbeitet intensiv an technologischen Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß in der Produktion noch stärker abzusenken. Für beide Aufgaben benötigen die Stahlunternehmen Planungssicherheit und das klare Bekenntnis, dass ihr Verbleib am Standort politisch und gesellschaftlich erwünscht ist. Denn nur so kann ein positiver Klimaeffekt erzielt werden. Nachhaltiger Klimaschutz Klimapolitik besteht nicht nur aus Wünschen, Zielen und symbolischen Maßnahmen, Klimapolitik braucht Substanz und konkrete Leistungen. Die EU und die Bundesregierung sind gerade deshalb gut beraten, ihre Vorreiterrolle im Klimaschutz so zu definieren, dass sie auch den Erhalt der Grundstoffindustrien beinhaltet. Für Branchen, die ihre Prozesse bereits seit vielen Jahren im Sinne des Klimaschutzes optimieren, ist die weitreichende, politisch vorgegebene CO2-Minderung mit enormen Anstrengungen verbunden oder gar technisch nicht realisierbar. Ressourceneffizienz, wie sie in der deutschen und europäischen Stahlindustrie vorbildlich ist, darf nicht bestraft werden. Und das selbst dann nicht, wenn das langfristige Ziel Dekarbonisierung heißt. Vielmehr sollten Materialund Prozessinnovationen und damit die umwelttechnischen und wirtschaftlichen Stärken der Branche gefördert werden. Mit Blick auf die Verhandlungen in Paris bedeutet das: Nur wenn die EU die richtige Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz vorlebt, besteht eine realistische Chance, dass ihr Vorbild weltweit Nachahmer findet. WUNSCH UND WIRKLICHKEIT Dekarbonisierung 09 In vielen Branchen gibt es CO2-freie Alternativen: klimaneutrale Verfahren und Produktdesigns, die technisch realisierbar und wirtschaftlich sind. Die Stahlindustrie bewegt sich indes an den Grenzen des Machbaren – und forscht dennoch nach Wegen, diese zu überwinden. Auf Windenergie umsteigen, leichtere Autos bauen, Fassaden dämmen, Landflächen aufforsten: Den meisten Branchen stehen CO2-Vermeidungsoptionen zur Verfügung. In der Stahlindustrie dagegen ist nach dem heutigen Stand der Technik keine CO2-neutrale Produktion möglich. Stahl und Klima Ohne Kohlenstoff kann kein Roheisen gewonnen werden und ohne Roheisen gibt es keinen Stahl. Den Eisenerzen, wie sie in der Natur vorkommen, muss Sauerstoff entzogen werden – dafür werden kohlenstoffhaltige Reduktionsmittel eingesetzt. Auf diesem Wege werden weltweit etwa 70 Prozent des Stahls hergestellt. Die restlichen 30 Prozent des Werkstoffs stammen aus eingeschmolzenem Stahlschrott. Der Mindestbedarf an Kohlenstoff für die Eisenerzreduktion lässt sich rechnerisch ermitteln. Die Stahlindustrie spricht vom sogenannten technisch-naturwissenschaftlichen Minimum. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wurden die Verfahren ständig verbessert, sodass der Reduktionsmittelverbrauch je Tonne Roheisen erheblich gesenkt werden konnte. „Die heutigen Hochofentechnologien lassen so gut wie keine Verbesserungen mehr zu. Wir sind an den technischen Grenzen angekommen“, sagt Jörn Pufpaff, Mitglied des Vorstands von ArcelorMittal Bremen GmbH. Hohe Hürden. Beim Thema Dekarbonisierung liegen technologische Hoffnungen und wirtschaftliche Risiken nah beieinander. Die erfolgte Optimierung der Anlagen bis an das technische Minimum ist nur ein Grund dafür, warum die weitere CO2Minderung so schwierig ist. „Die Qualität der Rohstoffe verschlechtert sich kontinuierlich – das nivelliert die positiven Effekte der Effizienzsteigerung“ erklärt Martin Baues, Mitglied des Vorstands der Saarstahl AG. Diese Erkenntnis gilt sowohl für Erz und Kohle bei der Hochofenroute als auch für den Stahlschrott bei der Elektroofenroute. Das wirtschaftlich realisierbare CO2-Minderungspotenzial der europäischen Stahlindustrie bis 2050 liegt nur noch bei zehn Prozent, haben die Boston Consulting Group und das Stahlinstitut VDEh ermittelt. 10 Nah am Limit. Die Stahlindustrie hat über Jahrzehnte hinweg den Einsatz von Kohlenstoff in Hochöfen reduziert und damit das reale Betriebsoptimum erreicht. Einsatz von Kohlenstoff in Hochöfen in Deutschland 1.000 kg Kohlenstoff/t Roheisen 800 reales Betriebsoptimum 600 400 200 0 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Quelle: Stahlinstitut VDEh Die Suche nach großen Lösungen Nicht ohne Grund werden aktuelle Forschungsvorhaben der Branche als „Breakthrough Technologies“ bezeichnet. Es wird nach Wegen gesucht, bekannte Prozesse alternativ anzuordnen oder gar zu verkürzen. Ein Forschungsprojekt im Rahmen des ULCOS-Konsortiums (Ultra-Low CO2 Steelmaking) untersucht beispielsweise, ob sich Roheisen direkt aus Feinerzen und Kohle herstellen lässt, ohne die Vorstufen Kokerei und Sintern. Auch das Belt-Cast-Verfahren, welches 2014 für den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten nominiert wurde, bedeutet eine massive Modifikation im Prozess. Ulrich Grethe, Vorsitzender der Geschäftsführung der Salzgitter Flachstahl GmbH, erläutert: „Anders als bei der konventionellen Herstellung wird der Stahl direkt horizontal auf ein gekühltes Band gegossen und anschließend aus gewalzt. Das noch in der Entwicklung stehende Verfahren soll die Erzeugung neuer Hochleistungsstähle ermöglichen, die bei ihrem Einsatz zum Beispiel im Mobilitätssektor zur Energieeinsparung führen sollen. Bei großtechnischer Anwendung des Verfahrens könnten neben der Produktion neuer Werkstoffe auch Energie und CO2 direkt bei der Stahlerzeugung eingespart werden. Dafür ist jedoch noch jahrelange Entwicklungsarbeit notwendig und es wird keineswegs bei allen Stahlprodukten anwendbar und in dem Ausmaß machbar sein, dass es für die Erreichung der politisch definierten Reduktionsziele ausreichend wäre.“ Außerdem entwickelt die Stahlindustrie Verfahren, die das unvermeidbare CO2 als Grundstoff nutzen, beispielsweise für Düngemittel, Kerosin oder Karbonfasern. Die unter dem Oberbegriff „Carbon Capture and Usage“ (CCU) laufenden Experimente sind jedoch noch weit davon entfernt, im großen Maßstab umgesetzt werden zu können. „Für diese Prozesse wird Wasserstoff benötigt, dessen Gewinnung energieintensiv ist. Wollen wir CO2 nutzen, statt es auszustoßen, ist günstige und zuverlässige Energieversorgung unabdingbar“, argumentiert Dr. Herbert Eichelkraut, Mitglied des Vorstands von ThyssenKrupp Steel Europe AG. Aus dem Labor in die Praxis? Die skizzierten Projekte zeigen, dass Stahlunternehmen aktiv daran forschen, den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid zu verringern oder nutzbar zu machen. Technologische Hoffnungen und wirtschaftliche Risiken liegen dabei eng beieinander: Zum einen ist die Forschung ergebnisoffen und es ist unklar, ob sich die Verfahren im großindustriellen Maßstab umsetzen lassen. Außerdem können sie, auch wenn verfügbar, den CO2-Ausstoß der Stahlindustrie senken, aber nicht komplett eliminieren. Zum andern bleibt die Wirtschaftlichkeit entscheidend. Die Verfahren müssen im Vergleich zu den weltweit etablierten Prozessen wettbewerbsfähig werden und auch dauerhaft bleiben. Wie die politisch gewünschte Energie wende, lassen sich die geschilderten Technologien nicht von heute auf morgen in den Stahlunternehmen umsetzen. Es ist Aufgabe der Politik, den globalen Klimaschutz so zu gestalten, dass der freie Wettbewerb die technologisch fortgeschrittenen Stahlstandorte nicht benachteiligt. Schließlich müssen Windräder, Autobauteile, Fassaden und Landmaschinen auch künftig noch gefertigt werden. AUF GRÜNEM GLEIS Transportmittel Bahn 11 Der Stahlstandort Deutschland ist klimafreundlich – nicht nur, weil hier umweltschonend produziert wird, sondern auch, weil die Stahlindustrie auf die nachhaltigen Verkehrsträger Binnenschiff und Bahn setzt. Wer einmal erlebt hat, welche Mengen an Rohstoffen ein Stahlunternehmen pro Tag benötigt, dem ist klar: Hier sind zuverlässige und leistungsstarke Transporteure gefordert. Neben der Binnenschifffahrt ist der Schienengüterverkehr der mit Abstand wichtigste Verkehrsträger für die Branche. Rund 200.000 Tonnen Stahl, Erz, Kohle, Schrott, Zwischen- und Fertigprodukte werden täglich mit der Bahn transportiert. Im Gespräch: Rüdiger Grube, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bahn AG und der DB Mobility Logistics AG Herr Grube, wie sieht die Zusammenarbeit zwischen der Stahlindustrie und der Bahn konkret aus? Die Stahlindustrie ist eine Kernbranche des Schienengüterverkehrs der Deutschen Bahn und wichtiger Partner beim Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Gerade Stahlerzeugnisse, aber auch Rohstoffe wie Erze und Kohle sind Güter, die sich hervorragend für den Transport auf der Schiene eignen. Für die Stahlindustrie ist die Schiene geradezu wie geschaffen. Dabei ändern sich Prozesse in der Stahlindustrie und die Anforderungen an uns als Transport- und Logistikdienstleister ständig. Der Schlüssel zum Erfolg ist dabei die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Ein Beispiel ist die Güterwagenflotte, die wir zum Transport von Stahl-Coils oder Halbzeug einsetzen und gemeinsam weiterentwickeln. Meine Kollegen und ich tauschen uns auch regelmäßig mit der Wirtschaftsvereinigung Stahl über Instandhaltung und Ausbau unserer Schieneninfrastruktur und auch die Lärmsanierung aus. Die Stahlindustrie ist bereits in vielen Bereichen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Wie sieht das bei Ihnen als Transportpartner aus? Nachhaltigen Unternehmenserfolg und gesellschaftliche Akzeptanz sehe ich als Voraussetzung für unser Geschäft. Über unsere Strategie DB2020 ist das Prinzip der Nachhaltigkeit im Unternehmen fest verankert – und zwar über messbare Kriterien. Dazu gehören die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern, aber auch die Reduktion von Emissionen – und natürlich die wirtschaftliche Stabilität. Unter der Überschrift Logistik 4.0 treiben wir die Digitalisierung im Schienengüterverkehr voran. Beispielsweise indem wir die Betriebsdaten von Loks in Echtzeit an die Werkstätten übermitteln. So sehen wir genau, wann eine Inspektion ansteht. Bis 2020 werden rund 2.000 intelligente DB-Loks durch Europa rollen. Bei den Waggons investieren wir ebenfalls verstärkt in Sensorik und Telematik. Damit steigern wir nachhaltig die Effizienz und schonen die Umwelt. Welche Rolle spielt das Thema nachhaltiger Transport bei Ihren Kunden? Geringe Umweltbelastung, eine gute Transportqualität und eine wirtschaftlich vertretbare Entwicklung der Kosten sind hier wichtige Faktoren. Die Modernisierung unserer Loks und Wagen ist Grundvoraussetzung für Leistung und Qualität. Gerade mit einigen unserer Stahlkunden arbeiten wir außerdem daran, durch intelligente Zugkonzepte die Profitabilität zu steigern. Unsere Kunden wünschen einen sicheren, verlässlichen und effizienten Transport ihrer Güter. Aber auch die eigene Umweltbilanz gewinnt stark an Bedeutung. Spätestens da führt kein Weg an der Schiene vorbei. Anteile der Verkehrsträger am Transportvolumen 51 % Bahn 29 % Binnenschiff 20 % Lkw Quelle: WV Stahl Breite Allianz für Stahl Schulterschluss 12 Gipfeltreffen in Düsseldorf. In der NRW-Landeshauptstadt trafen sich im September Vertreter von Landesregierung, Stahlunternehmen und Gewerkschaft. Hintere Reihe (v. l.): Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NordrheinWestfalen; Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen; Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl und Vorsitzender Stahlinstitut VDEh Vordere Reihe (v. l.): Frank Schulz, Vorsitzender der Geschäftsführung ArcelorMittal Holding GmbH; Oliver W. Bell, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Edelstahlwerke GmbH; Moderatorin Verena Papke; Karl-Heinz Schmidt, Betriebsratsvorsitzender Vallourec Deutschland GmbH; Dr. Nicola Hirsch, Arbeitsdirektorin und Mitglied der Geschäftsführung ArcelorMittal Duisburg GmbH; Andreas J. Goss, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp Steel Europe AG Gipfeltreffen in Saarbrücken. Beim Saarländischen Stahlgipfel trafen sich im Juli Vertreter von Landesregierung, Stahlunternehmen und IG Metall. (V. l. n. r.:) Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall; Anke Rehlinger, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr im Saarland; Albert Hettrich, Generalbevollmächtigter der Stahl-Holding Saar und Präsident des Verbandes der Saarhütten; Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl und Vorsitzender Stahlinstitut VDEh In ihrer wachsenden Sorge über die weitere Verschärfung des EU-Emissionshandels bekommt die deutsche Stahlindustrie Unterstützung von Arbeitnehmern und Politik. IG Metall, Wirtschaftsvertreter sowie Landesund Bundespolitiker bilden gemeinsam eine breite Allianz für den Stahl. 13 Der Wirtschaftsminister von NRW, Garrelt Duin (SPD), fand deutliche Worte in Richtung Brüssel. „Es darf keine europäische Klimaschutzpolitik nach dem Motto geben: Wenn die Industrie abwandert, ist Gutes für das Klima getan“, mahnte er anlässlich des ersten Stahlgipfels für Nordrhein-Westfalen. Seine Parteikollegin, die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD), hatte zuvor beim Stahlgipfel in Saarbrücken erklärt: „Mit dem geschlossenen Auftreten aller regionalen Kräfte wollen wir ein Zeichen setzen – Richtung Berlin und Richtung Brüssel.“ Dass sich gleich mehrere Landesregierungen so deutlich hinter eine Branche und so klar gegen die Vorstellungen der EU-Kommission positionieren, mag manche überraschen – es hat aber einen guten Grund. Pläne bedrohen die Existenz Setzt die EU die von der Kommission geplante Verschärfung des Emissionshandels mit einer massiven Verknappung der Freizertifikate für die Stahlindustrie und höheren CO2- und Strompreisen um, entstehen den Unternehmen zusätzliche Kosten, die auf eine Milliarde Euro im Jahr 2030 ansteigen. Das würde wohl das Aus für viele Standorte hierzulande und in Europa bedeuten. Für Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, ist daher klar: „Die von der Kommission geplante Verschärfung des EU-Emissionshandels ist für die Stahlindus trie existenzgefährdend.“ Wegen fehlender Planungssicherheit werden schon heute notwendige Investitionen verschoben – oder ganz gestrichen. Für die Landesregierungen an Rhein und Saar geht es längst nicht nur um die Stahlunternehmen und die dazugehörigen 90.000 Beschäftigten. Verschwindet der Industriezweig, sind rund vier Millionen weitere Arbeitsplätze in stahlintensiven Branchen betroffen. Zudem ginge Deutschland ein großes Stück Innovationskraft verloren. Im vergangenen Jahr wurden rund 4.300 für Deutschland relevante Stahlpatente veröffentlicht. Unterstützung über Parteigrenzen hinweg Zunehmend wächst in der Politik die Erkenntnis: Eine Klimapolitik, die dafür sorgt, dass Stahl außerhalb Europas zu schlechteren Umweltbedingungen produziert wird, schadet dem Klima. Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) äußerte kürzlich erstmals öffentlich Bedenken: „Es wäre unsinnig, Unternehmen aus Europa zu vertreiben, die dann ihre Produktion und ihre Emissionen in andere Weltregionen verlagern.“ Unterstützung erhält die Stahlindustrie auch von CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Der forderte nach seinem Besuch bei ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt via Facebook bessere Konditionen für die heimische Stahlindustrie: „Wir müssen in der Politik unbedingt die Rahmenbedingungen – insbesondere beim Thema Energie – so setzen, dass Deutschland ein starker Industriestandort bleibt.“ Hoffen auf Einsicht in Brüssel In ihrem gemeinsamen Ziel suchen Arbeitnehmer und Stahlproduzenten in Deutschland weiterhin den Dialog mit der Politik. Im Saarland, in NordrheinWestfalen wie auch in Niedersachsen dürfen sich die Stahlindustrie und ihre Beschäftigten der Unterstützung sicher sein. Im Rahmen des NRW-Stahlgipfels kündigte Duin an, in Kürze das Gespräch mit den EU-Institutionen zu suchen. Eine ganze Branche hofft nun, dass damit auch die Einsicht in der EU-Kommission Einzug halten wird. Demonstration in Berlin. IG Metall und Stahlindustrie protestieren gemeinsam gegen steigende Energiekosten. KNAPPE ZERTIFIKATE WENIGER IST NICHT MEHR 14 Erste Handelsperiode Finanz- und Wirtschaftskrise Im Kyoto-Protokoll einigten sich 1997 mehr als 150 Staaten auf verbindliche Ziele zur CO2-Reduktion. Die EU beginnt 2005 mit dem Aufbau eines Emissionshandels. Die erste Handelsperiode gilt als Pilotphase: Regeln und Budget werden nur grob festgelegt, die Ausgestaltung übernehmen die einzelnen EU-Staaten. Den rund 1.850 emissionshandelspflichtigen Anlagen in Deutschland stehen pro Jahr 499 Millionen Emissionszertifikate zur Verfügung. 2005–2007 Die globale Finanzkrise 2008 und der daraus resultierende Einbruch der Weltwirtschaft wirken sich auch auf den Emissionshandel aus. Die deutlich geringere Wirtschaftsleistung führt zu weniger Emissionen, aber auch zu einem Überschuss an Zertifikaten, deren Preise in der Folge deutlich nachgeben. Die nicht in Anspruch genommenen Zertifikate der Stahlindustrie in Deutschland werden bis 2017 aufgebraucht sein. 2008–2012 Zweite Handelsperiode Zwischen 2008 und 2012 etabliert sich der Emissionshandel. Die Zahl der Zertifikate für die rund 1.650 deutschen Anlagen wird auf 452 Millionen Zertifikate gesenkt – das sind rund zehn Prozent weniger als in der ersten Handelsperiode. Zudem werden jährlich mehr als 40 Millionen Emissionszertifikate nicht wie zuvor kostenlos zugeteilt, sondern versteigert. 2008–2009 Die EU hat eine drastische Verschärfung des Emissionsrechtehandels vorgeschlagen. Dabei ist klar: Die Verknappung der Emissionsrechte in Europa bringt dem globalen Klimaschutz wenig. Es bleibt offen, inwieweit andere Standorte dem europäischen Vorbild folgen. 15 15 Reformvorschlag der EU-Kommission Um die Anzahl der Zertifikate weiter zu reduzieren, wurde eine sogenannte Marktstabilisierungsreserve geschaffen. Zusätzlich hat die EU-Kommission am 15. Juli 2015 einen Vorschlag vorgelegt, der eine noch schärfere jährliche Kürzung der Zertifikate vorsieht: 2,2 Prozent ab 2021. Dadurch müssen Unternehmen mehr Emissionsscheine zukaufen. Zudem steigt deren Preis. Damit will die EU die CO2-Reduktion weiter forcieren. Gefahren der Reform ab 2013 2015 Dritte Handelsperiode Die dritte Handelsperiode startet mit einer weitreichenden Harmonisierung: Außer einer europaweit festgelegten Obergrenze für Treibhausgasemissionen gelten erstmals in allen EU-Staaten dieselben Regeln für die Zuteilung von kostenlosen Emissionszertifikaten. Zudem verringert sich die Anzahl der Zertifikate jährlich um 1,74 Prozent. Die Stahlindustrie muss seit 2013 für eine freie Zuteilung der Zertifikate CO2-Richtwerte akzeptieren, die außerhalb des Realisierbaren liegen. Die Reformpläne der EU sind für die deutsche Stahlindustrie existenzgefährdend: Die starren Vorgaben für weitere CO2-Einsparungen stoßen bei der Stahlproduktion an technisch-physikalische Grenzen. Zudem führen sie zusammen mit emissionshandelsbedingten Strompreissteigerungen zu einer Mehrbelastung von rund einer Milliarde Euro im Jahr 2030. Unter diesen Belastungen kann die Stahlbranche im globalen Wettbewerb nicht mehr bestehen. Es wächst die Gefahr des Abwanderns der heimischen Stahlproduktion in Länder mit niedrigeren Emissionsvorgaben („Carbon Leakage“). Forderungen der Stahlindustrie Die Stahlindustrie in Deutschland ist sich ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bewusst und hat die CO2-Emissionen seit 1990 bereits um 19 Prozent gesenkt. Nirgendwo auf der Welt wird Stahl klimaschonender produziert als hierzulande. Damit dies auch so bleibt, fordert die Stahlindustrie eine ausreichende kostenfreie Zuteilung für im internationalen Wettbewerb stehende Branchen. Sie muss so bemessen sein, dass die zehn Prozent der emissionsärmsten Anlagen nicht durch den Kauf von Zertifikaten belastet werden. Für die übrigen Unternehmen entsteht zugleich ein Anreiz, die eigenen Anlagen weiter zu optimieren. Hinzu kommt: Die Stromkosten der Stahlindustrie steigen durch die Einpreisung der CO2-Zertifikate massiv. Dieser politisch verursachte Wettbewerbsnachteil gegenüber außereuropäischen Regionen ohne Emissionshandel kann nur ausgeglichen werden, wenn die heute praktizierte Strompreiskompensation über 2020 hinaus beibehalten bleibt. Um weitere Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, ist zudem eine globale Lösung erforderlich – denn CO2 kennt keine Grenzen. WEISSER RAUCH China poliert sein Klima-Image 16 Globaler Klimaschutz ist ohne China wirkungslos. Im Vorfeld des Pariser Gipfels verkündet das Land mehr Engagement – und will doch bis 2030 mehr CO2 ausstoßen als je zuvor. Ein Überblick. Emissions-Weltmeister Vage Klimaziele Dicke Luft China ist der größte KohlendioxidProduzent weltweit und verursacht knapp 30 Prozent des global freigesetzten Treibhausgases. Beim Weltklimagipfel in Paris will China eine aktive Rolle spielen. Erstmals wurden vorab eigene Klimaziele formuliert: 2013 lag der CO2-Ausstoß bei knapp 9 Milliarden Tonnen – in etwa so viel, wie die Emissionen von Europa und USA zusammen. • Ab 2017 will China ein eigenes Emissionshandelssystem aufbauen, die Pilotphase läuft vorab in sieben Städten des Landes. • Der Ausstoß von Kohlendioxid soll zunächst weiter steigen, jedoch möglichst noch vor 2030 seinen Höchststand erreichen. • Die CO2-Emissionen sollen gemessen an der Wirtschaftsleistung bis 2030 um 60 bis 65 Prozent im Vergleich zum besonders schadstoffreichen Jahr 2005 sinken. Smog in den Städten, verseuchte Flüsse, zerstörte Wälder: Umweltprobleme sind in China kein Geheimnis mehr. Die Belastungen gefährden nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern stellen auch ein Investitionshemmnis dar. Die Industrialisierung des Riesenreichs lässt sich auch am CO2Ausstoß ablesen: Er stieg seit 1990 um mehr als 280 Prozent. Grundsätzlich sind die Ankündigungen zu begrüßen. Sie liegen allerdings noch weit unter den EU-Verpflichtungen. Smog über Peking. Chinas Hauptstadt zählt zu den Städten mit der höchsten Luftverschmutzung weltweit. Auf die immer häufiger aufkommenden Proteste der Bevölkerung reagiert die Politik zumeist mit kurzfristigen Maßnahmen wie der Abschaltung einzelner Kraftwerke oder partiellen Fahrverboten. Was bisher fehlt, ist ein klares Konzept. 17 Fehlende Transparenz Stahlmacht Nummer 1 Unklarer Ausblick Die EU-Umweltminister fordern, den Ausstoß von Treibhausgasen ab 2025 weltweit zu überwachen. Dazu braucht es aber verlässliche Daten, sowohl über den Energieverbrauch als auch über Emissionen. Beides ist in China bisher nicht der Fall. Das Reich der Mitte ist der größte Stahlproduzent weltweit: Eine Beurteilung der Klimapolitik Chinas fällt schwer, solange den Ankündigungen keine konkreten Maßnahmen folgen. So ist beispielsweise noch völlig unklar, wie der angekündigte Emissionshandel überwacht und Absprachen zwi schen Industrie und lokalen Behörden unterbunden werden sollen. Experten gehen beispielsweise davon aus, dass der aktuelle Energieverbrauch etwa zehn Prozent über den offiziellen Angaben der Zentralregierung in Peking liegt. • Knapp 50 Prozent des weltweit erzeugten Rohstahls kommen aus China. • Aktuell beträgt die Überkapazität rund 380 Millionen Tonnen – Tendenz steigend. Dies ist mehr als doppelt so viel, wie die EU jährlich produziert • 94 Prozent der Stahlproduktion erfolgt über die Hochofenroute, nur 6 Prozent über die emissionsärmere Elektroroute. In Deutschland liegt das Verhältnis bei 69 zu 31 Prozent. • Staatliche Unterstützungen ermöglichen es chinesischen Herstellern, Stahl zu Dumpingpreisen anzubieten. Einig ist man sich allerdings, dass ein Engagement Chinas zur Reduktion der Treibhausgasemissionen unverzichtbar ist. Denn eines ist unumstritten: Alle europäischen Bemühungen gehen ins Leere, solange die Emissionen in China ungebremst weiter steigen. Gelebte Effizienz Ressourcen und Energie 18 Von Natur aus effizient. Die beliebte Blattschneideameise zeigt, welch große Leistungen mit relativ wenig Energie möglich sind. Das Prinzip Effizienz ist in der Natur, aber auch in der Industrie zu finden. Für die Stahlunternehmen in Deutschland ist der schonende Umgang mit Ressourcen und Energie schon lange selbstverständlich. In Zeiten steigender Energiekosten ist Energieeffizienz auch für Privathaushalte ein großes Thema geworden. So spielt bei der Anschaffung von neuen Haushaltsgeräten immer häufiger die Energieeffizienzklasse eine entscheidende Rolle. Kaum eine Waschmaschine wird heute mit einem schlechteren Effizienz-Label als A+ verkauft. Gegenüber Modellen mit der Einordnung A benötigen neue Exemplare mit A+++ rund ein Drittel weniger Strom und kommen mit deutlich geringeren Mengen Wasser aus. Was zu Hause mit einem überschaubaren Aufwand verbunden ist, dem Austausch des bisher genutzten Geräts, erfordert in einer Branche wie der Stahlindustrie hohen finanziellen Einsatz. Dennoch konnte der Verbrauch von Primärenergie, bezogen auf die Rohstahlerzeugung, in den letzten 25 Jahren um fast 15 Prozent gesenkt werden. Auch der Wasserverbrauch ließ sich in diesem Zeitraum um mehr als ein Drittel verringern. Diese Erfolge sind zugleich auch Ansporn: Der schonende Umgang mit Ressourcen sowie die Optimierung des Energieverbrauchs stehen auch weiterhin auf der Agenda der Stahlindustrie. der Bundesregierung, dem BDI und zahlreichen weiteren Branchenverbänden unterzeichnet wurde, war die Teilnahme der Stahlindustrie selbstverständlich. Das Ziel der „Initiative Energieeffizienz-Netzwerke“: Einsparungen von 75 Petajoule Primärenergie beziehungsweise fünf Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen. Informationsaustausch in Netzwerken Rund ein Dreivierteljahr später laufen die Vorbereitungen zur Gründung der ersten Netzwerke auf Hochtouren. In der Stahlindustrie organisieren Elektro stahlproduzenten einen zielgerichteten Informationsaustausch im Rahmen eines eigenen Netzwerks. Darüber hinaus planen die Unternehmen der Stahlindustrie weitere Verbünde und Beteiligungen, um den Energieverbrauch zu optimieren und das von Politik und Wirtschaft gemeinsam gesetzte Ziel zu erreichen. Ein Weg, die aufgrund des schon Erreichten nur noch begrenzt vorhanden Effizienzpotenziale zu erkennen und zu heben, ist der zielgerichtete Informationsaustausch in sogenannten Energieeffizienz-Netzwerken. Als im Dezember 2014 eine Vereinbarung zur Gründung 500 neuer EnergieeffizienzNetzwerke bis Ende 2020 zwischen 19 Was ist ein Energieeffizienz-Netzwerk? Drei Fragen an … In einem Energieeffizienz-Netzwerk treffen sich Unternehmen zu einem unbürokratischen Erfahrungs- und Ideenaustausch. Ziel ist es, gemeinsam die Energieeffizienz zu steigern. Eine entsprechende Initiative wurde von der Bundesregierung sowie den Branchenund Spitzenverbänden ins Leben gerufen. Mehr unter: www.effizienz-mit-stahl.de Max Aicher, Geschäftsführender Gesellschafter der Max Aicher GmbH 1. Herr Aicher, was verstehen Sie unter einer effizienten Stahlproduktion? Bereits der Einsatz von Stahlschrott, aus dem wir Stahl herstellen, ist effizient. Zudem arbeiten wir schon seit vielen Jahren mit einem zertifizierten Energiemanagementsystem, um Einsparpotenziale systematisch zu erfassen. 2. Was leistet Stahl für die Energieeffizienz? Ohne Stahl keine Energiewende – also auch kein Strom aus Wind- oder Wasserkraft. Durch hochfeste Stähle kann das Gewicht beim Auto verringert werden. So wird weniger Kraftstoff benötigt. Das sind Beispiele für Effizienz mit Stahl. 3. Wo sehen Sie weitere Effizienzpotenziale? Unsere Devise ist: „Recycling statt Entsorgung“. Schon heute wird zum Beispiel aufbereitete Pfannenschlacke als Düngekalk in der Landwirtschaft genutzt. Die Verwertung von Nebenprodukten bedeutet höchste Effizienz. Maßnahmen werden dort aber nicht nur diskutiert, sondern auch vor Ort besichtigt. Von der einfachen Umrüstung der Deckenbeleuchtung in Produktionsstätten auf LED-Technik bis hin zum Betrieb eines Gichtgaskraftwerks bei der Dillinger Hütte, welches die im Produktionsprozess entstehenden Kuppelgase effizient in Strom umwandelt, ist vieles möglich, um die Effizienz nachhaltig zu steigern. Doch nicht alle Maßnahmen lassen sich problemlos auf andere Unternehmen übertragen. Hier ist jeder „Fertigungskomplex“ anders und besteht aus unterschiedlichen Einzelanlagen, die aufeinander abgestimmt sind. Effizient bei den Rohstoffen – effizient im Produkt Natürlich benötigt man für die Stahlproduktion nicht nur Energie. Das für die Roheisenproduktion unabdingbare Eisenerz und die Kokskohle müssen heute vollständig importiert werden – ein entscheidender Grund, warum die Stahlunternehmen auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen besonders viel Wert legen, auch beim Transport. In der Anwendung führt der Werkstoff Stahl dazu, dass negative Umwelt- und Klimaauswirkungen immer weiter verringert werden können. Der Einsatz innovativer Stähle sorgt zum Beispiel in Offshore-Windparks dafür, dass ein Vielfaches der CO2-Emissionen eingespart werden kann, die bei der Erzeugung des eingesetzten Stahls freigesetzt werden. In diesem Fall gar das 23-Fache, wie eine Studie der Boston Consulting Group und des Stahlinstituts VDEh ermittelt hat. Dr. Michael Süß, Vorsitzender der Geschäftsführung Georgsmarienhütte Holding GmbH 1. Warum ist Effizienz so ein wichtiges Thema in der Branche? Effektive Nutzung von Ressourcen durch Prozess- und ökologische Effizienz wirkt unmittelbar auf die Kosten. Im Stahlwerk Georgsmarienhütte ist durch die Nutzung der Abwärme des E-Ofens zur Dampf erzeugung der Erdgasverbrauch um rund 25 Millionen Kilowattstunden kWh im Produktionsjahr reduziert worden, was zudem eine Einsparung von etwa 13.000 Tonnen CO2 bedeutet. 2. Wie bewerten Sie die Rahmenbedingungen für weitere Effizienzsteigerungen? Effizienzsteigerung bekommt man nicht zum Nulltarif. Intelligente Industriepolitik setzt Rahmenbedingungen, die der Industrie ausreichend Luft zum Atmen lassen. Alles andere führt zur Deindustrialisierung in Deutschland mit weitreichenden Folgen für Arbeitsplätze und Wertschöpfungsketten. 3. Wie kann die Politik die Unternehmen zu mehr Effizienz bewegen? Das ist die falsche Frage. Effizienzsteigerung ist die Muttermilch der deutschen Wirtschaft. Politik muss nicht bewegen, sondern ermöglichen und die Industrie als Partner verstehen. NACHHALTIG POSITIV Die CO 2 -Bilanz von Stahl 20 Entscheidend ist nicht die einzelne Zahl, entscheidend ist das Gesamtergebnis: Weshalb es sich bei der Ökobilanz besonders lohnt, genau hinzuschauen, zeigt das Beispiel Stahl. Eigentlich ist die Ökobilanz eine gute Sache. Sie soll nachvollziehbar darüber Auskunft geben, wie stark ein Produkt die Umwelt belastet. Problematisch wird es aber, wenn die Ökobilanz – mehrfach auch als ökologischer Fußabdruck bezeichnet – auf Einzelzahlen reduziert wird. So sieht sich Stahl oft pauschal dem Vorwurf ausgesetzt, klimaschädlich zu sein. Was dabei übersehen wird: Bezogen auf den gesamten Lebenszy klus schneidet Stahl deutlich besser ab als viele andere Werkstoffe. Die vier „R“ Stahl befindet sich in einem kontinuierlichen Kreislauf aus Produktion, Verwendung, Reparatur, Aufbereitung, Wiederverwertung und Recycling. Die Vorzüge lassen sich in vier Schlagworten zusammenfassen: • Reduce: Innovative, leistungsfähige Stähle können mit immer weniger Materialeinsatz und Gewicht die gleiche oder sogar eine verbesserte Funktionalität erbringen. • Reuse: Wegen seiner hohen Beständigkeit lassen sich Bauteile aus Stahl gut wiederverwenden. • Remanufacture: Gebrauchte Stahlprodukte können zu hochwertigen Neuprodukten aufgearbeitet werden. • Recycle: Stahl wird immer wieder und vollständig recycelt. Kein anderer Werkstoff wird weltweit in so großem Umfang wiederverwertet. Der Leichtbau-Irrtum Die Vorzüge von Stahl lassen sich gut am Beispiel der Automobilindustrie veranschaulichen. Hier gilt: Je leichter ein Auto ist, desto weniger Kraftstoff verbraucht es und desto niedriger ist sein CO2-Ausstoß. Folglich könnte man meinen, dass jeder leichtere Werkstoff eine bessere Wahl sei als Stahl. Ein typischer Leichtbau-Irrtum. Denn die vollständige Ökobilanz eines Autos muss neben der Nutzungsphase auch Produktion einschließlich Rohstoffgewinnung bis hin zum Recycling berücksichtigen. Und hier zeigt sich: Bei der Herstellung von vielen Leichtbauwerkstoffen wird wesentlich mehr Energie eingesetzt als bei der Stahlerzeugung. Hochfeste Stähle liefern die vergleichbare Leistung bei deutlich kleinerem Energieaufwand. Hinzu kommt: Für die Herstellung vieler Autobauteile, unter anderem für Motoren, ist Stahl unverzichtbar und vergleichsweise günstig. Das Beispiel verdeutlicht: Für eine faire Beurteilung der eingesetzten Materialien ist eine ganzheitliche Betrachtung, die auch technische Anforderungen und die Realität der Massenmobilität berücksichtigt, unabdingbar. Und immer wieder neu Auch bei einem weiteren Posten der Ökobilanz schneidet Stahl deutlich besser ab als konkurrierende Werkstoffe. Denn Stahl lässt sich zu 100 Prozent recyceln – und das immer wieder neu. Dadurch verkleinert sich der ökologische Fußabdruck, denn die CO2-Emissionen bei der Herstellung einer Tonne recycelten Stahls liegen sehr viel niedriger als bei der Primärproduktion. Bezogen auf den Lebenszyklus, das heißt hochgerechnet auf die Gesamtlebenszeit einer Tonne Stahl, fallen weniger als 1.000 Kilogramm CO2 an. Übrigens: Beim Thema Stahlrecycling gehört die Stahlindustrie in Deutschland zu den Spitzenreitern; beträgt der Anteil von Stahlschrott am Rohstahl weltweit 37 Prozent, sind es hierzulande rund 45 Prozent. Nicht Abfall, sondern Wertstoff Und auch das ist Teil der sauberen Bilanz: Bei der Stahlerzeugung hergestellte Nebenprodukte werden vermarktet. Durch die Nutzung sogenannter Kuppelgase zur Eigenstromerzeugung werden jährlich rund 10,9 Terawattstunden Energie gewonnen – das entspricht dem Jahresverbrauch einer deutschen Großstadt. Die bei der Roheisenherstellung parallel erzeugten 14 Millionen Tonnen Hochofenschlacke sind gefragt als Ersatzbaustoff im Straßenbau oder als Düngemittel in der Landwirtschaft. Und das schont nicht nur Ressourcen, es hilft auch dem Klima. Erfolgreiche Kreislaufwirtschaft. Wiederverwenden und Wiederverwerten charakterisiert den umweltfreundlichen Werkstoff Stahl. KREISLAUFWIRTSCHAFT IN DER STAHLINDUSTRIE 21 ROHSTOFFE STAHLHERSTELLUNG 1 2 SCHROTT AUS RÜCKLAUFPRODUKTEN SCHROTT AUS DER FERTIGUNG RECYCLING 5 STAHLVERARBEITUNG AUFBEREITUNG UND WIEDERVERWERTUNG 3 NUTZUNGSPHASE 4 ZAHLEN UND FAKTEN 22 CO2 BIS ZU 440 MIO. TONNEN CO2 OV A können jährlich in der EU mit INNOVATIVEN STÄHLEN EINGESPART werden. −25 % I NN 25 % WENIGER ON I T wiegt ein AUTO durch den Einsatz von HOCHFESTEN STÄHLEN. 30.000 TONNEN ELEKTROBLECH werden benötigt, um die ELEKTROMOBILITÄTSZIELE der Bundesregierung zu erreichen. Knapp 25.000 WINDKRAFTANLAGEN werden in Deutschland betrieben. Sie bestehen zu rund 80 % aus STAHL. 40 % CO2-ZERTIFIKATE WERDEN DER STAHLINDUSTRIE 2030 FEHLEN, wenn die EU-Kommission ihren Reformplan zum Emissionshandel umsetzt. DAS KOSTET DIE BRANCHE IN DEUTSCHLAND BIS ZU 1 MRD. EURO JÄHRLICH. In Deutschland werden jährlich rund 43 Millionen Tonnen Stahl produziert. Zudem sind mehr als die Hälfte der deutschen Warenexporte stahlintensiv. Rund 2.500 Stahlsorten sind derzeit genormt und registriert. 23 STAHL ist zu 100 % ohne Einschränkungen und IMMER WIEDER VE 19 % R AN O TW RTUNG STAHL UND KLIMA 70 Mio. t CO2 – um so viel hat die Stahlindustrie in Deutschland ihre CO2-EMISSIONEN bereits seit 1990 GESENKT. 1990 2014 1 TONNE CO2 wird über die gesamte Lebenszeit von einer Tonne Stahl durch Wiederverwertung EINGESPART. PERSP IV EKT E 300 MIO. EURO – so viel zahlt die Stahlindustrie JÄHRLICH an EEG-ABGABEN. Knapp 90.000 BESCHÄFTIGTE hat die Stahlindustrie in Deutschland, 4 57 Mio. t RECYCELBAR. insgesamt MIO. MENSCHEN arbeiten in stahlintensiven Branchen. ENERGIEEFFIZIENZ BEGINNT MIT STAHL a T h e m U nter m u z z Me h r ee f f i z i e n de hl. gi E n e r zienz-mit-sta www.stahl-online.de effi www. Durch eine Vielzahl von Anstrengungen ist es der Stahlindustrie in Deutschland gelungen, Stahl energieeffizienter zu produzieren. Für die Produktion einer Tonne Rohstahl, werden heute 15 Prozent weniger Energie als noch vor 25 Jahren benötigt. Doch Stahl unterstützt auch in der Anwendung den Klimaschutz. Windräder bestehen beispielsweise zu mehr als 80 Prozent aus dem Werkstoff. 74 Millionen Tonnen CO2-Emissionen lassen sich allein durch zukunfts- weisende Stahlanwendungen jährlich vermeiden. Das entspricht etwa einem Drittel der von der Bundesregierung an- gestrebten Gesamteinsparungen. Jede Tonne Stahl vermeidet sechs Mal mehr CO2 als bei ihrer Produktion entsteht. Eine Initiative von ArcelorMittal • Benteler • BGH Edelstahlwerke • Buderus Edelstahl • Deutsche Edelstahlwerke • Dillinger Hütte • Dörrenberg Edelstahl • Feralpi Stahl • GMH Gruppe Georgsmarienhütte • Hüttenwerke Krupp Mannesmann • Max Aicher Unternehmensgruppe • Outokumpu • Saarstahl • Salzgitter • Stahlwerk Thüringen • ThyssenKrupp
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