Predigt beim Familiengottesdienst am Erntedankfest 4.10.2015 Thema: Vom Danken und Teilen Marc Stippich Liebe Gemeinde, liebe Kinder, liebe Eltern, es gibt viel zu sehen bei uns im Gottesdienst heute. Die Kinder haben ihre Früchte gebracht, viele von Ihnen haben auch etwas zu unserem schönen Erntealtar beigetragen. Es gibt viel zu sehen. Auch draußen in der frühherbstlichen Natur können wir viel Schönes sehen und erleben. Die vergangene Woche mit dem schönen Wetter hat uns immer wieder wunderschöne Anblicke geboten: Leicht oder schon deutlich verfärbte Blätter an den Bäumen. Die Sonne, die tiefer steht als im Sommer, strahlt durch die Bäume hindurch und setzt sie immer wieder in ein magisches Licht. Es gibt viel Grund dankbar zu sein in diesen Tagen. Andererseits ist drei Wochen nach Schulbeginn der Alltag in vollem Gange, die Termine häufen sich. Manchmal ist das alles ganz schön viel. Zuviel. Man ist gestresst und denkt: „Hier und da und dort will jemand was von mir!“ Kinder weniger, aber die Erwachsenen wollen oft einfach ihre Ruhe haben. Die Sommerpause im Rücken denken wir seufzend: „Wäre es nicht viel besser, wenn ich allein für mich wäre und nicht laufend noch etwas für andere tun müsste?“ Wenn uns alles zu viel wird, liegt es uns eher fern dankbar zu sein, und freigebig und hilfsbereit. Um zu einer solchen Einstellung zurückzufinden, da sind kleine Ruhepausen hilfreich und heilsam: Ein arbeitsfreier Tag, ein, zwei Stunden am Abend für mein Hobby, ein, zwei Stunden mit Ohrstöpseln chillen auf dem Sofa, ein, zwei Stunden in einer Veranstaltung, in der ich mich ganz zwangsläufig abwende von dem, was mich im Alltag fordert. Solche Ruhepausen brauchen wir, eigentlich. Es hat einen tiefen Sinn, dass unsere Woche strukturiert ist in Sonntag und Alltag und dass man sonntags die Möglichkeit hätte sich rauszuziehen aus dem Alltagsstress. Und seine Gedanken in eine andere Richtung lenkt. Nachdenkt, was Sinn macht und was nicht bei all dem, was wir tun. So wie heute Morgen im Gottesdienst. An Erntedank fragen wir uns: „Woher kommt eigentlich das alles, was wir täglich brauchen?“ Und merken: „Vieles von dem, was mein Leben ausmacht, tun andere für mich. Und ich wiederum anderes für sie. Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Es gibt da eine Geschichte von Markus, einem 8jährigen Jungen. Er wollte einfach Danke sagen. Aber wem alles? Das war gar nicht so klar wie er dachte. In der 2. Klasse hatten wir die Geschichte von Markus in der letzten Woche, und sie ist so schön, dass ich sie heute noch einmal Ihnen allen erzählen möchte. Markus ging zum Kaufladen, um ein Brot zu kaufen. "Danke für das Brot", sagte Markus zu der Verkäuferin. "Danke nicht mir", sagte die Verkäuferin. "Ich habe das Brot nur aufbewahrt, bis du es gekauft hast. Du musst dem danken, der-mir das Brot gebracht hat." Darum sagte Markus "Danke" zu dem Lieferanten. "Danke nicht mir", sagte der Lieferant. "Ich habe das Brot nur in meinem Wagen zum Geschäft hingebracht. Du musst dem danken, der das Brot gebacken hat." Darum sagte Markus "Danke" zu dem Bäcker. "Danke nicht mir", sagte der Bäcker. "Ich habe nur das Brot aus Mehl gebacken. Du musst dem danken, der mir das Mehl gegeben hat." Darum sagte Markus "Danke" zu dem Müller. "Danke nicht mir", sagte der Müller. "Ich habe nur das Mehl aus den Weizenkörnern gemahlen. Du musst dem danken, der mir das Korn zum Mahlen gebracht hat." Darum sagte Markus "Danke" zu den LKW-Fahrern. "Danke nicht uns", sagten die LKW-Fahrer. "Wir haben nur das Korn geholt. Du musst dem danken, der uns das Korn gegeben hat." Darum sagte Markus "Danke" zu dem Getreidespeicher. "Danke nicht mir", sagte der Getreidespeicher. "Ich habe nur das Korn verwahrt, bis es gebraucht wurde. Du musst dem danken, der mir das Korn gegeben hat." Darum sagte Markus "Danke" zu dem Bauern. "Danke nicht mir", sagte der Bauer. "Ich habe das Korn nur gesät und geerntet. Du musst denen danken, aus denen das Korn gewachsen ist." Darum sagte Markus "Danke" zu den Samenkörnern. "Danke nicht uns", sagten die Samenkörner. "Wir brauchten andere Dinge, die uns heranwachsen ließen. Du musst ihnen danken." Darum sagte Markus "Danke" zu der Erde, dem Regen und der Sonne. "Danke nicht uns", sagten alle. "Du musst dem danken, der uns gemacht hat." Darum sagte Markus "Danke" zu Gott. Markus betete so, und ich lade alle ein in Gedanken mitzubeten: "Danke, Gott, für die Erde, den Regen und die Sonne und für den Samen, der wächst, und für den Bauern. Danke, Gott, dass du den Menschen hilfst, Getreidespeicher zu bauen. Danke für die Spediteure und für den Müller. Danke, Gott, für den Bäcker und für den Lieferanten und für die Verkäuferin. Danke, Gott, für das Brot. Amen". Endlich war Markus ans Ende einer langen Reihe gekommen. 12 verschiedenen Helfern hatte er gedankt, und schließlich Gott, von dem alles herkommt. Nicht nur das Brot – unzählig Vieles im täglichen Leben schaffen wir nicht selber, sondern andere arbeiten für uns. Wohnung, Kleidung, reichhaltiges Essen, Verkehrsmittel, Gesundheitsfürsorge und und und. Wir arbeiten alle einander zu, und dadurch können wir unser Leben auf einem hohen Lebensstandard verbringen. In diesen Wochen, wo immer mehr Flüchtlinge aus Notstandsgebieten zu uns kommen, wird uns das noch einmal neu bewusst: Dass wir so leben können, auf diesem Niveau, ist überhaupt nicht selbstverständlich. Darüber nachzudenken, und anfangen sich darüber zu freuen, das verändert unsere Einstellung zu ganz vielem. Wie gut es uns doch geht im Vergleich zu dem, wie es auch sein könnte… Dass uns das bewusst wird, das brauchen wir, immer wieder. Wenn wir uns keine Zeit nehmen für´s Denken und Danken, dann kommen wir schnell in einen Strudel negativer Gedanken: „Das Leben ist hart, mir wird alles zu viel. Alle wollen was von mir.“ Sie glauben es vielleicht nicht, aber ein großer Teil unseres Lebensgefühles, das wir haben, ist Einstellungssache. Überlegen Sie einmal: Wie oft ist für Sie im Leben das Glas halbvoll und wie oft halbleer? Es tut uns und anderen so gut, wenn wir positiv mit den Dingen, Menschen und Strukturen umgehen, mit denen wir leben. Und die nun einmal sind wie sie sind. Es ist so viel besser für uns und andere, wenn wir die Einstellung haben: „Ich will aus allem das Beste machen und mich nicht damit aufhalten, mich über dies und jenes zu ärgern.“ Um zu dieser Einstellung hinzukommen, genügt es für´s Erste mit dem Danken anzufangen. Wir werden vielleicht ein paar enttäuschende, ganz sicher aber viele schöne Begegnungen haben, wenn wir andere ansprechen und ihnen sagen: „Danke für das, was Sie tun. Danke dafür, dass du das immer für mich machst.“ Und vielleicht kommen Sie dabei auch ins Nachdenken und Staunen so wie Markus, der lange nicht aufhören konnte, Danke zu sagen. Wenn man fortfährt Danke zu sagen, fühlt man sich immer ein Stückchen mehr reich beschenkt. Und es wächst innerlich das Bedürfnis, dass man selbst auch anderen Grund gibt, Danke zu sagen. Das ist dann Schritt 2 nach dem Danken: Ich tue etwas für andere. Ich gebe etwas ab, Ich setze meine Zeit und meine Energie für andere ein. Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Und: Nach dem Danken kommt das Teilen. Danken und Teilen - wer beides von Herzen tun kann, der bekommt am Ende weit mehr, als er gibt. Amen.
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