EDITORIAL 785 Artikelserie «Wissenschaf t un d Medizin Was heisst denn: «der wissenschaftlichen Medizin verpflichtet»? Klaus Neftel Redaktor Swiss Medical Forum «Wir Ärzte sind einer wissenschaftlichen Medizin ver um einen Artikel zu diesem Thema gebeten hatte, ent pflichtet.» Das Bekenntnis kann man nur unterstüt stand aus dieser Idee unter seiner Ägide eine Serie von zen. In vielen Zusammenhängen bräuchte es aber noch vier Manuskripten, für die er prominente Autoren ge den Zusatz «… obschon die praktizierte Medizin selbst winnen konnte: Professor Gerd Gigerenzer, Direktor keine Wissenschaft ist, sondern ein empirisch erwor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und am benes Kennen und Können, das seine Erfolge aller Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Berlin, Profes dings der Anwendung wissenschaftlicher und techno sor Johann Steurer, Direktor des Horten-Zentrums für logischer Erkenntnisse verdankt». Es stimmt zwar: praxisorientierte Forschung und Wissenstransfer in Zü Ohne Wissenschaft wäre die Medizin immer noch im rich, Professor Gerd Antes, Direktor des Deutschen Zeitalter des Aderlasses und hitzigen Frieselfiebers, an dem Mozart laut seinen letzten Ärzten verstor ben sein soll. Die diagnostischen und therapeu tischen Fähigkeiten heutiger Ärzte sind aber vor allem durch kritisch gemachte Erfahrungen ent standen, und gute Medizin ist damit allenfalls In der Medizin dürfte es jedoch dabei bleiben, dass individuelle Probleme von individuellen Personen erkannt und gelöst werden sollen «Erfahrungswissenschaft» im besten Sinn. Der Klaus Neftel Wunsch nach Erkenntnissystemen, die immer mehr Cochrane Zentrums, Freiburg i. Br., und David Klempe überindividuelle Gesetzmässigkeiten und Zusammen rer, Professor für Sozialmedizin und Public Health an hänge erfassen, ist zwar menschlich und allgegenwär der Universität Regensburg. tig. In der Medizin dürfte es jedoch dabei bleiben, dass Die Artikel behandeln Fragen wie: Wo liegt der Härte individuelle Probleme von individuellen Personen er grad von Aussagen? Wie kann Nichtwissen identifiziert kannt und gelöst werden sollen. Definitiv in keine wis werden? Wo finden sich Ausbildungslücken im Medi senschaftliche Kategorie gehören die dabei zu beach zinstudium? Wie kommt man zu vertrauenswürdigen tenden Verhältnismässigkeiten oder einfacher gesagt Aussagen? Aber auch die unterschiedliche Wahrneh das «richtige Augenmass». Die Diskussion, wie wissen mung von «Facts» durch Fachleute und Laien, defensive schaftliche Ergebnisse in die medizinische Praxis ein und unnötige Medizin, der resultierende Nutzen und fliessen können, wird ein Dauerbrenner bleiben. Schaden und die Wissensvermittlung für informierte Neben den allgemeineren Aspekten des Wissenstrans Patientenentscheidungen werden thematisiert. Die Ar fers interessiert den einzelnen Arzt vor allem, wie die tikel werden in dieser und den folgenden drei Nummern Spreu vom Weizen getrennt werden kann. Nachdem des Swiss Medical Forum erscheinen. Wir wünschen er der Soziologe Rolf Ritschard vorerst Gerd Gigerenzer spriessliche Lektüre. SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM 2015;15(36):785
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