Diskushernie immer operieren?

1926
WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN Swiss Medical Board
Neuster Bericht Swiss Medical Board
Diskushernie immer operieren?
Swiss Medical Board
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Das Swiss Medical Board hat in seinem neusten Bericht untersucht, ob eine Diskus­
hernie immer operiert werden soll. Es kommt zum Schluss, dass in der akuten Phase,
sofern keine funktionell relevanten, motorischen Ausfälle und Beschwerden vor­
liegen, die konservative Behandlung einer Operation vorzuziehen ist. Wenn Erfolge
nach ca. drei Monaten ausbleiben oder sich der Zustand verschlechtert, sollte ein
chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen, der Patient sorgfältig aufgeklärt werden.
servative noch für die operative Therapie vorhanden.
schiedliche Ursachen. In vielen Fällen sind sie auf Band­
Umso wichtiger ist, dass Informationen aus der Praxis
scheibenvorfälle, genannt Diskushernien, zurückzufüh­
zu den aktuell in der Schweiz angewendeten Standards
ren. Diskushernien können durch Druck auf die seitlich
in die Betrachtungen miteinbezogen werden konnten.
der Wirbelsäule austretenden Rückenmarksnerven zu
Das Expertengremium hat unter Berücksichtigung des
deren Reizungen oder Schädigungen (Radikulopathie)
Assessment Berichts und der Kommentare betroffener
führen. Die damit verbundenen Symptome reichen von
Leistungserbringer folgende Empfehlungen formuliert:
Schmerzen im Bein bis zu Gefühlsstörungen (sensiblen
– Patienten mit akuten (<6 Wochen) oder subakuten
Ausfällen) und Muskellähmungen (motorischen Ausfäl­
(<12 Wochen) lumbalen Radikulopathien wegen Dis­
len).
kushernien, ohne funktionell relevante, motorische
Radikulopathien können konservativ oder operativ
Ausfälle und Beschwerden sind im Rahmen eines
behandelt werden. In der Frühphase kommt meist eine
interdisziplinären Therapieansatzes zu behandeln,
konservative Behandlung zum Einsatz. Dabei geht es
wobei einer konservativen Behandlung Priorität
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Rückenschmerzen sind sehr häufig und haben unter­
primär um Schmerzlinderung. Bei leichten Beschwer­
einzuräumen ist.
– Die Patienten sind mit geeigneten Mitteln ausführ­
relevanten motorischen Ausfällen ist dagegen meist
lich über die jeweiligen Vor und Nachteile, ins­
eine operative Behandlung angezeigt. In vielen Situa­
besondere auch die Art und Häufigkeit möglicher
tionen ist jedoch unklar, welches die am besten geeig­
unerwünschter Wirkungen der verschiedenen Be­
den ist dies in der Regel ausreichend. Bei funktionell
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Das Swiss Medical Board
(SMB) hat Organisation und
Prozesse weiterentwickelt
Der vorliegende Bericht
wurde im Rahmen der
neuen Organisation und mit
weiterentwickelten
Prozessen erstellt. Die
operativen Gremien des
SMB sind seit 2014
organisatorisch getrennt in
ein Assessment Team und
ein Appraisal Komitee.
Erstmals wurde für den
vorliegenden Bericht auch
der Stakeholder Prozess
erweitert und vor dem
Appraisal ein Stakeholder
Hearing durchgeführt. Die
Stakeholder Kommentare
sind weit möglichst in
den Appraisal Bericht
eingeflossen und liegen
dem Appraisal Bericht
vollständig bei.
nete Behandlung ist. Hier setzt die Fragestellung des
handlungsansätze aufzuklären.
– Im Hinblick auf die ungenügende Evidenzlage sind
thien wegen Diskushernien: konservative versus ope­
in der Schweiz Forschungsanstrengungen in den
rative Behandlung» an.
folgenden vier Bereichen anzustossen, zu finanzie­
Berichts «Akute oder subakute lumbale Radikulopa­
1. Eine adäquat grosse, randomisierte Studie, welche
Empfehlungen zur Therapie
und Hinweise zur Forschungstätigkeit
ren und durchzuführen:
den primär operativen mit dem primär konser­
vativen Ansatz auf der Basis der heutigen Be­
Ein unabhängiges universitäres Team arbeitete Daten
handlungsmodalitäten vergleicht.
2. Randomisierte Vergleichsstudien zur Untersu­
zur medizinischen Evidenz auf und stellte sie im soge­
chung der erwünschten und der unerwünschten
holte Stellungnahmen von betroffenen Partnern (medi­
Wirkungen des breiten Spektrums unterschied­
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nannten Assessment Bericht dar. Eine Expertengruppe
zinischen Fachgesellschaften, Therapeuten, Finanzie­
einbezogen.
CH 8090 Zürich
Die Datenlage zur Fragestellung ist für beide Thera­
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verläufe nach primär konservativem und primär
operativem Therapieansatz.
Der Assessment und der Appraisal Bericht sind auf der
wesentlichen Entwicklungen sind weder für die kon­
Webseite des Swiss Medical Board veröffentlicht.
www.swissmedicalboard.ch
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
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pieformen lückenhaft und älteren Datums. Daten zu
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Stampfenbachstrasse 30
frühzeitigen Operation profitieren.
4. Bessere Dokumentation der jeweiligen Langzeit­
Meinungen weit möglichst in die Schlussfolgerungen
info[at]medical board.ch
kennung jener Patientengruppen, die von einer
Dabei wurden die in den Konsultationen geäusserten
Sekretariat Trägerschaft
Tel. 043 259 52 11
gungen und Empfehlungen im Appraisal Bericht fest.
Susanna Marti Calmell
Swiss Medical Board
3. Erforschung von Prognose Kriterien für die Er­
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Korrespondenz:
licher konservativer Behandlungen.
rern, Patienten) ein und hielt darauf basierend Abwä­
2015;96(52–53):1926