DIE SCHWARZEN PHARAONEN Als dunkelhäutige Nubier die Macht im Reich am Nil ergriffen Taharqa Pharao aus Nubien im 7. Jh. v. Chr. WALFANG EXTREM Mit Ruderboot und Speer auf der Jagd nach Pottwalen in Indonesien RELIGION Warum sich im russischen Tatarstan Muslime und Christen vertragen HEILUNG NACH MASS Wie Biomarker und Big Data die Medizin revolutionieren AUSGABE 03 APRIL & MAI 2015 E I N E P U B L I K AT I O N V O N EIN GUTER PLAN FÜR IHRE BESTEN JAHRE. Mischfonds 15 Jahre Laufzeit Aktienanteil: 50 % Risikoklasse: mittel KONZEPT: VORSORGE 2029 Sie haben den Wunsch. Wir haben das Konzept. Mit diesem Mischfonds der BAWAG P.S.K. können Sie gezielt für Ihre Pension vorsorgen. Durch unseren neuen Partner Amundi werden Expertisen eines der größten Vermögensverwalter Europas genutzt. Entdecken Sie mit dem Wunsch-Check, wie Ihre besten Jahre aussehen könnten! Mitten im Leben. www.bawagpsk.com Warnhinweis gem. § 128 InvFG 2011 Im Rahmen der Anlagestrategie kann überwiegend in Derivate investiert werden. Diese Aussage basiert auf einer Risikobetrachtung, bei der Derivate durch Umrechnung in den zugrundeliegenden Basiswert (Exposure) berücksichtigt werden. Der Kapitalanlagefonds kann aufgrund der Portfoliozusammensetzung oder der verwendeten Managementtechniken eine erhöhte Volatilität aufweisen, d.h. die Anteilswerte sind auch innerhalb kurzer Zeiträume großen Schwankungen nach oben und nach unten ausgesetzt. Im Rahmen der Anlagestrategie kann hauptsächlich in Anteile an anderen Kapitalanlagefonds und/oder Sichteinlagen bzw. kündbare Einlagen investiert werden. Die Fondsbestimmungen des oben beschriebenen Fonds wurden durch die FMA bewilligt. Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, die von der Republik Österreich, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Königreich Niederlande begeben oder garantiert werden, dürfen zu mehr als 35% des Fondsvermögens erworben werden. Marketingmitteilung iSd WAG 2007. Die Informationen stellen kein Angebot, keine Anlageberatung sowie keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar und können ein individuelles Beratungsgespräch nicht ersetzen. Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds zu. Die veröffentlichten Prospekte und die Kundeninformationsdokumente (Wesentliche Anlegerinformationen) stehen Ihnen in deutscher Sprache kostenlos bei der Verwaltungsgesellschaft, der BAWAG P.S.K. bzw. deren Filialen sowie unter www.bawagpskfonds.at zur Verfügung. Kostenhinweis: Beim Kauf fällt der einmalige Ausgabeaufschlag in Höhe von bis zu 3,5% an. Darüber hinaus kommt es zu anderen ertragsmindernden Kosten wie individuellen Konto- und Depotgebühren. E ditor ’s L etter TERR A M ATER | APRIL & M A I 2015 4 ERSTAUNLICHE BILDER von Mutter Erde und ihren Bewohnern. 14 16 EIN MENSCH IN GUAPI Hector Cundumiri Rivas, Sprachrohr und Medium in Kolumbien. EIN WUNDER NAMENS APOTHEKERSKINK Eine kleine Echse im heißen Sand der Wüste. 18 EIN ORT ZUM ENTDECKEN Lord Howe Island: die perfekte Südseeinsel. 20 SCHWARZE PHARAONEN Wie im 7. Jahrhundert vor Christus Könige aus dem schwarzen Afrika die Macht über Ägypten erlangten. 46 TERRA MATER IM ÜBERBLICK Vier spannende Geschichten, die Sie im gedruckten Heft erwarten. 48 EIN TAG, DER DIE WELT VERÄNDERTE Am 16. Mai 1960 erstrahlte der erste Laser – seine Anwendung fand er erst viel später. H E R Z L IC H W I L L KOM M E N! Wir freuen uns, Ihnen eine Kostprobe des Natur- und Wissensmagazins Terra Mater überreichen zu dürfen. Wir wollen Sie damit verführen, einen genaueren Blick auf die Wunder unserer Welt zu werfen. Alles, was Sie dazu brauchen, ist ein bisschen Zeit. Als wir im Jahr 2012 auf die kühne Idee kamen, eine neue Zeitschrift auf den Markt zu bringen, hatten wir von Anfang an das Ziel, einen Gegen entwurf zu schaffen zur Atemlosigkeit und der Oberflächlichkeit unserer heutigen Zeit. Bewusst langsam und ein bisschen altmodisch sollte das Heft gestaltet sein, mit langen, sorgfältig recherchierten und liebevoll geschriebenen Storys. Traditionell auch unser journalistischer Ansatz: Wir spannen erstklassige Fotografen mit hervorragenden Autoren zusammen und schicken sie in alle Teile der Welt, damit sie von dort mit authentischen und zeitlos gültigen Geschichten zurückkehren – um dem Untertitel des Magazins gerecht zu werden: „Die Welt entdecken und begreifen“. Nun wünschen wir Ihnen viel Vergnügen mit diesen 50 Seiten aus dem Terra Mater Magazin (eine komplette Ausgabe hat einen Umfang von 164 Seiten). Und sollten Sie auf den Geschmack kommen: Alle zwei Monate erscheint ein neues Heft und liegt dann beim Zeitschriftenhändler Ihres Vertrauens um 5 Euro auf. Noch bequemer ist nur noch ein Abo: Details dazu gibt’s auf Seite 44. Die Redaktion Um ernst zu sein, genügt Dummheit, während zur Heiterkeit ein großer Verstand unerlässlich ist. William Shakespeare, englischer Dramatiker (1564 –1616) IMPRESSUM: HERAUSGEBER: Karl Abentheuer CHEFREDAKTEUR: Andreas Wollinger CREATIVE DIRECTION: Christine Eisl ART DIRECTION: Mag. (FH) Isabel Neudhart CHEF VOM DIENST: Mag. Gottfried Derka FOTOREDAKTION: Mag. Isabella Russ (Ltg.), Thomas Kronsteiner REDAKTION: Ivo Filatsch, Mag. Andrea Gastgeb, Sebastian Grübl, Sabine Holzer, Dr. Walter Köhler, Mag. Martin Mészáros, Andrea Pascher GRAFIK: Isabel Erlebach, B. A. AUTOREN: Wolfgang Hofbauer, Fabian von Poser FOTOGRAFEN: Mohammed Abed, Anne Ackermann, Rich Hardcastle, Yann Hubert, Dr. Trix Jonker, Juan Manuel Castro Prieto, Robbie Shone, Danish Siddiqui, Luca Zanetti ILLUSTRATOR: Ander Pecher LEKTORAT: Hannes Hessenberger (Ltg.) PRODUKTION: Veronika Felder (Ltg.), Martin Brandhofer, Michael Menitz, Arno Weisböck HERSTELLUNG: Michael Bergmeister LITHOGRAFIE: Clemens Ragotzky (Ltg.) OFFICE MANAGEMENT: Manuela Gesslbauer (Assistentin der Geschäftsführung), Kristina Krizmanic VERLAGSLEITUNG: Franz Renkin ANZEIGEN: Gerald Daum, Thomas Hutterer MARKETING: Mag. Barbara Kaiser VERTRIEB: Mag. Klaus Pleninger GENERAL MANAGER: Wolfgang Winter REDAKTIONSANSCHRIFT: Heinrich-Collin-Straße 1/1, 1140 Wien, Tel.: +43/1/90 221-0, Fax-DW: 27930, E-Mail: [email protected], www.terramatermagazin.at MEDIENINHABER, EIGENTÜMER & VERLEGER: Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, 5071 Wals bei Salzburg , FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU: 63611700 Ein Produkt aus dem 3 4 WE LTBILD Erstaunliche Momentaufnahmen von Mutter Erde MAHLZEIT! A DD O E L E P H A N T PA R K , SÜ DA F R I K A . Es ist ein dramatischer Moment und doch die natürlichste Sache der Welt: Ein Warzenschwein war so unvorsichtig, den Weg eines hungrigen Löwen zu kreuzen. Nur noch wenige Sekunden, dann wird es sein Leben aushauchen. Und der König der Tiere wird sich sein Mittagessen schmecken lassen – wie es einem eben zusteht, der sich an der Spitze der Nahrungskette befindet. Foto: Trix Jonker/Caters News Foto: Trix Jonker 5 WELTBILD KUNSTGRIFF GA Z A (STA D T ), PA L Ä ST I NA . Das Leben im Gazastreifen war noch nie leicht, aber seit die radikal-islamistische Hamas 2007 die Macht in diesem Teil der palästinensischen Autonomiegebiete an sich gerissen hat, ist es die Hölle: Weil von hier aus immer wieder Raketen auf Israel abgeschossen werden, hat das israelische Militär die Zone inzwischen in eine Art Freiluftgefängnis verwandelt. Um der herrschenden Tristesse wenigstens irgendwas entgegenzusetzen, hat eine Gruppe lokaler Künstler diese Mauer im Hafen bunt angemalt. Foto: Mohammed Abed 6 7 Foto: MOHAMMED ABED/AFP/Getty Images 8 WELTBILD HOCHGEFÜHL M A R A S , P E RU. Es ist nicht nur das grandiose Panorama, das diesen Ort so speziell macht. Es ist auch seine Geschichte: Wir befinden uns hier ziemlich genau auf halbem Weg zwischen Cuzco, einst Hauptstadt der Inkas, und Machu Picchu, einer der wohl berühmtesten Ausgrabungsstätten der Welt. Dazwischen erstreckt sich, entlang des Flusses Urubamba, das Valle Sagrado – das heilige Tal der Inkas. Das und der Umstand, dass es auf 3.300 Meter Seehöhe liegt, kann einem schon den Atem rauben. Foto: Juan Manuel Castro Prieto/Agence VU/www.picturedesk.com Foto: Juan Manuel Castro Prieto 9 10 WELTBILD MIT SACK UND PACK M U M B A I , I N DI E N. Jedes Jahr übersiedelt die Familie der fünfjährigen Nasreen von ihrem Heimatort Nagpur in Zentralindien für ein paar Monate nach Mumbai. Ihr Vater, ein Messerschleifer, erhofft sich hier bessere Verdienstmöglichkeiten. Doch weil sich die vierköpfige Reisegruppe keine Wohnung leisten kann, bezieht sie in Bandra, einem Vorort im Westen der großen Stadt, Quartier – unter einer Autobahnbrücke, die wenigstens vor Regen Schutz bietet. Sie sind nicht die Einzigen: Viele Wanderarbeiter finden hier Unterschlupf. Foto: Danish Siddiqui/Reuters Foto: Danish Siddiqui 11 WELTBILD DAS WAR EIN KINDERSPIEL L ON D ON, E NGL A N D. Um Insekten zu onservieren, wenden Sammler und Museen seit k gut 300 Jahren die gleiche Methode an: Man t rocknet sie und spießt sie auf Stecknadeln. Mühsam wird die Sache nur, wenn jemand mit den Exponaten etwas anstellen will – zum Beispiel, um sie zu untersuchen oder digital zu erfassen. Drei 12 Mitarbeiter des National History Museum in London haben nun für dieses Problem eine verblüffend simple Lösung gefunden: Sie haben sich aus dem Lego-Spielzeug-Baukasten bedient und einen stabilen, leicht bedienbaren und billigen InsektenManipulator konstruiert. Der erleichtert jetzt die Katalogisierung der 27 Millionen Insekten im Haus. WIE DAS DUFTET! Fotos: Power & Syred/Science Photo Library/www.picturedesk.com, Natural History Museum London P ORT SK E W E T T, WA L E S. Der betörende Geruch des französischen Lavendels (Lavandula dentata) ist ja allgemein bekannt. Doch wo genau kommt er her? An der Unterseite ihrer Blätter bildet die Pflanze Spaltöffnungen, sogenannte Stomata, die den Gasausstoß regeln. Mit freiem Auge sind sie freilich nicht zu erkennen. Erst mithilfe eines Elektronenmikroskops und in 6.000-facher Vergrößerung offenbart sich dieses Wunder der Natur. 13 EIN MENSCH IN Guapi Hector Cundumiri Rivas Nachrichtensprecher und Marktschreier in Kolumbien Was haben Sie heute gefrühstückt? Fisch mit Kochbananen. Wie sieht ein ganz normaler Arbeitstag bei Ihnen aus? Ich stehe gewöhnlich um sechs Uhr auf, dann helfe ich meiner Frau bis acht im Haushalt. Danach fahre ich mit meinem Fahrrad ins Gemeindeamt und hole mir das Nachrichten-Bulletin ab, dann radle ich überall im Ort herum und verbreite die Neuigkeiten. Nach der Mittagspause mache ich normalerweise mit meinem Megafon bis zum Abend Werbung für Geschäftsinhaber im Einkaufsviertel. Eine Erinnerung, die Sie geprägt hat? Früher habe ich als Polizist in der Stadt Cartago gearbeitet. Da haben mich die Kollegen sehr schlecht behandelt, weil ich schwarz bin. Rassismus ist an sich gesetzlich verboten, aber keiner machte was dagegen. Ich will so was nie wieder erleben. Darum bin ich auch nach Guapi zurückgekehrt, wo ich unter meinen Leuten von der afrokolumbianischen Gemeinde bin. Was ist Ihr wertvollster Besitz? Ein kleiner Kiosk, den ich mir von meinen Ersparnissen gekauft habe. Eines Tages möchte ich darin ein eigenes Geschäft eröffnen. Ihr größter Wunsch? Ich würde gerne Radiojournalist sein und bei einem Radiosender arbeiten. Woran glauben Sie? An Gott, weil er immer bei mir ist; an meine Eltern, aber die sind schon tot; und an mich selbst und die Art, wie ich meine Arbeit mache. Worauf können Sie unter keinen Umständen verzichten? Darauf, Zeit mit meiner Familie zu verbringen (Hector hat sieben Kinder von drei Ehefrauen sowie zwei uneheliche Kinder, Anm. d. Red.). Wie sieht Ihr Zuhause aus? Ich wohne noch immer im Haus meiner Eltern, es ist aus Holz und 54 Jahre alt, jetzt fällt es langsam auseinander. Alle meine zehn Brüder haben bereits ein eigenes Haus, nur ich nicht. Ich habe zwei Räume, die ich mit meiner Frau und drei Kindern teile. Manchmal raubt es mir den Schlaf, wenn ich daran denke, dass ich eigentlich endlich ein eigenes Heim bräuchte. Welche Musik mögen Sie? Romantische Lieder aus den 1970er-Jahren. Ich spiele diese Musik auch auf meinem Fahrrad, damit die Leute wissen, dass ich da bin. Was haben Sie vergangenes Jahr gelernt? Wie man Hühner züchtet. Wovor haben Sie Angst? Vor dem Straßenverkehr – ich bin auf meinem Fahrrad sehr verwundbar. Der Schweizer Fotograf Luca Zanetti saß in Guapi, einer Kleinstadt an der Pazifikküste im Süden Kolumbiens, beim Mittagessen in einem Restaurant, als er draußen ein Megafon losplärren hörte. So lernte er Hector, 61, und seinen ungewöhnlichen Job kennen. 14 WELTBILD 15 S I E SI N D E I N bedeutendes Aphrodisiakum, regen besonders die Geschlechtslust bei jungen Frauenzimmern an und werden daher von liederlichen Bauerknechten zuweilen auf den Apotheken […] gefordert, um sie heimlich anzuwenden.“ Das ist der Stand des Wissens vor 260 Jahren, niedergeschrieben in der damals verlegten „Enzyklopädie der gesamten Volksmedizin“. Und weil die Apotheker der drängenden Nachfrage gerne nachgaben, importierten sie zermahlene Echsen gleich kübelweise aus Nordafrika. Womit zunächst einmal geklärt wäre, wie das unscheinbare Tierchen zu seinem eigenwilligen Namen gekommen ist. Die Art überlebte die Nachstellungen und ist heute im feinen Wüstensand, etwa von Tunesien, gut zu beobachten. Hier jagen die ungefähr 20 Zentimeter langen Tiere nach Käfern, Spinnen und Heuschrecken. „Im Wüstensand“ ist übrigens wörtlich zu verstehen: Bei Hitze oder Bedrohung tauchen die Echsen nämlich kurzerhand im Sand unter. US -amerikanische Forscher haben sie mittels High-Speed-Röntgen verfolgt und festgestellt, dass die Echsen dort unten ihre Füße anlegen und sich in Wellenbewegungen vorwärtsschlängeln, sich also wie ein Fisch im Wasser fortbewegen. Womit geklärt wäre, wie der Apothekerskink zu seinem neuen Namen gekommen ist: Er wird heute auch „Sandfisch“ genannt. Apothekerskink (Scincus scincus) Systematik OrdnungSchuppenkriechtiere (Squamata) ÜberfamilieSkinkartige (Scinocoidea) FamilieSkinke (Scincidae) Gattung Scincus ArtApothekerskink Gehhilfe Die Zehen sind mit borstigen Fransenschuppen überzogen, das hilft bei der Fortbewegung auf feinem, heißem Sand. Makellose Haut Die Schuppen sind sehr glatt und so dicht angeordnet, dass sich keine Sandkörner ablagern können. Beides hilft, den Reibungswiderstand zu verringern. 16 WELTBILD EIN WUNDER NAMENS Apothekerskink lat.: Scincus scincus Keine Klimaanlage Die Echsen sind wechselwarm, das bedeutet, dass sie ihre Körpertemperatur kaum regulieren können. Vor allzu großer Hitze flüchten sie daher in den Sand. Maul halten! Die Kinnlade endet nicht direkt an der Schnauze, sondern ist ein wenig nach hinten versetzt. Eine übliche Adaption von Wüstenbewohnern, so gelangt weniger Sand in den Mund. Augen zu und durch Foto: www.naturepl.com Während sie durch den Sand flutscht, schließt die Echse die Augen. Die sind ansonsten durch Schuppen am Lid geschützt. Die Nasenlöcher lassen sich ebenfalls verschließen. 17 WELTBILD EIN ORT ZUM ENTDECKEN 31° 33' 56" S, 159° 5' 18" O Lord Howe Island Beste Reisezeit unternommen, die perfekte Südseeinsel zu entwerfen: Lord Howe Island, gelegen in der Tasmanischen See zwischen Australien und Neuseeland, hat alles, was das Auge erfreut – türkisblaues Meer, sattgrün bewaldete Berge, sanft geschwungene Buchten. Dazu: mit elf Kilometer Länge und durchschnittlich zwei Kilometer Breite überschaubare Ausmaße und ein angenehmes Klima – im Sommer zwischen September und April hat es tagsüber zwischen 23 und 26 Grad. Und damit dieses Paradies auch ein solches bleibt, ist die Zahl der Touristen begrenzt: Gleichzeitig dürfen sich immer nur 400 davon auf der Insel aufhalten. Gemessen an den 350 Einwohnern stellen sie damit aber immer noch die Mehrheit. Wie komme ich hin? Von Sydney oder Brisbane mit dem Flieger. Die Flugzeit beträgt etwa 1:50 Stunden. Achtung: Gepäcklimit 14 kg! Tipp Das südlichste Korallenriff der Erde weist eine ungewöhnliche Artenvielfalt auf – 477 Fischarten sind hier zu finden. Ein Geheimtipp für Taucher! 18 September bis April Australien Neuseeland Lord-Howe-Inseln Foto: Mauritius Images A L S H ÄT T E E I N SE T-DE SIGN E R aus Hollywood den Versuch FÜR IHR BADEVERGNÜGEN OHNE HOHEN WELLENGANG. CHECK H C S N WU UF A TESOTNEZENPT-ERTRAG.AT WWW.K Mischfonds Anlagehorizont: ab 5 Jahre Aktienanteil: 30-50 % Risikoklasse: mittel KONZEPT: ERTRAG AUSGEWOGEN Sie haben den Wunsch. Wir haben das Konzept. Mit diesem Mischfonds der BAWAG P.S.K. müssen Sie finanziell nicht ins kalte Wasser springen. Durch unseren neuen Partner Amundi werden Expertisen eines der größten Vermögensverwalter Europas genutzt. Entdecken Sie mit dem Wunsch-Check, wie Sie Ihren Freizeitträumen näher kommen können. Mitten im Leben. www.bawagpsk.com Warnhinweis gem. § 128 InvFG 2011 Im Rahmen der Anlagestrategie kann überwiegend in Derivate investiert werden. Diese Aussage basiert auf einer Risikobetrachtung, bei der Derivate durch Umrechnung in den zugrundeliegenden Basiswert (Exposure) berücksichtigt werden. Der Kapitalanlagefonds kann aufgrund der Portfoliozusammensetzung oder der verwendeten Managementtechniken eine erhöhte Volatilität aufweisen, d.h. die Anteilswerte sind auch innerhalb kurzer Zeiträume großen Schwankungen nach oben und nach unten ausgesetzt. Im Rahmen der Anlagestrategie wird hauptsächlich in Anteile an anderen Kapitalanlagefonds investiert. Marketingmitteilung iSd WAG 2007. Die Informationen stellen kein Angebot, keine Anlageberatung sowie keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar und können ein individuelles Beratungsgespräch nicht ersetzen. Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds zu. Die veröffentlichten Prospekte und die Kundeninformationsdokumente (Wesentliche Anlegerinformationen) stehen Ihnen in deutscher Sprache kostenlos bei der Verwaltungsgesellschaft, der BAWAG P.S.K. bzw. deren Filialen sowie unter www.bawagpskfonds.at zur Verfügung. Kostenhinweis: Beim Kauf fällt der einmalige Ausgabeaufschlag in Höhe von bis zu 3,5% an. Darüber hinaus kommt es zu anderen ertragsmindernden Kosten wie individuellen Konto- und Depotgebühren. ARCHÄOLOGI E DAS VERGESSENE REICH DER SCHWARZEN PHARAONEN In einer kurzen Zeitspanne von 90 Jahren herrschten Könige aus dem schwarzen Afrika über das antike Ägypten, vom Mittelmeer bis nach Khartoum. Die Pharaonen aus Nubien, dem heutigen Sudan, schufen eine hoch entwickelte Zivilisation und bauten doppelt so viele Pyramiden wie die Ägypter. Erst langsam legen Archäologen die Geheimnisse dieser Kultur im Wüstensand frei. Eine Spurensuche. Text: Fabian von Poser Fotos: Robbie Shone 20 Foto: Rich Hardcastle Taharqa, der mächtigste der Schwarzen Pharaonen: Zum ersten Mal in seiner stolzen Geschichte wurde ganz Ägypten im 7. Jahrhundert vor Christus von Eroberern regiert. 21 TIEF IM WÜSTENBODEN DES SUDAN VERBORGEN, ERZÄHLEN 2.700 JAHRE ALTE FRESKEN VON EINER VERSUNKENEN KULTUR. NUR WENIGE MENSCHEN HABEN DIESE GRABKAMMER GESEHEN. 22 ARCHÄOLOGI E 23 24 ARCHÄOLOGI E DIE PYRAMIDEN DER NUBIER WAREN NIEDRIGER UND SPITZER ALS JENE DER ÄGYPTER. DAS LAG DARAN, DASS SIE MIT KRÄNEN AUS ZEDERNHOLZ ARBEITETEN. 25 26 ARCHÄOLOGI E AM FUSS DES BERGES GEBEL BARKAL BEFINDEN SICH DIE ÜBERRESTE DES AMUN-TEMPELS. ER WAR DAS WICHTIGSTE HEILIGTUM NUBIENS. PRIESTER ZOGEN IN FEIERLICHEN PROZESSIONEN DURCH DIE ALLEE VON WIDDERSTATUEN, UM IHREM GOTT ZU HULDIGEN. 27 28 Stolze Herrscher, ganz in Schwarz: Bis zu ihrer Machtübernahme waren Nubier in Ägypten bestenfalls als Söldner, Diener oder Tagelöhner geduldet worden. ARCHÄOLOGI E V I E L L E IC H T WA R E S ein sorgfältig überlegter Schachzug eines Meisterstrategen. Oder es war heißblütiger, religiöser Furor – wir werden nie erfahren, was König Piye dazu brachte, ein neues Kapitel der Weltgeschichte aufzuschlagen. Überliefert ist nur, was er tat: Im Jahr 730 vor Christus ließ er seine Soldaten zusammenrufen, gefürchtete Kämpfer allesamt und ausgerüstet mit den besten Waffen ihrer Zeit. Und dann zogen sie los: Barken trugen den Herrscher, seine Kämpfer und die Pferde auf dem Nil flussabwärts. Aus dem Königreich Kusch, im heutigen Sudan gelegen, nach Norden, in die Heimat der schillerndsten Zivilisation dieser Epoche: Ägypten. In Theben, dem politischen und religiösen Zentrum Oberägyptens, gingen die Männer an Land, brachten ihrem Gott Amun Opfer dar, reinigten sich rituell im Nil – und zogen weiter. Ein Regionalfürst nach dem anderen musste vor den Kriegern aus Kusch kapitulieren. Nach einem Jahr hatten die Eroberer das Nildelta erreicht und Ägypten unterworfen. Piye war nun Herrscher über Nubien und Ägypten – plötzlich Pharao. Für Ägypten war dies der Beginn eines erstaunlichen Intermezzos: Zum ersten Mal in seiner stolzen Geschichte wurde das Land von Eroberern regiert – ausgerechnet von Kuschiten, dunkelhäutigen Afrikanern, die bis zu diesem Zeitpunkt bestenfalls als Söldner, Diener oder T agelöhner in Ägypten geduldet worden waren und deren Land als Hinterhof des Reiches galt – genutzt als Exerzierplatz für Expansionsgelüste und Quelle unermesslicher Goldschätze. Für die Kuschiten war die Herrschaft über Ägypten nur eine kurze Episode in ihrer Geschichte, die lange vor jener der Nachbarn im Norden begonnen hatte – und über die doch bis heute weniger bekannt ist als über Ramses, Tutanchamun, Kleopatra und Co. Auf welcher Grundlage gelang den Menschen aus Kusch der Aufstieg zur größten Macht am Nil? Wie konnten sie ein Reich beherrschen, das zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung von der Region des heutigen Khartoum im Sudan bis ins mehr als 2.500 Kilometer entfernte Israel reichte? Wie bauten sie ihre charakteristischen Pyramiden? Und wohin verschwanden sie nach wenigen Jahrzehnten wieder? Lange Zeit konnte niemand diese Fragen beantworten. Als die Herrschaft der Schwarzen zu Ende ging, bemühten sich die Ägypter, ihre Spuren möglichst gründlich zu beseitigen. Nichts sollte die Nachwelt an die Schwarzen Pharaonen erinnern. Die Rechnung ging auf. Wer immer sich in den folgenden Jahrtausenden mit der Region am Nil befasste, war fasziniert von den Gräbern, Mumien und Schriften entlang des Unterlaufs des Nil, von Ägypten. Kusch? Uninteressant! „Als ich vor 50 Jahren hier ankam, wurde ich gefragt, was ich denn hier suchen würde“, erzählt der Schweizer Archäologe Charles Bonnet. „Man sagte mir: ‚Die wahre Geschichte findet doch in Ägypten statt!‘“ Doch er ließ sich nicht beirren. Heute gilt der mittlerweile 82-Jährige als Doyen einer verhältnismäßig kleinen Gemeinschaft von Archäologen, die sich auf die Spuren der Schwarzen Pharaonen geheftet haben. Die Hartnäckigkeit wurde belohnt: In den vergangenen Jahren gelangen Charles Bonnet und seinen Kollegen wesentliche Erkenntnisse über die rätselhafte Zivilisation im Norden des Sudan. Sie fanden die Spuren einer verdrängten reichen Hochkultur, die sich nicht nur aufs Kriegführen verstand, sondern auch spektakuläre Bauwerke zuwege brachte und – laut jüngeren Theorien – über detaillierte astronomische Kenntnisse verfügte. Lokalaugenschein im heutigen Sudan. Die Expedition beginnt in der Hauptstadt Khartoum, von hier aus geht es Richtung Norden. Selbst im Dezember ist es extrem heiß, die Luft flirrt über der weitläufigen Sandlandschaft. Den einzigen Schatten weit und breit spenden ein paar dornige Akazien. Nach 590 Kilometern auf staubiger Piste und einer Überquerung des Nil erreichen wir die Region um die historische Stadt Kerma. Vor rund 10.000 Jahren hatten sich Menschen aus dem zunehmend vertrocknenden Umland hierher ans Ufer des Nil geflüchtet. Im Laufe der Zeit entdeckten sie Landwirtschaft und Viehzucht für sich. Es war ein günstiger Ort, um eine Zivilisation zu begründen: Hier kreuzten sich die Handelswege von Zentralafrika zum Roten Meer und von Nord nach Süd, der Handel mit Tierhäuten, Tropenhölzern, Elfenbein und Gold schuf Afrika Sudan Kerma 29 ARCHÄOLOGI E Wohlstand. Archäologen finden hier Scherben von mit Ritzdekoren verzierten Tongefäßen – aus einer Zeit, in der das Töpfern in Ägypten noch völlig unbekannt war. Die Kunde von dem reichen Land erreichte auch den Norden, wo vor 5.000 Jahren das ägyptische Reich entstand. Truppen der aufstrebenden Großmacht starteten regelmäßig Raubzüge in die schwarzen Fürstentümer. Vor 4.200 Jahren erlebte Ägypten wegen innerer Streitigkeiten das Ende seiner ersten Blütezeit, das Alte Reich zerfiel und zog sich nach Norden zurück. So konnte die Region um Kerma erstmals richtig aufblühen, die Hochkultur der Kuschiten entstand. Im Umkreis der Stadt stießen Archäologen auf mehr als 130 archäologische Fundstellen aus dieser Zeit. Die eindrucksvollste von ihnen ist die sogenannte Deffufa, ein massiver Lehmziegelbau von 19 Metern Höhe, der sich eindrucksvoll über das Niltal erhebt. Seine Funktion ist umstritten. Möglicherweise handelt es sich um den kolossalen Unterbau für einen Tempel oder einen Palast. Freigelegt hat die Deffufa Archäologe Charles Bonnet. Wir sitzen in dem Haus, das ihm die su- danesische Regierung zur Verfügung gestellt hat. Kisten voller archäologischer Fundstücke füllen den Raum, an der Wand hängen die Grundrisse verschiedener Tempel. Vom Nil her weht eine frische Brise durch die offenen Fenster. Kaum jemand kennt die Geschichte Nubiens so gut wie Bonnet. Seine wichtigste Grabungsstätte derzeit liegt zwei Kilometer von Kerma entfernt, nahe der Ortschaft Doukki Gel. Hier gräbt der Archäologe eine mehr als 4.000 Jahre alte Zeremonienstadt aus. „In dieser Region existierte eine Zivilisation, die stark genug war, um Ägypten Angst zu machen“, sagt der Archäologe. Angst? Tatsächlich muss die Beziehung zwischen Kusch und Ägypten kompliziert gewesen sein, und das über rund drei Jahrtausende: Einerseits gab es regen Waren- und Kulturaustausch zwischen Nord und Süd. So nutzten die Menschen in Kusch die ägyptische Schrift. Der ägyptische Amun-Kult wiederum hat seine Wurzeln in Kerma. Die Verehrung der widderköpfigen Gottheit war in Kusch tief verwurzelt, seine wichtigsten Tempel wurden hier errichtet. Andererseits zogen ägyptische Herrscher wiederholt in den Süden, um Ausgrabung nahe Kerma: „Hier existierte eine Zivilisation, die stark genug war, um Ägypten Angst zu machen“, sagt Archäologe Bonnet. 30 Mi tt ISRAEL er Jerusalem Gizeh JOR DA NIEN Kairo Memphis S AU DI A R A BI E N ÄGY P T EN Ro Theben te Luxor sM ee r Assuan Abu Simbel 2. Katarakt 3. Katarakt Doukki Gel Kerma Napata 4. Katarakt Pyramiden el-Kurru Machtbereich der Schwarzen Pharaonen während der 25. Dynastie Gebel Barkal 6. Katarakt Kernland der Kuschiten Meroë Naga S U DA N er Ni l 500 au 250 5. Katarakt Atbata Khartoum Traditionelle Grenze zwischen Ägypten und Nubien 0 km Nuri Bl hier Menschen, Vieh und Schätze zu rauben – das Wort „Nub“, Kern des Namens „Nubien“, ist die Hieroglyphe für „Gold“. Dazu kamen auf Seiten der Ägypter auch Ressentiments gegenüber den Nachbarn im Süden: Ägyptische Darstellungen der Nubier zeigen Men schen mit karikaturhaft dicken Lippen und flacher Stirn. Im Grab des Pharaos Tutanchamun fanden Archäologen Sandalen mit Bildern von Nubiern auf den Sohlen – so konnte der xenophobe Ägyp ter bequem auf ihnen herumtrampeln. Die Nubier ihrerseits nutzten Phasen des po litischen Chaos im Norden, um ihr Herrschafts gebiet auszudehnen. Mitte des achten Jahrhunderts vor Christus war es so weit: Die Herrscherhäuser Ober- und Unterägyptens waren zerstritten. Und als die Oberägypter ihre südlichen Nachbarn um Unterstützung baten, starteten die Nubier ih ren ersten große Feldzug in den Norden. König Kaschta drang dabei bis in die Gegend des heuti gen A ssuan vor. Dabei war es nicht nur Machtgier, die die Ku schiten nach Ägypten trieb. Es ging auch um den Amun-Kult. Verstört mussten sie zusehen, wie sich die Menschen in Ägypten vom gemeinsam verehr ten Gott Amun abwandten. Der Kult, den die Nu bier so erfolgreich nach Ägypten exportiert hatten, drohte in Vergessenheit zu geraten. Höchste Zeit für einen heiligen Krieg. Kasch tas Sohn Piye übernahm diese Aufgabe und be herrschte nach seinem legendären Eroberungs feldzug fast ganz Ägypten. Als er acht Jahre später starb, errichteten ihm seine Gefolgsleute eine P yramide – es war dies der erste derartige Neubau am Nil seit 500 Jahren – und bestatteten den einbalsamierten Leichnam nebst ein paar Lieblingspferden unter dem Monument, in einer über 19 Treppen erreichbaren Grabkammer. Bald darauf übernahm Piyes Sohn Taharqa die Macht. 26 Jahre lang (nach anderen Quellen 31) hielt er das Reich zusammen. Er hatte auch Glück: Im sechsten Jahr seiner Regentschaft sorgten unge wöhnlich starke Regenfälle und eine seit Jahrhun derten nicht erreichte Nilschwemme für besonders ergiebige Ernten. Den folgenden Wirtschaftsboom nutzte der Pharao: Er ließ bestehende Tempel res taurieren und neue errichten. Besonders beeindru e elm il We i ß e r N Illustration: Ander Pecher LAND AM STROME ckend sind die Erweiterungen am Tempel von Kar nak in der Gegend des heutigen Luxor sowie der Ausbau des Amun-Tempels in Napata in Nubien. Doch längst nicht alles war eitel Wonne und Wohlstand. Taharqas Herrschaft war überschattet vom ständigen Kampf gegen die Assyrer, die vom Nordosten nach Ägypten drängten. Der Pharao hielt entschlossen dagegen. Auf einer seiner Strafexpeditionen verfolgte er die An greifer bis in die Gegend des heutigen Jerusalem – vermutlich ist er jener Pharao, von dem im Alten Testament, im zweiten Buch der Könige, die Rede ist. Demnach hat er mit seinem Gegenangriff auf die Assyrer auch gleich die im heutigen Israel be lagerten Hebräer gerettet. 31 WIE NUBIER UND ÄGYPTER UM DIE MACHT AM NIL KÄMPFTEN Zwei Völker entwickeln sich nebeneinander, miteinander und gegeneinander. Sie pflegen kulturellen Austausch, führen aber auch heftige Kriege. Ägypten 4.000–3.000 v. Chr. ca. 2.700–2.216 v. Chr. ca. 2.050–1.781 v. Chr. Prädynastische Zeit Die Naqada-Kultur kennt Ackerbau, Bewässerungskanäle, Viehwirtschaft mit domestizierten Rindern, Schweinen und Ziegen. Mehrere Königreiche ringen um die Vorherrschaft. Beginnender Handel am Nil bis ins Delta. Altes Reich 3. bis 6. Dynastie. Das Goldene Zeitalter Ägyptens: Eine perfektionierte Verwaltung bringt Stabilität und Wohlstand. Die Pyramiden von Gizeh entstehen. Vermutlich führt anhaltende Trockenheit zum Niedergang. Mittleres Reich 11. und 12. Dynastie. Die Pharaonen führen Feldzüge bis Palästina und laut einzelnen Überlieferungen weiter nach Asien durch. Besser gesichert sind Expeditionen in den Süden. Raumgewinne in Nubien werden mit Festungen manifestiert. Tempel in Karnak. Die Anlage wurde 2.200 Jahre lang immer wieder erweitert und ist heute Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Der Pharao besiegt einen Widersacher aus dem Norden. Geschichte, geritzt in ein Elfenbeinplättchen. 2.216–ca. 2.050 v. Chr. ca. 3.000–2.700 v. Chr. Frühdynastische Zeit 1. und 2. Dynastie. Das erste Reich entsteht, es erstreckt sich vom Nildelta bis rund 850 Kilometer in Richtung Süden (wo heute Assuan liegt). Insgesamt acht Pharaonen, rege Handelsbeziehungen mit Nubien. Tonvase mit stilisierten Giraffen. Das Zentrum dieser Kultur lag nördlich des heutigen Luxor. Pharao Mentuhotep II. Er lässt zahlreiche Tempel in Oberägypten errichten. Erste Zwischenzeit 7. bis 11. Dynastie. In schneller Abfolge wechseln Könige einander ab, keiner kann dauerhaft oder gar über den Nord- und dem Südteil des Landes herrschen. Erst Mentuhotep II. gelingt eine Einigung. Er drängt die Nubier bis zur heutigen Landesgrenze zwischen dem Sudan und Ägypten zurück. Jahre v. Chr. 5.000 4.000 3.000 2.900 2.800 2.700 2.600 2.500 2.400 2.300 2.200 2.000 1.900 ca. 10.000–5.000 v. Chr. ca. 2.500–1.480 v. Chr. Klimawandel im heutigen Nordsudan Fruchtbare Savannen verwandeln sich in Wüsten. Menschen suchen die Nähe des Nils. Jäger und Sammler werden teilweise sesshaft, züchten Tiere, betreiben Landwirtschaft und Handel. Königreich von Kerma Mit Kerma entsteht die erste große Stadt: mit starken Befestigungsanlagen, Tempeln, Palästen und mehreren ausgedehnten Nekropolen. Sie entwickelt sich zum Handelszentrum. Eine eigene Schrift gibt es nicht. In ägyptischen Dokumenten ist stets die Rede vom „Königreich Kusch“. Seine Blüte erreicht es zwischen 1.750 und 1.480 v. Chr. In dieser Zeit haben die Herrscher Einfluss bis weit in den Norden, Dokumente belegen eine Allianz mit den lokalen Herrschern („Hyksos“) im Nildelta. Deffufa in Kerma. Der Ziegelbau galt lange Zeit als Kopie ägyptischer Baukunst, heute als eigenständiges nubisches Bauwerk. Seine Funktion bleibt – noch – unklar. ca. 3.500–2.500 v. Chr. Prä-Kerma-Kultur Sie hinterlässt Spuren im gesamten heutigen Sudan: Menschen leben in größeren Siedlungen, betreiben Handel mit Gold, Elfenbein und Ebenholz entlang des Nil bis nach Ägypten. Nubien 32 2.100 Sayala-Keule (ca 3.200 v. Chr.). Der goldüberzogene Stab diente wohl nur rituellen Zwecken. Er wurde 1910 entdeckt und zehn Jahre später gestohlen. Wer ihn heute hat, weiß niemand. 1.800 1.700 ARCHÄOLOGI E 332 v. Chr.–395 n. Chr. Ramses II. kämpft gegen die Hethiter. Der Pharao war aber auch für sein diplomatisches Geschick berühmt, mit dem er einen 50-jährigen Frieden schuf. 1.648–1.550 v. Chr. Zweite Zwischenzeit 13. bis 17. Dynastie. Die Zentralmacht zerfällt, nur wenige Herrscher hinterlassen Spuren. Zeitweise wird Ägypten von Kanaanäern aus dem Gebiet des heutigen Israel regiert, die sich im östlichen Nildelta niederlassen. Pferd sowie Streitwagen mit Speichenrädern verbreiten sich von Ägyptens Norden bis Nubien. 1.600 1.500 1.400 Griechisch-römische Zeit Alexander der Große besiegt in der Schlacht bei Issos die Perser, marschiert durch Gaza bis nach Memphis, wo er freundlich empfangen wird. Prompt lässt er sich zum Pharao krönen, huldigt dem alten ägyptischen Gott Amun, um nicht als Fremdherrscher zu gelten. Er lässt von den Persern zerstörte Tempel restaurieren, gründet aber auch Alexandria nach griechischem Vorbild. Seinem Tod folgen die Diadochen kriege, danach wird Ägypten Teil des Römischen Reiches. Totenmaske des Tutanchamun. Er regierte im 14. Jh. v. Chr. 2015 brach im Kairoer Museum der Bart ab. ca. 1.550–1.071 v. Chr. Neues Reich 18. bis 20. Dynastie. Expansion Ägyptens: Eroberung Nubiens; rege Bautätigkeit im Tal der Könige. Ramses III. gilt als letzter großer Pharao. Danach folgen Bürgerkriege und Priester, die sich als Herrscher sehen. 1.300 1.200 1.100 1.000 900 1.070–664 v. Chr. 664–332 v. Chr. Dritte Zwischenzeit 21. bis 25. Dynastie. Regionale Herrscher häuser sorgen für unklare Verhältnisse. Fürsten aus Libyen bringen ihre eigene Kultur ins Land. Der bisher bestimmende Amun-Kult verliert an Bedeutung, nur in Nubien ist er noch immer stark, sein Zentrum ist der dortige Berg Gebel Barkal. Spätzeit 26. bis 31. Dynastie. Assyrische Herrscher installieren ägyptische Könige, die sich später emanzipieren können. Letzter kultureller Aufschwung, Ägypten erobert die Meere, eine erste Umsegelung Afrikas gelingt. Wachsender Einfluss der Griechen, später herrschen die Perser. 800 700 600 500 400 300 Stein von Rosetta. Die Huldigung an König Ptolemaios V. ermöglichte, weil sie in drei Schriften abgefasst wurde, erstmals die Deutung von Hieroglyphen. 200 Fotos: Robbie Shone, Getty Images, WWW.Picturedesk.com, CaptMondo, Cecil Mallaby Firth, John Campana 1.100–ca. 800 v. Chr. Königin Teje, Kopf aus dem Holz der Eibe und Leinwand (ca 1.370 v. Chr.). Beleg für nubischen Einfluss in Ägypten. 300 v. Chr. – 350 n. Chr. Dunkles Zeitalter Ägypten verliert sein Interesse am Süden, das Mittelmeer scheint interessanter. Aus den folgenden drei Jahrhunderten gibt es kaum Funde, die etwas über das Leben und die Politik im Süden aussagen. Pyramiden bei Meroë. Letzte Bastion einer eigenen Kultur, sicher vor den Nachbarn im Norden. 1.480–ca.1.100 v. Chr. Ägyptische Herrschaft Eroberer aus dem Norden be setzen Kusch. Thutmosis I. gründet eine neue Stadt, einen Kilometer von Kerma entfernt: Doukki Gel. Vermut lich von hier aus regiert der ägyptische Statthalter. Kinder der lokalen Elite werden an den Hof des Pharaos ge schickt, um den kulturellen Wandel zu beschleunigen. Nubier werden in der Verwal tung eingesetzt, offenbar wird auch Heiratspolitik betrieben: Die aus bürgerlichem Hause stammende, aber einflussrei che Königin Teje, Großmutter des Tutanchamun, soll eine Nubierin gewesen sein. 100 800–753 v. Chr. Nubische Renaissance Nahe dem heiligen Berg Gebel Barkal entsteht Napata, Zentrum eines starken Königreiches, das geprägt ist von ägyptischer Kultur. Siegesstele von Psammetich II. bei Kalabscha. Hier ließ sich der Pharao für seinen Feldzug preisen. Das Königreich von Meroë Die Nubier errichten ihr neues Königreich tief im Süden, die Stadt Meroë wird Regierungssitz. Weitab von Ägyptern und später den Römern erblüht eine reiche Kultur. Aus dieser Epoche sind Schriftstücke überliefert, die bis heute nicht entziffert werden konnten. 591–300 v. Chr. Unterwerfung 591 v. Chr. führt Psammetich II. einen Präventivschlag gegen Kusch: Er zerstört Tempel und Denkmäler, lässt Statuen zertrümmern und verscharren. ca. 753–664 v. Chr. Pyramiden in Napata. Hier sind die Herrscher von Kusch bestattet, die ab ca. 750 v. Chr. ihre Hauptstadt hierher verlegen. Die Epoche der Schwarzen Pharaonen 730 bricht König Piye nach Norden auf, erobert und befriedet Ägypten, vereinigt das Land am Nil vom Mittelmeer bis südlich des heutigen Khartoum. Damit gründet er die 25. Dynastie von Pharaonen. 33 1 Richtig wohl fühlte sich der mächtige Krieger aber nur zu Hau se in Napata. Die Stadt lag weiter stromaufwärts als Kerma, also wei ter weg von aufmüpfigen Ägyptern und feindseligen Assyrern. Und sie hatte noch einen einzigartigen Vor teil: Sie lag im Schatten des mäch tigen Berges Gebel Barkal. Wie ein hingeworfener Bro cken ragt der mächtige Felsen aus der ringsum flachen Wüstenland schaft. In ihm verschmelzen die re ligiösen Wurzeln Ägyptens und Nu biens. Dort, wo die Nubier bereits seit Jahrhunderten den Amun-Kult pflegten, ließ der ägyptische Pharao Thutmosis III. im 15. Jahrhundert vor Christus den ersten Tempel er richten. In der markanten, 74 Meter hohen Felsnadel an der Südflanke des Berges sahen die Zeitgenossen eine aufgerichtete Kobra, das Totem tier der Pharaonen. 2 3 Im Morgengrauen steigen wir von der Nordsei te her auf den Gebel Barkal. Noch weht aus der Wüste ein kühler Wind. Wer zu spät aufsteht, kann die Kletterpartie gleich vergessen – schon am Vormittag ist die Hitze zu groß, um an einen Aufstieg auch nur zu denken. Vom flachen Plateau des 104 Meter hohen Berges öffnet sich ein atem beraubender Blick in die Unermesslichkeit der nu bischen Wüste. Smaragdfarben mäandert der Nil durch den Sand, an seinen Ufern grüne Felder und Palmenhaine. Am Fuß des Berges sind alte Mau ern und Säulen zu erkennen: Es sind Überreste des Amun-Tempels, des einst bedeutendsten Hei 1: Archäologe Charles Bonnet: Er gräbt seit 50 Jahren im Sudan und gilt als einer der besten Kenner der Geschichte der Nubier. 2: Unverarbeitetes Gold: Mit einfachen Metallsuchgeräten finden Bauern bis heute Gold im Sand. Das Edelmetall weckte schon in der Antike Begehrlichkeiten der Nachbarländer. 3: Wandmalerei in der Grabkammer: Nach mythischer Überlieferung wird hier über das weitere Schicksal des Verstorbenen entschieden. 34 ligtums von Nubien. Nur zu gut kann man sich von hier oben vorstellen, wie Priester in feierlichen Prozessionen durch die Allee aus Widderstatuen zogen, um ihrem Gott zu huldigen. In diese ihm wohlvertraute Welt flüchtete sich Taharqa, als er 664 vor Christus in blutigen Schlachten den Kampf gegen die Assyrer und damit auch Ägypten verloren hatte. Hierher zog er sich zurück, in sicherem Abstand vor dem Feind aus dem Norden, geborgen im Schatten des heili gen Gebel Barkal, in tröstlicher Nähe zu den Grä bern seiner Ahnen. Die sind heute noch zu bestau nen – in el-Kurru, zehn Kilometer südwestlich des Berges. Generationen nubischer Könige sind hier bestattet, darunter auch Kaschta, der Begründer der Dynastie der Schwarzen Pharaonen. Und Ta harqa selbst? Ausgerechnet er, der mächtigste der Schwarzen Pharaonen, wählte das 20 Kilometer flussaufwärts gelegene Nuri als letzte Ruhestätte. Seine Grabkammer liegt unter der größten je im Sudan gebauten Pyramide, sie war 63 Meter hoch. Lange wussten die Archäologen nicht, war um Taharqa seine Grabstätte an einem so entlege nen Ort errichten ließ. Timothy Kendall, Archäo loge von der Harvard-Universität bei Boston, ist nach jahrelanger Forschung überzeugt, dass der Pharao seine Wahl offenbar nach astronomischen Erwägungen getroffen hatte. Die Felsnadel des Gebel Barkal hatte dabei die Funktion des Zeigers einer Sonnenuhr – diese Anordnung sollte dem Pharao die alljährliche Wiedergeburt garantieren (siehe Kasten S. 58/59). Taharqas Nachfolger Tanwetamani blieb Kö nig von Kusch. Die Zeit der Schwarzen Pharao nen war endgültig vorbei. Viel mehr ist über Tan wetamani eigentlich nicht zu berichten, wäre da nicht seine Grabkammer. Vor uns geht Ali Awad Alkream Mohammed, im Ort bekannt als „Onkel Ali“, über die Nekropole bei el-Kurru. Und dann steigt er in den Untergrund, öffnet ein Gittertor, steigt tiefer. Die Luft ist feucht, es riecht nach Er de, es wird dunkel. 33 Stufen später sind wir acht Meter unter der Erde und stehen in einer recht eckigen Zelle. Mit seiner Lampe leuchtet Onkel Ali an die Wände. Im Scheinwerferkegel kommen fast 2.700 Jahre alte Fresken zum Vorschein, in Rot, Gelb, Grün und Blau. Sie zeigen König ARCHÄOLOGI E NACH SEINER NIEDERLAGE GEGEN DIE ASSYRER ZOG SICH PHARAO TAHARQA NACH NUBIEN ZURÜCK – IN DEN SCHATTEN DES HEILIGEN BERGES GEBEL BARKAL, WO SEIT JAHRHUNDERTEN KUSCHITISCHE KÖNIGE BESTATTET WORDEN WAREN. 35 DIE WIEDERAUFERSTEHUNGS-MASCHINE Wie Pharao Taharqa den Standort für seine Pyramide wählte Landstrich mit Blickachsen: Vom Berg Gebel Barkal aus gesehen geht die Sonne am altägyptischen Neujahrstag genau hinter Taharqas Grabstätte auf. Friedhof el-Kurru (10 km) AmunTempel TaharqaPyramide Gebel Barkal SE I T DE R US-A M E R I K A N I SCH E Archäologe George A. Reisner 1917 das Grab des nubischen Pharao Taharqa (ca. 690–664 v. Chr) in Nuri freilegte, stellten sich Wissenschafter die Frage, warum der größte aller Schwarzen Pharaonen seine Pyramide an einem so abgelegenen Ort errichten ließ – mehr als 26 Kilometer vom Friedhof in el-Kurru entfernt, auf dem die übrigen Mitglieder der Herrscherfamilie begraben liegen. Wollte Taharqa Abstand wahren, weil es Streit gegeben hatte? Oder war sein Grab nach Nuri verlegt worden, weil ihm die Herrschaft über Ägypten entglitten war? Der US-amerikanische Archäologe Timothy Kendall vertritt die These, dass Taharqa seine letzte Ruhestätte nach kultischen Erwägungen erwählte: Von el-Kurru aus konnte man den heiligen Grabmale im Vergleich: Taharqas Pyramide war mit 63 Metern die höchste Nubiens. Die Cheops-Pyramide in Ägypten ist mehr als doppelt so hoch. Berg Gebel Barkal nicht sehen. Von Nuri aus aber schon. Das war deshalb von Bedeutung, weil die Nubier glaubten, der Berg samt seiner markanten Felsnadel sei der Geburts- und Wohnort ihres Staatsgottes Amun. Um einen Zusammenhang zwischen Fels und Pyramide zu belegen, bestieg Kendall 1987 mit dem befreundeten Kletterer Paul Duval die 74 Meter hohe Felsnadel – ein Wagnis, das seit der Zeit der Pharaonen offenbar niemand mehr unternommen hatte. Dabei entdeckte der Wissenschafter, dass der Pharao direkt unterhalb der Spitze eine Inschrift mit seinem Namen und eine heute fast völlig verwitterte Statue von sich selbst hatte anbringen lassen. Doch was hatten Inschrift und Statue mit der Errichtung der Pyramide in Nuri zu tun? Kendall glaubt, dass das mit den wichtigsten Terminen im Kalender der Nil-Anrainer zusammenhängt: Das neue Jahr beginnt nach der Überlieferung an jenem Tag, an dem der Wasserstand des Nil zu steigen beginnt. Denn dieses Ereignis kündigt das jährlich wiederkehrende Hochwasser an, das für Fruchtbarkeit auf den Äckern am Ufer sorgt. Deshalb galt dieser Tag in der Mythologie auch als Geburtstag des Osiris, Gott der Unterwelt und der Wiedergeburt. Jener Tag, an dem der Pegel wieder zu fallen begann, galt als der Todestag des Gottes. Und: Wie jeder König verschmolz Taharqa in seinem Tod mit dem Gott. So weit die Überlieferung. Entscheidend für Kendalls Theorie sind zwei Daten: In Taharqas Todesjahr 664 vor Christus fiel der Neujahrstag (nach moderner Zeitrechnung) auf den 31. Juli. Osiris’ Tod fiel auf den 16. November. Und nun fand der Wissenschafter Erstaunliches heraus: Am Morgen des 31. Juli geht die Sonne – vom Gebel Barkal aus betrachtet – direkt hinter Taharqas Pyramide auf. Und am 16. November geht sie – von Taharqas Pyramide aus gesehen – direkt hinter der Felsnadel des Gebel Barkal unter. Vom Berg Zustand 1822: So sah die Pyramide aus, als Europäer sie fanden. 36 Zustand 2015: Mittlerweile ist Taharqas Grabstätte völlig zerfallen. ARCHÄOLOGI E wiederum kann man an diesem Tag beobachten, wie der Schatten der Felsnadel kurz vor Sonnenuntergang in die Mitte der Pyramide in zehn Kilo meter Entfernung zeigt. „Der Sonnenaufgang hinter der Pyramide sollte sicherstellen, dass der mit dem Gott Osiris Heiliger Berg mit Zinken. Der Berg Gebel vereinigte Herrscher jedes Jahr Barkal war nach Vorstellung von Nubiern und aufs Neue wiederauferstehen Ägyptern der Hort des Staatsgottes Amun. würde“, sagt Kendall. Und am 16. November wird Taharqa durch den immer länger werdenden Schatten gleichsam zu seinem Grabe getragen. „Taharqas Pyramide war also wie eine Wiederauferstehungsmaschine“, so der Wissenschafter, „eine Sonnenuhr mit fast zehn Kilometer Durchmesser.“ Bisher ist keine vergleichbare Anordnung im Niltal bekannt. Für Taharqas Nachfahren war Nuri aber offenbar ebenfalls ein guter Platz für ihre letzte Ruhestätte. 54 der folgenden Königinnen und 19 Könige ließen sich über die Jahrhunderte hier bestatten – aus welchem Grund auch immer. Fotos: Dr.Angela Lohwasser, Österreichische Nationalbibliothek; Illustration: Ander Pecher Himmelsmechanik, 1. Teil: Beim Sonnenaufgang am 31. Juli weist der Schatten der Pyramide exakt in Richtung des heiligen Berges. Zeit für die Auferstehung des Königs. Himmelsmechanik, 2. Teil: Beim Sonnenuntergang am 16. November fällt der Schatten des Berges in Richtung Pyramide – er geleitet den König gleichsam ins Grab. Tanwetamani auf dem Sterbebett. Die Göttin Isis blickt auf den Toten herab. Im Dämmerlicht der Lampen erkennen wir die fein gezeichneten Hieroglyphen und die Insignien des Herrschers. Seit die Antikenbehörde des Sudan Onkel Ali im Jahr 1966 den Schlüssel zur Grabkammer anvertraute, ist er der Einzige, der Zutritt zum Königsgrab hat. „Das hier“, sagt Ali und schwenkt die Lampe, „ist die wichtigste Szene.“ Das Licht fällt auf ein Bild von König Tanwetamani. Neben ihm sitzt der Ba-Vogel, hinter ihm steht Maat, die Göttin der Gerechtigkeit. Auf der Waage in der Mitte der Darstellung liegen das Herz des Tanwetamani in einer Waagschale und eine Feder in der anderen. Das Herz ist leichter als die Feder. „Ein gutes Zeichen für das Leben nach dem Tod“, sagt der Hüter des Grabes. Im Diesseits mühten sich Tanwetamanis Nachfolger, Ägypten erneut zu erobern – doch sie scheiterten. Die einzige Folge ihrer Feldzüge war der wohl erste Präventivkrieg der Menschheits geschichte. Um den Kuschiten ein für alle Mal ihre Ambitionen auszutreiben, führte im Jahr 591 vor Christus der ägyptische Pharao Psammetich II. eine Kampftruppe nach Süden. Die Männer erreichten Doukki Gel – und sie waren gründlich bei ihrer Mission, die Nubier zu demoralisieren. Auf die Spuren ihres Wütens stieß erst fast 2.600 Jahre später der Archäologe Charles Bonnet mit seinem Team von der Universität Genf. Am 11. Jänner 2003 legte er in einem kuschitischen Tempel Dukki Gel eine drei Meter tiefe Grube frei. Zunächst fanden sie einen massiven Granitbrocken mit einer Inschrift. Die konnten die Forscher sofort identifizieren: Da stand der Name des Taharqa! Nach und nach gruben die Archäologen weiter, der Rumpf einer Statue kam zum Vorschein. Später fanden sie Arm, Faust und den Kopf des Herrschers. Zusammengesetzt misst die Plastik 2,70 Meter. Das Gesicht zeigt entschlossene Züge, der Körper ist von kräftiger, schwarzafrikanischer Statur. Es zeigte sich, dass die Schöpfer dieses Denkmals die hellen Adern im dunklen Stein mit Farbe übertüncht hatten, damit die Pharaonen wirklich makellos schwarz erschienen. 37 ARCHÄOLOGI E Sudanesische Helfer nahe Kerma. Hier gibt es noch Arbeit für Jahrzehnte. 38 Religion und Regierung vor 2.000 Jahren: Ägyptische Götter (li.) treffen Nubiens König. Nördlich von Kerma: eine Statue von Taharqa im Staub der Hauptstraße. Die Pyramiden bei Meroë markieren den Ort der letzten Hochblüte des Königreiches. 39 Als wir die Pyramiden von Meroë kurz nach Son nenaufgang besuchen, liegen sie beinahe so anmu tig da wie 1822, als die Franzosen Louis Maurice Adolphe Linant de Bellefonds und Frédéric Cail liaud sie entdeckten. Feuerrot beleuchtet die Sonne ihre Spitzen. Ganz Meroë scheint zu dieser Tages zeit in Flammen zu stehen. Wie zu groß geratene Zuckerhüte liegen die über 2.000 Jahre alten Grab türme im wogenden Dünenmeer. Das gewaltige Pyramidenfeld ist eines der größten der Erde. Rund 120 Spitzbauten zählt die Nekropole von Meroë, insgesamt 220 sollen es im Sudan sein – doppelt so viele wie in ganz Ägypten. Immer wieder fragten sich Wissenschafter, warum die Nubier zwar die Bestattungskultur der Ägypter kopierten, ihre Pyramiden aber deut lich kleiner bauten – in Meroë etwa erreichen sie nur Höhen bis zu 30 Meter. Zum Vergleich: Die Cheops-Pyramide in Gizeh war 147 Meter hoch. Auch die Neigungswinkel waren mit 65 bis 70 Grad deutlich steiler als die ihrer ägyptischen Pen dants mit etwa 50 Grad. Der deutsche Archäologe Friedrich Hinkel, der viele der Pyramiden in Meroë restaurierte, fand heraus, dass es an der Bautechnik lag. Wäh rend die Ägypter die tonnenschweren Steine mit tels Rampen auf die Pyramiden schafften, arbei teten die Nubier mit Kränen aus libanesischen Zedern. Da die Länge der Stämme begrenzt Schrein des Taharqa: Der mächtigste der Schwarzen Pharaonen ließ zu Ehren des Gottes Amun-Re einen Tempel renovieren – und mit Darstellungen seiner selbst schmücken. 40 Foto: Rich Hardcastle Nach und nach fanden die Archäologen in der Grube insgesamt 52 Fragmente von sieben schwarzen Statuen. Sie waren von Psammetichs Männern zerschlagen und verscharrt worden. Doch auch dieser Schlag konnte die Kultur von Kusch nicht auslöschen. Die Nubier zogen sich noch tiefer in den Süden zurück, wo sie 300 vor Christus ihre dritte Hauptstadt gründeten: Meroë. Ohne ständigen Zoff mit den Ägyptern konnten sie hier, am Ufer des Nil zwischen dem fünften und sechsten Katarakt, einige der eindrucksvolls ten Zeugnisse der nubischen Hochkultur schaffen. MODERNE VERANLAGUNGSKONZEPTE Die Mischfonds der BAWAG P.S.K. bieten Veranlagung mit besonderem Service. 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Reisenden aus Schwarzafrika muss die Skyline von Naga wie eine Fata Morgana vorgekommen sein. „Wer an dieser Stelle von Süden in das Königreich gelangte, sollte sofort sehen, welch reiches Land er betritt“, sagt die deutsche Archäo login Karla Kroeper, als wir mit ihr durch die Ausgrabungen spazieren. Gemeinsam mit Dietrich Wildung – langjähriger Leiter des Ägyptischen Museums in Berlin und eine der herausragenden Persönlichkeiten der Sudan-Archäologie – gräbt sie seit fast 40 Jahren im Land. Mit einem Team des Berliner Museums haben die beiden die beein druckendsten Relikte der nubischen Kultur im Wüstensand entdeckt: den Amun-Tempel, flankiert von zwölf kolossalen Widderstatuen, einen dem meroitischen Gott Apedemak geweihten Löwentempel und den Hathor-Tempel. Für die Archäologen bietet das Erbe von Kuschnoch Arbeit für Jahrzehnte. Derzeit graben Kroeper und ihre Kollegen – seit 2013 unter der Regie des Ägyptischen Museums München – am „Tempel 120“: Entdeckt hat sie ihn vor einigen Jahren beim Spazierengehen. Noch lange träumten die meroitischen Herrscher davon, Ägypten zurückzugewinnen. Doch zu einer Vereinigung kam es nie mehr. Der Niedergang des Römischen Reichs ab dem dritten Jahrhundert nach Christus hatte einen Dominoeffekt bis Nubien: Die Waren fanden keine Abnehmer mehr. Gleichzeitig entstanden neue Handelsrouten von Zentralafrika ans Rote Meer, die vom christlichen Königreich von Aksum im heutigen Äthiopien kontrolliert wurden. Als der aksumitische König Ezana um 350 nach Christus Meroë zerstörte, waren die Tage der n ubischen Herrscher gezählt. Die Stadt wurde umgehend verlassen. In Meroë ging die große Kultur Nubiens Mitte des vierten Jahr hunderts genauso lautlos unter, wie sie fast 3.000 Jahre zuvor entstanden war. NEUE KÜCHE? UM NUR 47 EURO PRO MONAT? FIX! 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Schwindender Lebensraum, Krankheiten, Klimawandel: Sind die Koalas noch zu retten? BASAR DER LETZTEN HOFFNUNG Überleben auf Ägyptens größtem Flohmarkt Eine DOKTOR BLAUBLUT Warum die Medizin auf Pfeilschwanzkrebse angewiesen ist FLIEGEN WIE FRÜHER 70 Jahre alte DC-3 als Verkehrsflugzeuge im Dschungel SEX STATT rätselhafte Qualle hat den Tod überlistet. Kann der Mensch das auch?GEWALT Das verblüffende Rezept der Bonobos zur Konfliktlösung ARCHÄOLOGIE Auf der Suche nach der vor Japan versunkenen Flotte des Kublai Khan GEISTERTEILCHEN Wie Neutrinos die Wissenschaft in Atem halten GIFTIGES GOLD Wie eine Glücksritterstadt in den Anden den Titicacasee verseucht DIE PARSEN VON MUMBAI Warum Indiens heimliche Elite jetzt auszusterben droht DELFINFORSCHUNG Überraschende Erkenntnisse über die Meeressäuger E I N E P U B L I K AT I O N V O N Cover_AT_CH_DVD_DE_komplett_1404 [P];4_View.indd 223 Cover_DE;10_View.indd 1 15.05.14 13:54 ALTERNATIVE ENERGIE Algen – der Treibstoff der Zukunft NEUSEELANDS SCHRÄGE VÖGEL Kiwi, Kakapo & Co DAS BEDROHTE PARADIES Drama im brasilianischen Regenwald E I N E P U B L I K AT I O N V O N Cover AT_DE.indd 1 12.11.14 16:30 E I N E P U B L I K AT I O N V O N ABO & PRÄM IE sic Von Kopfjägern zu Fortschrittsopfern: DER SCHLÜSSEL Wie Papua-Neuguineas Hochlandvölker die moderne Welt erleben ZUM EWIGEN LEBEN Cover AT_DE.indd 1 E I N E P U B L I K AT I O N V O N E I N E P U B L I K AT I O N V O N Cover;10_View.indd 1 Cover;10_View.indd 1 EINE 16.01.15 13:33 GEISTERTEILCHEN Wie Neutrinos die Wissenschaft in Atem halten ARCHÄOLOGIE Auf der Suche nach der vor Japan versunkenen Flotte des Kublai Khan 16.01.15 13:33 P U B L I K AT I O N V O N SEX STATT GEWALT Das verblüffende Rezept der Bonobos zur Konfliktlösung 10.11.14 11:47 10.11.14 11:47 hern Wie Papua-Neuguineas Hochlandvölker die moderne Welt erleben Von Kopfjägern zu Fortschrittsopfern: DELFINFORSCHUNG Überraschende Erkenntnisse über die Meeressäuger DIE PARSEN VON MUMBAI Warum Indiens heimliche Elite jetzt auszusterben droht GIFTIGES GOLD Wie eine Glücksritterstadt in den Anden den Titicacasee verseucht WILDE ZEITEN Eine rätselhafte Qualle hat den Tod überlistet. Kann der Mensch das auch? ZUM EWIGEN LEBEN DER SCHLÜSSEL 3. Juni 1965 US-Weltraumspaziergang, beim ersten Edward White Jetzt einfach bestellen Deutschland: +49/89/858 53-740, Österreich: +43/1/361 70 70-740 AUfBRUCH INS ALL E-Mail: [email protected] eine amerikanische Heldensaga 45 Jahre Mondlandung – www.terramatermagazin.com/abo TERRA-MATER-JAHRESABO (6 AUSGABEN) PLUS PRÄMIE IHRER WAHL ZUM PREIS VON € 29,20*. 20-€-Tankgutschein Terra-Mater-Notizbuch Powerbank Bei Bestellung aus Österreich 20-Euro-OMV-Tankgutschein, aus Deutschland 20-Euro-JET-Tankgutschein. Das elegante Terra-Mater-Notizbuch, in Leder gebunden und mit zusätzlichem Binderiemchen. Der handliche mobile Zusatzakku für Smartphones, Tablets und Laptops im Terra-Mater-Design. oder * Österreich und Deutschland inkl. Versandkosten, andere Länder zzgl. 10 Euro Versandkosten. oder DIE WELT ENTDECKEN UND BEGREIFEN. Vorgesch m ack au f da s H e f t Weltreise zum Blättern Haben Ihnen die „Schwarzen Pharaonen“ gefallen? Wir haben noch mehr solcher Reportagen! Hier ein Ausblick auf weitere spannende Geschichten, zu finden in der aktuellen Ausgabe von Terra Mater. RE LIGION Besuch bei Freunden Vater Fjodor Saparow (r.) hat es sich nicht nehmen lassen, anlässlich des Opferfests, des höchsten aller islamischen Feiertage, der muslimischen Gemeinde seine Aufwartung zu machen. Nicht religiöse Toleranz habe ihn dazu bewogen, sagt der christlich-orthodoxe Geistliche. „Gekommen bin ich als guter Freund und Nachbar.“ Ein Gott für alle 3,8 Millionen Einwohner, 53 Prozent Muslime, 40 Prozent orthodoxe Christen: Anderswo wäre das eine brisante Mischung. Doch ausgerechnet in der autonomen russischen Republik Tatarstan und ihrer Hauptstadt Kasan klappt das Zusammenleben der Gläubigen ausgezeichnet. Wie machen die das? EIN GOTT FÜR ALLE 3,8 Millionen Einwohner, 53 Prozent Muslime, 40 Prozent Christen. Anderswo wäre das eine brisante Mischung. Doch ausgerechnet in der autonomen russischen Republik Tatarstan klappt das Zusammenleben der Gläubigen ausgezeichnet. Wie machen die das? Text: Diana Laarz Fotos: Claudia Janke 66 066-Kasan 66 67 19.03.15 14:18 067-Kasan 67 19.03.15 14:18 DIE KÖNIGIN DES WALDES Ein höchst eigentümlicher Baum ist das Wahrzeichen Madagaskars, der riesigen Insel im Osten Afrikas. Der Baobab ist nicht nur eines der mächtigsten Gewächse der Erde. In seinem Inneren wohnen auch jene Geister, die die Madagassen seit jeher prägen. L E B E N S RAU M DIE KÖNIGIN DES WALDES Fotos: Pascal Maitre/agentur Focus Ein höchst eigentümlicher Baum ist das Wahrzeichen von Madagaskar, der riesigen Insel im Osten Afrikas. Der Baobab, bis zu tausend Jahre alt und so schwer wie ein Airbus A380, ist nicht nur eines der mächtigsten Gewächse der Erde. In seinem Inneren wohnen auch jene Geister, die die Madagassen seit jeher prägen. 98 098-Baobab 98 Text: Michael Stührenberg Fotos: Pascal Maitre 99 19.03.15 14:09 099-Baobab 99 19.03.15 14:09 ME DIZIN Menschliche Gewebeproben auf Glas Jedes Plättchen trägt ein hauchdünnes Scheibchen, das aus krankmachenden Tumoren geschnitten wurde. So entsteht ein Verzeichnis der Leiden – und eine Goldgrube für medizinische Datenmineure. Heilung nach Maß Fotos: GeorG oberweGer//PaGe seven ImaGes Schnellere Computer und intelligente Datenverknüpfung ermöglichen erstmals einen völlig neuen Ansatz in der Heilkunde: die Präzisionsmedizin. Der alte Traum von der personalisierten Therapie könnte damit endlich Wirklichkeit werden. Und unser Verständnis von Krankheiten grundlegend verändern. Text: Christian Heinrich Fotos: Georg Oberweger 84 084-Biomarker 84 85 19.03.15 14:13 085-Biomarker 85 19.03.15 14:13 VÖLK E R KUN DE Trockentraining: Wie alle Jungen im Dorf will der 11-jährige Sesu auch einmal Harpunier werden. Die dafür nötige Technik übt er täglich am Strand. Wal- Verwandtschaften In Lamalera, einer kleinen Ortschaft auf der indonesischen Insel Lembata, dreht sich alles um den Wal: Seit jeher machen die Einwohner mit archaischen Methoden Jagd auf den Meeresriesen, er ist Lebensinhalt, Währung und soziales Bindemittel. Und manchmal bringt er auch den Tod. Text: Manfred Sax Fotos: Palani Mohan 132 132-Walfaenger 132 HEILUNG NACH MASS Schnellere Computer und intelligente Datenverknüpfung ermöglichen einen völlig neuen Ansatz in der Heilkunde: die Präzisionsmedizin. Der Traum von der personalisierten Therapie könnte damit endlich Wirklichkeit werden. WAL-VERWANDTSCHAFTEN In Lamalera, einer Ortschaft auf der indonesischen Insel Lembata, dreht sich alles um den Wal: Seit jeher machen die Einwohner mit archaischen Mitteln Jagd auf den Meeresriesen. Er ist Lebensinhalt, Währung und soziales Bindemittel. Und manchmal bringt er auch den Tod. 133 19.03.15 14:28 133-Walfaenger 133 19.03.15 14:28 DIE Lust auf mehr? Terra Mater ist überall im Zeitschriftenhandel erhältlich oder auf www.terramatermagazin.com SCHWARZEN PHARAONEN Als dunkelhäutige Nubier die Macht im Reich am Nil ergriffen Taharqa Pharao aus Nubien im 7. Jh. v. Chr. WALFANG EXTREM Mit Ruderboot und Speer auf der Jagd nach Pottwalen in Indonesien RELIGION Warum sich im russischen Tatarstan Muslime und Christen vertragen HEILUNG NACH MASS Wie Biomarker und Big Data die Medizin revolutionieren EUR 5,– / CHF 7,– AUSGABE 03 APRIL & MAI 2015 E I N E P U B L I K AT I O N V O N VI SIONE N 16 EIN TAG, DER DIE WELT VERÄNDERTE 16. 5. 1960 Einem Außenseiter geht ein Licht auf D E R F I N DU NG d es Lasers war das Ergebnis eines Wettrennens, das am Vormittag des 16. Mai 1960 von ei nem Außenseiter gewonnen wurde. Der Sieger, T heodore Maiman, war damals, als er den ersten Laserstrahl der Welt abschoss, 32 Jahre alt und arbeitete als Physiker in den Hughes Research Laboratories in Malibu, Kalifornien. Dort war man aufgrund von pessimistischen Berichten über die Machbarkeit des Lasers von Maimans Arbeiten wenig überzeugt – so wenig, dass er schließlich mit Kündigung drohen musste. Damit gelang es dem Grundlagenforscher immerhin, seinen Vor gesetzten die lächerliche Summe von 50.000 Dol lar und einen Assistenten abzupressen. Das soll te sich bezahlt machen: Sein Laser funktionierte. Obwohl die Bedeutung dieses Ereignisses Anfang 1 IE der Sechzigerjahre noch nicht ansatzweise begrif fen w urde: Die erfolgreiche Bündelung des Lichts galt als „ Lösung, die nach einem Problem sucht“. Laser (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation – Lichtverstärkung durch stimulierte Strahlungsemission) ist hoch konzentriertes Licht. Licht entsteht, wenn ein energiereiches Atom seine Energie in Form von Lichtteilchen (Photonen) ab gibt und dabei an Energie verliert. Das geschieht in einer Glühbirne spontan, zufällig und nicht ziel gerichtet – so kann man mit einer Glühbirne auch nicht schneiden oder schießen, sondern nur ein Zimmer beleuchten. Im Laser hingegen geschieht dieses Aussenden von Photonen stimuliert, in ei nem engen Frequenzbereich und gebündelt. Man kann das vielleicht am besten mit dem Unter schied zwischen einer Gießkanne und einem auf scharf eingestellten Garten schlauch veranschaulichen. Die zentrale Leistung des Lasers, nämlich die Sti mulation von Atomen, damit sie Licht entsenden, geht in seiner Theorie auf Albert Einstein zurück. Der hatte bereits 1916 berechnet, dass man Atome zu einer solchen Lichtemission in einer be stimmten Wellenlänge brin gen kann, wenn sie vorher ein Photon mit dieser Wellen länge aufgenommen haben. Das Licht, so sagte das Physik genie voraus, strahlt dann in einer bestimmten Richtung und mit hoher Intensität. 3 Fotos: www.picturedesk.com, getty images 2 Man experimentierte zunächst in einem Be reich des nicht sichtbaren Spektrums: Mikrowellen (Wellenlänge zwischen 30 Zentimetern und einem Millimeter) schienen für den Anfang leichter in den Griff zu bekommen. In den frühen Fünfziger jahren konstruierte der Physiker Charles Townes (*1915) ein Gerät, mit dem er – Einsteins Vorher sagen bestätigend – Mikrowellen erzeugen und ver stärken konnte, und nannte es Maser (M für Micro waves). Der Wunsch, die gleiche Übung auch mit sichtbarem Licht zu schaffen (mit Wellenlängen im Nanometerbereich), mündete in Anstrengungen, die sowohl in den USA durch Townes und seinen Schwager Arthur Schalow (in den berühmten Bell Laboratories) wie auch in der Sowjetunion durch die beiden Physiker Alexander Prochorow und Nikolaj Bassow unternommen wurden. 1958 konnten Townes und Schalow mathematisch zeigen, dass das, was ihr Maser schaffte, auch mit sichtbarem Licht gehen müsste. Allerdings setzten sie bei ihren Versuchen auf Gas als Trägermedium, was nicht richtig funktionieren wollte. Indes hatte Theodore Maiman den besseren Riecher. Er nahm einen Teil seiner 50.000 Dollar in die Hand, kaufte in einem Fotogeschäft eine Blitzlampe, bestellte bei einem Kristallhersteller ei nen an beiden Enden silberbeschichteten Rubin stab – also ein festes Trägermedium statt eines gas förmigen – und ließ in der Institutswerkstatt einen Edelstahlhohlzylinder bauen. Nachdem er alles zu sammengesetzt hatte, schaltete er die Blitzlampe ein und stellte fest, dass der Rubin kurze rote Lichtimpulse in einem sehr schmalen Spektrum aussandte. Das Blitzlicht hatte die Atome im Ru bin in einen höheren Energiezustand versetzt; bei ihrem Übergang in einen niedrigeren Energie zustand sendeten sie eine Lichtwelle aus, die wie 4 derum andere Atome stimulierte, in den Grund zustand überzugehen und (verstärktes) Licht aus zusenden. So gelang der erste Laserstrahl. Ein unterschätzter Außenseiter hatte in aller Stille die etablierten Physikergrößen ausgebremst. Wie wenig etabliert er war, zeigte sich kurz darauf, als er seine Ergebnisse bei den „Physical Review Letters“ einreichte und die Redaktion den Artikel glatt ablehnte. Erst „Nature“ veröffentlich te ihn – als Einspalter. Townes sollte später sagen, das wäre der wichtigste Artikel gewesen, den das Magazin in fast 100 Jahren abgedruckt hatte. 1964 kam die logische Anerkennung in Form des Physik-Nobelpreises – allerdings nicht für Mai man, sondern für Townes, Schalow und die bei den sowjetischen Forscher: Sie hatten schließlich die Grundlagen für den Laser geschaffen. Maiman hatte bloß mit seinem Geistesblitz die bessere Intuition für die Praxis. Immerhin: Als Maiman 2007 starb, schrieb Nobelpreisträger Townes in „Nature“ höchstpersönlich den Nachruf. Es dauerte einige Zeit, bis sich die Erfindung bewährte. Militärs schwärmten zwar schon bald von gewaltigen Laserkanonen, mit denen sie feind liche Flugzeuge und Raketen abschießen würden. Das ist bis heute nicht möglich, vor allem wegen des zu hohen Energieaufwands. Populär ist der Laser dafür im zivilen Bereich geworden: in der Metallindustrie zum Bohren und Schneiden, in der Medizin unter anderem als Skal pell. Laser wird an der Supermarktkassa zum Ab lesen von Barcodes verwendet, in CD - und DVD Laufwerken, für Laserpointer und auf Clubbings für Lichteffekte. Eine vollständige Aufzählung al ler Anwendungen würde Seiten füllen. Wir lernen: Lösungen finden alle irgendwann ihre Probleme. 5 1:Barcode-Leser an der Supermarktkassa: Laser-Anwendungen gibt es heute an jeder Ecke. 2: Der Apparat, aus dem 1960 der erste Laserstrahl kam: Rubin statt Gas als Trägermedium. 3:Maimans Laser zerlegt und in Originalgröße: in aller Stille die Physikergrößen ausgebremst. 4: Charles Townes und sein Student James Gordon mit einem Maser (1955): Einsteins Vorhersagen umgesetzt. 5:Laser-Pionier Maiman bei einem Kongress (1985): Den Nobelpreis bekamen andere. Text: Wolfgang Hof bauer 49
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