Soldat in Welt und Kirche Globalisierung der Gleichgültigkeit © The Arches / flickr ISSN 1865-5149 01I16 Reportage vor Ort: Ein fast vergessener Auslandseinsatz 4. Berliner PsychotraumaKolloquium „Vorbeugen.Versorgen. Veteranen.“ © KMS / Doreen Bierdel Editorial Liebe Leserinnen und Leser! Und plötzlich ging es ganz schnell im zurückliegenden Monat Dezember. Auf Antrag der Bundesregierung stimmte der Deutsche Bundestag am 4. Dezember mit großer Mehrheit dem „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“ zu. Das auf zunächst ein Jahr befristete Mandat ist, mit Blick auf seine rechtliche Verankerung, unter Völkerrechtlern in Deutschland umstritten. Eine breite politische Debatte zum beschlossenen Mandat für den Einsatz steht also noch aus. Es ist zu erwarten, dass – beispielsweise aus den Reihen der parlamentarischen Opposition – im Laufe des beginnenden Jahres 2016 mit weiteren Initiativen zu rechnen ist. Die friedensethische und auch völkerrechtliche Diskussion zum Bundestagsbeschluss wird uns wohl beschäftigen. Und nicht nur diese. bet als Mittel zum Frieden ein. Für den 4. Oktober 1966 rief Paul VI. zum besonderen Gebet für den Frieden auf, genau ein Jahr nach seinem Besuch bei den Vereinten Nationen. Seitdem hat das Gebet für den Frieden in der Welt seinen festen Platz in der Kirche. In Deutschland kommt eine gewisse Besonderheit hinzu: Seit 1977, damals noch in der Kölner Sankt-Aposteln-Kirche gefeiert, ist ein Internationaler Soldatengottesdienst im Hohen Dom zu Köln anlässlich des Weltfriedensgebetstags zum festen Bestandteil im Wirken der Katholischen Militärseelsorge geworden. Sie dokumentiert damit als „Kirche unter Soldaten“ gleichzeitig ihre innere Verbundenheit mit der Gesamtkirche und lädt in vielen Diözesen Deutschlands zusammen mit den örtlichen Bischöfen zu weiteren Soldatengottesdiensten ein. Das Vorhaben der Bundesregierung, in der Mitte dieses Jahres mit einem neuen Weißbuch aufzuwarten, ist weiterhin in der Diskussion und wird wohl stärker werden, sobald die ersten Entwürfe bekannt werden. Mithin also zwei Themen, an denen die Zeitschrift Kompass. Soldat in Welt und Kirche im Jahr 2016 nicht vorbeikommen wird. Am 21. Januar findet im Kölner Dom das Gebet für den Frieden mit Soldatinnen und Soldaten statt. Am selben Tag wird der Bischof von Würzburg, Dr. Friedhelm Hofmann, ebenfalls mit Soldatinnen und Soldaten aus der Region den Weltfriedenstag feiern. Das Leitmotiv des diesjährigen Weltfriedensgebetstags, welches wir in der ersten Ausgabe des neuen Jahres aufgreifen und vertiefen, lautet: „Überwinde die Gleichgültigkeit und gewinne den Frieden!“ Wir informieren über die Hintergründe, die Papst Franziskus veranlasst haben, dieses Motto zu wählen, das angesichts der derzeitigen Lage in der Welt an seiner Aktualität und Bedeutung nichts verloren hat. Doch zunächst soll die erste Ausgabe im neuen Jahr wieder das in den Blick nehmen, woran der Heilige Vater zu Beginn eines jeden Jahres erinnert. Es gilt am 1. Januar, dem Hochfest der Gottesmutter Maria, für den Frieden in der Welt, zwischen den Völkern und Staaten und zwischen den Menschen zu beten. Der Beginn des Weltfriedensgebetstags datiert auf das Jahr 1968. Der damalige Heilige Vater, Papst Paul VI., ordnete bereits in seiner vierten Enzyklika „Christi matri rosarii“ vom 15. September 1966 das RosenkranzgeImpressum KOMPASS Soldat in Welt und Kirche ISSN 1865-5149 Herausgeber Der Katholische Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr Redaktionsanschrift KOMPASS Soldat in Welt und Kirche Am Weidendamm 2 10117 Berlin Telefon: +49 (0)30 20617-421/-420 Telefax: +49 (0)30 20617-499 E-Mail: [email protected] Verlag, Druck und Vertrieb Verlag Haus Altenberg Carl-Mosterts-Platz 1 40477 Düsseldorf Chefredakteur Josef König (JK) Redakteur Jörg Volpers (JV) Bild, Layout und Satz Doreen Bierdel Lektorat Schwester Irenäa Bauer OSF 2 Zudem wünschen wir den Leserinnen und Lesern ein gutes Neues Jahr! Josef König, Chefredakteur Kompass 01I16 Leserbriefe Bei Veröffentlichung von Leserbriefen behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. dingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für das unverlangte Einsenden von Manuskripten und Bildern kann keine Gewähr und für Verweise in das Internet keine Haftung übernommen werden. Bei allen Verlosungen und Preisausschreiben in KOMPASS Soldat in Welt und Kirche ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Internet www.katholische-militaerseelsorge.de Social Media Hinweis Die mit Namen oder Initialen gekennzeichneten Beiträge geben nicht unbe- © The Arches / flickr Inhalt 6 Titelthema Globalisierung der Gleichgültigkeit Aus der Militärseelsorge Rubriken 4 13 Familienarbeit, Seelsorge und Wissenschaft vereint im Dienst für Soldatenfamilien 18 Kompass Glauben: Frieden braucht Genauigkeit Neujahrsgrüße von Msgr. Reinhold Bartmann und Oberstleutnant Thomas Aßmuth, Vorsitzender des Katholikenrates 6 Predigt von Papst Franziskus auf der „Flüchtlingsinsel“ Lampedusa 7 Papstbotschaft: Gott ist nicht gleichgültig! 8 Philosophischer Kampf wider die Gleichgültigkeit von Prof. Dr. Stephan Jolie 10 Die Liebe in den Zeiten der Flucht Eva-Maria Düring, KjG 11 Soldatengottesdienste zum Weltfriedenstag 2016 19 Kolumne des Wehrbeauftragten 14 Reportage vor Ort: Ein fast vergessener Auslandseinsatz 16 4. Berliner PsychotraumaKolloquium „Vorbeugen. Versorgen. Veteranen.“ 17 Forschung vor Ort 20 Militärdekan Weber nichtresidierender Ehrenkanoniker in Budweis 20 Vorbereitung auf seelsorgerliche Einsatzbegleitung 21 Ein Licht für den Frieden 22 Glaube, Kirche, Leben • Hallo, hier ist Nils! • 58. Aktion Dreikönigssingen • 13. Kunstwettbewerb • Mutter-Kind-Kuren 24 Filmtipp: „Die Vorhersehung. Solace“ 25 Medien • Buchtipp: „Refugees welcome – Eine Herausforderung für Christen“ • Arbeitshilfe: Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit – Syrien Informationen zur Gebetsstunde 21 Hilfe, die ankommt Arbeitshilfe zum Weltfriedenstag 26 VORSCHAU: Unser Titelthema im Februar 26 Personalia 27 Rätsel 12 Auf ein Wort 17 21 Kompass 01I16 3 © KS / Doreen Bierdel Neujahrsgruß Liebe Leserinnen und Leser, liebe Soldatinnen und Soldaten. Die Ereignisse und Geschehnisse im zurückliegenden Jahr waren in vielfacher Hinsicht für die Bürgerinnen und Bürger in den Staaten Europas und mithin auch für Deutschland folgenreich. Hunderttausende von Flüchtlingen an den Grenzen Europas, auch an den Grenzen unseres Landes, terroristische Anschläge in Paris und an vielen Orten anderswo in der Welt bleiben in unserem Gedächtnis. Regierungen und Parlamente in Europa haben reagiert. Als Konsequenz stimmte der Deutsche Bundestag dem Antrag der Bundesregierung zu einem Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) mit großer Mehrheit zu. Mit Beginn des neuen Jahres, aber auch schon zuvor, kommen Soldatinnen und Soldaten dem darin begründeten soldatischen Auftrag nach. Für die „Kirche unter Soldaten“ und damit für die Katholische Militärseelsorge in der Bundeswehr versuchen wir, wie bereits auch in den anderen Einsatzorten – im ökumenischen Miteinander oder im Wechsel –, unseren seelsorgerlichen Dienst zu leisten und die Soldaten und Soldatinnen dort als Seelsorger zu begleiten, wo sie im Auftrag unserer Regierung und unseres Parlaments ihren Dienst leisten. Das Jahr 2016 liegt vor uns. Neue 12 Monate, neue 52 Wochen, neue 366 Tage und neue 8.784 Stunden, in denen wieder viel Schönes, aber auch wieder viel Schreckliches passieren kann und wird, im persönlichen Leben und in dieser uns anvertrauten Welt. Aber auch viel Gutes, Schönes und Bereicherndes werden wir erfahren und erleben. Das ist gewiss. Jedes neue Jahr ist in der Tat ein Anfang; und den ersten Tagen wohnt ein besonderer Zauber inne, der Zauber des Unberührten und Neuen, der Reiz des Unbekannten und Verlockenden. Wie ein Buch ohne Geschichte, mit weißen, unbeschriebenen Blättern, wartet das neue Jahr auf uns. Es wartet darauf, dass wir in das Buch des Lebens unsere Geschichte schreiben. Aber was bedeutet das eigentlich für uns? Ist ein neues Jahr für uns einfach nur ein weiteres Jahr, in dem sich nicht viel ändert und das wir so leben, wie alle Jahre vorher auch? 4 Kompass 01I16 Oder ist ein neues Jahr vielleicht eine neue Herausforderung, der wir uns gerne stellen? Was wird uns das neue Jahr 2016 bringen; was hält es für uns bereit? Gott schenkt „Jeden Morgen neu seine Gnade!“ Er beginnt „heute“ mit uns ein neues Jahr und „morgen“ einen neuen Tag und das 366 Tage lang. Jeden Tag ein neues Heute und wenn ein Tag nichts Gutes hat und sehr mühsam ist, das Leben geht dennoch weiter und jeder neue Tag kann ein Neubeginn sein: Ein Neubeginn mit Gott in seiner Gnade und Barmherzigkeit. Er beginnt jetzt mit uns ein neues Jahr und wird es mit uns bis zum Ende gehen. Mit den Worten des Mystikers und Kirchenlehrers Franz von Sales (1567–1622): „Mögen wir dieses neue Jahr so leben können, dass es uns als Fundament für die Ewigkeit dient.“ Dass Gott alle Zeit – bis zum Ende – an unserer Seite ist, darauf dürfen wir uns verlassen und dafür dürfen wir heute schon dankbar sein. Vielleicht ist der ein oder andere von Ihnen bereit, dieses Jahr einmal etwas Neues zu wagen: Einen Jahreswechsel der ganz anderen Art zu vollziehen, einen Jahreswechsel, mit dem Sie leben können – ohne Angst zu haben vor dem, was kommt, ohne Angst zu haben, die gesteckten Ziele nicht zu erreichen. Dies ist möglich, weil wir auf Gott vertrauen können. Er hat uns sicher durch das Jahr 2015 geführt und er wird uns auch ganz sicher im Jahr 2016 zur Seite stehen, auch durch die Menschen, die uns begleiten, zu uns stehen und mit uns gehen. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien, dass Sie den Mut, aber auch die dafür erforderliche Kraft aufbringen, im Jahr 2016 sich etwas Neues zu getrauen, da und dort einen Neuanfang zu wagen – im Vertrauen auf Jesus Christus. 366 Tage, geschenkt von Gott, liegen nun vor uns, die wir und hoffentlich die gesamte Welt nutzen sollen und wollen zum Wohle aller. Für diesen Neuanfang und diese Wege wünsche ich Ihnen Gottes Segen! Reinhold Bartmann, Militärgeneralvikar und Generalvikar des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr Beispiellose Entwicklung Täglich verlassen Tausende Menschen oft unter lebensbedrohlichen Umständen ihre Heimatländer. Auch die Christen im Irak und in Syrien mit ihrer jahrhundertealten Kultur stehen vor der völligen Auflösung und Vertreibung. Fast 60 Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht – so viele wie noch nie. Die Zunahme seit 2013 sei die höchste, die jemals in einem Jahr gemessen wurde, heißt es in einer Studie des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Die Welt erlebt eine in ihrer Dramatik beispiellose Entwicklung. Ursachen sind Kriege, regionale Konflikte, politische Verfolgung, aber zunehmend auch der Klimawandel. Die Autoren des National Defense Council der USA prognostizieren in „Global Trends 2030“ eine weitere Stärkung religiöser, ethnischer und nationaler Identitäten. Die Weltbevölkerung wird auf über acht Milliarden Menschen anwachsen. Die Nachfrage nach Nahrung wird um 35 %, der Energiebedarf um 50 % steigen. 900 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Dem Frieden dienen! Für uns als Katholikenrat bleibt die Auseinandersetzung mit der Frage, auf welche Weise wir als Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dem Frieden dienen können, eine stetige Herausforderung. Wann können und wann müssen wir militärische Mittel einsetzen, um menschliches Leben zu schützen, um der Gewalt ein Ende zu bereiten? Wie können wir unter der strikten Voraussetzung der Sicherung des Friedens dem Schutz von Menschen dienen? Die Aussicht auf ein friedliches 2016 erscheint aufgrund der Prognosen und Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten als ein unerreichbarer Zustand. Bedrohung durch Terrorismus, Konflikte und Kriege sind Realitäten, die sich bisher weit weg von uns ereigneten, nun aber einen direkten Einfluss auf unser Leben haben. Wir sind unmittelbar betroffen. Davon kann man sich nicht abmelden. Unser Engagement ist gefragt! Damit ein friedliches 2016 keine Vision bleibt, ist unser Engagement gefragt. Es gilt Entwicklungen mitzugestalten, statt sie tatenlos zu erleiden. Neben der Aufnahme und der besonderen Herausforderung der Integration von Flüchtlingen müssen die Steuerung der Zuwanderung und die Bekämpfung der Fluchtursachen in den Blick genommen werden. Angesichts unserer Verpflichtung als Christen zu helfender Solidarität mit allen Armen und Bedürftigen sind wir zum Handeln aufgerufen. Unsere Glaubwürdigkeit als Christen hängt nicht zuletzt davon ab, wie ernst und konsequent wir den Auftrag zu helfender Solidarität erfüllen. Wir stehen aber auch in der Verantwortung, zur Bekämpfung der Fluchtursachen in den Herkunftsländern beizutragen. Bildung schafft Perspektiven Unter der Überschrift „Bildung schafft Perspektiven“ hat die Vollversammlung des Katholikenrats als eine Antwort auf die anhaltende Flüchtlingskrise die Weiterführung der Nachbarschaftshilfe für das Jahr 2016 beschlossen. Der Katholikenrat unterstützt seit 2012 ein Schulzentrum der Salesianer Don Boscos in Gjilan im Kosovo. Über das schulische Wissen hinaus werden ganzheitliche Bildung und das gesellschaftliche Engagement junger Menschen gefördert. Diese Ausbildung kommt besonders auch Kindern aus armen Familien zugute. Insgesamt stellt das pädagogische Konzept eine langfristige Investition für Frieden und gesellschaftliche und politische Stabilität dar. Für die Jugendlichen eröffnen sich neue berufliche und soziale Perspektiven. Liebe Kameraden, liebe Leserinnen und Leser! Mit unseren Sinnesorganen können wir sehen und hören, doch mit unserem Gewissen erkennen wir mehr, denn unsere Wahrnehmungen können uns täuschen, doch unser Gewissen nicht. Darum wünsche ich Ihnen für das neue Jahr Gottes Segen und ein Gewissen, das Sie stets auf den richtigen Weg führt. Ihr Thomas Aßmuth, Vorsitzender des Katholikenrates beim Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr Kompass 01I16 5 © KS / Doreen Bierdel Ursachen und Wirkung Im letzten Jahr war ich zwei Mal für mehrere Wochen in Afghanistan. Auch nach jetzt rund einem Dutzend Aufenthalten kann von Routine keine Rede sein. Während Anfang Oktober die Kraft des Sommers langsam nachließ, sammelten die Gegner der afghanischen Regierung ihre Kräfte und stießen mit großer Entschlossenheit in die Stadt Kunduz vor. Statt organisiertem Widerstand suchten die Ordnungskräfte ihr Glück im Rückzug und überließen Einwohner und Stadt dem Gegner. Über die Opfer unter der Zivilbevölkerung und den Ordnungskräften gab es nur wenige Angaben in den Nachrichten. Erst durch die massive Unterstützung internationaler Kräfte – ohne direkte deutsche Beteiligung –, konnten die afghanischen Verbände geordnet, der Gegner bekämpft und zurückgedrängt werden. Diesmal war es noch gelungen! Und beim nächsten Mal, wenn die einheimischen Ordnungskräfte allein die gesamte Verantwortung tragen? Die Menschen in Afghanistan warten die Beantwortung dieser Frage nicht ab und verlassen ihre Heimat. Sie haben wiederholt erfahren, dass ihre Regierung sie nicht schützen kann und die internationalen Kräfte sie nicht mehr aktiv schützen wollen! Darüber hinaus führte die Bekämpfung der Aufständischen aus der Luft zu unentschuldbaren Opfern unter Unbeteiligten. Über diese Seite des Gefechts wurde in unseren Medien ausführlich berichtet. Nun wurden auch wir in Deutschland wieder zu aufmerksamen Zuhörern. Flüchtlingsströme und ihre oft weit entfernten Ursachen wurden durch die Berichterstattung fassbarer. Neujahrsgruß Gedanken zum Jahreswechsel Titelthema Herr gib, dass wir auch heute deine Fragen hören: „Adam, wo bist du?“ „Wo ist das Blut deines Bruders?“ Aus der Predigt von Papst Franziskus auf der „Flüchtlingsinsel“ Lampedusa am 8. Juli 2013: (…) Auch heute taucht diese Frage nachdrücklich auf: Wer ist der Verantwortliche für das Blut dieser Brüder und Schwestern? Niemand! Wir alle antworten so: Ich bin es nicht, ich habe nichts damit zu tun, es werden andere sein, sicher nicht ich. Aber Gott fragt einen jeden von uns: „Wo ist dein Bruder, dessen Blut zu mir schreit?“ Niemand in der Welt fühlt sich heute dafür verantwortlich; wir haben den Sinn für brüderliche Verantwortung verloren; wir sind in die heuchlerische Haltung des Priesters und des Leviten geraten, von der Jesus im Gleichnis vom barmherzigen Samariter sprach: Wir sehen den halbtoten Bruder am Straßenrand, vielleicht denken wir: „Der Arme“ und gehen auf unserem Weg weiter; es ist nicht unsere Aufgabe; und damit beruhigen wir uns selbst und fühlen uns in Ordnung. Die Wohlstandskultur, die uns dazu bringt, an uns selbst zu denken, macht uns unempfindlich gegen die Schreie der anderen; sie lässt uns in Seifenblasen leben, die schön, aber nichts sind, die eine Illusion des Nichtigen, des Flüchtigen sind, die zur Gleichgültigkeit gegenüber den anderen führen, ja zur Globalisierung der Gleichgültigkeit. In dieser Welt der Globalisierung sind wir in die Globalisierung der Gleichgültigkeit geraten. Wir haben uns an das Leiden des anderen gewöhnt, es betrifft uns nicht, es interessiert uns nicht, es geht uns nichts an! Es kehrt Manzonis Gestalt des Ungenannten zurück. Die Globalisierung der Gleichgültigkeit macht uns alle zu „Ungenannten“, zu Verantwortlichen ohne Namen und ohne Gesicht. „Adam, wo bist du?“, „Wo ist dein Bruder?“, sind die zwei Fragen, die Gott am Anfang der Geschichte der Menschheit stellte und die er ebenso an alle Menschen unserer Zeit, auch an uns richtet. Ich möchte aber, dass wir eine dritte Frage anfügen: „Wer von uns hat darüber und über Geschehen wie diese geweint?“ Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern? Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen! Im Evangelium haben wir das Geschrei, das Weinen, das laute Klagen gehört: „Rahel weinte um ihre Kinder, … denn sie waren dahin“ (Mt 2,18). Herodes säte Tod, um sein eigenes Wohl zu verteidigen, seine Seifenblase. Und dies wiederholt sich weiter … Bitten wir den Herrn, dass er austilge, was von Herodes auch in unserem Herzen geblieben ist; bitten wir den Herrn um die Gnade, über unsere Gleichgültigkeit zu weinen, zu weinen über die Grausamkeit in der Welt, in uns, auch in denen, die in der Anonymität sozioökonomische Entscheidungen treffen, die den Weg bereiten zu Dramen wie diesem. „Wer hat geweint?“ Wer hat heute in der Welt geweint? Herr, in diesem Gottesdienst, den wir zur Buße feiern, bitten wir um Vergebung für die Gleichgültigkeit gegenüber so vielen Brüdern und Schwestern, wir bitten dich, Vater, um Vergebung für den, der sich damit abgefunden, der sich im eigenen Wohlstand eingeschlossen hat, der zur Betäubung des Herzens führt; wir bitten dich um Vergebung für alle, die mit ihren Entscheidungen auf weltweiter Ebene Situationen geschaffen haben, die zu solchen Dramen führen. Vergebung, Herr! Herr gib, dass wir auch heute deine Fragen hören: „Adam, wo bist du?“ „Wo ist das Blut deines Bruders?“ 6 Kompass 01I16 Papstbotschaft: Titelthema Gott ist nicht gleichgültig! „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“: Auszug aus der Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2016 Gott ist nicht gleichgültig! Für Gott ist die Menschheit wichtig, Gott verlässt sie nicht! Mit dieser meiner tiefen Überzeugung möchte ich zu Beginn des neuen Jahres meine Glückwünsche verbinden: Im Zeichen der Hoffnung wünsche ich reichen Segen und Frieden für die Zukunft eines jeden Menschen, jeder Familie, jedes Volkes und jeder Nation der Erde sowie für die Zukunft der Staatsoberhäupter, der Regierungen und der Verantwortungsträger der Religionen. Wir verlieren nämlich nicht die Hoffnung, dass sich im Jahr 2016 alle entschieden und zuversichtlich dafür engagieren, auf verschiedenen Ebenen die Gerechtigkeit zu verwirklichen und für den Frieden zu arbeiten. Ja, dieser Friede ist Gabe Gottes und Werk der Menschen – Gabe Gottes, die aber allen Männern und Frauen anvertraut ist: Sie sind berufen, ihn zu verwirklichen. (…) Einige Formen der Gleichgültigkeit Gewiss, die Haltung des Gleichgültigen – dessen, der sein Herz verschließt, um die anderen nicht in Betracht zu ziehen, der die Augen schließt, um nicht zu sehen, was ihn umgibt, oder ausweicht, um nicht von den Problemen anderer berührt zu werden – kennzeichnet einen Menschentyp, der ziemlich verbreitet und in jeder geschichtlichen Epoche anzutreffen ist. Doch in unseren Tagen hat sie entschieden den individuellen Bereich überschritten, um eine globale Dimension anzunehmen und das Phänomen der „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ zu erzeugen. (…) Die Bedrohung des Friedens durch die globalisierte Gleichgültigkeit Die Gleichgültigkeit gegenüber Gott überschreitet den persönlichen und geistigen Bereich des Einzelnen und greift auf den öffentlichen und gesellschaftlichen Bereich über. (…) Von der Gleichgültigkeit zur Barmherzigkeit: die Umkehr des Herzens Als ich vor einem Jahr in der Botschaft zum Weltfriedenstag „Nicht mehr Knechte, son- © KNA / Cristian Gennari dern Brüder“ an das erste biblische Bild der menschlichen Geschwisterbeziehung – das von Kain und Abel (vgl. Gen 4,1–16) – erinnerte, sollte das die Aufmerksamkeit darauf lenken, wie diese erste Geschwisterbeziehung verraten worden ist. Kain und Abel sind Brüder. Beide entstammen sie demselben Schoß, besitzen die gleiche Würde und sind als Abbild Gottes und ihm ähnlich erschaffen; aber ihre kreatürliche Brüderlichkeit zerbricht. „Kain erträgt nicht nur nicht seinen Bruder Abel, sondern aus Neid tötet er ihn.“ So wird der Brudermord die Form des Verrats, und die Ablehnung der Brüderlichkeit Abels durch Kain ist der erste Bruch in den familiären Beziehungen der Geschwisterlichkeit, der Solidarität und der gegenseitigen Achtung. (…) Der Friede – Frucht einer Kultur der Solidarität, der Barmherzigkeit und des Mitgefühls Im Bewusstsein der Bedrohung durch eine Globalisierung der Gleichgültigkeit dürfen wir aber nicht unterlassen anzuerkennen, dass sich in die oben beschriebene Gesamtsituation auch zahlreiche positive Initiativen und Aktionen einfügen, die das Mitgefühl, die Barmherzigkeit und die Solidarität bezeugen, zu denen der Mensch fähig ist. (…) Aus dieser Sicht möchte ich an alle einen dreifachen Appell richten: Abstand davon zu nehmen, andere Völker in Konflikte oder Kriege zu verwickeln, die nicht nur ihre materiellen und kulturellen Güter sowie ihre sozialen Errungenschaften zerstören, sondern auch – und auf lange Sicht – die moralische und geistige Integrität; die internationalen Schulden der ärmsten Länder zu streichen oder annehmbar zu verwalten; Formen einer Politik der Zusammenarbeit anzuwenden, die sich nicht der Diktatur einiger Ideologien beugen, sondern stattdessen die Werte der örtlichen Bevölkerungen respektieren und keinesfalls das fundamentale und unveräußerliche Recht der Ungeborenen auf Leben verletzen. (…) Aus dem Vatikan, am 8. Dezember 2015, Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria, Eröffnung des Außerordentlichen Jubiläums der Barmherzigkeit Kompass 01I16 7 Philosophischer Kampf wider die Gleichgültigkeit Titelthema von Prof. Dr. Stephan Jolie, Professor für Literatur der älteren Epochen am Deutschen Institut der Universität Mainz aus einer Absolventenrede des Dekans der Philosophischen Fakultät der Universität Mainz Das lettische Zitat auf dem Lesezeichen, das ich Ihnen gleich mit Ihrer Urkunde überreichen werde, heißt übersetzt: „Gleichgültigkeit ist das größte Laster unserer Zeit, die zivilisierte Form der Rohheit.“ Es ist ein Wort der Schriftstellerin Zenta Maurina (1897–1978), lettisch-deutsch-russisch in Riga aufgewachsen, geflohen nach Schweden, später nach Deutschland. Mit „unserer Zeit“ meinte Maurina die 60er Jahre – aber man darf wohl sagen, dass solch rohe Gleichgültigkeit eine allgegenwärtige Gefährdung der (Post-)Moderne unserer westlichen Zivilisation ist. Der Papst als Zeuge Als Zeugen rufe ich nur Papst Franziskus auf und das, was er am 8. Juli 2013 bei seiner Reise zu den Flüchtlingen auf Lampedusa uns reichen Europäern an schändlicher Gleichgültigkeit vorgehalten hat. Lassen Sie mich darum hier und heute fragen: Gibt es ein Ethos auch in unserem philosophisch-philologischen Fachbereich, das den Kampf gegen die zerstörerisch-unmenschliche Gleichgültigkeit aufnimmt? Wir dürfen uns um diese Frage nicht drücken. Sie alle haben sich diese Frage oft genug gestellt – Sie alle, die Sie Geisteswissenschaften studiert haben, Fächer, mit denen man oft nicht so leicht einen Beruf, einen Platz in der Gesellschaft und ein Auskommen findet. Es ist die Frage: „Wozu ist das alles gut?“ Ist es wichtig, relevant – oder, wenn man das geschützte Aquarium der Universität verlässt, eben nicht doch ziemlich gleichgültig? Es wäre ziemlich unverantwortlich, wenn es keine Idee dazu gäbe. Es ist ziemlich teuer, eine Universität für so viele Studierende zu betreiben, und nicht nur Ihre Eltern haben sich das in den meisten Fällen ziemlich was kosten lassen, sondern auch die Gesellschaft nimmt sehr viel Geld dafür in die Hand. Der große jüdisch-deutsche Philosoph Walter Benjamin, ebenso wie Zenta Maurina geflohen vor den Totalitarismen des vergangenen Jahrhunderts, schreibt in seinem letzten Text kurz vor seinem Selbstmord auf der verzweifelten Flucht vor den Nazis: „In jeder Epoche muss versucht werden, die Überlie- ferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen.“ Nichts ist leichter, zumal wenn man in der reichen westlichen Welt lebt, als die Dinge gleich-gültig sein zu lassen und sich einzurichten mit dem scheinbar Gegebenen, mit der Rhetorik der vermeintlichen Alternativlosigkeit, mit der uns die ökonomisierte und technokratische Lebenswelt überwältigen will. Hilft dagegen unsere Wissenschaft? Hilft unser geistes- oder kultur- oder sprach- oder wissenschaftliches Wissen? Es kann nicht einfach darum gehen, Wissen anzuhäufen. Die Menge dessen, was die Menschen wissen und was man wissen kann, nimmt rapide zu, ebenso der Zugang zu Wissen im Internet-Zeitalter. Doch schon der Vordenker der Moderne Friedrich Nietzsche sagt, dass es nicht auf das ankommt, was man alles wissen kann, sondern darauf, in der unendlichen Menge des Wissbaren das Wissenswerte zu identifizieren. Und genau das, was wissenswert ist, das, was eine Gesellschaft für wichtig erachtet, um „Gleichgültigkeit ist das größte Laster unserer Zeit, die zivilisierte Form der Rohheit.“ Zenta Maurina 8 Kompass 01I16 Titelthema Denn das Problem ist ein anderes: Wir können heute nicht wissen, welches Wissen uns einmal nützen wird, um die Probleme von morgen zu lösen. Ja, wir kennen die Probleme und Herausforderungen nicht einmal! Klimawandel, Atomkraft – das haben wir als Problem schon erkannt. Aber haben wir schon all die Probleme erkannt, die es mit sich bringen wird, eine Gesellschaft zu bauen, der das, was auf Lampedusa und andernorts geschieht, ernsthaft nicht gleichgültig ist? Und wie wird unsre Gesellschaft ein „Web 3.0“ verändern – das bald kommen wird, von dem wir nicht einmal wissen, was es sein wird? Wissen wir, welche Optionen wir haben, um dies in gute Bahnen zu lenken und unsere freie, offene Gesellschaft zugleich zu schützen? Lernen gegen die zerstörerische Gleichgültigkeit Was wir Ihnen an der Universität beizubringen versuchten, war nicht in erster Linie Wissen über dieses oder jenes. Sondern es waren Übungen darin, Fragen zu stellen, wo etwas fraglos scheint; Aufforderungen, komplexe und vieldeutige Dinge verstehen zu lernen, um Handlungsoptionen in einer Welt zu entwickeln, in der uns so viel als gegeben und darum gleich-gültig erscheinen will, Handlungsoptionen für eine Zukunft, die wir nicht kennen, die wir aber frei und gemeinsam gestalten wollen. Daran und nur daran kann man das vielleicht Entscheidende lernen, was gegen Überwältigung durch Gleichgültigkeit und Konformismus hilft: den produktiven Zweifel! Darum ist das, was ich Ihnen an Ihrem letzten Tag an der Universität mitgeben möchte, kein Wissen. Es ist ein Wunsch: Ich wünsche Ihnen den Mut, auch weiterhin das auszuhalten, was sie im Studium ausgehalten haben: Krumme, riskante Wege zu gehen, © Universität Mainz / Jolie an einer Gegenwart und Zukunft zu arbeiten, die sie für lebenswert hält, genau das darf nie feststehen! Bloße Ansammlung von Wissen ist nur Hilfsmittel – für sich alleine taugt es zum Einrichten von netten Museen. Solches darf einem aufs Ganze gesehen wirklich ziemlich gleichgültig sein. sich nicht mit den breiten, bequemen Wegen zufrieden zu geben; das zweifelnde Fragen zu wagen, sich nicht im Konformismus der Pseudo-Alternativlosigkeiten einzurichten, die uns täglich zu überwältigen drohen. Vielleicht geht dann auch mein anderer Wunsch in Erfüllung: dass Sie an Ihre Universität zurückdenken als den Ort des freien, riskanten Zweifelns, an dem Sie die Kraft und das Rüstzeug gesammelt haben gegen die so bequeme und so zerstörerische Gleichgültigkeit! Neben dem Auszug aus der Lampedusa-Predigt von Papst Franziskus (S. 6) und der hier wiedergegebenen Absolventenrede ist auch ein Text aus der Jesuiten-Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ lesenswert zum Thema „Gleichgültigkeit“: Andreas R. Batlogg SJ, „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, StdZ 1/2014, S. 1–2, Verlag Herder. www.stimmen-der-zeit.de Kompass 01I16 9 WIE GEHE I NÄCHSTEN UM? M? BLEIBE ICH IM STREIT ODER VE VERGEBE Titelthema ICH? STEHT MEINE TÜRE TÜ OFFEN? BIN ICH IN DER ER Die Liebe in den Zeiten der Flucht Eva-Maria Düring, Geistliche Bundesleiterin der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) In meiner Liebe zu meinem Nächsten zeigt sich meine Liebe zu mir selbst: „Ich bin der Herr euer Gott. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen.“ Klare Worte, die Gott in Levitikus 19 findet. Ein deutliches Gebot, das er seiner Gemeinde mit auf den Weg gibt. Gott erinnert in diesen Worten aber auch an unsere eigenen Fluchterfahrungen. Er macht damit deutlich, dass Flucht eine Erfahrung ist, die sich durch Generationen und Kulturen hindurch immer wieder neu ereignet. Die Fluchterfahrung, von der Gott spricht, ist lange her. Doch die Menschheit hat noch keinen Frieden gefunden. Seitdem gab und gibt es viele verschiedene Fluchtgründe, die dazu führen, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Und oft wissen wir gar nicht um diese Fluchterfahrungen. Vielleicht hat ja mein Nachbar oder meine Kollegin einen Fluchthintergrund? Vielleicht war der Verkäufer oder die Lehrerin gezwungen, in einem anderen Land ein neues Leben zu beginnen? Vielleicht musste mein Ausbilder oder meine Erzieherin einmal Schutz suchen? Eine Fluchterfahrung kennen wir aus der Bibel: Josef ist mit seiner Frau Maria und dem Kind Jesus geflohen. Nicht nur daran erinnert uns die Weihnachtszeit. Sondern auch an die Sterndeuter, die Jesus nicht an Herodes verraten haben; an den Engel, der Josef im Traum erschienen ist und daran, dass die Familie wieder in ihre Heimat zurückkehren konnte. Flucht ist Teil der Menschheitsgeschichte. Und Teil der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen. Momentan sind weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor Hunger, Umweltzerstörung, Verfol- 10 Kompass 01I16 gung und Krieg. 60 Millionen Menschen verlassen ihre Heimat, weil es für sie keinen anderen Weg mehr gibt. Sie hoffen auf Gastfreundschaft, Zukunft und eine neue Chance in einem anderen Land. Sie reihen sich in die lange Geschichte der Geflüchteten ein. In diese Zeit hinein formuliert Papst Franziskus das Leitmotiv des Weltfriedensgebetes 2016: Überwinde die Gleichgültigkeit und gewinne den Frieden! Papst Franziskus spricht jede und jeden mit dieser Aufforderung direkt an. Er fordert uns auf, sich selbst zu prüfen: Bin ich gleichgültig? Was hat mich gleichgültig werden lassen? Dieses Leitmotiv birgt die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und innezuhalten. Es ist ein Appell, nicht vorschnell die Gleichgültigkeit von sich zu weisen. Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter fordert uns Jesus heraus, selbst barmherzig zu sein, der Liebe ein Gesicht zu geben. Es ist auch eine Möglichkeit, sich selbst zu hinterfragen. In der Arbeitshilfe unserer Verbände für den Weltfriedensgebetstag ist nicht ohne Grund dieser Text aus dem Lukas-Evangelium für die Gebetsstunde vorgeschlagen. Da wird ein Mann auf seinem Weg von Räubern überfallen. So wie auch heute Menschen auf der Flucht überfallen und ausgeraubt werden. Der Mann aus dem Gleichnis bleibt halb tot liegen. Die Räuber gehen weg und schauen nicht zurück. Sie haben das bekommen, was sie wollen. Wenn wir die Aufforderung von Papst Franziskus ernst nehmen und unsere Gleichgültigkeit überwinden, dann müssen wir uns die Frage stellen: Wo bin ich selbst Räuber? Wo werden Menschen für meinen Vorteil ausgenutzt? Im weiteren Lauf des Gleichnisses gehen zwei Menschen an dem Verletzten vorbei. Sie sehen ihn und helfen doch LIEBE ZUM NÄCHSTEN? WIE GEHE ICH MIT MEINEN NÄCHSTEN UM? BLEIBE ICH IM STREIT ODER VERGEBE ICH? STEHT MEINE TÜRE OFFEN? BIN ICH IN DER www.kjg.de nicht. Wie viel Leid sehen wir Tag für Tag? Selbst wenn wir wollten, können wir das nicht alles lösen. Auch wenn ich nicht gleichgültig bin, scheinen mir die Hände gebunden. Auch hier kann uns die Botschaft von Papst Franziskus einen Hinweis geben: Gewinne den Frieden! Und dieser Friede fängt im Kleinen an: Wie gehe ich mit meinen Nächsten um? Bleibe ich im Streit oder vergebe ich? Steht meine Türe offen? Bin ich in der Liebe zum Nächsten? Im Gleichnis kommt schließlich ein Samariter, der sich um den Überfallenen kümmert, ihn in Sicherheit bringt und verspricht wiederzukommen. Er hat liebend gehandelt. Mit diesem Gleichnis verbindet Jesus einen klaren Auftrag an uns: Geht hinaus in diese Welt! Seid in der Liebe! Habt ein offenes Auge für die Nöte eurer Nächsten und handelt! Kurz: Sei auch du barmherzig! Soldatengottesdienste zum Weltfriedenstag 2016 Titelthema „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“ In der Regel wird zu diesen Friedensgottesdiensten durch das jeweilige Katholische Militärdekanat eingeladen. Der Diözesanbischof oder ein Vertreter feiert zumeist ein Pontifikalamt (in der Kathedrale) und steht anschließend zu einem Empfang und für Gespräche zur Verfügung. Donnerstag, 21. Januar: Hoher Dom zu Köln mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, 9:00 Uhr, anschließend Empfang für geladene Gäste im Maternushaus Donnerstag, 21. Januar: Dom zu Würzburg mit Bischof Friedhelm Hofmann, 10:30 Uhr, anschließend Empfang und Gespräch mit dem Bischof im Burkardushaus Donnerstag, 4. Februar: Dom zu Hildesheim mit Bischof Norbert Trelle, 9:30 Uhr, anschließend Empfang und Begegnung im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim. Dies ist eine gemeinsame Veranstaltung mit der Polizei Niedersachsen und der Bundespolizei. Aus diesem Anlass wird am 3./4. Februar im Kloster Amelungsborn ein Einkehrtag des Katholischen Militärdekanats Kiel angeboten. Donnerstag, 14. April: Weltfriedenstag in Trier Mittwoch, 22. Juni: Weltfriedenstag in Münster / Westfalen Weitere Informationen – auch über hier noch nicht genannte Termine und Orte – erfahren Sie bei Ihrem Katholischen Militärpfarramt oder im Internet www.kmba.de oder www.katholische-militaerseelsorge.de (Änderungen vorbehalten) JV „… gewinne den Frieden!“ Wiederum haben sieben katholische Träger – Verbände und Arbeitsstellen – zusammen ein Faltblatt erarbeitet, das anlässlich des Weltfriedenstags zu einer Gebetsstunde einlädt und weitergehende Information enthält. Das Motto der diesjährigen Gemeinsamen Gebetsstunde zum Weltfriedenstag lädt dazu ein, die Gleichgültigkeit zu überwinden und den Frieden zu gewinnen. Gleichgültigkeit hat viele Facetten und Handlungsweisen. Wenn ein Thema uns zu nahe geht, bedrängt es uns. Dann ist es manchmal leichter, es einfach zu ignorieren, dagegen zu argumentieren oder zu beschwichtigen. Wir rechtfertigen uns gerne damit, dass wir als Einzelne nichts ändern können. Manche Reaktionen wirken gleichgültig und abgestumpft, obwohl wir es vielleicht gar nicht sind. Mit dem diesjährigen Motto prangert Papst Franziskus die Gleichgültigkeit als Übel an und benennt deren Überwindung als wichtige Grundlage, Frieden zu gewinnen. Das vierseitige Faltblatt kann im Jugendhaus Düsseldorf bezogen oder im Internet unter www.jhdshop.de heruntergeladen werden JV Anlässlich des Weltfriedenstags am 1. Januar 2016 veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz Mitte Dezember eine Arbeitshilfe zum 49. Weltfriedenstag, die sich vor allem an die Kirchengemeinden, Verbände und Gruppen richtet. Sie stellt Materialien zum diesjährigen Weltfriedenstag und zum Leitthema „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“, mit dem der Papst seine Botschaft zum Weltfriedenstag überschrieb, zur Verfügung. Papst Franziskus sieht in der Welt von heute eine grassierende Gleichgültigkeit, ja eine „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ fortschreiten, die die Menschen voneinander trennt und das Engagement für den Frieden untergräbt. Die Arbeitshilfe Nr. 279 „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden“ ist erstmals nicht als Druckexemplar, sondern nur online als PDF-Datei verfügbar und kann unter www.dbk.de in der Rubrik Veröffentlichungen heruntergeladen werden. Die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag vom 8.12.2015 ist unter Papstbotschaften verfügbar. Kompass 01I16 11 Auf ein Wort Der Friede Frucht einer Kultur der Solidarität, der Barmherzigkeit und des Mitgefühls D as Jahr 2016 hat genauso friedlos begonnen, wie das Jahr 2015 zu Ende ging. Bei den Nachrichten am Heiligen Abend konnte wieder jeder bemerken: Das „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Frieden bei den Menschen seiner Gnade“ (Lk 2,14) des EngelHEERES (!) hört sich in unseren Tagen eher nach Hohn denn nach einer Verheißung an. Nein, von „Frieden auf der Erde“ kann nun wirklich keine Rede sein – trotz der vielen nationalen und internationalen Bemühungen, trotz des Einsatzes auf unterschiedlichen Ebenen. In unsere friedlose und katastrophengewohnte Welt platzt dann auch Anfang 2016 wieder die jährliche Botschaft des Papstes zum „Welttag des Friedens“ herausfordernd, fast provozierend hinein: „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden.“ Das klingt schon ein wenig naiv: Wenn du dich deinem Nächsten mehr zuwendest, dich für das Schicksal der Menschen in der weiten Welt interessierst, so bekommst du sofort: „Frieden“! Fast automatisch! Eigentlich ... Natürlich ist Papst Franziskus, von dem das Leitwort zum diesjährigen Weltfriedenstag stammt, nicht so blauäugig. Er führt sehr realistisch aus: „Kriege und terroristische Aktionen mit ihren tragischen Folgen, Entführungen, ethnisch und religiös motivierte Verfolgungen und Machtmissbrauch haben das vergangene Jahr … charakterisiert und sich in zahlreichen Regionen der Welt so vervielfältigt, dass sie die Züge dessen angenommen haben, was man einen ‚dritten Weltkrieg in Abschnitten‘ nennen könnte.“ Sehr klar malt der Papst hier das Bild unserer Zeit. Und wie schnell wäre man dann auch angesichts dieser Schilderung und der auch in Europa spürbaren „Globalisierung des Leids“ (so befinden sich derzeit etwa 60 Millionen Menschen auf der Flucht) dabei, sich wirklich nur auf sich selbst und sein eigenes Schicksal zu konzentrieren: Ich kann daran ohnehin nichts ändern. All das scheint so riesig und fast monströs, das der Rückzug ins Private sich als einzig gangbarer Weg aufdrängt: Die anderen sind mir gleichgültig! Und genau in diesen Abgrund der Resignation ist das Wort des Papstes hineingesprochen. Mir begegnet das bei Gesprächen mit Soldatinnen und Soldaten häufig, wenn vom Verschwinden der Kameradschaft die Rede ist: „Keiner interessiert sich mehr für den anderen; jeder achtet nur auf sein eigenes Fortkommen, 12 Kompass 01I16 seine eigene Karriere. Gleichgültigkeit hat sich breit gemacht.“ Und da entstehen dann auch schnell Reibereien, Auseinandersetzungen um Kleinigkeiten – Unfriede eben. Auch so im Kleinen. Man lässt sich dann nicht mehr von den Problemen und Fragen der anderen berühren. Solche Menschen leben letztlich nur vor sich hin und sind zufrieden, wenn sie Tag für Tag ihr persönliches Leben so gestalten und verwalten können, wie sie es für sich als besonders hilfreich erleben. Soldaten werden einander eher unwichtig, die Schicksalsgemeinschaft „Bundeswehr“ individualisiert sich. Und natürlich gibt es eine zunehmende Gleichgültigkeit gegenüber Gott und seiner Wirklichkeit, gegenüber Jesus Christus und seinen lebenspendenden Geboten. Auch das bekommen Mitarbeiter der Militärseelsorge häufig zu spüren. Auch diese Entwicklung scheint einer guten Gemeinschaft nicht besonders zuträglich zu sein: Solidarität nimmt ab, Barmherzigkeit verflüchtigt sich. Das Christentum aber nimmt genau das in den Blick: „Liebe“, „Mitgefühl“ und „Barmherzigkeit“ ermöglichen erst ein lebenswertes Zusammensein und zeigen, dass immer das Schicksal der Gemeinschaft von Bedeutung ist. Das aber speist sich aus der Solidarität aller dem Einzelnen gegenüber. Es gibt nicht „den Fernsten“ – sondern es geht immer um „den Nächsten“. Ich stumpfe nicht ab gegenüber dem Schicksal des anderen, sondern wende mich ihm und seinem Leben ganz bewusst zu. Ich fühle mich ihm nahe – er ist mir eben nicht gleichgültig. Und wenn ich den Nächsten dann auch noch an mich heranlasse, mich selbst ihm öffne, vielleicht gewinnen wir dann doch noch – fast automatisch – den Frieden. Hoffentlich haben auch am Heiligen Abend 2015 ganz viele Menschen überall auf der Welt die Sehnsuchtsbotschaft der Engel vom „Frieden auf Erden“ vernommen und sich in der Silvesternacht – oder danach – die Botschaft vom Weltfriedenstag 2016 zu eigen gemacht: „Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden.“ Wäre das ein Segen für dieses noch so junge neue Jahr ... Dipl.-Theol. Heinrich Dierkes, Wissenschaftlicher Referent am Zentrum für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis, Hamburg) Familienstiftung Familienarbeit, Seelsorge und Wissenschaft vereint im Dienst für Soldatenfamilien Da die dreijährige Berufungsperiode für die Gremien der 2012 gegründeten Familienstiftung abgelaufen war, freute sich Generalvikar Bartmann als Vorsitzender des Stiftungsrats, dass alle Gremienmitglieder weiter zur Verfügung zu stehen. Für ausgeschiedene Mitglieder der Gremien hatte der Katholische Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck Wolfgang Wurmb von der Dachstiftung Katholische Soldatenseelsorge in den Stiftungsrat, Christian Hartmann von der Pax-Bank Berlin und Prof. Dr. Klaus Stüwe von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in den Stiftungsbeirat sowie Diakon Gregor Bellin als neuen Geschäftsführer der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS) in den Stiftungsvorstand berufen. Im Anschluss an eine Andacht stand ein Vortrag zur aktuellen Attraktivitätsagenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ von Brigadegeneral Olaf Rohde. Berichte aus der Praxis 2012 hatte Militärbischof Overbeck die KFS gegründet und damit ein Zeichen für die hohe Bedeutung der Familienarbeit in der Katholischen Militärseelsorge gesetzt. Die Familienstiftung ist eine einmalige Plattform, um christlich motivierte Familienarbeit in der Bundeswehr zu fördern, neue Projekte zu entwickeln und ihre Einführung zu finanzieren, da sie drei Arbeitsfelder zusammenführt: die seelsorgliche Arbeit der Militärseelsorger in den Familien, ihre lebenspraktische Unterstützung durch die KAS sowie die wissenschaftliche Bearbeitung der Lebenssituation der Soldatenfamilien durch das Zentralinstitut ZFG (Eichstätt). Seit ihrem Bestehen hat die Stiftung verschiedene Projekte der Familienarbeit in der Bundeswehr mit Fördermitteln in Höhe von fast 37.000 Euro unterstützt und auch für 2016 hat sie sich ehrgeizige Ziele zur Steigerung ihrer Fördermöglichkeiten gesteckt. Msgr. Bartmann dankte allen Mitgliedern der Stiftungsgremien für ihr Engagement, auch im Namen der durch die Familienstiftung unterstützten Soldatenfamilien. Als wichtige Botschafter förderten die in den Gremien aktiven Frauen und Männer nicht nur den Bekanntheitsgrad der Stiftung, sondern sorgten ganz persönlich für mehr Aufmerksamkeit für die Familien-Thematik in der Bundeswehr. Katharina Miksa © KAS / Katharina Miksa Ende 2015 fand in Berlin die dritte Sitzung des Stiftungsbeirats der Katholischen Familienstiftung für Soldaten (KFS) statt. Vorausgegangen war eine Sitzung des Stiftungsrats unter der Leitung von Generalvikar Msgr. Reinhold Bartmann u. a. zur Genehmigung des Wirtschaftsplans für das Jahr 2016. An dieser Sitzung konnte trotz laufender Planung für den Syrien-Einsatz der Bundeswehr auch der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Markus Grübel MdB, teilnehmen. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.katholische-familienstiftung.de Kompass 01I16 13 Montenegro Reportage vor Ort © Jürgen Kappel Ein fast vergessener Auslandseinsatz Für Sie im Kosovo unterwegs: Jürgen Kappel Eine Gruppe schwarz gekleideter Demonstranten belagert das von Polizeikräften geschützte Parlamentsgebäude. Die Demonstranten sind mit Knüppeln und Molotowcocktails bewaffnet. Sie schreien und drohen den Polizeikräften mit den Fäusten und machen sich auf diese Weise Mut, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Die Polizisten, mit Schlagstöcken und Schilden ausgerüstet sowie an Armen und Beinen durch entsprechende Kleidung geschützt, wehren sich heftig, können dem Druck der Angreifer nicht standhalten und weichen immer weiter zurück. In diesem Moment tritt die KFOR-Truppe auf den Plan. Unter dem Schutz von mehreren Panzerwagen gelingt es den Soldaten, auf das Gelände zu gelangen und die gewaltbereiten Kräfte unter dem Einsatz von Tränengas zurückzudrängen. Am Ende flüchten die Demonstranten vor der Kraft der KFOR-Truppe. Seit dem 12. Juni 1999 ist die Bundeswehr im Kosovo präsent. Am 10. Juni 1999 hatte der Sicherheitsrat der UN die Resolution 1244 beschlossen. Auf dieser Grundlage sollte der Einsatz der NATO-Sicherheitstruppe Kosovo Force 14 Kompass 01I16 (KFOR) den Abzug der jugoslawischen Truppen und die Entmilitarisierung des Kosovos überwachen. Ein sicheres Umfeld aufzubauen, einschließlich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, gehört zur Aufgabe der KFOR. Mit der Verbesserung und Stabilisierung der Sicherheitslage während der vergangenen Jahre konnte die Truppenstärke von KFOR angepasst und langfristig verringert werden. Ernst und Spiel im Einsatz Die gewaltsamen Szenen beeindrucken. Jedoch spielt sich der Einsatz nicht in der Realität ab. Die einzelnen Schritte entsprechen den Planungen einer Übung, die im Militärcamp in Novo Selo nahe Pristina stattfindet. Das Miteinander von Truppen verschiedener Nationalitäten ist ein wesentlicher Aspekt der Übung. Auf den Hügeln beobachten nicht nur Kommandeure der Einheiten die Szene, auch Militärpfarrer Andreas Vogelmeier verfolgt interessiert das Rollenspiel. Der 44-jährige katholische Seelsorger signalisiert durch seine Körpersprache und Mimik, dass er Anteil nimmt an dem Dienst der Soldaten – zum Beispiel, wenn Gasgranaten auf den Panzerwagen geworfen wer- den und explodieren oder der Einsatz von Schlagstöcken mit großer Härte geführt wird. Intensiv bespricht er mit den Soldaten das Vorgehen und diskutiert mit ihnen, inwieweit das Verhalten erfolgreich war und welche Schritte noch besser geprobt werden müssen. Vogelmeier ist kein Unbekannter bei den Soldaten. Die Kameraden sprechen ihn freundlich an und freuen sich, dass er da ist – ein Indiz dafür, dass er anerkannt ist. Vogelmeier ist seit Herbst 2015 im KFOR-Camp in Prizren. „Im September 2014 hatte sich abgezeichnet, dass im Kosovo ein weiterer Militärpfarrer gebraucht wurde“, sagt der Geistliche. Da er 2012 bereits in Afghanistan als Militärpfarrer gearbeitet hatte und sich jetzt die Gelegenheit bot, die Truppe im Kosovo in den Einsatz zu begleiten, griff er zu. „Hier ist eine völlig andere Situation als in Afghanistan“, erläutert er. In Afghanistan rücke man auf Grund der äußeren Bedrohung zusammen, sagt er. Hier im Kosovo gebe es zwar eine latente Bedrohung. Insgesamt sei es jedoch ruhig. „Die Menschen sind hier sehr freundlich zu uns“, sagt Vogelmeier. „Es gibt keinen äußeren Druck. Deshalb kommt Alb Reportage vor Ort © Jürgen Kappel Serbien an ien n zedonie Ma bei den Soldaten schnell die Frage auf, was tun wir hier eigentlich? Dann rücken Kleinigkeiten ins Zentrum: Ist die Uniform korrekt oder sind die Schuhe sauber geputzt?“, beschreibt Vogelmeier die psychische Situation in der Truppe. Auch hier, rund 1.000 Kilometer von der Heimat entfernt, machen sich die Soldaten Sorgen um ihre Familien, fehlt ihnen der Partner, vermissen sie die Kinder und müssen Probleme aus der Distanz mit dem Partner besprochen und gelöst werden. Der Militärseelsorger bietet den Soldaten Raum, mit ihren Sorgen und Nöten zu ihm zu kommen. Und sie wissen: Ihm können sie sich ohne Folgen öffnen, ihm können sie vertrauen, da er zum Schweigen verpflichtet ist. „Ich berate sie, verrate sie aber nicht“, bringt Vogelmeier seine pastorale Arbeit auf den Punkt. Seelsorger unter den Soldaten Andreas Vogelmeiers Weg zum Priester verlief über manche Umwege. In München und Berlin hatte er je vier Jahre Trompete und Klavier studiert und ein Jahr lang als Praktikant an der Hamburger Staatsoper musiziert. „Schon während des Studiums habe ich gemerkt, An der Übung nahmen auch (v. l.) der Leitende Militärdekan beim Einsatzführungskommando Msgr. Joachim Simon, der Leitende Militärdekan Artur Wagner, Militärdekanat München, und Militärpfarrer Andreas Vogelmeier teil. dass ich nicht voll und ganz bei der Sache war“, erinnert er sich. Nach seinem Berufswunsch in Kindertagen gefragt, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: Feuerwehrmann, Polizist, Sanitäter oder Soldat. Vogelmeier ist in Dachau aufgewachsen und im Schatten der Kirche groß geworden. Die Begegnungen mit vielen unterschiedlichen Menschen und die Liturgie faszinierten ihn als Jugendlichen. So wuchs in ihm die Idee, Priester zu werden. Schon während seines Studiums und der Ausbildung hatte er das Gefühl, hier gehöre ich hin. 2005 wurde er zum Priester geweiht, und bereits drei Jahre später wurde er zum Militärpfarrer berufen. Auf diese Weise hatte sich seine Traumvorstellung, Priester zu sein und bei den Soldaten zu arbeiten, erfüllt. Seine musikalische Begabung kommt ihm im KFOR-Camp in Prizren entgegen. Um die Liturgie, den Ort, an dem sich die Soldaten im Glauben versammeln, schöner zu gestalten, gründete er einen Chor. Bereits 16 Frauen und Männer aus dem 42. Deutschen Kontingent singen mit. „Der Chor stärkt einerseits den Gemeindegesang, er hat aber auch eine seelsorgerische Funktion“, sagt Vogelmeier. „So dürfen die Sängerinnen und Sänger zum Beispiel dann aus dem Lager raus, wenn sie im Rahmen von liturgischen Diensten auftreten.“ Nach der Chorprobe, so bestätigen Soldatinnen und Soldaten dem Pfarrer, seien sie wie verwandelt. Die Teilnahme an den Gottesdiensten ist in Prizren auffällig hoch. „Wir haben hier einen hohen Kirchenbesuch“, bestätigt Vogelmeier. „Von den 800 deutschen Soldaten kommen etwa 80 zu den Gottesdiensten.“ Das habe nicht nur etwas mit dem Pfarrer zu tun, sagt er bescheiden. Viele Soldaten des 42. Deutschen KFOR-Kontingents kommen aus Bayern und sind kirchlich sozialisiert. Doch eines wird bei aller Bescheidenheit deutlich: Andreas Vogelmeier steht mitten im Leben der Soldaten in Prizren. Er kennt ihren Alltag und ihre Sorgen. Und er geht auf sie zu. „Im Zimmer der Militärseelsorge zu warten, bis die Kameraden kommen, hätte sicher keinen Erfolg“, sagt er. „Soldaten schätzen Professionalität: dass der Pfarrer gut organisiert ist, im Lager präsent ist und gut predigt. Stimmen die Faktoren nicht, folgt die Abstimmung mit den Füßen“, sagt er. „Dann bleiben sie weg.“ Kompass 01I16 15 Aus der Militärseelsorge Psychotrauma – Prävention, Versorgung und Militärseelsorge 4. Berliner Psychotrauma-Kolloquium „Vorbeugen. Versorgen. Veteranen.“ Im Dezember 2015 veranstaltete das Psychotraumazentrum der Bundeswehr zum vierten Mal eine Fachtagung rund um das Thema „Psychotraumatische Belastungsstörungen“ (PTBS), das innerhalb der Streitkräfte zunehmend an Bedeutung gewinnt. Mit der Ansiedlung des Zentrums am Bundeswehr-Krankenhaus Berlin und des Kolloquiums im Tagungszentrum der Julius-LeberKaserne, ergibt sich eine inhaltliche wie räumliche Nähe zur Arbeit der Krankenhaus-Seelsorger am Militärpfarramt Berlin II sowie der Militärseelsorger am Katholischen Militärpfarramt Berlin I und dem Militärdekanat Berlin. An der Veranstaltung nahmen auch Mitarbeiter aus dem Katholischen Militärbischofsamt und von der Evangelischen und Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (EAS und KAS) teil. Im Mittelpunkt des ersten Tages standen Vorträge und Workshops, die von vier Soldatinnen und Soldaten aus Isra- el gehalten wurden. Sie stellten in vielen Facetten „MAGEN“ (mental health enhancement in the front line) vor. Dies ist ein Programm der israelischen Armee, das aus deren umfangreichen Einsatzerfahrungen entstanden ist. Dabei handelt es sich um einen präventiven Ansatz, der Soldaten in die Lage versetzen soll, ihren Kameraden in einer Gefechtssituation schnell und effektiv zu helfen. MAGEN integriert dabei verschiedene Ansätze und Methoden. Der zweite Tag widmete sich in Vorträgen von und Diskussionen mit Referenten aus unterschiedlichen klinischen und wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland dem Schwerpunkt „Versorgung“ – ihrer Erforschung, den Hindernissen, die z. B. Soldaten davon abhalten Hilfe anzunehmen („Stigmatisierung“), und der Behandlung von Veteranen. Abschließend wurde aus der aktuellen Arbeit des Psychotraumazentrums der Bundeswehr berichtet. Die rund einhundert Teilnehmer – hauptsächlich uniformierte und zivile Mitarbeiter des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und zugeordneter Stellen – belegen eine funktionierende zivilmilitärische Zusammenarbeit in der psychologischen und therapeutischen Betreuung. Die Veranstaltung findet regelmäßig in Kooperation mit der Berliner Universitätsmedizin „Charité“ und „Angriff auf die Seele e. V.“ sowie weiteren Trägern im „Netzwerk der Hilfe“ – so auch mit der Katholischen und der Evangelischen Militärseelsorge statt. Inzwischen gibt es auf katholischem Gebiet viele Erfahrungen und beispielsweise zwei Militärseelsorger, die über eine psychosoziale Zusatzausbildung verfügen. Das nächste Psychotrauma-Kolloquium, dann das fünfte, ist für den 5. und 6.12.2016 bereits fest vorgesehen und findet wiederum in Berlin statt – dann vielleicht schon mit noch stärkerer Beteiligung der Militärseelsorge. Jörg Volpers www.berliner-psychotraumakolloquium.de www.angriff-auf-die-seele.de Psychosoziale Hilfe für Angehörige der Bundeswehr e. V. www.bundeswehr-support.de Netzwerk der Hilfe 16 Kompass 01I16 © KS / Jörg Volpers (4) Weitere Informationen und Hilfen im Internet Aus der Militärseelsorge Forschung vor Ort Studierende im Archiv des Katholischen Militärbischofs Teilnehmer der Seminare „Friedensbewegungen in Ost und West in den 1980er Jahren“ (Fachbereich Evangelische Theologie, Universität Hamburg, und Military Studies, Universität Potsdam) besuchten mit ihrer Professorin die Kurie des Katholischen Militärbischofs in Berlin. Archivleiter Dr. Markus Seemann führte in das Archiv des Katholischen Militärbischofs ein. Sozialethiker Klaus Ebeling stellte die Arbeit von „Justitia et Pax“ (Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden) und der „Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung“ (GKKE) vor. Prof. Dr. Angelika Dörfler-Dierken, am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMSBw) in Potsdam zuständig für „Innere Führung – Ethik – Militärseelsorge“ wollte mit dieser Exkursion einen Einblick in die Friedensbewegung der 1980er Jahre aus katholischer Sicht geben. Die Studierenden aus Hamburg und Potsdam hatten viel Spaß dabei, die vom Archivar didaktisch geschickt gepackten Kartons mit einschlägigen Archivalien zum Thema zu durchstöbern und einen Einblick in die Arbeit mit Quellen sowie in die zeittypischen Umgangsweisen mit den von der unab- „Die Akten waren total cool. Ich wollte, wir hätten mehr Zeit dafür gehabt.“ © Angelika Dörfler-Dierken (2) „Ich fand die Exkursion spannend, weil ich bisher kaum mit Archivalien gearbeitet habe.“ © KMBA / Kerstin Schaum Die Studierenden beim Durchstöbern der Kartons mit einschlägigen Archivalien zum Thema. hängigen Friedensbewegung gestellten Fragen zu gewinnen. Sie lernten dabei einiges zur Katholischen Militärseelsorge und konnten die besonderen Herausforderungen erfassen, vor denen die katholische Kirche damals stand. Herr Ebeling aus dem Katholischen Militärbischofsamt (KMBA) machte die Gruppe bekannt mit einer spezifischen Form kirchlich-politischer Beratungsund Vermittlungsarbeit, deren Bedeutung zuvor nie in den Blick der Studierenden geraten war. Der Dank der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Vorbereitung und Durchführung dieser inspirierenden Exkursion war sehr herzlich. Er ging nicht nur an die beiden Referenten, sondern auch an das Gästehaus des Katholischen Militärbischofs, das die Veranstaltung auch lebenspraktisch mit Kaffee, Saft und Brötchen sehr gut unterstützte. Angelika Dörfler-Dierken Kompass 01I16 17 Kompass Glauben Frieden braucht Genauigkeit Was braucht ein tragfähiger Frieden? Menschen, die Erfahrungen in Krieg und Friedensarbeit gesammelt haben, sagen: 1. Es braucht konkretes Friedensengagement von Menschen und Institutionen. Einzelne wie gesellschaftliche Kräfte sollten sich einmischen. Mit dem Engagement wächst auch die Wachsamkeit für kommende Friedensgefahren. 2. Frieden ist immer grenzüberschreitend. Ein Frieden, der sich nur auf die eigenen Grenzen bezieht, ist nicht dauerhaft. Einseitige Lösungen funktionieren nicht. Darum: Grenzüberschreitendes Denken und Handeln! 3. Frieden braucht Gerechtigkeit. Auch wenn in bestimmten Situationen Freiheit und die Rettung verfolgter Menschen mit militärischer Gewalt erzwungen werden müssen (was nicht unschuldig geschieht), kann Gerechtigkeit nur aufgebaut werden, wenn es keine Gewalt mehr gibt. Von allen Seiten akzeptierte Gerechtigkeit benötigt viel Versöhnungsarbeit und diese braucht einen langen Atem. 4. Der „Feind“ muss entdämonisiert werden. Wenn Feinde nicht mehr als Menschen, sondern undifferenziert als Masse gesehen werden, ist alles erlaubt. Wenn die anderen zu „die“ werden, dann wird Krieg möglich und man kann mit „denen“ erlaubterweise tun, was man will, weil sie nicht „die unseren“ sind. 5. Es ist nötig, andere Informationen als die eigenen wahrzunehmen. Deshalb auch aussortierte und zensierte Nachrichten wahrnehmen und öffentlich machen, so beginnt der Kampf gegen Feindbilder im Kopf. Von Mario Vargas Llosa stammt die Beobachtung: „Die Abschaffung von Nuancen erleichtert die Dinge sehr, wenn man einen Menschen beurteilen oder (…) eine politische Situation oder ein soziales Problem (…) analysieren will. (…) Sie erlaubt es, den persönlichen Vorlieben und Phobien freien Lauf zu lassen. Ohne Zensur und ohne die geringsten Gewissensbisse. Aber sie ist zugleich die beste Art, die Ideen durch Stereotype zu ersetzen.“ Frieden braucht also analytische Genauigkeit. Und es braucht eine Haltung, die andere Menschen in ihrem Anderssein anerkennt – gegen alles Misstrauen! Nur weil sie Menschen sind. 18 Kompass 01I16 Ein rein moralisches „Muss“ hilft hier nicht weiter. Eine solche Haltung braucht Wurzeln in der eigenen Spiritualität. Biblisch legt die Schöpfungserzählung (Genesis 1) die Basis dafür mit der Überzeugung, dass die Welt von Gott geschaffen ist und alle Menschen Abbild Gottes und von Geburt an von Gott erwünscht sind (Gen 1,27). Dieser Überzeugung wohnen zwei Bewegungen inne: a) eine unendliche Entgrenzung einerseits, und b) eine heilsame Begrenzung andererseits. a) Wenn Gott alle Menschen so, wie sie sind, schuf, dann gilt allen das gleiche Lebensrecht. Das entgrenzt den Blick, weil niemand durch das Anders-Sein ausgegrenzt ist. Alle Menschen sind bei Gott gleich wertvoll. Geschaffen-Sein ist an keinerlei Bedingung gebunden. Die „Unendlichkeiten“ der Menschen spiegeln die Unendlichkeit Gottes. b) Diese Überzeugung bringt gleichzeitig eine heilsame Begrenzung der Ansprüche des Einzelnen: Ich bin Abbild Gottes, aber alle anderen auch. Das kann auch entlasten, nicht wichtiger sein zu müssen, als die anderen. Der Prophet Amos wendet das politisch: „Seid ihr für mich mehr als die Kuschiter, ihr Israeliten? (…) Wohl habe ich euch aus Ägypten herausgeführt, aber ebenso die Philister aus Kaftor und die Aramäer aus Kir.“ (Am 9,7) Mit Philistern im Süden und Aramäern im Norden lag Israel oft im Konflikt. Doch wenn sie da lebten, weil Gott sie hierhergeführt hatte – wie kann Israel dann Krieg gegen sie führen? Eine solche Spiritualität übt ein, andere Menschen ernst zu nehmen, sie nicht aus Angst zu dämonisieren, Gerechtigkeit durch Teilen zu erreichen und die Nuancen wahrzunehmen, die in der großen Gemengelage der Politik oft untergehen. Dann kommt tatsächlich nur noch eine Option in Frage: Sucht den Frieden! Es ist diese entlastende Begrenzung, die die Starken vor Ansprüchen bewahrt, sich auf Kosten anderer durchzusetzen, weil man mehr wert zu sein scheint. Es ist diese heilsame Begrenzung, die die jeweilige Mehrheit kritisch anfragt, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht und ob sie wirklich Frieden sucht mit allen, die Gott genauso viel wert sind wie sie selbst. Prof. Dr. Ulrike Bechmann, Universität Graz des Wehrbeauftragten Kolumne © Deutscher Bundestag / Kunz Äußere Sicherheit ist der Kernauftrag Unsere Streitkräfte werden heute wirklich gebraucht, fast möchte man sagen: mehr denn je. Sie werden gebraucht in den klassischen Auslandseinsätzen out of area. Da war die Beanspruchung in diesem Sommer schon abgesunken auf gut 2.500 Soldatinnen und Soldaten. Jetzt ist EUNAVFOR MED im Mittelmeer dazugekommen. Und Afghanistan wird wieder etwas größer und wohl noch länger dauern. Ebenso Nordirak: etwas mehr und länger. „Speerspitze“. Das ist mehr als früher. Diese Truppen haben hohe Bereitschaft, und sie üben tatsächlich. Das sind keine reinen Papierbuchungen mehr. Dazu kommen Aufgaben wie Air-Policing Baltikum und die rotierenden deutschen Heereskompanien in Polen, Estland, Lettland und Litauen, außerdem die maritimen ständigen Einsatzverbände der NATO. Kollektive Verteidigung ist wieder ein Thema. Das Bündnis bindet Kräfte in Europa. Für Mali werden wir deutlich mehr Personal stellen. Und das gerade durchs Parlament gegangene Anti-IS-Mandat bedeutet quantitativ und qualitativ auch noch einmal ein starkes Plus. Alles in allem werden dann fast 5.000 Soldaten in mandatierten internationalen Einsätzen Deutschland vertreten – doppelt so viele wie Mitte dieses Jahres. Aber die Bundeswehr kann das. Es ist ihr Kernauftrag: äußere Sicherheit. Dafür ist sie da. Weil sie da ist, hat die deutsche Politik international Handlungsoptionen. Nach 60 Jahren Bundeswehr sind unsere Soldaten ein gesuchter Partner in der internationalen militärischen Zusammenarbeit. Die Bundeswehr kann das leisten – kein Thema, wenn es die einzige Beanspruchung unserer Soldatinnen und Soldaten wäre! Aber in ganz ähnlicher Größenordnung, gut 5.000 Soldaten, kommen noch einmal NATO-Verpflichtungen dazu. Und die sind – spätestens seit Beginn der Ukrainekrise – auch sehr ernst gemeint. Konkret stellt Deutschland 4.600 Soldaten für die NATO Response Force, davon 2.700 in der besonders schnellen Und die Bundeswehr kann auch im Inneren helfen, wenn es wirklich nicht anders geht. Die Amtshilfe in Sachen Flüchtlinge bindet im Augenblick 8.000 Männer und Frauen unserer Streitkräfte. Viele Soldaten haben sich freiwillig gemeldet. Der Vorteil unserer Bundeswehr ist, dass sie in Krisen schnell zur Stelle sein kann. Das macht sie auch im Innern so beliebt. Sie macht das gut. Aber es sollte klar sein, dass Flüchtlingshilfe keine Dauereinsatzaufgabe der Bundeswehr werden darf. Denn das ginge auf Kosten von Ausbildung und Einsatzbereitschaft für den Kernauftrag, für die äußere Sicherheit. Viele Soldaten sagen mir genau das bei meinen Besuchen in der Truppe. Und ich teile die Sorge. Die Soldatinnen und Soldaten helfen gern, auch zur Not als Lückenbüßer. Aber die Lücken müssen irgendwann auch wieder zivil gefüllt werden. Niemand muss sich Gedanken machen, neue Aufgaben im Innern für die Bundeswehr zu erfinden. Die Belastung wächst gerade jetzt, in diesen Wochen, so schon enorm. Und gleichzeitig ist ja noch die letzte Bundeswehr-Neuausrichtung zu bewältigen mit neuen Organisationsstrukturen, neuen Standorten und veränderten Arbeitsbeziehungen. Es ist richtig, dass die Reform jetzt nachgesteuert wird. Zum Beispiel: Die Bundeswehr braucht 100 Prozent Ausrüstung, große und kleine, und zwar schnell, nicht irgendwann! Und die Ausrüstung muss in der Realität verfügbar sein, nicht nur auf dem Papier. Das heißt: Ersatzteile kaufen, vielleicht auch wieder mehr selber machen können. Jedenfalls: Schluss mit der Toleranz für Fehlanzeigen! Richtig ausgerüstet und personell aufgestellt kann diese Bundeswehr sehr viel. Dr. Hans-Peter Bartels Wehrbeauftragter des Deutsche Bundestages Kompass 01I16 19 © Bistum Budweis (3) Aus der Militärseelsorge Militärdekan Weber nichtresidierender Ehrenkanoniker in Budweis Am 6. Dezember, dem Fest des Diözesanpatrons, des Hl. Nikolaus, installierte Diözesanbischof Vlastimil Krocil in einer feierlichen Kapitelsvesper vier neue Kanoniker. Zuvor mussten sie das Glaubensbekenntnis beten und den Kapitelseid ablegen. Der Bischof bekleidete sie mit der Mozetta, dem Kreuz, steckte den Kapitelsring an und setzte ihnen das Birett auf. Der Friedensgruß mit dem Bischof und allen Kanonikern beschloss den Akt der Installation. Bereits am 28. September 2015, dem Fest des Hl. Wenzel, des böhmischen Nationalheiligen, hatte der Bischof von Budweis (heute Tschechien) die neuen Kanoniker an der Kathedrale St. Nikolaus ernannt: zwei residierende und zwei nichtresidierende (Ehrenkanoniker). Unter den nichtresidierenden befindet sich Militärdekan Siegfried Weber aus Ulm. Seine Familie mütterlicherseits stammt aus der Pfarrei Malsching im Böhmerwald und teilte das Schicksal der Vertreibung der Deutschen im Jahre 1946. Die deutschen ehemaligen Diözesanangehörigen schlossen sich im Verein „Glaube und Heimat“ zusammen, der bald nach der Vertreibung gegründet wurde, um durch eine Monatsschrift die Verbindung unter den Vertriebenen herzustellen, die inzwischen weit zerstreut lebten. „Glaube und Heimat“ war der Titel der Kirchenzeitung für die deutschsprachigen Katholiken in der Diözese Budweis. Dieser Name wurde für den Verein und die nun in Deutschland erscheinende Monatszeitung übernommen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs machte sich der Verein daran, viele Kirchen und Kapellen zu retten und wieder instand zu setzen und Kontakte mit den örtlichen Pfarrgemeinden und Priestern aufzubauen. Darüber hinaus ist es ein Vereinsziel, für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Tschechen einzutreten und vor allem grenzübergreifende Aktivitäten zu fördern. Im Jahre 2004 wurde Siegfried Weber zum Vorsitzenden des Vereins gewählt. In Anerkennung seiner Arbeit, der Arbeit des Vereins und der ehemaligen Bewohner im Ganzen, ernannte der Bischof ihn – wie schon seinen Vorgänger – zum Kanoniker. In der vollbesetzten Kathedrale war eine festliche Stimmung, die musikalisch durch den Domchor und den Organisten untermauert wurde. Im Kreis der zahlreichen kirchlichen Würdenträger waren Domkapitular Alois Ehrl aus Eichstätt, Militärdekan Alfons Hutter in Vertretung des Militärgeneralvikars, der tschechische Militärpfarrer Jan Böhm und Pater Justin, der Prior des Zisterzienserstifts Hohenfurth. Unter den Gästen waren u. a. der ehemalige tschechische Außenminister Fürst Karl von Schwarzenberg und Bernd Posselt, der Sprecher der Sudetendeutschen. S. Weber Militärdekan Alfons Hutter ist seit fünf Jahren Seelsorger am Katholischen Militärpfarramt Fürstenfeldbruck. Jetzt bereitet sich der Stellvertretende Leiter des Katholischen Militärdekanats München auf seinen nächsten Auslandseinsatz vor. „Vom 12. Februar bis 28. April 2016 geht es ab nach Mali“, bestätigte der 62-Jährige beim Gespräch mit einer Lokalzeitung im Dezember. Hutter: „Derzeit befinden sich 200 deutsche Soldaten in Mali. Das Kontingent wird auf 620 erhöht.“ In einem Ausbildungscamp in Koulikoro, eine Stunde von der Hauptstadt Bamako entfernt, sollen verstärkt einheimische Soldaten und Polizisten ausgebildet werden. 20 Kompass 01I16 Für den körperlich fitten Pfarrer stellt der nun bevorstehende vierte Einsatz nach zwei in Afghanistan (2002/03 und 2006) und im Kosovo (2008) schon eine gewisse Normalität dar. „Das gehört doch zu meinen Aufgaben“, sagt er. Seine Gesundheit sieht Hutter als ein Geschenk. Trotz seiner 62 Jahre gab es beim gründlichen militärischen Check, der vor jeder Auslandsverwendung fällig ist, keine Beanstandungen. „Ich lege jede Strecke mit dem Radl zurück und halte mich zusätzlich durch Laufen fit.“ Mali liegt in Westafrika, der größte Teil der Bevölkerung (14,5 Mio. Menschen) lebt im Süden, der Norden erstreckt sich bis tief in die Sahara. 2013 hatten fran- © KS / Doreen Bierdel Vorbereitung auf seelsorgerliche Einsatzbegleitung zösische und afrikanische Truppen Islamisten im Norden Malis vertrieben, doch die Lage gilt als fragil und verfahren. Die Bevölkerung ist arm, die Zahl der Analphabeten hoch, die Lebenserwartung niedrig. JV Aus der Militärseelsorge aktion kaserne übergab das Friedenslicht an die Militärseelsorge Ein Licht für den Frieden General Katz nahm als Vertreter der Streitkräfte das Licht persönlich in Empfang, um es mithilfe der Luftwaffe auch zu den Soldatinnen und Soldaten im Ausland zu fliegen. In seinem Dank betonte Katz, wie wichtig gerade solch kleine Symbole für Soldatinnen und Soldaten im Einsatz sind. Mit Blick auf die Bedeutung des Lichtes für die Soldatinnen und Soldaten im Ausland erläuterte Benedikt Kestner, Sprecher der aktion kaserne: „Das Friedenslicht ist ein Zeichen, dass wir an unsere Soldatinnen und Soldaten denken, ihnen den Frieden wünschen und dafür beten, dass sie gesund an Leib und Seele wieder in die Heimat zurückkehren. Es soll sie auch an ihre besondere Verantwortung für den Frieden erinnern. Darüber hinaus ist es eine Erinnerung für die Mitglieder in unseren Verbänden, an die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz zu denken.“ Stefan Dengel © Bundeswehr / Schrief (2) Mitte Dezember 2015 wurde das Friedenslicht aus Betlehem an die Militärseelsorge in Köln-Wahn übergeben. Diese gab es an die Soldatinnen und Soldaten im Inland und mit Unterstützung der Luftwaffe auch im Ausland weiter. Der Leitende Militärdekan Rainer Schnettker eröffnete die Feier, in der das Friedenslicht an die Bundeswehr überreicht wurde. Dieses Licht wird jedes Jahr im Advent in der Geburtsgrotte Jesu in Betlehem entzündet und von Pfadfinderinnen und Pfadfindern als Zeichen für Frieden und Völkerverständigung in zwanzig europäischen Ländern verteilt. Vertreterinnen und Vertreter der Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg (PSG) und der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) stellten bei der Feier das Motto 2015 „Hoffnung schenken – Frieden finden“ vor, mit dem besonders ein Zeichen für Menschen auf der Flucht und für Gastfreundschaft gesetzt wurde. von links: Stefan Dengel (ak), Andrea Hanisch (PSG), Christian Schnaubelt (DPSG), Benedikt Kestner (ak), Brigadegeneral Katz (Luftwaffe), Oberstleutnant Juncker (Luftwaffe), Leitender Militärdekan Schnettker (Katholisches Militärdekanat Köln), Militärdekan Voos (Evangelisches Militärpfarramt Köln II) © KS / Doreen Bierdel (2) Hilfe, die ankommt Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militärbischofs in Berlin beschenkten sich zu Weihnachten 2015 nicht gegenseitig, sondern sammelten stattdessen Kinderkleidung, Spiel- und Schulsachen für Flüchtlingsfamilien. Im Rahmen eines Adventsgottesdienstes mit Militärbischof Overbeck spendeten sie außerdem die Kollekte, um ihnen Gegenstände des täglichen Bedarfs zur Verfügung zu stellen. Diese Sach- und Geldspenden wurden dann vor Weihnachten persönlich in eine Notunterkunft in der ehemaligen Märkischen Kaserne in Lehnitz bei Oranienburg gebracht. Durch die persönliche Überreichung wurde sichergestellt, dass die Geschenke auch bei den Menschen ankamen. JV Kompass 01I16 21 Glaube, Kirche, Leben +ɪɸOɛ ʕȲʑɠLVɢ1ɵOɡ © Autor: Torsten Bierdel Großer Bruder sein, ist nicht immer einfach. Gerade jetzt, wo es draußen so ungemütlich ist und es schon früh dunkel wird. Denn nun spiele ich öfter im Haus und damit automatisch mehr mit meiner kleinen Schwester. Im Sommer gehe ich viel mit Freunden Fußballspielen oder Schwimmen, und meine Schwester spielt dann meistens vor dem Haus im Garten. Da unsere Zimmer direkt nebeneinander liegen, dauert es meist nicht lange, bis sie in meiner Tür steht und bei mir spielen möchte. Manchmal versucht sie sich dann genau das Spielzeug zu schnappen, mit dem ich gerade spiele, oder sie stellt sich auf die Zehenspitzen und angelt nach einem der großen Lego-Star-Wars-Raumschiffen im Regal. Ab hier wird es echt anstrengend, denn sobald ich „Nein!“ sage, beginnt das immer gleiche Spiel: Anfangs tut sie so, als ob sie gar nichts gehört hätte. Wenn ich mein „Nein!!“ dann lauter wiederhole, schiebt sie ihre Unterlippe nach vorne, macht eine „Schippe“ und dann kann man mitzählen: „Drei, zwei, eins“ und los geht die Heulerei. Dann dauert es keine Minute, bis Mama oder Papa in der Tür stehen und fragen, was denn jetzt schon wieder los sei. Glaubt mir, es ist völlig sinnlos, ihnen jetzt irgendwas erklären zu wollen, denn ihre Antwort lautet immer: „Nils, sie ist doch so klein, sie versteht das noch nicht. Versucht doch bitte beide miteinander zu spielen.“ Dann lassen sie mich wieder mit ihr alleine. Ich brodele innerlich, doch meine kleine Schwester schaut mich lächelnd an: „Siehst du, Mama hat erlaubt!“ Völlig auf mich allein gestellt, heißt es nun klug zu handeln, sonst fängt sie gleich wieder zu weinen an und ich kriege noch eine moralische Gardinenpredigt. Also sage ich: „Wollen wir bei Mama malen? Du darfst auch alle meine neuen Stifte benutzen.“ „Ja, malen!“, schreit sie und rennt ins Büro. Ich trotte hinterher und lege ihr die Stifte hin. „Kannst du nicht bei dir im Zimmer malen?“, fragt Mama. Und los geht’s, die Unterlippe meiner kleinen Schwester schiebt sich nach vorne und …, den Rest kennt ihr ja schon. Ich sage nur: „Aber sie ist doch so klein, das versteht sie noch nicht“, und gehe wieder in mein Zimmer spielen. Sicher, meine Schwester kann einem schon manchmal richtig auf die Nerven gehen, aber man muss sagen, sie ist fair dabei. Sie lässt Mama und Papa genau so wenig eine Chance wie mir. (ɂʑɠ1ɵOɡ 22 Kompass 01I16 Segen bringen, Segen sein. Respekt für dich, für mich, für andere – in Bolivien und weltweit! Unter diesem Motto ziehen rund um den 6. Januar 2016 wieder etwa 330.000 Sternsinger durch die Pfarrgemeinden in ganz Deutschland. Begleitet werden sie von 90.000 ehrenamtlichen Helfern. Dabei möchten die Sternsinger zeigen, wie wichtig gegenseitiger Respekt ist. Denn viel zu oft werden Kinder und Jugendliche ausgeschlossen, diskriminiert oder respektlos behandelt, weil sie eine andere Herkunft haben, anders aussehen oder einfach anders sind. Auch in Bolivien, dem Beispielland der 58. Aktion Dreikönigssingen, machen Jungen und Mädchen diese Erfahrung. Viele Familien ziehen in der Hoffnung auf ein besseres Leben vom Land in die Städte. Oft schämen sie sich für ihre indigene Herkunft, für ihre Zugehörigkeit zu Volksgruppen, die das Land schon vor der Eroberung des südamerikanischen Kontinents durch die Europäer bewohnt haben. Viele legen ihre traditionelle Kleidung ab, verbergen ihre Muttersprache und passen sich an – und laufen dabei Gefahr, ihre Identität zu verlieren. Die Materialien zur Sternsingeraktion zeigen, was das für Kinder bedeutet, und wie die Projekte der Sternsinger sie stärken und fördern. Beispielhaft stellen wir das Projekt Palliri in der bolivianischen Großstadt El Alto vor, das die Sternsinger unterstützen. In einem Kindergarten, einem Kinder- und Jugendzentrum und einer Fußballschule stärken die Palliri-Mitarbeiter Kinder und Jugendliche, indem sie mit ihnen Werte wie Selbstvertrauen, Teamgeist und Respekt leben. Denn nur wer sich selbst respektiert, kann auch andere respektieren. Bei Palliri entwickeln sich die Kinder zu selbstbewussten jungen Menschen, die stolz auf ihre Herkunft sind. Cristóbal und Ronald, die Jungen auf dem Sternsingerplakat, gehen zur Fußballschule des Projekts Palliri. Selbstbewusst lachen die beiden in die Kamera und zeigen, dass Freundschaft und Respekt keine Frage der Herkunft sind. Alle Infos zur Aktion und den Sternsingerfilm von und mit Reporter Willi Weitzel gibt’s unter www.sternsinger.de Glaube, Kirche, Leben AKZEPTIERT.INTEGRIERT.RESPEKTIERT. Die Bundeswehr in der Welt zu Hause!? 13. KUNSTWETTBEWERB DER BUNDESWEHR 2016 Kunstwettbewerb gestartet Trennung von Familie und Freunden, Einsätze unter Lebensgefahr, echte Kameradschaft oder Unverständnis im Bekanntenkreis: Der Alltag als Soldatin oder Soldat ist eine Herausforderung, die sich Außenstehende nur sehr schwer vorstellen können. Der 13. Kunstwettbewerb lädt auch in diesem Jahr Angehörige der Bundeswehr dazu ein, kreativ darzustellen, wie es sich anfühlt, Soldatin oder Soldat zu sein, Wochen oder Monate fernab der Heimat zu verbringen und einen Beruf auszuüben, der mit keinem anderen vergleichbar ist. Das Thema des Wettbewerbs 2016 lautet „Akzeptiert. Integriert. Respektiert. – Die Bundeswehr in der Welt zu Hause!?“ Einsendeschluss ist der 30. Juni 2016. Der Bundeswehr-Kunstwettbewerb wird seit 1997 im Wechsel von der Evangelischen und der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e. V. (EAS / KAS) durchgeführt. Das wär doch was für mich Mutter-Kind-Kuren Soldaten und ihre Familien sind außergewöhnlichen Lebensumständen ausgesetzt. Gerade vor, während und nach einem Auslandseinsatz sind Soldatenfrauen und Soldatinnen mit vielerlei Stressfaktoren konfrontiert. Deshalb bietet die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e. V. (KAS) in Kooperation mit der Katholischen Familienstiftung für Soldaten (KFS) und dem ITZ Caritas-Haus Feldberg im Schwarzwald eine präventive Mutter-Kind-Kur zur Entlastung von (zivilen) Soldatenfrauen und Soldatinnen an. In den dreiwöchigen, mehrmals im Jahr angebotenen Durchgängen ist zusätzlich zu den üblichen Behandlungen eine psychologisch geleitete Gesprächsgruppe für Soldatenfrauen und Soldatinnen integriert. Begleitkinder werden in der Klinik altersgerecht betreut, ältere Kinder aller Klassenstufen in der klinikeigenen Schule unterrichtet. Auch sie können in der integrierten Rehaklinik behandelt werden. Weitere Informationen zur Kurklinik finden Sie unter www.caritas-haus-feldberg.de Kostenlose Beratung zur Kuranmeldung unter der Hotline 0800 / 5 87 20 01 Kurtermine 2016 Kurtermine 2017 (Zivile) Soldatenfrauen 09.02.-01.03.2016 12.04.-03.05.2016 14.06.-05.07.2016 08.11.-29.11.2016 (Zivile) Soldatenfrauen 31.01.-21.02.2017 14.03.-04.04.2017 06.06.-27.06.2017 21.11.-12.12.2017 Soldatinnen 06.09.-27.09.2016 Soldatinnen 19.09.-10.10.2017 Weitere Informationen finden Sie unter www.kunstbw.de Kompass 01I16 23 Medien Filmtipp: „Kann ich Gott spielen?“ – diese Frage ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon in der Erzählung von Adam und Eva in der Genesis – dem ersten Buch der Bibel – wird mit dieser Versuchung gespielt: Die Versuchung, vom Baum der Erkenntnis zu essen, Gut und Böse unterscheiden und Gott gleich zu werden. In dem Film DIE VORSEHUNG, der am 31. Dezember 2015 in unseren Kinos angelaufen ist, geht es um diese Versuchung, Gott selbst spielen zu wollen. Alles ist gekleidet in eine Kriminalgeschichte: rätselhafte Morde – immer mit demselben Zeichen einer zwölf Zentimeter langen Stichwunde am Nacken, immer ratloser werdende Polizisten und ein Polizeipsychologe außer Dienst. Dieser Dr. John Clancy (Anthony Hopkins) hat Fähigkeiten, die man übernatürlich nennen kann. Schließlich lässt Clancy, der nach dem Krebstod seiner Tochter allein und zurückgezogen lebt, sich mit ins polizeiliche Boot holen. Recht bald erkennt er, dass der Mörder schon alles von ihm und seinen Ermittlungserfolgen weiß und ihm immer einen Schritt voraus ist. Mitten in der Handlung erfährt der Zuschauer auch seinen Namen und sieht sein Gesicht: Charles Ambrose (Colin Farrell). Ambrose ist es, der quasi Gott spielt – denn er hat mit seiner Gabe der Vorsehung bei all seinen Opfern todbringende Krankheiten entdeckt und will ihnen einen langen und schmerzhaften Tod ersparen. Ambros will seinen Opfern mit einem nahezu schmerzfreien Stich in den Nacken den aus seiner Sicht schnellsten und besten Weg ins andere Leben „schenken“. Auch wenn VORSEHUNG nicht der klassische Krimi mit der erst zuletzt gelösten Frage nach dem Mörder ist, erweisen sich seine 100 Filmminuten doch als spannendes Kinovergnügen bis zum letzten Moment. Immer wieder gibt es neue Wendungen, immer wieder staunt man über die Wege, welche die Filmhandlung einschlägt. Außerdem lässt der brasilianische Regisseur Afonso Poyart sehr tief in die Seele seiner Protagonisten blicken. Das ist für einen Film des Kino-Mainstreams doch ziemlich ungewöhnlich. Verlassen kann sich der Regisseur dabei auf erstklassige Schauspieler: Anthony Hopkins als Vorherseher im Dienst des FBI und Collin Farrell als mörderischer Gegenspieler. VORSEHUNG ist allerdings keine leichte Kinokost, auch wenn er unterhaltsam daherkommt. Die Regie und auch das Drehbuch muten dem Zuschauer eine Vielzahl kunstvoll und anspruchsvoll gestalteter Bilder zu. Und manche Szene wird man nicht los – selbst wenn die letzte Zeile vom scheinbar endlosen Abspann abgerollt ist. DIE VORSEHUNG. SOLACE USA 2015 100 Minuten mit Anthony Hopkins und Colin Farell Regie: Alfoso Poyart Das Kinojahr fängt also gut an. VORSEHUNG ist auch ein Film, der mir manch menschlich-religiöse Frage mit auf den Weg gibt: „Kann / darf ich Gott spielen?“, oder „Kann ich mir bei aller Vorsehung und Vorbestimmtheit auch noch einen eigenen Weg, eine eigene Entscheidung leisten?“ Diese bildgewaltige Fragestellung und die Meditation dazu sollte man vor allem auch der Bilder wegen auf der großen Kinoleinwand nicht verpassen. Thomas Bohne, Mitglied der Katholischen Filmkommission 24 Kompass 01I16 Buchtipp: „Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken.“ So umreißt der Pastoraltheologe und Pastoralpsychologe Dr. Dr. Michael Gmelch sein neues Buch, das ab Januar 2016 erworben werden kann. Gmelch weiß worüber er schreibt. Er leitet als Militärdekan das Katholische Militärpfarramt Flensburg. Zu diesem Militärpfarramt gehören Soldatinnen und Soldaten der Marine. Gmelch selbst nahm am Einsatz der Deutschen Marine „Humanitäre Hilfe zur Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen im Mittelmeer“ teil. „Noch bevor die große Flüchtlingswelle Europa erreichte, begegnete Michael Gmelch als Helfer auf einem Rettungsschiff und auf der Insel Lampedusa der Hoffnung und Verzweiflung der Menschen, die vor Krieg und Terror geflohen waren“, so der Ankündigungstext des Echter Verlags, der mit der Veröffentlich dieses Buches den Fokus auf die damit verbundene „Herausforderung für Christen“ lenken möchte: „Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen.“ Aus diesen Worten Jesu leitet Militärdekan Gmelch seine Motivation ab, für Flüchtlinge eine Lanze zu brechen. Er will mit seinem Buch dazu beitragen, die derzeitige gesellschaftliche und politische Diskussion in Deutschland und anderswo in eine Richtung zu lenken, die im christlichen Glauben und auf der damit verbundenen Überzeugung fußt. JK Michael Gmelch „Refugees welcome – Eine Herausforderung für Christen“ ca. 180 Seiten, 12×20 cm, Broschur; Preis 14,90€; ISBN 978-3-429-03933-2 Arbeitshilfe: Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit – Syrien Die Situation der Christen in Syrien hat sich in den vergangenen vier Jahren dramatisch verschlechtert. Der Bürgerkrieg dauert an und auf absehbare Zeit ist keine friedliche Lösung des Konflikts in Sicht. Die Berichte über die Gräueltaten der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) reißen nicht ab. Seit vielen Monaten suchen zehntausende Menschen aus Syrien in Deutschland Schutz und Sicherheit. Dabei ist wenig über die religiösen und kulturellen Hintergründe dieser Menschen bekannt. In der Arbeitshilfe werden die Hintergründe der aktuellen Entwicklung dargestellt und die Situation der Christen beleuchtet. Die verschiedenen Berichte über die Situation in Syrien geben ein erschreckend deutliches Zeugnis vom anhaltenden Exodus der Christen. Mit der vor einigen Jahren ins Leben gerufenen Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit“ stellen die deutschen Bischöfe jährlich ein anderes Land in den Mittelpunkt. Die Auseinandersetzung mit der Verfolgung und Diskriminierung von Christen, die in vielen Teilen der Welt weiter anhält, soll so auf möglichst breiter Ebene lebendig gehalten werden. Die Arbeitshilfe von 2015 richtet sich daher vor allem an die Gemeinden und ist zur Auslage in den Pfarreien bestimmt. Als Arbeitshilfe Nr. 277 zu beziehen bei der Deutschen Bischofskonferenz www.dbk.de bzw. zum Herunterladen als PDF-Datei. Kompass 01I16 25 Medien Ab Januar im Buchhandel: Personalia Personalveränderungen in der Katholischen Militärseelsorge Mit dem neuen Jahr 2016 führen wir in Kompass. Soldat in Welt und Kirche unter der gewohnten Rubrik „Personalia“ einen neuen Service ein: Voraussichtlich einmal im Quartal listen wir auf, wenn Militärpfarrämter umbenannt oder verlegt werden, wenn Militärseelsorger und -seelsorgerinnen neu eingestellt, versetzt oder verabschiedet werden, und berücksichtigen solche Veränderungen zukünftig auch bei Pfarrhelfern und -helferinnen. Natürlich werden auch weiterhin in Einzelfällen Ehrungen, Einführungen oder feierliche Verabschiedungen mit Bild und Text gewürdigt. Hier zunächst Veränderungen, die den Zeitraum Mitte Oktober 2015 bis Anfang Januar 2016 betreffen: • Mit Ablauf des 31.10.2015 wurden die Katholischen Militärpfarrämter Bremerhaven und Delmenhorst aufgelöst. Infolgedessen wurde Pastoralreferentin Carola Lenz von Bremerhaven nach Osterholz-Scharmbeck und Militärpfarrer Martin Roth von Delmenhorst in das neu einzurichtende Militärpfarramt Oldenburg versetzt – beide mit Wirkung bereits vom 1.10.2015. • Militärpfarrer Steffen Karas verließ Ende Oktober 2015 das Katholische Militärpfarramt Schönewalde und kehrte in den Dienst des Erzbistums Berlin zurück. • Dr. Marco Schrage wurde mit Wirkung vom 1.11.2015 für das Katholische Militärpfarramt Appen ernannt und am 1.12. feierlich an der Unteroffizierschule der Luftwaffe als Militärpfarrer eingeführt. • Pfarrer Jürgen Stahl wurde offiziell zum 1.11.2015 als Militärgeistlicher in Stetten am kalten Markt eingestellt. • Militärpfarrer Bernhard Tschullik wurde mit Wirkung vom 1.11.2015 von Stetten a. k. M. an das Deutsche Katholische Militärpfarramt USA (Fort Bliss) versetzt. • Zum 1.1.2016 wechselt Pfarrhelferin Barbara Rinas vom Katholischen Militärpfarramt Rotenburg / Wümme nach Seedorf. • Dekanat Kiel • Dekanat Köln • Dekanat Berlin • Dekanat München • Gleichzeitig wird Pfarrhelfer Johannes Neuhaus vom Katholischen Militärpfarramt Seedorf an das neue Katholische Militärpfarramt Oldenburg versetzt. Jörg Volpers VORSCHAU: Unser Titelthema im Februar Wallfahren und Pilgern steht im Mittelpunkt der nächsten Ausgabe der Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs. Wir wollen der Frage nachgehen, woher es kommt und was die Gründe dafür sein können, dass in nahezu alle Religionen auf der Welt von „wallfahren und pilgern“ die Rede ist. Das mexikanische Guadalupe ist mit rund 14 Millionen Pilgern jährlich der meistbesuchte römisch-katholische Wallfahrtsort der Welt, die Menschen erweisen dort der Jungfrau von Guadalupe die Ehre. Im Islam gibt es den Haddsch – die Wallfahrt zur Kaaba in Mekka. Bei anderen Religionen sind Wallfahrten ebenso bekannt: Im Hinduismus pilgern Gläubige zu verschiedenen Orten. Auch der Shinto, die Religion Japans, kennt Pilgerfahrten. So wird dort zum Ise-Großschrein gepilgert. Es gibt buddhistische Pilgerwege, wie den Shikoku-Pilgerweg mit insgesamt 88 Tempeln. Seit den 1970er Jahren hat die Pilgerschaft auf dem Jakobsweg einen großen Aufschwung erlebt. Der Schauspieler, 26 Kompass 01I16 Sänger und Entertainer Hape Kerkeling, der mit der Feststellung: „Ich bin dann mal weg“, seine Reise auf dem Jakobsweg schildert, sorgt wohl mit für den hohen Beliebtheitsgrad des Pilgerwegs, der am angenommenen Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Spanien endet. 2016 werden wieder etwa 10.000 Pilger aus 30 Nationen bei der 58. Internationalen Soldatenwallfahrt vom 18. bis 24. Mai 2016 in Lourdes dabei sein. Seit 1958 kommen alljährlich Soldaten aus aller Welt dorthin, um ein lebendiges Zeugnis für den Frieden abzulegen. Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland sind immer dabei. Die jährlich stattfindende Soldatenwallfahrt nach Lourdes zählt zu den Angeboten der Katholischen Militärseelsorge in Deutschland. Warum dies so ist und welches die Hinter- und Beweggründe sind, kann in der Februar-Ausgabe nachgelesen werden. Josef König Rätsel Kindle Ebook-Reader zu gewinnen! Wir verlosen ein Kindle, 15,2 cm (6 Zoll) Touchscreen ohne Spiegeleffekte. Mit Ihrer Teilnahme sichern Sie sich eine Gewinnchance, sobald Sie uns das richtige Lösungswort mitteilen. Die Lösung bitte bis 26. Januar 2016 Gewinner des Rätsels der Ausgabe 12/15 sind: Roswitha Swaton aus Neubrandenburg, Christian Sell aus Munster und Michelle Huuk aus Eckernförde. Wir gratulieren! Lösungswort: NAZARETH ist eine Stadt im Norden Israels in der Landschaft Galiläa. Die Kreuzfahrer errichteten in der Heimatstadt Marias, und damit Jesu, an Stelle der von Konstantin erbauten byzantinischen Kirche eine große franziskanische Basilika. Seit dem Mittelalter war die Stadt vorwiegend von arabischen Christen bewohnt. an die Redaktion Kompass. Soldat in Welt und Kirche Am Weidendamm 2 10117 Berlin oder per E-Mail an [email protected] (Wir bitten um eine Lieferanschrift und um freiwillige Altersangabe.) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militärbischofs (Berlin) und deren Angehörige sind nicht teilnahmeberechtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Kompass 01I16 27
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