DOMUS Journal 1 | 2016 GEWERBE UND WOHNEN WIE WOHNUNGSGESELLSCHAFTEN FÜR EIN VITALES STADTLEBEN SORGEN AB SEITE 4 Titelthema DOMUS informiert Unterwegs Stadt- und Quartiersentwicklung Gewerberaummietverträge und ihre Tücken Preußens Liebe zum Pferd Titel Kirchheim unter Teck, ein Mittelzentrum 30 Kilometer südwestlich von Stuttgart gelegen, hat aufgrund guter Verkehrsverbindungen keine demografischen Probleme. So stieg die Einwohnerzahl von 1990 bis 2010 um rund 5.000 Einwohner auf knapp 40.000. Der von der Stadt initiierte Zukunftsdialog unter dem Motto „Unsere Stadt lebt – vom Mitmachen“ bezieht Bürger, Unternehmen und Gewerbetreibende erfolgreich in die Stadtentwicklungsmaßnamen mit ein. EDITORIAL Liebe Mandanten, liebe Leser, sehr geehrte Damen und Herren, 2014 hat mit der Mall of Berlin das 65. Einkaufszentrum in der Hauptstadt eröffnet. Im Verhältnis zum Wohnungsneubau scheint auch die Anzahl der Ladengeschäfte zu steigen. Doch nicht alle machen einen guten Schnitt. In der Großstadt ist die Konkurrenz groß. Und auf dem Land fehlen jene, die bereit sind, die Nachfolge eines Betriebs oder Ladengeschäftes zu übernehmen. Anbieter und Abnehmer – der eine kann nicht ohne den anderen. Für ein vitales Stadtleben ist gesorgt, wenn beides im Gleichgewicht ist. Die städtischen Wohnungsgesellschaften haben die Wechselwirkung erkannt und übernehmen einen aktiven Part bei der Stadt- und Quartiersentwicklung – auch mit Kooperationspartnern vor Ort. Neben Kreativität und Unternehmertum ist Mut zur Umnutzung gefragt, wenn die Gewerbemieter ausbleiben. Der Wettbewerb im Bereich der Gewerbeimmobilien ist hart – sowohl für Läden, die Güter des täglichen Lebens feilbieten, wie auch für Büros. Um die Konsumenten dazu zu bringen, ihre Einkäufe nicht online zu bestellen und sich vor die Tür tragen zu lassen, sondern sie selbst zu erledigen und die Stadt mit Leben zu füllen, sind gute Ideen weiterhin sehr gefragt. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lesezeit mit der neuen DOMINO, Herzliche Grüße Ihr Prof. Dr. Klaus-Peter Hillebrand Impressum: Redaktionsleitung: Vivian Kreft Herausgeber: DOMUS AG Telefon 030 / 897 81 -223 Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E-Mail: [email protected] Das Mandantenmagazin der DOMUS AG Steuerberatungsgesellschaft Grafisches Konzept, Layout und Satz: Ausgabe 01/2016 Lentzeallee 107 · 14195 Berlin DreiDreizehn GmbH, Berlin www.domus-ag.net www.313.de Unterwegs Teil 2 der Serie „ERP-System erfolgreich wechseln“ Zu Besuch auf dem Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) Seite 21 ab Seite 26 DOMUS Informiert IN DIESER AUSGABE Titelthema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Kleinmachnow: Die Genossenschaft Neue Kammerspiele e.G. . . . . . . 5 Wittenberg: Im Land der Frühaufsteher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Wanted: Junge Leute für Calau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Suhl: Inklusion belebt die Stadtmitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Mit ihren Angeboten und Ideen hat die WBC aus Calau zahlreiche Preise gewonnen. Im Gespäch mit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Interview mit dem Baurechtspezialisten Rainer Pietschmann. . . . . . 16 Neues aus der DOMUS-Gruppe. . . . . . . . 20 Veranstaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 DOMUS informiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 DOMUS Consult IT – ERP-System erfolgreich wechseln: als Projekt begreifen, verantwortungsbewusst handeln. . . . . . . . . . . . 21 Was Sie bei individuel- DOMUS Recht – Gewerberaummietverträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 wissen müssen. Unterwegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . len Vertragsgestaltungen 26 Die Stiftung Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) – Renaissance eines preußischen Kulturerbes. . . . . . . . . . . . . 26 Tradition und Moderne auf 420 Hektar Land. D0MINO 01 2016 | 3 Titelthema VORHANG AUF! K leinmachnow ist eine lebenswerte und traditionell kultur affine Oase zwischen den beiden Landeshauptstädten Berlin und Potsdam. Die Kammerspiele Kleinmachnow – ein altes Lichtspielhaus an der Karl-Marx-Straße – sind seit mehr als 70 Jahren wichtiger Bestandteil der Gemeinde und Dreh- und Angelpunkt des kulturellen Lebens in der Region. Zahllose Erinnerungen und Anekdoten aus der Kriegs- bzw. Nachkriegszeit, 4 | D0MINO 01 2016 Titelthema für die Genossenschaft Neue Kammerspiele e.G. der DDR-Ära und den Jahren nach der Wende bis in die Gegenwart ranken sich um das historische Gebäude. Verständlich, dass der Verkauf oder die drohende Schließung des Kulturbetriebs die Menschen in der Umgebung aufhorchen ließ. So wurde die Suche nach neuen Betreibern der Kammerspiele zur wahren Herzensangelegenheit der Kleinmachnower. » D0MINO 01 2016 | 5 Titelthema Auch an lauen Sommerabenden ein beliebter Treffpunkt: die Neuen Kammerspiele in Kleinmachnow. » Heute schon Kultur genossen? Im November 2012 wurde die Kulturgenossenschaft Neue Kammerspiele e. G. von Carolin Huder und Michael Martens gegründet mit dem Ziel, das Traditionshaus mit einer ansprechenden Mischung ausgewählter Veranstaltungen und einem bunten Kinoprogramm erneut zum kulturellen Zentrum der Gemeinde zu machen. Die Gemeinde erklärte sich bereit, eine Anschubfinanzierung für die Genossenschaft in Höhe von 400.000 Euro zu leisten, wenn in den beiden ersten Jahren nach der Gründung – 2013 und 2014 – jeweils 100 Genossenschaftsanteile gezeichnet würden. Dies gelang. Somit sind wir die erste Kulturgenossenschaft Brandenburgs mit mittlerweile 182 Genossinnen und Genossen, 258 Anteile wurden gezeichnet. Damit sind bis heute 64.500 Euro aus Anteilen der Genossenschaft unserer Kultur- und Kinoarbeit zugeflossen. Seit neuestem unterstützt die DOMUS die Kammerspiele bei der laufenden Buchhaltung und wird künftig auch den Jahresabschluss erstellen. Die Neuen Kammerspiele sollen zum kulturellen Zentrum der Gemeinde avancieren, ein offenes Haus für den kulturellen Austausch sein und ein Programm bieten, das den Kulturund Kinogängern der Region einen so großen Anreiz bietet, dass sich eine Fahrt nach Berlin – zumindest für den Kulturbesuch – erübrigt. Das jetzige Team, bestehend aus der geschäftsführenden Vorständin Carolin Huder, der Kinoleiterin und Pressesprecherin des Hauses Valeska Hanel und der Grafikerin Verena Eidel, arbeitet daran, diese Vision von einem beThomas Zimdars lebten Kulturzentrum tatkräftig 030 / 897 81-228 umzusetzen. [email protected] 6 | D0MINO 01 2016 Das alte Kino wurde mit Unterstützung der Gemeinde Kleinmachnow, dem Medienboard Berlin-Brandenburg und der Filmförderanstalt auf moderne Abspieltechnik umgerüstet und feierte Anfang 2014 seine Digitalpremiere. Mittlerweile sind die Zuschauerzahlen alleine des Kinos auf rund 17.000 jährlich angestiegen – 2014 waren es noch 12.000 Cineasten, die den Weg zu uns fanden. »F örderer und Freundeskreis Als Kino stehen den Neuen Kammerspielen Kleinmachnow vielfältige Möglichkeiten offen, sich um eine Förderung zu bewerben. Bundesförderer wie die Filmförderanstalt und regionale Förderinstitutionen wie das Medienboard BerlinBrandenburg bieten Unterstützung für Kinos, um die Kinovielfalt in der Region und bundesweit zu erhalten. Letztes Jahr war es soweit: Für unser besonders vielseitiges Kinoprogramm erhielten wir einen Kinoprogrammpreis in Höhe von 7.500 Euro. Um auch die Kultur optimal fördern zu können, wurde 2014 der Freundeskreis Neue Kammerspiele e.V. ins Leben gerufen mit dem Ziel, eigene Produktionen auf die Bretter zu bringen und so die kulturelle Vielfalt vor Ort zu unterstützen. Bereits 2015 feierten zwei Eigenproduktionen Premiere: eine Kammeroper-Version der Operette „Die Fledermaus“ und eine moderne Inszenierung der Märchenoper „Hänsel und Gretel“. Beide Projekte der Kammeroper Kleinmachnow wurden von der Sopranistin Ilona Nymoen ins Leben gerufen, die seit Beginn der Genossenschaft schon viele erfolgreiche Veranstaltungen hier auf die Bühne gebracht hat. Titelthema Das „Schröders“: Die Gewinne aus der Gastronomie Im Sommer lädt die Terrasse des „Schröders“ zum Verweilen ein. fließen zu 100 % dem Kulturbetrieb zu. » Das „Schröders“ – Kult- und Kulturkneipe Im Mai 2014 feierten die Neuen Kammerspiele nach monatelanger Arbeit einen weiteren Erfolg: die Eröffnung der eigenen Kneipe, die den Veranstaltungsbetrieb auch kulinarisch begleitet. Das „Schröders“ – zehn Jahre lang eine Institution im Kleinmachnower Nachtleben mit fester Stammkundschaft – eröffnete erneut in den Neuen Kammerspielen. Gastrochef Robert Bäuerle ist bei der KulturGenossenschaft angestellt, somit fließen die Gewinne zu 100 % – anders als bei der Verpachtung – dem Kulturbetrieb zu. andererseits die Räumlichkeiten mit Kulturprogramm bespielen. Auch dies generiert Umsätze, die der KulturGenossenschaft zufließen. Für große und sehr renommierte Veranstaltungen wie die Internationalen Filmfestspiele Berlin, die im Februar mit zwei Filmen aus dem Internationalen Wettbewerb zu Gast waren, sind die Gastronomiegewinne durch 700 Besucher nicht hoch genug für den Erhalt und die Förderung der Neuen Kammerspiele Kleinmachnow einzuschätzen. »K ino, Kultur und Kneipe – das Kammerspiel-Konzept Der Kulturbetrieb und die Kneipe stärken sich gegenseitig. Durch die Umsätze in der Gastronomie wird der Kulturbetrieb finanziell unterstützt, und durch die Besucher der Veranstaltungen und des Kinos wächst auch die Gästeschar im „Schröders“. Bei großen Veranstaltungen steigt der Gastronomieumsatz deutlich, und Getränke werden auch an einem zweiten Tresen im Foyer mit ausgeschenkt. Besonders in den Sommermonaten, wenn die Kinozahlen aufgrund des Wetters stagnieren, fängt die Gastronomie durch die guten Umsätze auf der Außenterrasse die Verluste für die KulturGenossenschaft auf. Darüber hinaus haben die Neuen Kammerspiele auch Veranstaltungsformate ins Leben gerufen, die die Gastronomie direkt einbinden. Dazu gehören beispielsweise die KulinArien, ein erlesener Abend, bei dem während eines Vier-GängeMenüs Opernarien direkt an den Tischen gesungen werden. Auch der einmal monatlich stattfindende „Lieblingsfilm mit Schwipps“ zählt zu diesen Formaten. Hier wird zu einem Kultfilm das passende Getränk gereicht. Zusätzlich können im Hause eingemietete Veranstaltungen stattfinden, die den hauseigenen Gastronomiebetrieb einerseits mitnutzen und Text: Valeska Hanel, Kino leiterin und Pressesprecherin der Neuen Kammerspiele. » VERANSTALTUNGEN 2016: 30. April: 1. Juni: Tanz in den Mai mit Gauner Lange Nacht der Kultur in liebchen und Komplizen Kleinmachnow 29. Mai: ab 12. Juni: The B-Side: A-Capella- Public Viewing der EM Quartett Von Mittwoch bis Sonntag findet immer ein aktuelles und vielseitiges Kinoprogramm statt. Neue Kammerspiele: Karl-Marx-Straße 18, 14532 Kleinmachnow www.neuekammerspiele.de D0MINO 01 2016 | 7 Titelthema WIGEWE SETZT MASSSTÄBE IN DER QUARTIERSENTWICKLUNG IM LAND DER FRÜHAUFSTEHER Alfons Feld 030 / 897 81-232 Wittenberg ist den meisten als historischer Ort bekannt, in dem Martin Luther seine 95 Thesen mit lauten Hammerschlägen an die Kirchentür nagelte. Dass die Stadt auch in der Neuzeit die Nase weit vorn hat, beweist ein Ärztehaus – das erste seiner Art in Ostdeutschland, das von einer Wohnungs gesellschaft gebaut und betrieben wird. [email protected] F ür die Gesellschaft für Wohneigentum mbH Wittenberg (WIGEWE) war es der erste Neubau überhaupt seit ihrer Gründung 1993. Die WIGEWE ist eine 100 %ige Tochter der Stadt Wittenberg – Lutherstadt Wittenberg. Ein Stadtname, den ein Marketingfachmann sich nicht besser hätte denken können. Doch leidet die Stadt unter einer gewissen Fluktuation ihrer Bürger – rund 46.000 Einwohner hat 8 | D0MINO 01 2016 die Kreisstadt heute. 1992 waren es noch 55.000 Einwohner. Eingemeindungen in den vergangenen 20 Jahren sind hierbei berücksichtigt. Eine Stadt mit einem reichen Erbe – und Menschen, die die Zukunft von Wittenberg sorgfältig planen. Denn nicht umsonst hat SachsenAnhalt mit dem Slogan „Willkommen im Land der Frühaufsteher“ jahrelang für sich geworben. Titelthema Der Geschäftsführer der WIGEWE, Rando Gießmann, ist so ein Mann, der für die Zukunft und die Stadt arbeitet. Die Gesellschaft für Wohneigentum mbH Wittenberg ist zwar eine städtische Tochter, so dass damit schon eine gewisse Verpflichtung Wittenberg gegenüber naheliegt, doch dass eine Gesellschaft für Wohneigentum ein Ärztehaus betreibt, das sie auch gebaut hat, ist ein Novum in der Branche. Rando Gießmann sieht das Engagement als einen „wichtigen Baustein für die Quartiersentwicklung“ in der Stadt. „Wir bauen dort, wo unsere Mieter wohnen, dort wo der Bedarf ist, und sind aufgrund unserer Fachkompetenz in der Lage, den Betrieb in eigener Hand zu belassen“, so Gießmann. Firmen aus der Region haben das Gebäude in einer Bauzeit von nur 14 Monaten im Zeit- und Kostenrahmen errichtet. 2,8 Millionen Euro hat das medizinische Dienstleistungszentrum gekostet. Am 1. Juli 2014 hat das neue Ärztehaus seinen Betrieb aufgenommen. Auf vier Etagen und einer Mietfläche von 1.400 m² finden die Bewohner von Wittenberg Das unternehmerische Denken und Handeln von Rando Gießmann bezieht sich nicht allein auf die Rendite des Gebäudes, er hat die Stadtentwicklung und die nachhaltige Aufwertung ebenfalls im Blick. So gibt es einen Nachbarschaftstreff in der Nähe, gute Einkaufsmöglichkeiten und einen Kindergarten. Das gesamte Wohngebiet hat nach der dramatischen Zerstörung durch den Orkan „Kyrill“ im Jahr 2007 eine fortlaufende Aufwertung erfahren, so dass es heute wieder zu einem der beliebtesten Gegenden Wittenbergs zählt. Erst kürzlich, im Oktober 2015, wurde mit Eröffnung des Wohnparks West durch dessen Bauherrn, die Wittenberger Wohnungsbaugesellschaft mbH (Geschäftsführer auch hier Rando Gießmann), ein weiterer Beitrag zur Quartiersentwicklung in Wittenberg West geleistet. Realisiert wurde der Siegerentwurf des Landeswettbewerbs „Mut zur Lücke 2013“, der aus dem Hamburger Architektenbüro Leuschner Gänsicke Beinhoff stammt. Im Zuge der Umsetzung des Projektes ist es der WIWOG nicht nur gelungen, die eigenen Mieter mit modernem und barrierearmen Wohnraum zu versorgen, es konnten sogar neue Mieter aus dem Umland und aus benachbarten Bundesländern gewonnen werden. Auch im Jahr 2016 wird die WIGEWE nicht müde, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Aktuell wird mit Blick auf das Jahr 2017 (500 Jahre Reformation) der Rohbau des neuen Asis Panoramas „Luther 1517“ erstellt. Auch hier fungiert die WIGEWE mbH als Bauherr des außergewöhnlichen Projektes. Die Eröffnung dieses temporären Bauobjektes ist bereits für Oktober 2016 geplant. Text: WIGEWE & DOMINO West und Piesteritz eine gesundheitliche Vollversorgung mit zehn Praxen für Allgemeinmediziner, Fachärzte, Physiotherapeuten, Krankenpfleger sowie eine Apotheke. Der Neubau ersetzt ein älteres Ärztehaus in Piesteritz und verfügt über viele Vorteile, wie große Aufzüge, die auch einen Liegendtransport zulassen, oder Barrierefreiheit. „Wir bauen dort, wo unsere Mieter wohnen, dort wo der Bedarf ist, und sind aufgrund unserer Fach kompetenz in der Lage, den Betrieb in eigener Hand zu belassen.“ Mut zur Lücke: Der realisierte Siegerentwurf des Wohnpark West in Wittenberg. D0MINO 01 2016 | 9 Titelthema WANTED: JUNGE LEUTE FÜR » CALAU 10 | D0MINO 01 2016 Titelthema Der Mädchenbrunnen des Bildhauers Ernst Sauer in Calau. Mit großem Einfallsreichtum und Geschick wird in Calau Existenzgründern und Jungunternehmern der Start leicht gemacht. Die Kleinstadt in Südbrandenburg macht sich nicht nur als Heimat des Kalauers einen Namen, sondern wirbt aktiv um Zuzug. Mieter und Gewerbe stehen für eine lebendige Stadt. J unge Menschen sollen die Lausitz gestalten, sie schöner und interessanter machen und dafür sorgen, dass viele andere junge Lausitzer ihre Region als lebens- und zukunftswert erkennen“, so Projektleiter Marcel Linge von der Gründerwerkstatt Zukunft Lausitz. Seit 2006 hat das Projekt bereits mehr als 300 Gründer erfolgreich bis zur Gründung ihres eigenen Unternehmens begleitet und mehr als doppelt so viele Interessenten beraten. Der Verein wird von der öffentlichen Hand getragen. Jeder Anfang ist schwer. Selbst wenn man ein bestehendes Geschäft übernimmt. Viele Gewerbetreibende werden in den nächsten Jahren in die Altersrente wechseln. Die WBC will frühzeitig Möglichkeiten aufzeigen und unterstützen. Die Vielfalt der Angebote in der Stadt ist für die Wohnungsbaugesellschaft wichtig. Doch auch Wirtschaftsunternehmen begleiten den bevorstehenden Strukturwandel offensiv. Die Kooperation von IHK und Wohn- und Baugesellschaft Calau mbH (WBC) ist hierfür ein gutes Beispiel. Gemeinsam unterstützen sie Gründungen und Altersübergänge und nutzen das Wissen der Gemeinschaft. Die Älteren geben die Erfahrung an die Jüngeren weiter, die die wirtschaftliche Prosperität nun in ihre Hände nehmen. Calau hat 8.000 Einwohner und lockt mit touristischen Highlights, wie z. B. der Ausstellung „Mobile Welt des Ostens“ mit über 200 Oldtimern, Sagentouren sowie dem Witzerundweg. Die Stadt ist nur eine halbe Stunde mit dem Auto von Cottbus entfernt. Um die Bürger im Ort zu halten und für den Zuzug zu werben, muss man sich etwas einfallen lassen. Das heißt u.a. mit Partnern zusammenzuarbeiten, den künftigen Mietern Anreize zu bieten, sich als Ansprechpartner vor Ort regelmäßig zu zeigen und sich als Dienstleister zu verstehen, nicht nur als Vertreter des eigenen Unternehmens, sondern im Sinne des Gemeinwohls. Die IHK und die WBC haben ein umfassendes Leistungspaket geschnürt und fördern gemeinsam Existenzgründer und den Generationenwechsel bei Calauer Händlern und Dienstleistern, die Mieter der WBC sind. Die Wohn- und Baugesellschaft Calau mbH ist der größte Wohnungsanbieter in der Stadt. Alleiniger Gesellschafter der WBC ist die Stadt Calau. Stadt und Gesellschaft haben daher ein besonderes Interesse daran, den Ort für Leben D0MINO 01 2016 | 11 Titelthema Mit ihren umfangreichen und auch immer wieder überra schend erfrischenden Ange boten und Ideen hat die WBC schon zahlreiche Preise gewonnen und viel Anerkennung erhalten. Jeden Dienstag und Donnertag füllt sich der Calauer Marktplatz mit Händlern und Kun- und Arbeiten attraktiv zu erhalten. Das Unternehmen ist Pressesprecherin der IG „In Calau clever kaufen“ (IG), Mitglied der AG Tourismus und Vertreter des IHK Handelsausschusses. den. Einmal im Monat ist Großmarkt. Thomas Winkler 030 / 885 964-14 [email protected] Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge dauert ein bis zwei Jahre. Die IHK ist bei der Planung und Überführung des Unternehmens ein wichtiger Partner und unterstützt den Prozess mit vielfältigen Informationen und ihren Beratungsangeboten. Einmal im Monat ist Dan Hoffmann von der IHK vor Ort, um in individuellen Gesprächen Unternehmer und Nachfolger mit seinem Know-how zu unterstützen. Hierzu stellt die WBC ihren Gewerbemietern kostenfrei einen Beratungsraum im Info-Punkt zur Verfügung. Daneben unterstützt die WBC die Gründer mit einem umfassenden „Starterpaket“: Sie gewährt ein Jahr lang 50 % Rabatt auf die Kaltmiete, gibt Hilfestellung beim Erstellen der eigenen Website und wirbt für den neuen Mieter und sein Angebot im Journal „Der Calauer“ sowie auf ihrer Facebookseite. In den letzten drei Jahren wurde das Starterpaket bereits viermal in Anspruch genommen, vom Atelier über eine Versicherung bis hin zum Zoofachgeschäft. Ohne Kunden kein florierendes Gewerbe. Und so gibt es zusätzliche Bausteine, die den guten Branchenmix in der Innenstadt erhalten, den Tourismus fördern und um den Zuzug von Familien und jungen Menschen werben. Jährlich konzipiert die WBC einen Masterplan für die IG „In Calau clever kaufen“, dieser wird diskutiert und gemeinsam umgesetzt. Dazu zählten beispielsweise das halbjährliche Baustellenshopping oder die monatliche Aktivierung des 12 | D0MINO 01 2016 Großmarktes im Jahr 2015. Dabei wurden gemeinsame Aktionen der IG zu bestimmten Themen an den Großmarkttagen geplant und gemeinsam vermarktet. 2016 wurde das Konzept angepasst, es werden Wochenaktionen verteilt über das Jahr durchgeführt, wie die „Calauer Osterwochen“, die „Calauer Festivalwochen“ oder die „Woche des Kalauers“. Neben den vielen Händleraktionen möchte sich die IG mit kreativen Ideen von anderen Innenstädten positiv abheben und damit neue Kunden anziehen. Zu den Osterwochen war der IG Osterhase sehr aktiv und versteckte in der Innenstadt von Calau nicht nur 1.000 bunte Eier, sondern auch 50 Gewinner-Eier, darunter ein echtes Gold- und ein Silber-Ei. Im Info-Punkt wurde die Ausstellung „Japanische Poesie trifft auf Calauer“ eröffnet und eine sorbische Ostereierwerkstatt eingerichtet. Zusätzlich zog die beliebte Aktion der Stadt „Kalauer statt Knöllchen“ viele Besucher in die Innenstadt und sorgte für gute Osterumsätze bei den Händlern. Gleichzeitig gibt der Info-Punkt von April bis Oktober wöchentlich einen Calauer Newsletter mit Freizeitangeboten und einem echten „Kalauer“ an alle Pensionen und Hotels in und um Calau und den Nachbarstädten heraus. Der Info-Punkt ist Kundencenter der WBC und Touristeninformation der Stadt Calau. Das hat den Vorteil, dass an einer Geschäftsstelle alle Informationen liegen, so dass der Bürger wie auch der Tourist gleichermaßen über alle Angebote des Ortes informiert ist. Für die AG Tourismus hat das Unternehmen die Konzepte für die Calauer Motorentage erarbeitet, mit dem es die einzigartigen Kulturangebote und die Innenstadt positiv vermarktet. Titelthema Geschäfte in der Cottbuser Straße laden zum Verweilen ein. Die AG Kunst unter Anleitung des Kunstmalers Henry Krzysch wird durch die Stadt und die WBC gefördert. Erfolgreich führt das Wohnungsunternehmen die Aktion „Willkommen Familie“ durch, mit der Neumieter das 1. Kinderzimmer fünf Jahre mietfrei erhalten. Über 71 Familien haben sich für dieses Angebot und für Calau bereits entschieden. Die Aktion „Azubiwohnungen“ wird nicht nur von Auszubildenden aus Calau genutzt. Auch die Firma Vetschauer Wurstwaren GmbH nutzt die Aktion, um neue Azubis zu gewinnen. 2015 konnten 16 Auszubildende so ihre erste eigene Wohnung mit einem gestaffelten WBC Azubirabatt in Calau beziehen. Und auch für 2016 werden viele neue und kreative Ideen umgesetzt. So plant das Unternehmen zum 25. Firmenjubiläum das 1. Calauer Festival mit einer Vereinsmeile und der Eröffnung einer „Loftwohnung“ im Schusterjungenviertel. Somit erobert Großstadt-Design auch eine gewöhnliche Calauer Plattenbauwohnung aus den 1986-iger Jahren. Nackte Betonwände und alte Bauelemente wirken mit ihrem ursprünglichen Charakter und werden mit Glas- und Edelstahlelementen und viel Phantasie ergänzt. Zusätzlich entsteht eine „Light-Wohnung“ im Wohnungsbautyp „Blockbau“, einzugsbereit mit erweiterbarer Küche. Der Grundriss wurde durch die Entfernung der Küchenwand optisch vergrößert und lichtdurchflutet, eben „light“. Dabei sollen Neukunden angesprochen werden, die sich für den Wohnstandort Calau entschieden, aber zunächst nur einen befristeten Arbeitsvertrag in der Tasche haben. Diese junge Zielgruppe weiß es zu schätzen, wenn nicht zu viel in die Erstausstattung investiert werden muss. Liegt dann die Verlängerung des Arbeitsvertrages vor, kann auf Wunsch die Küche auch erweitert werden. Dabei werden neue Gestaltungselemente aufgezeigt. Im Geschäftshaus der WBC können die Varianten und drei individuelle Musterbäder besichtigt werden. Dabei legt die WBC bewusst Wert auf Dekorationsideen, die auch mit einem kleinen Geldbeutel schnell umsetzbar sind. Damit kommt sie ihrer Zielgruppe für Neukunden entgegen. In den letzten Jahren zogen im Durchschnitt davon 74 Prozent als Single mit einem Durchschnittsalter von 31–35 Jahre ein, dabei suchen immer mehr Firmen in der Region Nachwuchskräfte. Langfristig plant das Unternehmen mit der AWO Regionalverband Brandenburg Süd e. V. das Schusterjungenviertel im Herzen von Calau noch stärker als „Gemeinschaftliches Wohnen“ zu vermarkten, wo sich Kinderwagen und Rollatoren auf Augenhöhe begegnen. Mit einer neuen Wohnhofgestaltung sollen barrierefreie Wohnungen durch eine Geländemodellierung und Grundrissveränderung im Erdgeschoss entstehen. Gleichzeitig soll der einzigartige Witzerundweg auch für Familien stärker gestaltet werden; die AG Kunst unter Anleitung des Kunstmalers Henry Krzysch wird hierbei einbezogen. Die AG Kunst wird gefördert durch die Stadt Calau und die WBC. Mit gemeinsamen Marketingaktionen werden somit nicht nur die Wohnungen vermarktet, sondern auch die Dienstleistungsangebote der AWO. Mit der Darstellung dieser ineinandergreifenden Konzepte wird deutlich, dass Mieter- und Gewerbeinteressen kontinuierlich mit zielgruppenspezifischen Angeboten unterstützt werden müssen, um eine Stadt lebendig zu erhalten. Im letzten Jahrzehnt hat die WBC klare Signale und den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gesetzt. Mit ihren umfangreichen und auch immer wieder überraschend erfrischenden Angeboten und Ideen hat die Gesellschaft schon zahlreiche Preise gewonnen und viel Anerkennung erhalten. Der Generationswechsel fand hier schon statt. Text: Marion Goyn, Geschäftsführerin der Wohn- und Baugesellschaft Calau mbH D0MINO 01 2016 | 13 Titelthema STÄDTISCHE WOHNUNGSGESELLSCHAFT SUHL FÖRDERT DAS MITEINANDER: INKLUSION BELEBT DIE STADTMITTE Eine mutige Idee, zähe Verhandlungen rund um die Finanzierung und am Ende sind sich alle einig: Für diesen Erfolg wäre man auch noch weiter gegangen. A m Südhang des Thüringer Waldes liegt Suhl. Die Stadt war im 20. Jahrhundert ein attraktiver Industriestandort, so dass die Bevölkerung rasant wuchs. So stieg die Bevölkerungsanzahl seit Mitte der siebziger Jahre bis zum Zeitpunkt der deutschen Einheit von ca. 37.000 auf fast 57.000 Menschen. Mit der politischen Wende setzte ein ebenso rasanter Bevölkerungsschwund ein, der zu teilweise verheerenden Zukunftsprognosen geführt hat. Zwischenzeitlich ist die Bevölkerungszahl wieder auf ca. 37.000 Einwohner geschrumpft. Entgegen einiger Prognosen gibt es seit zwei Jahren wieder einen positiven Einwanderungssaldo und die Anzahl der Geburten steigt . Dieser Prozess fordert neue Strategien und eine gesamtheitliche Stadtentwicklung. Dabei wurden und werden Projekte realisiert, die beispielgebend sein können für Wohnungsunternehmen an anderen Standorten, die mit ähnlichen Rahmenbedingungen konfrontiert sind wie Suhl. » Aus der Not eine Tugend machen „Alle Beteiligten können stolz auf das Erreichte sein“ sagt Ralf Heymel, Geschäftsführer der GeWo Städtische Wohnungsgesellschaft mbH Suhl anlässlich des Mieterfestes zur offiziellen Einweihung. Zusammen mit den Suhler Werkstätten gGmbH als neuem Mieter und der Projektscheune Planungsgesellschaft mbh aus St. Kilian wurden lang leer stehende Gewerbeflächen einer neuen Nutzung zugeführt. Für diese Räume fand sich kein langfristiger Mieter – trotz guter Innenstadtlage. Es fehlten Parkplätze, die Grundrisse waren ungünstig geschnitten und die Nachfrage blieb aus. Aufgrund der Lage im Erdgeschoss waren jedoch sehr gute technische Voraussetzungen für den barrierearmen bzw. 14 | D0MINO 01 2016 barrierefreien Umbau gegeben. Im Randbereich zur Altstadtbebauung entstand für zehn behinderte Menschen ein neues Zuhause mit ambulanter Betreuung. Damit haben zwei Wohngruppen im Erdgeschoss des Gebäudes ihren dringend benötigten Platz gefunden – mit Gemeinschaftsräumen und schicken Appartements von 17 Quadratmetern Größe. Die GeWo trieb mit diesem Projekt nicht nur die Sanierung der eigenen Bestände voran, sondern folgte auch dem Stadtentwicklungskonzept, das auf die Stärkung der Innenstadt setzt. » Neue Wege der Finanzierung Auf dem Weg der Umsetzung galt es, einige Probleme aus dem Weg zu räumen. Insbesondere die Vorbereitung der Finanzierung war eine große Herausforderung. Der Zugang zu Fördermitteln blieb dem Eigentümer verwehrt, da wegen der laufenden unternehmerischen Sanierungsvereinbarung der GeWo mit Gläubigerbanken und Gesellschafter eine weitere Kreditaufnahme nicht möglich war. Nach intensiven Verhandlungen mit dem Mieter gelang es, diesen an der Finanzierung des Bauvorhabens zu beteiligen. Dies beinhaltet eine Mietvorauszahlung für den Vertragslaufzeitraum von zehn Jahren mit einer moderaten Abzinsung. Mit dieser Vereinbarung stand ein wesentlicher Teil der Finanzierung. Den Rest brachte die GeWo aus Eigenmitteln auf. Mitten in der Innenstadt ist es gelungen, durch kluge Ideen und geschickte Verhandlungen leer stehende Gewerbeflächen neu zu beleben und sich gleichzeitig auf den demografischen Wandel sowie individuelle Wohnformen einzustellen. Mit dem maßgeschneiderten Umbau ganz nach den Bedürfnissen des Mieters hat die GeWo in ihrem Bestand die Voraussetzungen für eine neue Wohnform geschaffen. 2.58 2.70 A A1 3.00 WG1-02.3 ankleide 3.79 m² 11.34 B 8.76 3.00 WG1-02.1 wohnen 15.77 m² WG1-11 flur 2 3.59 m² WG1-01.3 ankleide 3.79 m² WE-01-04 kochen 3.23 m² OKFF ±0.00 m WG1-05 gemeinschaftsraum 34.55 m² OKFF ±0.00 m nd a st WE-01-03 schlafen 4.84 m² 2.70 Be BRH 0.0 WG1-01.2 bad 4.54 m² WE-01-05 bad 3.82 m² B1 WG1-01.1 wohnen 19.63 m² WE-01-02 wohnen 16.03 m² WG1-12 garderobe 4.64 m² BRH 0.00 WG 1 1.50 2.66 2.505 188.08 m² 6 Stg. 14/30 cm WG 5 -0.01 m WE-01 32.62 m² 2.40 1.50 G1 5 2.1 WG 2 192.12 m² BRH 0.00 WG2-04 wohnen 5 17.22 m² W woh 15. 00 5 WG vor 6.6 0. Im Kleiderlädchen kann man verschiedene gespendete Textilien günstig erwerben. Zum Angebot gehört auch eine Änderungs- und Reparaturschneiderei. Im Computer-, Internet- und Lesebereich haben Besucher und Kunden die Gelegenheit, Dokumente zu erstellen und im Internet zu surfen. Druck-, Scan- und Kopiertechnik stehen zur Verfügung. In Verbindung mit6.00der Café-Ecke kann man hier außerdem bei einer Tasse Kaffee und 13 3.60 2.40 2.40 mit einem Buch entspannen und verweilen. So hat sich aus der Werkstatt und 1.1 1 2 ihrem Angebot ein lebendiger Treffpunkt für die Suhler selbst entwickelt. WG2-05 wohnen 6 17.18 m² H BR 2.00 G2 2.10 Die Erfolgsgeschichte geht noch weiter. Für die letzte leer stehende Gewerbefläche am Lilliplatz – den einstigen Bäckerladen – gibt es seit März 2014 eine neue Nutzung. Auch hier hatte die GeWo mit der Renovierung der Räume den Boden für ein besonderes und wertvolles Projekt bereitet. „Das Projekt des Werkstatt-Ladens bietet Arbeits- und Praktikumsplätze für Menschen mit Behinderung sowie für ältere, vorwiegend langzeitarbeitslose Bürgerinnen und Bürger der Stadt Suhl und der Umgebung“, erklärt Thomas Loos, der Geschäftsführer der Suhler Werkstätten gGmbH. Und er ergänzt: „Mit der Umsetzung der Initiative Inklusion wird hier den Bedürfnissen der uneingeschränkten Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit und ohne Handicap Rechnung getragen.“ Zum Mitarbeiterteam des Werks tatt-L adens 3 6.00 6.36 „Treffpunkt“ gehören 20.98 Ute Farnsteiner ein Gruppenleiter, 3.70 2.40 3.60 0361 / 347 80-20 35.92 eine Aushilfskraft in farnsteiner@ Teilzeit, sechs Mitar3.1 3 4 domusconsult.de beiter mit Behinderung sowie zwei Näherinnen. BRH 0.00 Im Werkstatt-Laden besteht die Möglichkeit, Eigenprodukte der Suhler Werkstätten sowie Waren aus anderen Werkstätten zu erwerben. Dazu gehören u.a. Keramik- und Töpferwaren, Holzspielzeug, Kerzen sowie Holz- und Metallkreationen. G 205 „Treffpunkt“ WerkstattLaden in Suhl-Mitte ist ein Geschäft der besonderen Art » Zwei Erfolgsgeschichten Lilliplatz 3.60 F 16.37 20.895 2.40 E OKFF -0.735 m 5 d 5 Außenwohngruppen eingezogen sind, wohnen noch immer dort. Die Bewohner arbeiten tags15 15 1.50 über, nach1.50 Feierabend und am Wochenende 8.61 werden sie vor Ort betreut. Hier fühlen sie sich wohl und führen ein selbstbestimmtes Leben. an 15 6.00 „Alles hier hat unsere Erwartungen übertroffen“ schwärmt Corinna Klein, Leiterin Wohnstät15 6.00 ten anlässlich 1.50 der Eröffnung. „Die Bewohner 10.95 96 45 sind glücklich und zufrieden.“ Da verwundert es nicht, dass sich die Belegung sich bis heute nicht geändert hat. Alle Mieter, die 2013 in die WG2-12 hauswirtschaftsraum 15.59 m² -0.85 m st 6% gefälle BRH 0.00 6 Stg. 14/30 cm 6% gefälle -0.43 m Be 1.50 32.235 3.45 15 1.50 15 2 D -0.01 m BRH 0.00 1.20 BRH 0.00 -0.85 m WG1-03.1 wohnen 17.26 m² OKFF ±0.00 m WE-01-01 diele 4.70 m² C H WG1-06 terrasse 1/2 8.47 m² WG1-01.2 bad 4.71 m² 2.00 2.585 2.10 2.95 5 D0MINO 01 2016 | 1.50 5.1 15 6 WER KLAR VERHANDELT, STREITET NICHT Interview mit dem Baurechtspezialisten Rainer Pietschmann 16 | D0MINO 01 2016 Im Gespäch mit … V or den Bürofenstern von Rainer Pietschmann wächst das neue West-Berlin empor. Vom 12. Stock im Kranzler-Eck hat man einen guten Ausblick auf die Runderneuerung der prosperierenden Weltstadt. Wo viel gebaut wird, wird auch mal gestritten. In solchen Fällen kommt das Baurecht zur Anwendung – eine Disziplin, die sich im Hintergrund hält und ohne die doch kein Stein auf den anderen gesetzt werden kann. Die Pietschmann Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat sich als Wirtschaftskanzlei in Berlin im Bau- und Immobilienrecht auf nationaler und internationaler Ebene spezialisiert. Und da die Kanzlei die einzige in Deutschland ist, die ein eigenes Ingenieurbüro unterhält, wird sie auch gerne als Schiedsrichter in umfangreichen Bauprozessen bestellt. Haben in Anbetracht der steigenden Bautätigkeit die Rechtsstreitigkeiten aus Ihrer Sicht zugenommen? Sehen Sie Schwerpunkte in der Auseinandersetzung? Strukturell sind es eher weniger Streitigkeiten geworden, weil weniger spekulativ gebaut wird. Bei spekulativen Bauten weist der Investor, solange die Vermietung und die Endvermarktung noch nicht sicher gestellt sind, eher eine Streitneigung auf. Hauptstreitpunkte sind derzeit die Sonderwünsche der Erwerber. Im Zuge der Individualisierung nimmt dieser Einfluss auf Fliesen, Bodenbeläge, Holz, Armaturen, Veränderungen mancher Standorte. Dadurch entstehen erhebliche Probleme in der Bauabwicklung und folglich in der rechtzeitigen Bezugsfertigkeit. Solche Streitigkeiten sollten erst gar nicht entstehen. Die größeren und gut organisierten Bauträger gehen stark dazu über, den Individualisierungsgrad einzuschränken. Es gibt Baukastensysteme, wie das Modell Future, das Modell Traditionell und das Modell Klassik. Und in diesen Linien besteht dann Auswahlmöglichkeit, also ein besseres Sonderwunsch-Management. Wie präzise müssen Aufträge formuliert werden, um den Umfang an Arbeiten klar zu umreißen? Eine klare und umsetzbare Planung, die Grundlage der Leistungsbeschreibung und Ausschreibung wird, ist das wichtigste Mittel, um Streitigkeiten zu vermeiden. Die überwiegende Anzahl von Auseinandersetzungen resultiert aus unklaren Leistungsbeschreibungen und daraus resultierenden Vergütungsfragen. Der zweitwichtigste Punkt ist die Änderung von Leistungen während der Ausführung. Diese Änderungsleistungen führen zu Nachträgen, über deren Höhe sowie die zeitlichen Auswirkungen regelmäßig Streit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer entbrennt. Im Wohnungsbau, Schwerpunkte Eigentumswohnungsbau, sind es insbesondere Mängelstreitigkeiten, welche Sachverständige und Gerichte beschäftigen. Wie kann man diesen Streitigkeiten vorbeugen? Es existiert eine Vielzahl von Streitschlichtungsmodellen. An vorderster Stelle steht die Sachverständigenbegleitung für beide Seiten, also die verbindliche Klärung durch einen anerkannten Sachverständigen, ob der Rohbau im Wesentlichen fertiggestellt ist oder sonstige Leistungen den Anforderungen entsprechen. Dies hilft, Abrechnungsstreitigkeiten, aber auch Streitigkeiten über die geschuldete Qualität zu vermeiden. Eine klare und umsetzbare Planung, die Grundlage der Leistungsbe schreibung und Ausschreibung wird, ist das wichtigste Mittel, um Streitigkeiten zu vermeiden. Solvente oder auch vertrauenswürdige Bauträger – gab es hier in den letzten Jahren aufgrund des Baubooms Verschiebungen? Bei den großen Berliner Projektträgern wie Bauwert, Grothe kann man davon ausgehen, dass eine Insolvenz, jedenfalls, wenn die Konjunktur ungefähr so bleibt wie sie ist, ausgeschlossen erscheint. Dann gibt es die Gruppe von Projektentwicklern und Bauträgern, die in Partnerschaften mit Kreditinstituten arbeiten. Deren Insolvenzgefahr ist auch relativ niedrig, weil die Bank für die notwendige Solvenz sorgt. Dann bleiben die sogenannten rein freien Bauträger, da ist die Gefahr einer Insolvenz erheblich grösser. Hier soll eigentlich aus dem Bankensystem heraus ein Controlling der Banken verhindern, dass nicht mehr Geld an den Bauträger ausgeschüttet wird als tatsächlich verbaut wird. Unsere Praxis zeigt allerdings, dass bei Insolvenzen oder bei notwendigen Neustrukturierungen erheblich mehr Geld geflossen ist als sich tatsächlich in der Bauleistung widerspiegelt. » D0MINO 01 2016 | 17 Im Gespäch mit … Rainer Pietschmann ist seit 2001 Geschäftsführer der nach ihm benannten Kanzlei. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Bochum und Bonn sowie an der University of Washington hat er sein Referendariat am Kammergericht Berlin absolviert. Seit 1995 arbeitet er als Rechtsanwalt. Seine Spezialisierung im Baurecht zeigt sich auch bei seinen Engagements. So ist Rainer Pietschmann Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e. V. und im Deutschen Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V. (DVP) sowie Vorsitzender im Budapester-Berliner Bauforum e. V. Sein Expertenwissen bringt er nicht nur als Aufsichtsratsvorsitzender der Schrobsdorff Bau AG ein, sondern unterstützt ebenso die Association Internationale des Jeunes Avocats. Die Unabhängigkeit und die Fachkunde und auch die struk turelle Unabhängigkeit würden am ehesten sicherstellen, dass tatsächlich ausgereichtes Geld verbaut und verplant wird. Wie könnte das vermieden werden? Was hier effektiv in meinen Augen erscheint, ist, dass das Controlling von einer besonderen unabhängigen Berufsgruppe ausgeübt wird, ähnlich wie unser Wirtschaftsprüfungswesen, wie es z. B. von DOMUS ausgeübt wird. Unabhängige Wirtschaftsprüfer mit einem IngenieurKnow-how testieren, dass ein ungefährer Leistungsstand verbaut ist. Und nicht, wie es häufig vorkommt, der mit der einen oder anderen Partei verbundene Controller die Leistung überprüft. Die Unabhängigkeit und die Fachkunde und auch die strukturelle Unabhängigkeit würden am ehesten sicherstellen, dass tatsächlich ausgereichtes Geld verbaut und verplant wird. 18 | D0MINO 01 2016 Der eine oder andere Auftragnehmer bricht sich das Genick aufgrund der Gewährleistungsmängel. Wird unsorgfältig gearbeitet oder sind die Auftraggeber spitzfindiger geworden? Und wie kann solchen Beanstandungen im Vorfeld schon entgegengetreten werden? Erstmal führt die extreme Kleinteiligkeit von der Herstellung komplizierter Produkte in der Regel dazu, dass die besonders problemanfällig sind. Eine Baustelle, die von einer Firma mit Eigenpersonal geführt wird und das als ihr Bauwerk betrachten, wird natürlich strukturell ein besseres Produkt abliefern als eine Baustelle mit einer Vielzahl verschiedener Unternehmen, wo jeder nur ein bestimmtes Teilprodukt liefert. Jedes Mal habe ich eine Schnittstelle. Ganz klassisches Beispiel: Estrich. Wenn ich ein einziges Produkt liefere, nämlich Estrich und Oberbelag, habe ich das Ganze im Sinn. Wenn ich nur eine Seite herstelle, entstehen sehr viele Schwierigkeiten, insbesondere im technischen Bereich. Diese Arbeitsteiligkeit am Flughafen BER - die Verkabelungsleistung und die wesentlichen Teile der Haustechnik hat die mittlerweile insolvente Firma Imtech gemacht. Andere erhebliche Leistungen wurden im noch größeren Volumen von einer Arge, in der Imtech und Im Gespäch mit … Caverion drin waren, erbracht. Die Brandmeldeanlage wurde von Bosch erbracht. Weitere Verkabelungsleistung und Steuertechnik von Siemens. Das alles zusammenzukriegen, ist eines der großen Probleme, wenn man eine große Baustelle hat. Wenn dann auch besondere Unfähigkeit dazukommt, dann ist es besonders schwierig. In der Regel kommen die Fehler nach meiner Einschät zung nicht aus dem falschen Vergabemanagement. Beim Vergabeverfahren spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: das Preis-Leistungsverhältnis, die Referenzen des Anbieters und sicher auch, ob man schon einmal gute Erfahrung miteinander gemacht hat. Die großen Auftraggeber vertreten hier sehr unterschiedliche Philosophien der Vergabe. Die Bundesversicherungsanstalt z. B., heute die Deutsche Rentenversicherung Bund, hat sehr konform im Sinne des Geistes des deutschen Vergaberechts kleinteilig ausgeschrieben. Obwohl es sich um ein Bestandsbauwerk handelt, was saniert wird, also sehr komplex in der Struktur ist, hätte es sich eigentlich angeboten, einen Generalunternehmer zu nehmen. Andere Auftraggeber sind hier mutiger in der Auslegung des Vergaberechts in ihrer eigenen Diktion, z. B. die Charité, die das Bettenhochhaus sanieren und das neue Operationszentrum bauen lassen von einem Generalunternehmer in Arbeitsgemeinschaft zweier großer Konzerne. Es gibt nicht eine Linie, die gefahren wird. In der Regel kommen die Fehler nach meiner Einschätzung nicht aus dem falschen Vergabemanagement, große Ausnahme – die Elbphilharmonie. Das Kernproblem ist nicht die Kostensteigerung der Mehrleistungen, sondern die Nachbeauftragung. Mittlerweile gewinnt man den Eindruck, dass die Baukosten immer eine deutliche Marge über der Anfangskalkulation liegen. Bei den öffentlichen Vergaben muss sich einem das Gefühl aufdrängen, dass zu den zunächst budgetierten Kosten vergeben wird und schon zu diesem Zeitpunkt klar ist, dass weitere Dinge hinzutreten werden, die nicht im Leistungsumfang enthalten oder noch nicht ausgeschrieben waren. Das Kernproblem sind allerdings nicht die Kostensteigerungen der Mehrleistungen wie technische Ausstattung oder Möblierung. Das Problem ist, dass durch diese Nachbeauftragung die Gesamtstruktur einer Baustelle gestört wird und da- durch erhebliche Probleme auftreten, so dass bei mehreren Nachbeauftragungen die Kosten ein Bruchteil dessen sind, was die Störungskosten ausmachen. Wie stehen Sie zum Wärmeschutz von Gebäuden? Die Weiterentwicklung der Energieeinsparverordnung der letzten Jahre hat zu einer immer höheren Dämmung der Gebäude geführt, in der Regel mit Kunststoff- oder Styroporprodukten. Daraus entstanden immer größere Probleme mit Feuchtigkeit und Schimmelbildung in den Wohnungen, so dass heute wiederum in hochgedämmten Gebäuden Zwangsentlüftung, Zwangsbelüftungen erforderlich sind, die Kälte zuführen und Energie verbrauchen, um diesen Kälteverlust zu vermeiden. Hoffentlich geht die Tendenz dahin, dass nachhaltiger und natürlicher gedämmt wird. Da sind die Altbauten den Neubauten in meinen Augen weit voraus. In den letzten Jahren sind die Vertragswerke für Pro jektentwicklungen komplexer und umfassender geworden. Gibt es einen Trend im Baurecht, eine Sachlage, die stark hervortritt? Ja, in den letzten Jahren sind die Vertragswerke für Projektentwicklungen wesentlich komplexer und umfassender geworden und werden mittlerweile zunehmend mehr nach angelsächsischem Recht ausgestaltet, ohne dass das eigentlich notwendig wäre. Ein Projektentwicklungsvertrag mit einem öffentlichen Wohnungsbauunternehmen und einem Generalunternehmer und dem dazwischen sitzenden Bauträger hat heute sicherlich 1.000 Seiten ohne die Anlagen, mit Definitionen, wie wir es früher nur aus Amerika oder England kannte. Es findet ein immer stärkere Detaillisierung der Vertragswerte statt. Und daher haben die Juristen immer größere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Abschluss dieser Vertragswerke. Zeigt das das Misstrauen untereinander oder eher eine wachsende Internationalisierung im Baurecht? Es zeigt zumindest in meinen Augen, dass die Arbeitsteilung größer geworden ist. Dass es weniger Bauträger gibt, die von sich aus in der Lage sind, Bauleistung als Generalunternehmerleistung zu erbringen, wie z. B. die Bauwens im Rheinland. Wie das auch einige Unternehmen mittlerweile wieder erbringen können, z. B. die Schrobsdorff Bau AG, die Projektentwicklung und Bautätigkeit ausübt. Oder jetzt die Züblin zusammen mit der Strabag. Aber tendenziell sind die Anzahl der Vertragswerke und ihre Komplexität umso größer, je arbeitsteiliger die Leistung erbracht wird. Das Interview führte Vivian Kreft. D0MINO 01 2016 | 19 Neues aus der DOMUS-Gruppe Neues aus der DOMUS-GRUPPE Organisieren Sie Ihren Erfolg Unter diesem Motto bietet DOMUS Consult in Kooperation mit KÖNIGSWEG praxisnahe Vorträge und Diskussionsrunden an. Die neue Partnerschaft der Unternehmen (wir berichteten davon in Domino 03/2015) ermöglicht Synergien zu den Themen Organisationsentwicklung, Effizienzsteigerung und Service-Optimierung. Auf den Veranstaltungen werden neue Trends in der Unternehmensorganisation vorgestellt, die Handhabung des Organisationshandbuchs in der Praxis sowie der Nutzen und die Grenzen von Audits. Besonders interessant dürfte die Antwort auf die Frage sein, wie ein Unternehmen pro Mitarbeiter und Tag eine Stunde gewinnen kann. Zielgruppe für die Tagesveranstaltungen sind Geschäftsführer und Vorstände. Die Teilnahmegebühr beträgt 40 Euro zzgl. USt. Termine: 24.05.2016 – Dresden 14.09.2016 – Erfurt 15.09.2016 – Stuttgart JETZT E IL TE NAHM SICHERN! Wenn Ihr Interesse geweckt ist, melden Sie sich bitte an bei DOMUS Consult, Ute Farnsteiner, Tel. 0361/ 347 80 20, [email protected] DOMUS-Seminare 2016 Auf unsere drei DOMUS-Seminare in der zweiten Jahreshälfte wollen wir Sie rechtzeitig aufmerksam machen. Neben den Fachseminaren in Brandenburg und MecklenburgVorpommern, die sich an Geschäftsführer, Prokuristen und Leiter des Rechnungswesens kommunaler Unternehmen wie auch Mitarbeiter von Beteiligungsverwaltungen richten, bieten wir auch ein spezielles Seminar für Aufsichtsräte an, zu dem natürlich auch die Geschäftsführer herzlich willkommen sind. Fachseminar für kommunale Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern Donnerstag und Freitag, 3. und 4. November 2016 im Resort Van der Valk in Linstow Diese Fachveranstaltung mit aktuellen Entwicklungen und Themen aus dem Kommunal-, Bilanz- und Steuerrecht ist seit zehn Jahren fester Bestandteil in der Jahresplanung kommunaler Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern. Ihre Anmeldungen und Anfragen nach weiteren Informationen richten Sie bitte an Marion Geest, 040/52011-254 oder 0331/74988-54, [email protected] Bildnachweise dieser Ausgabe: © iStock: Titel, Seite 2 (r. oben), 3 (r. mitte), 16, 24, 31; © Gabriele Boiselle Seite 3 (oben), 26, 27, 29, 30; © Winfried Mausolf: Seite 3 (l. mitte), 9; © Björn Schroeder: Seite 3 (l. unten); © DOMUS AG: Mitarbeiterporträts, Seite 2, 6, 8, 12, 25; © Max Schwarzlose, Seite 7; © Stadt Calau: Seite 12, 13; © DOMUS | D0MINO Mitarbeiterporträts, 20Consult: 01 2016 Seite 15, 22; © Andreas Riedel: Seite 18; © Alexandra Lotz: Seite 28; © Jana Harder: Seite 29 (l. oben) Fachseminar für kommunale Unternehmen in Brandenburg Termin und Veranstaltungsort werden rechtzeitig bekannt gegeben. Auf dieser Fachveranstaltung, die zum zweiten Mal in Brandenburg angeboten wird, werden aktuelle Entwicklungen und Themen aus den Bereichen Betriebswirtschaft, Steuern und Kommunalrecht vorgestellt. Fit für den Aufsichtsrat Termin und Veranstaltungsort werden rechtzeitig bekannt gegeben. Sie üben Ihre Aufsichtsratstätigkeit schon lange erfolgreich aus und möchten Ihre Kenntnisse auf den aktuellen Stand bringen? Sie sind gerade erst in einen Aufsichtsrat bestellt worden oder Ihre Bestellung steht demnächst an? Und Sie möchten sich mit Ihren Rechten und Pflichten vertraut machen, aber auch über mögliche persönliche Risiken für Sie, wie zum Beispiel Haftungsfragen und den möglichen Schutz vor diesen Risiken, informiert werden? Das Seminar vermittelt Ihnen wichtiges Know-how und gibt Ihnen professionelle Antworten. Ihre Fragen zu den Veranstaltungen in Brandenburg nimmt Anja Sebastian gern entgegen, 0331/749 88-10, [email protected] DOMUS INFORMIERT Teil 2 der Serie » DOMUS CONSULT IT – ERP-SYSTEM ERFOLGREICH WECHSELN: als Projekt begreifen, verantwortungsbewusst handeln Teil 2 der zweiteiligen Serie beschäftigt sich mit Projektmanagement, Betriebs- und Prozessana lyse sowie Organisations- und Prozessanpassung. Der Gesamtprozess des ERP-Systemwechsels umfasst fünf Phasen. Die Projektphasen 3 und 4 zur ERP-Systemauswahl und Implementierung wurden in Teil 1 beschrieben (siehe DOMINO-Ausgabe 3/2015). In Teil 2 wird nun vorgestellt, wie der Wechsel des ERP-Systems für die Optimierung der internen Abläufe genutzt werden kann. » D0MINO 01 2016 | 21 DOMUS informiert PROJEKTPHASEN DER GES-ERP-SOFTWARE-UMSTELLUNG Management und Controlling ERPSystemauswahl Betriebs- und Prozessanalyse (IST) Projektphase 1: Projektphase 2: Projektphase 3: IT-Projektmanagement vor ERP-Systemwechsel ERP-Systemauswahl inkl. Projektcontrolling »P rojektphase 1: IT-Projektmanagement inkl. Projektcontrolling Da ein Wechsel des ERP-Systems nicht zum Tagesgeschäft von Wohnungs- und Immobilienunternehmen gehört, ist eine professionelle IT-Projekt- und Prozessbegleitung empfehlenswert. In jedem Fall sollte dieser Prozess als Projekt verstanden und umgesetzt werden. Dem Projektmanagement kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Denn es umfasst die Führungs- und Organisationsaufgaben für die Initiierung, Planung, Steuerung als auch die Projektabnahme. Dr. Ingo M. Pusch 0331 / 743 30-0 pusch@ domusconsult.de 22 | D0MINO 01 2016 Den Auftakt für ein Projekt bildet in der Regel ein Kick-off-Workshop. Hier lernen sich alle Projektbeteiligten kennen: die Geschäftsführung und ausgewählte Mitarbeiter der Wohnungsunternehmen, die ERP-Systemanbieter und die Vertreter der Beratungsunternehmen als Projektbegleiter. Die Projektbeteiligten werden über das Projektziel, den daraus entstehenden Nutzen für das Unternehmen sowie über notwendige Mitwirkungshandlungen informiert. Dazu werden Projektrollen und -aufgaben sowie das konkrete Vorgehen inkl. der Planung eines Zeitrasters und der damit verbundenen Meilensteine vorgestellt. Wird – wie bei größeren Unternehmen üblich – ein Lenkungsausschuss eingesetzt, werden dessen Aufgaben, Verantwortungsbereiche und Zielsetzungen festgelegt. Projektfortschritt und Planabweichungen werden regelmäßig in Projektmeetings und ggf. in Lenkungsausschusssitzungen überprüft und abgestimmt. Das Projektcontrolling ist ein wichtiger Bestandteil des Projektmanagements und sichert ab, dass die Projektziele auch erreicht werden. Es konzentriert sich insbesondere auf die Planung von Ressourcen und die Prüfung, ob Projektziele und Projektkosten eingehalten werden. Eine der wichtigsten Aufgaben des Projekt managements ist die Erarbeitung des vollständigen Projektablaufplans. Dieser muss unter anderem alle Teilprojekte, Arbeitspakete und Teilaufgaben, eine Zeitplanung, Verantwortlichkeiten sowie den Fertigstellungsgrad des Projektes enthalten. DOMUS informiert ERPSystemeinführung Organisations- und Prozessanpassung (SOLL) Projektphase 4: Projektphase 5: ERP-Implementierung nach ERP-Systemwechsel » Projektphase 2: Betriebs- und Prozessanalyse vor einem ERP-Systemwechsel Ein ERP-Systemwechsel sollte als Chance begriffen werden, die unternehmensinternen Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und mit dem Wechsel des ERP-Systems gleichsam die Organisation weiter zu entwickeln. Sinnvoll ist es, zu Beginn eine Analyse der Aufbauorganisation durchzuführen. Diese umfasst insbesondere die Hierarchien und Verantwortlichkeiten. Gleichzeitig sollte eine Analyse der wohnungswirtschaftlichen Führungs-, Kernund Unterstützungsprozesse durchgeführt werden. Dabei werden sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte ermittelt und berücksichtigt. Mittels einer Fachmodulanalyse werden alle Module, die das aktuell im Einsatz befindliche ERP-System bietet, analysiert. Und es wird herausgearbeitet, welche zusätzlichen Anforderungen das neue ERP-System erfüllen muss. Dabei ist es ratsam, auf die Unternehmensoder E-Business-Strategie zurückzugreifen. Die Ergebnisse aus der Betriebs- und Prozessanalyse sollten als ein wesentlicher Bestandteil in ein Lastenheft überführt werden. Im Anschluss erfolgen in den Projektphasen 3 und 4 die Auswahl und Implementierung des ERPSystems. » Fazit Jedes Wohnungsunternehmen sollte vor einem ERP-Systemwechsel prüfen, ob mit der Einführung eines neuen ERP-Systems Prozessoptimie- »P rojektphase 5: Organisations- und Prozessanpassung nach einem ERP-Systemwechsel rungen einhergehen sollen. Mit der damit verbundenen Orga- Im Ergebnis der Betriebs- und Prozessanalyse und mit Einführung des ERP-Systems werden die Aufbau- und Ablauforganisation optimiert. Die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Einrichtung und Handhabung des neuen ERP-Systems werden direkt berücksichtigt und in Prozessbeschreibungen dokumentiert. die (vorhandenen) Prozessbeschreibungen des Unternehmens erfolgen oder alternativ in ein Management-/Organisationshandbuch übertragen werden. Dabei werden auch die von den Prozessbeteiligten verwendeten Dokumente (Vorlagen, Muster, Formulare etc.) berücksichtigt. Im Projekt stellt sich die Frage, wie die ERPDokumentation in die Dokumentation der Unternehmensprozesse integriert werden kann. Dies kann als direkte Integration in In Prozessworkshops oder Coachings am Arbeitsplatz lernen die Mitarbeiter in der letzten Projektphase die optimierten Prozesse in der täglichen Praxis anzuwenden. nisationsanpassung kann eine effizientere Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation erzielt werden. D0MINO 01 2016 | 23 DOMUS informiert » DOMUS RECHT GEWERBERAUMMIETVERTRÄGE Ob die Arztpraxis im Erdgeschoss des Wohnhauses, der Bäckerladen um die Ecke oder die Büro räume in der Stadt – Gewerberaummietverhältnisse sind vielfältig. Dies trifft auch auf die weitere Regelungsvielfalt und deren Probleme zu. Da Gewerberaummietverhältnisse nicht den strengen BGB-Regelungen für Wohnraummietverhältnisse unterliegen und die Vertragspartner in der Regel keine Verbraucher sind, steht der individuellen Vertragsgestaltung nichts im Weg. 24 | D0MINO 01 2016 DOMUS informiert D ie jeweiligen besonderen Nutzungen ermöglichen es jedoch, auch einmal einen besseren Schutz als Wohnraummieter zu erhalten. So urteilte das LG Stuttgart am 12.05.2015 (Az: 26 O 286/14), dass ein erheblicher Legionellenbefall des Trinkwassers in einer Zahnarztpraxis einen nicht unerheblichen Mietmangel darstellt. Denn eine auch nur potentielle Gesundheitsgefahr im Sinn einer Legionelleninfektion muss in einer zahnärztlichen Praxis ausgeschlossen werden können. führen. Eine Infektion erfolgt durch Einatmen von zerstäubtem, erregerbefallenem Wasser und damit durch Eindringen von erregerhaltigem Wasser in die Luftröhre oder Lunge. Bei der Behandlung in einer Zahnarztpraxis gelangt unweigerlich Wasser in den Mundraum und kann daher auch eingeatmet werden. Daher liegt es auf der Hand, dass gerade in einer Zahnarztpraxis das Wasser sauber und insbesondere frei von Krankheitserregern sein muss. Die zulässigen Messwerte waren an drei Entnahmestellen, darunter zwei betreffend Behandlungsräume überschritten. So wurde eine Minderung von 50 % bei der vorliegenden erheblichen Legionellenbelastung zuerkannt und bei der anschließend noch bestehenden latenten Gefahr einer Belastung eine Minderung von 25 %. Damit geht diese Entscheidung weiter als die bisherigen Urteile im Wohnraummietrecht. Das Gericht sah zudem ein Minderungsrecht hier solange als gegeben an, wie der Zahnarzt befürchten musste, dass der Mangel nicht ordnungsgemäß behoben wird. Diese Mangelbeseitigung setzte beim Legionellenbefall eine Sanierung der Wasserversorgungsanlage im Hause voraus. Dies hat seine Besonderheiten in der Nutzung als Zahnarztpraxis. Legionellen fühlen sich in erwärmtem Wasser (30– 45° C) wohl und können beim Menschen zu einer schweren und nicht selten tödlich verlaufenden Lungenentzündung Darüber hinaus wurde auch klargestellt, dass dem Zahnarzt ein Recht zur fristlosen Kündigung zusteht, wenn es dem Vermieter wiederholt nicht gelingt, den Mangel endgültig abzustellen. Gern versuchen Vermieter im Gewerberaummietrecht, Mietminderungsansprüche oder die Haftung für Mängel auszuschließen. Dies ist jedoch nicht absolut möglich. Vielmehr stellte das Branden burgisches Oberlandesgericht mit Urteil vom 22.09.2015 (Az: 6 U 99/14) aktuell nochmal klar, dass ein formularmäßiger Ausschluss der Sachmangelhaftung, der sich auf die bei Abschluss eines Gewerberaummietvertrags vorhandenen Mängel beschränkt, noch zulässig ist. V om Zustand der Räume, der Umgebung und des Gebäudes kann sich der Gewerberaummieter vor Vertragsschluss ein ausreichend klares Bild machen, so dass es keines weiteren Schutzes des Mieters bedarf. Auch kann der Gewerberaummieter durch Individualvereinbarung weitgehend zu Ausbau-, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten (z. B. Herstellung der Beheizbarkeit) verpflichtet werden. Gegen eine solche Vereinbarung bestehen insbesondere keine Bedenken, wenn die Übernahme solcher Arbeiten in die Berechnung der Miete eingeht. Eine Haftung nach § 536 a Abs. 1 Alt. 2 BGB setzt ein Vertretenmüssen und damit ein Verschulden des Vermieters voraus. Daran fehlt es aber, wenn der Vermieter lediglich die Erhaltungsmaßnahme veranlasst, denn er erfüllt damit lediglich seine Instandhaltungsverpflichtung. Dass damit in der Regel Beeinträchtigungen in der Nutzung verbunden sind, begründet noch keinen Schuldvorwurf. Insbesondere dann, wenn der Vermieter weder am Auftreten des Mietmangels noch an Umfang und Dauer der Mangelbeseitigung ein Verschulden trifft, sind die Umsatzeinbußen ohne weiteres dem Mieter aufzuerlegen. Interessant ist auch das aktuelle Urteil des BGH vom 13.05.2015 (Az: XII ZR 65/14). Hiernach steht dem Gewerberaummieter kein Recht auf Mietminderung zu, wenn er Mangelbeseitigungsmaßnahmen ohne Grund verweigert. In diesem Fall verhinderte der Mieter die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen, die auch den Mangel beseitigt hätten, wegen dem der Mieter seine Miete gemindert hatte. Auch hatte der BGH in diesem Fall über die Möglichkeit einer Kündigung wegen erheblichen Mietrückstands zu entscheiden. Die Erheblichkeit liegt hier bereits bei einem Rückstand von einer Monatsmiete vor. Der Mieter erlitt durch die Baumaßnahmen eine Umsatzeinbuße. Für diese haftete der Vermieter aber nicht – schon gar nicht allein deshalb, weil er die Baumaßnahmen veranlasst hatte. Juliane Walter 0351 / 254 91 72 [email protected] D0MINO 01 2016 | 25 Staatliche Gestüte sind ein Spiegel ihrer Zeit, der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Situation. Auf das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt in Neustadt an der Dosse trifft dies in besonderem Maße zu. DIE STIFTUNG BRANDENBURGISCHES HAUPT- UND LANDGESTÜT NEUSTADT (DOSSE) RENAISSANCE EINES PREUSSISCHEN KULTURERBES 26 | D0MINO 01 2016 MIt der DOMINO unterwegs „F riedrich Wilhelm II. errichtete dieses Gestüt zum Besten des Landes 1788“, so steht es auf einer Tafel über dem Haupteingang des Landstallmeisterhauses geschrieben. Das Gebäude, in dem es ursprünglich neben den Wohn- und Diensträumen des Gestütsleiters auch ein Apartment für königliche Besuche gab, ist das markante Wahrzeichen einer der größten und bedeutendsten Pferdezuchtstätten Europas. Heute beherbergt es die Gestütsverwaltung. Sein von einem goldenen Pferd bekröntes Uhrtürmchen ist weithin sichtbar und kündet von dem Thema, um das sich hier seit über 225 Jahren alles dreht. » Staatliche Pferdezucht Die Neustädter Gestüte stammen aus einer Zeit, in der der Hufschlag des Pferdes das Tempo in der Landwirtschaft, im Transportwesen, in der höfischen Repräsentation, in Krieg und Frieden bestimmte. Die Qualität der Pferde war ein entscheidender Faktor für die Produktivität und den militärischen Erfolg eines Staates. Weitsichtige Monarchen gründeten nicht nur herrschaftliche Gestüte zur Zucht von Pferden zur Repräsentation am Hofe, sondern auch Staatsgestüte, um die Qualität der Pferde in ihren Herrschaftsgebieten positiv zu beeinflussen. Die wichtigsten Pferdezüchter auf deutschem Boden, und nicht von ungefähr die erfolgreichsten Herrscher ihrer Zeit, waren die Preußen. 1786 wurde die „Königliche Preußische Gestütsverwaltung“ ins Leben gerufen, der sechs Gestüte und 16 Hengstdepots mit mehr als 2.000 Hengsten unterstellt waren. Die preußischen Bezeichnungen „Hauptgestüt“ und „Landgestüt“ haben sich bis heute gehalten. Während Hauptgestüte mit eigenen Stutenherden aktiv Pferdezucht betreiben, bieten Landgestüte privaten Züchtern sorgfältig ausgewählte Hengste für deren Stuten an. In Deutschland gibt es vier Hauptgestüte und zehn Landgestüte. Neustadt (Dosse) ist neben dem bayrischen Schwaiganger und Marbach in Baden-Württemberg der einzige Standort, an dem Haupt- und Landgestüt miteinander verbunden sind. » Mustergestüt in frühindustrieller Kulturlandschaft Bedeutenden Pferden werden in Neustadt Denkmäler gesetzt: Die Bronzestatue der Stute Poesie und ihrer Tochter Poetin steht auf dem Gelände des Hauptgestüts. Rund 80 Kilometer nordwestlich von Berlin, in der weiten Landschaft der Ostprignitz, erstreckt sich das Gestüt auf über 420 Hektar Land. Die sumpfige Gegend war unter Friedrich II. mit Hilfe holländischer Kolonisten urbar gemacht worden und entwickelte sich bald zu einem frühindustriellen Zentrum mit Hochofen und Spiegelmanufaktur. Zahlreiche Spiegel, die D0MINO 01 2016 | 27 MIt der DOMINO unterwegs Das Landstallmeisterhaus an einem goldenen Oktobertag. in den preußischen Schlössen zu bewundern sind, stammen aus Neustadt (Dosse). In unmittelbarer Nachbarschaft konzipierten der königliche Stallmeister Carl Graf von Lindenau und der sächsische Bauinspektor Ephraim Wolfgang Glasewald eine der modernsten Pferdezuchtstätten ihrer Zeit. Die Anlage gliedert sich in zwei streng symmetrisch angeordnete Komplexe: Das „Friedrich-Wilhelm-Gestüt“ für rund 100 Stuten sowie das „Kurmärkische Landgestüt Lindenau“ für 100 Hengste, damals wie heute verbunden über eine rund eineinhalb Kilometer lange, vierreihige Allee, die von Weiden und Trainingsanlagen gesäumt wird. » Bewegte Vergangenheit In dieser Geschlossenheit überlebte das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt die Napoleonischen Kriege sowie den Ersten und Zweiten Weltkrieg – mit jeweils erheblichen Verlusten an qualitätvollen Pferden. Mühsam musste die verlorene Zuchtbasis immer wieder aufgebaut werden. Am härtesten traf es das Gestüt zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Die sowjetischen Besatzer transportierten alle rund 500 im Gestüt verbliebenen Pferde ab, mit Ausnahme eines Hengstes, der zu dem Zeitpunkt lahmte. Doch der Wiederaufbau gelang schneller als gedacht. So mancher Hengst 28 | D0MINO 01 2016 und so manche Stute, die in den Kriegswirren verloren gegangen waren, fanden sich wieder. Dabei half das Neustädter Brandzeichen – der Pfeil mit der Schlange. Diese Klugheit und Gewandtheit symbolisierenden Tugenden sollten die Neustädter Pferde auszeichnen. Wie überall führte die Mechanisierung der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem Einbruch in der Pferdezucht. Zu DDR Zeiten gelang es dennoch, trotz oder vielleicht auch gerade wegen einer starken landwirtschaftlichen Nutzung mit Ackerbau, Milch- und Mastviehhaltung, das Landgestüt als staatliche Pferdezuchtstätte (VEG Tierzucht-Hauptgestüt) zu erhalten und 1956 auch wieder ein staatliches Hengstdepot einzurichten. Ebenfalls gelang die notwendig gewordene Umwandlung des schwereren Wirtschaftspferdes zum modernen Sportpferd. Neustadt (Dosse) wurde zum zentralen Exportstall der DDR, denn die hier gezüchteten Pferde waren auch im kapitalistischen Ausland begehrt und sorgten für Devisen. » Gründung der Stiftung 1994 wurden beide Gestütsteile wieder vereint, doch die Zukunft der Einrichtung blieb zunächst ungewiss. Der Investitionsstau war immens, eine zeitgemäße, erfolgreiche Bewirt- MIt der DOMINO unterwegs Beatrice Buchwald auf DKB-Bundeschampion und Vize-Weltmeister DSP Belantis. » TOURISMUS UND VERANSTALTUNGEN Für Besucher bietet die Stiftung Führungen, Kutschfahrten, zwei Museen, Räumlichkeiten für Familienfeiern und Firmenevents, sowie zahlreiche Veranstaltungen wie den Fohlenfrühling, die Hengstparaden und die Weihnachtsgala an. In der 1998 direkt am Landgestüt erbauten Graf-von-Lindenau Halle finden weitere Aktivitäten wie das „Schaufenster der Besten“ mit Körung und Auktion oder das international besetzte Reitturnier CSI Neustadt (Dosse) statt. Im Sommer ist das Gestüt Austragungsort der Landesmeisterschaften im Dressur- und Springreiten. Dass Neustadt (Dosse) eine hervorragende Kulisse für sportliche und gesellschaftliche Anlässe bietet, hat auch die Sportgemeinschaft des Deutschen Bundestages erkannt, die alle zwei Jahre im Oktober eine Hubertusjagd auf dem Gestütsgelände durchführt. Bereits im Juni werden die Bundesfinanzminister dem „Sanssouci der Pferde“ im Rahmen ihrer Konferenz in Neuruppin einen Besuch abstatten. Für die Pferdezucht und für den Erhalt von kulturellem Erbe gilt gleichermaßen „Denken in Generationen“. Fundiertes Wissen und Weitblick sind erforderlich, um die Weichen für positive Entwicklungen in der Zukunft richtig zu stellen. Die Erfolge der Neustädter Pferdezucht sprechen für sich. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das einzigartige Erbe des Brandenburgischen Hauptund Landgestüts für nachfolgende Menschen- und Pferdegenerationen zu sichern und blickt optimistisch in die Zukunft. schaftung erschien unter den gegebenen Umständen so gut wie aussichtslos. 2001 wurde das Haupt- und Landgestüt schließlich in eine Stiftung umgewandelt, um die die Voraussetzungen für eine Sanierung mit Hilfe von Fördermitteln der EU und des Landes Brandenburg zu schaffen. Über 40 Millionen Euro wurden in den vergangenen Jahren investiert, um das preußische Erbe in altem Glanz strahlen zu lassen und das denkmalgeschützte Ensemble modernen Anforderungen und neuen Aufgaben anzupassen. Abgeschlossen sind die Arbeiten noch nicht, derzeit werden die nächsten Maßnahmen geplant. Parallel zu den baulichen Aktivitäten fanden ein schmerzhafter Personalabbau und eine Reduzierung des Pferdebestandes statt. Heute betreuen 65 Mitarbeiter und 17 Auszubildende rund 350 Pferde, darunter über 40 Deckhengste, die vierzigköpfige Mutterstutenherde und deren Nachkommen. Ein Teil der Hengste ist während der Zuchtsaison von März bis Juli auf acht Außenstellen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt verteilt, um den Züchtern mit ihren Stuten kurze Wege, Beratung und Service vor Ort anzubieten. Von den jährlich benötigten rund fünf Millionen Euro muss das Gestüt drei selbst erwirtschaften, zwei Millionen werden vom Land bezuschusst. » VERANSTALTUNGEN 2016: 7. Mai: 10./17./24. September: Neustädter Fohlenfrühling, das Hengstparaden – Veranstaltungshigh- Hoffest für die ganze Familie lights mit buntem Schauprogramm 14. bis 17. Juli: 15. Oktober: Landesmeisterschaften im Hubertusjagd mit der Sportgemein- Dressur- und Springreiten schaft des Deutschen Bundestages 3. Dezember: Weihnachtsgala – die märchenhafte Pferdeshow zum Fest D0MINO 01 2016 | 29 Auszubildende der MIt der DOMINO unterwegs Die Neustädter Voltigier- Neustädter Gestüte gruppe gehört zu den 2008 im Gelände. Besten der Region. » Pferdezucht von Weltruf Die Pferdezucht an der Dosse genießt weltweit einen ausgezeichneten Ruf. Die Basis der züchterischen Erfolge bilden die über Generationen mit viel Sachverstand durchgezüchteten Stutenfamilien des Hauptgestüts. Aus ihnen gehen Pferde von Weltruf hervor. Zu den aktuellen Highlights der Hengstriege gehört der aktuelle Vize-Weltmeister der jungen Dressurpferde Belantis, eine der Zukunftshoffnungen der mehrfachen Weltmeisterin und Olympiasiegerin Isabell Werth. Unumstrittener Star des Hauses ist der kürzlich zum Elitehengst ernannte Quaterback. Selbst seinerzeit Bundeschampion und aktueller Landeschampion der Dressur, kann er allein in Deutschland auf über 60 zur Zucht zugelassene Söhne und eine Armada erfolgreicher Nachkommen im Sport verweisen. Rund 3,2 Millionen Euro an Deckgeldern hat der bewegungsstarke Fuchshengst in den vergangenen zehn Jahren in die Gestütskasse fließen lassen. Seine Gene sind weltweit gefragt und dank moderner Zuchtmethoden bis nach Australien, Kanada und in die USA lieferbar. » Wirtschaftsfaktor Pferd Zu den traditionellen Aufgaben des Gestüts, der Zucht, Haltung und Ausbildung von Pferden, sind in den vergangenen Jahren neue Geschäftsfelder hinzugekommen. Dienstleistung rund um das Pferd, Ausbildung und Forschung, Veranstaltungen und Tourismus gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dabei spielt das Gestüt eine wichtige Rolle für die regionale Entwicklung. Die gesellschaftliche Bedeutung des Pferdes hat sich gewandelt. Aus dem allgegenwärtigen Arbeits- und Transportmittel ist ein Sport- und Freizeitpartner geworden, der Naturerlebnisse, Erholung oder die Möglichkeit zur Teilnahme an Wettkämpfen bietet. Der Umgang mit Pferden trägt zur Charakterbildung junger Menschen bei, die im Stall Disziplin, Geduld, Rücksicht und Verantwortungsbewusstsein lernen. Der Einsatz von Pferden für the- 30 | D0MINO 01 2016 rapeutische Zwecke nimmt ständig zu. Nicht zuletzt ist das Pferd ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor. Studien haben ergeben, dass drei Pferde einen Arbeitsplatz schaffen. » Bildung und Forschung Neustadt (Dosse) ist Sitz der Landesreit- und Fahrschule. Amateuren und Profis wird ein breites Spektrum an Lehrgängen geboten. Den Teilnehmern stehen Ferienwohnungen im gestütseigenen Gästehaus zur Verfügung. Eine bundesweit einzigartige Besonderheit ist die Initiative „Reiten-inder Schule“ in Kooperation mit der Prinz-von-HomburgSchule, die Reiten als Unterrichtsfach anbietet. Eigens für dieses Projekt wurde 2005 eine moderne Reithalle mit einem „gläsernen“ Klassenzimmer errichtet. 150 Schüler sind mit Begeisterung dabei, ganze Familien sind wegen des einzigartigen Angebots nach Neustadt (Dosse) gezogen. Viele haben eigene Pferde mitgebracht, die zum Teil im Gestüt, zum Teil in umliegenden Pensionspferdebetrieben untergebracht sind. Zusammen mit der veterinärmedizinischen Abteilung der Universität Wien betreibt die Stiftung das Graf-Lehndorff-Institut für Pferdewissenschaften, in dem zum Wohl des Pferdes geforscht wird. Text: Alexandra Lotz, Öffentlichkeitsarbeit, Besucher- und Veranstaltungsmanagement Kontakt: Stiftung Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) Hauptgestüt 10, 16845 Neustadt (Dosse) Tel.: 033970-5029-0, Fax: 033970-5029-622 E-Mail: [email protected], www.neustaedter-gestuete.de MIt der DOMINO unterwegs Organisation und Personal Finanzierung und Versicherung Unternehmenskonzepte und WOCON® BRINGEN SIE IHR UNTERNEHMEN MIT UNS AUF WACHSTUMSKURS. Beratung mit Persönlichkeit und Kompetenz Seit mehr als 20 Jahren berät die DOMUS Consult erfolgreich die Wohnungsund Immobilienwirtschaft, mittelständische Unternehmen anderer Branchen und öffentliche Auftraggeber. Für uns gilt: Kein Auftrag ist wie der andere, sondern erfordert spezifische Lösungen. Jederzeit angepasst an die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen unserer Kunden. Unsere Leistungsschwerpunkte sind die Themenbereiche Organisation und Personal, Unternehmenskonzepte und WOCON® sowie Finanzierung und Versicherung. Ihre Themen sind auch unsere Themen – sprechen Sie uns an. Schornsteinfegergasse 13, 14482 Potsdam • Telefon: 0331 / 743 30-0 E-Mail: [email protected] • www.domusconsult.de D0MINO 01 2016 | 31 DOMUS AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Berlin Lentzeallee 107 14195 Berlin Telefon 030 / 897 81-0 Telefax 030 / 897 81-249 [email protected] www.domus-ag.net Ernst-Reuter-Platz 2 10587 Berlin Telefon 030 / 88 59 64-0 Telefax 030 / 88 59 64-40 [email protected] Potsdam Schornsteinfegergasse 13 14482 Potsdam Telefon 0331 / 749 88-0 Telefax 0331 / 749 88-23 [email protected] Dresden Antonstraße 37 01097 Dresden Telefon 0351 / 80 70-171 Telefax 0351 / 80 70-158 Düsseldorf Goltsteinstraße 29 40211 Düsseldorf Telefon 0211 / 169 98-29 Telefax 0211 / 169 98-53 [email protected] Erfurt Regierungsstraße 58 99084 Erfurt Telefon 0361 / 340 10-225 Telefax 0361 / 340 10-229 [email protected] WWW.DOMUS-AG.NET WWW.DOMUSCONSULT.DE Frankfurt (Oder) Heinrich-Hildebrand-Straße 20 b 15232 Frankfurt (Oder) Telefon 0335 / 530 053 Telefax 0335 / 530 053 Hamburg Tangstedter Landstraße 83 22415 Hamburg Telefon 040 / 520 11-251 Telefax 040 / 520 11-255/-259 [email protected] Hannover Leibnizufer 19 30169 Hannover Telefon 0511 / 12 65-310 Telefax 0511 / 12 65-333 [email protected] Magdeburg Olvenstedter Straße 66 39108 Magdeburg Telefon 0391 / 744 18-0 Telefax 0391 / 744 18-13 [email protected] Prenzlau Steinstraße 1 17291 Prenzlau Telefon 03984 / 85 73-0 Telefax 03984 / 85 73-10 [email protected] Potsdam Schornsteinfegergasse 13 14482 Potsdam Telefon 0331 / 743 30-0 Telefax 0331 / 743 30-15 [email protected] www.domusconsult.de Berlin Lentzeallee 107 14195 Berlin Telefon 030 / 897 81-0 Telefax 030 / 897 81-192 Dresden Buchenstraße 16b 01097 Dresden Telefon 0351 / 440 79-0 Telefax 0351 / 440 79-35 [email protected] Erfurt Regierungsstraße 58 99084 Erfurt Telefon 0361 / 347 80-0 Telefax 0361 / 347 80-10 [email protected] Rostock Rosa-Luxemburg-Str. 25/26 18055 Rostock Telefon 0381 / 252 665-36 Telefax 0381 / 252 665-37 [email protected] Schwerin Geschwister-Scholl-Straße 3 –5 19053 Schwerin Telefon 0385 / 74 26-517 Telefax 0385 / 74 26-500 [email protected] Senftenberg Roßkaupe 10 01968 Senftenberg Telefon 03573 / 70 98-0 Telefax 03573 / 70 98-31 [email protected] WWW.DOMUSRECHT.DE Die Unternehmen der DOMUS beraten seit 30 Jahren erfolgreich Unternehmen der verschiedensten Branchen vom Gesundheitswesen bis hin zur Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, dem traditionellen Branchenschwerpunkt unserer Unternehmensgruppe. 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