CDU: Senat operiert mit falschen Zahlen

CDU: Senat operiert mit falschen Zahlen
Fraktionsvizechefin Karin Prien wertete Antworten auf Kleine Anfragen aus ­ Rot­Grün
vernachlässige die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber
OLIVER SCHIRG
ALTSTADT:: Hamburgs Christ­
demokraten werfen dem rot­grünen
Senat im Umgang mit der Flücht­
lingskrise ein Spiel mit falschen
Zahlen vor. "Nach der Auswertung
der Flüchtlingszahlen für Hamburg
steht für uns fest: der Senat ope­
riert zur Rechtfertigung der Integra­
tion sfeindlichen Großsiedlungen mit
überhöhten Zahlen", sagte die stell­
vertretende Vorsitzende der CDU­
Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien,
dem Abendblatt. Zugleich würden
die Bürger über die wirklichen Fer­
tigstellungstermine der sogenannten
Expresswohnungen für Flüchtlinge
getäuscht, "um deren Alternativlo­
sigkeit zu belegen".
Der Senat hatte im vergange­
nen Herbst den Bau von 5600 Ex­
presswohnungen für bis zu 28.000
Flüchtlinge mit Bleibeperspektive
beschlossen und deren Fertigstel­
lung bis Weihnachten dieses Jahres
versprochen. Sie werden zunächst
als Flüchtlingsunterkünfte deklariert
und nach der Erstellung eines re­
gulären Bebauungsplans in eini­
gen Jahren in normale Wohnun­
gen umgewandelt. Die zuständige
Stadtentwicklungsbehörde nutzt da­
zu Ausnahmen im Baugesetz, die der
Bundestag im vergangenen Oktober
beschlossen hatte. Danach können
Flüchtlingsunterkünfte auf Flächen
durchmischte Quartiere zu schaffen.
Dadurch würde eine Integration der
Flüchtlinge erleichtert. Die Unions­
politikerin bezweifelt zudem, dass
wertet und ist nach den Worten von der vom Senat gesteckte Zeitplan,
Prien zu dem Schluss gekommen, wonach die Expresswohnungen be­
dass es den von SPD und Grünen reits Ende dieses Jahres bezugsfertig
"behaupteten Bedarf" für eine dau­ sein sollen, einzuhalten ist. Auch für
erhafte Unterbringung von Flüchtlin­ die Flüchtlingswohnungen seien vor
gen gar nicht gibt. Für die Flüchtlin­ dem ersten Spatenstich komplexe
ge, die keine oder eine mittelfristige Planungen, gegebenenfalls nationale
Bleibeperspektive hätten, seien Fol­ sowie internationale Ausschreibun­
geunterkünfte die geeignete Unter­ gen, Umweltverträglichkeitsprüfun­
gen und Baugenehmigungsverfahren
bringung, so das Fazit von Prien
Dem Senat zufolge kamen im notwendig. "Deshalb ist eine Fertig­
vergangenen Jahr 61.598 Flüchtlin­ stellung eher Ende 2017 realistisch",
ge nach Hamburg. Davon muss­ sagte Prien.
ten 22.315 Menschen zunächst in
Prien warf dem rot­grünen Se­
der Hansestadt untergebracht wer­ nat zudem mangelnden Willen bei
den. Gehe man von einem gleich­ der Abschiebung abgelehnter Asyl­
bleibenden Flüchtlingsstrom aus, ob­ bewerber vor. Demnach seien im De­
wohl auch Sozialdemokraten von zember vergangenen Jahres 341 Per­
der Notwendigkeit einer Reduzie­ sonen abgeschobenen worden ­ 143
rung sprächen, würden für 2016 nur weniger als im November. Zudem
etwas über 65.000 Plätze benötigt, habe ein Vertreter der Sozialbehör­
erklärte Prien. "Davon müssen aber de am vergangenen Freitag im Sozi­
nur knapp 45.000 mittelfristig ange­ alausschuss erklärt, dass 70 Prozent
legt sein, so denn konsequent abge­ aller abgelehnten Asylbewerber eine
schoben wird und innerhalb weniger Duldung erhielten.
Tage nach dem sogenannten König­
Die CDU­Politikerin bemängelte
steiner Schlüssel umverteilt wird."
zudem den schleppenden Personal­
Eine mittelfristige Unterbringung aufbau der beiden Referate in der
bedeutet nach Auffassung von Prien Innenbehörde, die für eine Rück­
eine Unterkunft für vorerst drei Jah­ führung verantwortlich seien. "Vor
re. Dafür würden bereits vorhande­ Monaten hatte der Senat angekün­
ne Folgeunterkünfte ausreichen. Bis digt, die Referate E32 und E 332
80.000 Flüchtlinge in der Hansestadt
untergebracht werden müssten.
Die CDU hat jetzt Antworten des
Senats auf Kleine Anfragen ausge­
errichtet werden, auf denen Woh­ Ende dieses Jahres seien die vom Se­ massiv mit mehr Personal auszustat­
nungsbau bislang nicht vorgesehen nat für notwendig erachteten 5600
oder erlaubt ist.
Expresswohnungen daher nicht not­
Gegen die Errichtung der Express­ wendig.
Prien verweist zudem auf An­
wohnungen gibt es in Hamburger
Stadtteilen Kritik. Bürgerinitiativen gaben des Senats, wonach ledig­
werfen der Regierung vor, die In­ lich rund 50 Prozent der Asylbewer­
teressen der Anwohner nicht zu be­ ber mittelfristig in Hamburg bleiben
rücksichtigen (siehe dazu auch den dürften, Die andere Hälfte müsse
Beitrag auf dieser Seite). Dabei leh­ konsequenterweise in ihre Heimat­
nen die meisten Bürger die Nach­ länder zurückkehren.
barschaft von Flüchtlingswohnun­
Die CDU­Politikerin leugnet nicht
gen nicht grundsätzlich ab, sondern die Notwendigkeit, zusätzlich zu den
fordern in der Regel eine Reduzie­ Sozialwohnungen mehrere Tausend
rung der geplanten Wohnungszahl. Unterkünfte für Flüchtlinge, die dau­
Der Senat wiederum beruft sich auf erhaft in Hamburg bleiben, zu errich­
eine Notsituation und verweist dar­ ten. Angesichts der Senatszahlen sei
auf, dass Ende dieses Jahres bis zu es jedoch sinnvoller, in Zusammen­
arbeit mit Anwohnern kleinere und
ten", sagte Prien. "Jetzt heißt es, dass
für das Referat E332 die Bewer­
bungsfrist für sechs Stellen beendet
sei und nun das Auswahlverfahren
starte; für Referat E32 würden die
Ausschreibungen für 20 Stellen lau­
fen." Es sei offensichtlich, "dass Rot­
Grün beim Thema Abschiebungen
und der dazugehörigen Aufstockung
des Personals den Worten zu wenig
Taten folgen lässt". Mit "Ankündi­
gungspolitik" löse man aber keine
Probleme.
Der Senat operiert zur Recht­
fertigung der Großsiedlungen mit
überhöhten Zahlen Karin Prien
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