Ina Böttcher Katrin Prüfig Kerstin Graf Vera Cordes Julia Westlake Claus-Erich Boetzkes Sandra Maahn Caroline Hamann Foto: NDR / Marcus Krüger PROMI-TALK Hamburgs Spitzenmoderatoren über die Geheimnisse ihres Jobs: „Du musst täglich dein Be stes geben!“ TALK: Was geht durch Ihren Kopf, kurz bevor das rote Licht an der Kamera aufleuchtet? Wieweit lassen Sie sich emotional von Ihren Themen mitnehmen? Vera Cordes, „Visite“, NDR „Jetzt geht`s los! Ich freue mich!“ Katrin Prüfig Es gibt immer wieder Themen, auch im sonst so coolen Nachrichtengeschäft, die gehen mir unter die Haut. Die Freilassung Ingrid Betancourts aus der Geiselhaft der FARC zum Beispiel, da musste ich schon heftig schlucken. Dr. Claus-Erich Boetzkes, „Tagesschau“, ARD Du sprichst immer nur zu einem Menschen. Mit dem sprichst du jetzt so wie du immer sprichst. Es gibt keinen Grund zur Nervosität. Kerstin Graf, NDR info … gar nichts mehr, wenn ich gut bin. Ich versuche, Ruhe einkehren zu lassen. Ina Böttcher, „EinsExtra aktuell“, ARD digital Einfach nur: Konzentration…es geht los. Sandra Maahn, „Sportclub live“, NDR Gute Frage, das kann ich gar nicht so genau sagen. In den meisten Live-Sendungen sagt mir mein Redakteur kurz bevor der Vorspann beginnt noch etwas Nettes aufs Ohr und wünscht mir eine schöne Sendung. Das schafft Gelassenheit. Julia Westlake, „Kulturjournal“, NDR „Guten Abend!“ NDR-Moderatorin Caroline Hamann: „Nachrichten sind wie ein nachgeholtes Geschichtsstudium. Foto: NDR / Marcus Krüger 14 TALK HAMBURG Wie TALKen die Profis? Wir fragten bei denen nach, die es wissen müssen: Acht Profimoderatoren stehen uns Rede und Antwort. Caroline Hamann, „NDR aktuell“ Ab jetzt volle Konzentration, sich von nichts ablenken lassen, bei der Sache bleiben. Dr. Katrin Prüfig, „EinsExtra aktuell“, ARD digital Gut, dass das keine OP am offenen Herzen ist, sondern „nur“ Fernsehen! Julia Westlake Kommt drauf an – bei schwierigen Themen muss man die Gefühle gegebenenfalls auch mal etwas ausblenden, weil man ja Inhalte vermitteln will, aber nicht kommentieren. 1 Claus-Erich Boetzkes Ich bemühe mich um weitgehende Distanz. Ein Nachrichtenmoderator soll sachlich darstellen und sich nicht von seinen Gefühlen hinreißen lassen. Vera Cordes Die Geschichten unserer Sendung Visite sind oft tragisch und wunderbar zugleich. Wenn eine Hundertjährige erzählt, wie sie vor 80 Jahren ihr einziges Kind verlor und darüber ihr Leben lang trauert, oder wenn eine Zweijährige in letzter Sekunde durch eine Organtransplantation gerettet wird, berührt mich das sehr. Caroline Hamann Im Job fast gar nicht, das holt mich dann allerdings abends auf der Couch ein, wenn ich selbst Nachrichten gucke, dann lasse ich es auch an mich heran. Sandra Maahn Emotionale Geschichten berühren mich und wir berichten auch über traurige Ereignisse, die mich nicht kalt lassen. Auch in den Sportsendungen bin ich natürlich involviert. Ich zittere in Wettkämpfen mit und freue mich über strahlende Sieger. Wenn man nichts mehr fühlt, sollte man den Job, glaube ich, an den Nagel hängen. 2 1 „Am Ende müssen wir die Mittler sein“ (Katrin Prüfig, ARD digital). 2 Vera Cordes (Visite): „Ein Moderator darf sich selbst nicht wichtiger nehmen als seine Gäste.“ TALK HAMBURG 15 BUSINESS-TALK Was zeichnet einen guten Moderator aus? Was war Ihr schlimmster Patzer? Sandra Maahn Für mich ist es wichtig, gut informiert, schlagfertig und möglichst spontan zu sein. Ich möchte, dass in meinen Interviews die Gäste und ihre Geschichten im Mittelpunkt stehen. Wenn der Zuschauer von mir gut unterhalten wird und sich kompetent durch eine Sendung geführt fühlt, bin ich zufrieden. Ina Böttcher In einer Nachrichten-Meldung machte ich aus Arcandor/Quelle Arcandor/Qualle…da fiel mir das Ernstbleiben sehr schwer. Julia Westlake Offenheit, Natürlichkeit, Spontaneität Claus-Erich Boetzkes Wenn ich das wüsste. Aber im Ernst: Er hat möglichst großes Wissen, eine gute Formulierungsgabe und ist nur in Maßen eitel. 3 Kerstin Graf Objektiv, souverän und sympathisch muss er/sie sein. Gut vorbereitet, schlagfertig und in der Lage, sich auf seinen Gast einzustellen. Möglichst, ohne rührselig zu sein. Wenn er/sie dann auch noch ein guter Typ ist – super! Katrin Prüfig Hanns Joachim Friedrich hat es treffend gesagt: „sich nicht gemein machen mit einer Sache“ – also zwar engagiert, kritisch und aus der Perspektive der Zuschauer fragen oder moderieren, aber am Ende doch der Mittler bleiben zwischen einem Thema und dem Zuschauer. 4 Fotos: H&S Medienservice Sandra Maahn Patzer gibt es, gerade in Live-Sendungen, immer wieder. Ein richtig schlimmer ist mir glücklicherweise noch nicht passiert (oder ich habe ihn bereits verdrängt). Wie wichtig ist ein korrektes Äußeres für Sie? Was war Ihre wichtigste Einsicht im Rahmen Ihres Berufes? Julia Westlake Sehr wichtig! Ist ja FernSEHEN. Caroline Hamann Dass Nachrichten für mich wie eine Art nachgeholtes Geschichtsstudium sind. Vieles wiederholt sich in Zyklen. Das macht manches einfacher und manches schwerer. Katrin Prüfig Der Spagat zwischen einem „korrekten“ Look, wie ihn die Tagesschau erfordert, und einem etwas moderneren oder lockereren Stil ist nicht immer einfach. Denn „korrekt“ hat ja auch einen großen Vorteil: Es lenkt nichts von der Nachricht ab. Andererseits ist zunehmend auch die Person des Moderators gefragt, insofern geht der Spagat jeden Tag von vorn los. Sandra Maahn Ich möchte, dass sich die Zuschauer auf den Inhalt der Sendung konzentrieren. Dementsprechend unaufdringlich sollten Garderobe und Make up sein. Aber natürlich mache ich mir Gedanken über die Auswahl meiner Garderobe. Sie muss dem Charakter der Sendung entsprechen. Hat die richtig schlimmen Patzer verdrängt: Sandra Maahn (NDR) 4 Kerstin Graf, NDR Info: „HS-faul statt HSV!“ Kerstin Graf Beruflich sehr wichtig – das Erscheinungsbild und Wirkung hängen entscheidend davon ab. Ist ja klar. Privat mache ich mich auch gerne hübsch. Meine kleine Tochter registriert das sofort lobend. ( Mami, wann ziehst du wieder ein Kleid an?) Mein Mann hat es auch gerne. 5 Ina Böttcher, ARD digital: „Arcandor/Qualle statt Arcandor/Quelle“ Caroline Hamann Im Job sehr wichtig, privat zum Glück nicht so sehr. TALK HAMBURG Kerstin Graf Gab es nicht. Nur lustige. Zum Beispiel „HS-faul“ statt HSV. Vera Cordes … dass er bestens vorbereitet ist und sich selbst nicht wichtiger nimmt als seine Gäste. 3 16 Vera Cordes „Liebe Patienten…“ statt „liebe Zuschauer“. Reaktion des Publikums: „Liebe Frau Cordes, die meisten von uns fühlen sich zum Glück noch gesund …..“ Katrin Prüfig Nach 20 Jahren werde ich immer noch rot, wenn ich an ein Interview als Radio-Reporterin mit dem damaligen Star-Moderator HansJoachim Kulenkampff denke. Auf die Frage „und was machen Sie in Ihrer Freizeit?“ antwortete er: Da gehe ich auf die Jacht. In meiner ostwestfälischen Heimat werden die Wörter „Jagd“ und „Jacht“ gleich ausgesprochen – insofern fragte ich interessiert nach: Ach, Sie jagen….? Großes Gelächter um mich herum. Meine Lehre daraus: besser vorbereitet sein und die Hobbys der Interviewgäste kennen! Claus-Erich Boetzkes In der Tagesschau ist es wichtig. Korrekt ja, aber nicht übertrieben. Und nicht zu pfiffig. Sonst achten alle nur auf das Äußere und die Inhalte gehen unter. 5 Caroline Hamann Schalke spielte 0 zu 4 und danach die Frage, huch, warum steht da noch ein Ergebnis? Katrin Prüfig Welche Macht Medien tatsächlich haben. Vera Cordes 1. Vorsichtig mit neuen Erkenntnissen und scheinbaren „Durchbrüchen“ in der Medizin umgehen. Schon viele auf den ersten Blick sensationelle Neuerungen haben sich wenig später als Flops erwiesen. 2. Klare Botschaften vermitteln. Wie immer gilt: Weniger ist mehr. Kulturjournal-Moderatorin Julia Westlake : „Mein Äußeres ist mir sehr wichtig. Ist ja FernSEHEN!“ Sandra Maahn Man darf sich selbst nicht zu wichtig nehmen und trotzdem nicht jedem Konflikt aus dem Weg gehen. Es macht keinen Sinn, sich zu verstellen oder eine Rolle zu spielen. Die meisten Zuschauer wollen authentische Moderatoren. Julia Westlake Egal, was vor der Kamera passiert – meine Familie, meine Wohnung, mein Bett sehen abends, wenn ich nach Hause komme, noch genauso aus wie am Morgen. Claus-Erich Boetzkes Medien konstruieren die Realität. So sehr, dass ich selbst manchmal große Mühe habe, Medienkonstrukt und Wirklichkeit zu Christian Luscher unterscheiden. TALK HAMBURG 17
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