INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XI. I. 2,23,1 / 2,24,2-3 „Man muss wissen, dass alle Fideikommisse in der ersten Zeit kraftlos waren, weil niemand gegen seinen Willen gezwungen werden konnte zu leisten, worum er gebeten worden war. Denn wenn man denen etwas hinterlassen wollte, denen man keine Erbschaften oder Vermächtnisse hinterlassen konnte, vertraute (committere/commissum) man sie der Treue (fides/fidei) derer an, die aus Testament erwerben konnten. Und deshalb wurden sie Fideikommisse genannt, weil sie durch kein rechtliches Band, sondern nur durch das Anstandsgefühl derer, die gebeten wurden, Bestand hatten. Später befahl als erster der vergöttlichte Augustus, veranlasst durch das Ansehen der Person der Verstorbenen oder, weil vorgetragen wurde, jemand sei beim Heil des Kaisers gebeten worden, oder wegen eklatanter Treulosigkeit anderer einmal und dann immer wieder den Konsuln, ihre Amtsgewalt einzusetzen. Weil dies gerecht erschien und beim Volk gut aufgenommen wurde, wurde es etwas später in eine ständige Rechtsprechung verwandelt. Und die Beliebtheit der Fideikommisse nahm so stark zu, dass kurz darauf ein eigener Prätor geschaffen wurde, der in Fideikommiss-Sachen Recht sprechen sollte und den man praetor fideicommissarius nannte. 2. Per Fideikommiss kann man auch einem Sklaven die Freiheit geben, indem man den Erben bittet, ihn freizulassen oder den Empfänger eines Vermächtnisses oder Fideikommisses. Und es macht keinen Unterschied, ob der Erblasser hinsichtlich eines eigenen Sklaven bittet oder eines, der dem Erben selbst gehört oder dem Begünstigten des Vermächtnisses oder Fideikommisses.(...) 3. Als Worte der Fideikommisse sollten am meisten folgende gebraucht werden: 'Ich bitte', 'ich will', 'ich beauftrage', 'ich vertraue deiner Treue an'. Sie sind einzeln ebenso wirksam, wie wenn sie alle zusammen gebraucht werden.“ I. 2,25 pr.-1 „Es steht fest, dass es vor den Zeiten des Augustus das Recht der Kodizille nicht gab, sondern als erster Lucius Lentulus, bei dessen Person auch die Fideikommisse ihren Anfang nehmen, die Kodizille einführte. Denn als er in Africa starb, schrieb er Kodizille (Täfelchen), die im Testament bestätigt waren, in denen er von Augustus per Fideikommiss erbat, irgendetwas zu tun. Und als der vergöttlichte Augustus dessen Willen erfüllt hatte, folgten auch die übrigen seinem Vorbild und erfüllten die Fideikommisse, und die Tochter des Lentulus zahlte Vermächtnisse aus, die sie rechtlich gar nicht schuldete. Es heißt, Augustus habe die Rechtsgelehrten zusammengerufen, unter ihnen auch Trebatius, der damals das größte Ansehen hatte, und gefragt, ob man dies beibehalten könne und der Gebrauch von Kodizillen nicht von Grundgedanken des Rechts abweiche. Und Trebatius soll Augustus überzeugt haben, indem er sagt, es sei überaus praktisch und notwendig, dass die Bürger diese Möglichkeit hätten, wegen der langen und weiten Reisen, die es bei den Alten gab, dass man, wenn man kein Testament errichten konnte, dennoch Kodizille schreiben konnten. Als später auch Labeo Kodizille geschrieben hatte, zweifelte niemand mehr daran, dass Kodizille nach bestem Recht zulässig waren. 1. Aber nicht nur nach Testamentserrichtung kann jemand ein Kodizill errichten, sondern auch, wer ohne Testament stirbt, kann in einem Kodizill ein Fideikommiss aussetzen. Wenn aber das Kodizill vor Testamentserrichtung errichtet wurde, so ist es nach Papinian nur dann wirksam, wenn es später (im Testament) ausdrücklich bestätigt wird. Aber die vergöttlichten Kaiser (Septimius) Severus und Antoninus (Caracalla) haben per Sendschreiben entschieden, dass aufgrund des Kodizills, das dem Testament vorangeht, ein Fideikommiss verlangt werden kann, wenn nur deutlich wird, dass derjenige, der später ein Testament geschrieben hat, von dem Willen, den er im Kodizill zum Ausdruck gebracht hatte, nicht abgewichen ist.“ LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 CIL X 7457 = FIRA III 56 (Sirmium 175 n. Chr.; Inschrift in Cephaloedium/Cefalú, Sizilien) „Abschrift des Kodizills: 'Sei mir gegrüßt, mein Vater! Lebe mir wohl, mein Vater! Als ich dies an dich schreiben ließ, wusste ich, dass du sehr unglücklich sein würdest, wie du es warst, als du mich hierher schicktest. Ich bitte dich, mir ein Denkmal zu setzen, das meiner Jugend würdig ist. Ich bitte dich, meinen Zögling Eutychianus freizulassen und mit dem Stab ebenso meinen Sklaven Aprilis freizulassen, der als einziger von meiner Dienerschaft übrig geblieben ist.‘ Er hat es geschrieben am 15. Tag vor den Kalenden des April in Sirmium im Konsulat von Calpurnius Piso und Publius Salvius Julianus.“
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