01 RAUS AUS DEM KRAWATTENBUNKER Der technische Fortschritt, die Liberalisierung des Welthandels und die zunehmende Verflechtung von Wirtschaft, Recht, Politik und Kommunikation prägen nicht nur unser persönliches Leben, sondern wirken sich auch immer mehr auf unser Arbeitsleben aus.3 Besonders die fortschreitende Digitalisierung der Arbeit, der Zugang zu intelligenten Kommunikations-Tools wie Skype, Facebook, Twitter und Co. und Kollaboration wie GoogleGroups erschließen neue Potenziale bei der Gestaltung und Organisation von Arbeitsinhalten und -prozessen. Die Digitalisierung erleichtert bzw. ermöglicht schon heute den Zugang zu global verteilten Informationen, Wissen, Kompetenzen, Ressourcen, Arbeitspartnern und Märkten.4 Existierende Arbeitsprozesse lassen sich so immer effizienter, effektiver und in zeitlicher, örtlicher und inhaltlicher Dimension flexibler gestalten. Diese Flexibilisierung der Arbeitsprozesse trägt zur Entstehung neuer und vielfältiger Beschäftigungsmodelle bei, welche versuchen, sich durch dynamische und offene Strukturen, an die neuen Arbeitsanforderungen anzupassen.5 “Arbeitnehmer befreien sich aus der Sklaverei hierarchischer Pyramidenorganisationen und verabschieden sich von den altgedienten Patriarchen und Patrons. Damit einhergehend verstärkt sich der Trend zur Selbstständigkeit“.6 So werden Unternehmen in Zukunft in der Regel weniger festeingestellte Mitarbeiter beschäftigen, sondern auf unabhängige Projektmitarbeiter setzen, die auch kurzfristig engagiert werden können. Dies hat zur Folge, dass Selbständige, Freiberufler, Multijobber und temporär Arbeitslose die neue Arbeitswelt prägen. Zudem ersetzen flache, projektbezogene und netzwerkartige Organisationen klassische hierarchische Strukturen.7 Homeoffice, Bürogemeinschaften, mobile Arbeitsplätze oder Coworking Spaces stellen dabei aktuell mögliche Alternativen zum klassischen Büro dar.8 Vor allem Letztere bieten für die IT- und Kreativbranche momentan eine attraktive, kostengünstige und flexible Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In Coworking Spaces teilen sich mehrere Personen oder sogar kleine Firmen einen gemeinsamen Arbeitsplatz.9 Diese Räume fungieren dabei als Schmelztiegel der Kreativität: Durch die Nähe und die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten werden Synergien erzeugt, neue Kontakte geknüpft, Ideen weiterentwickelt und Probleme gelöst.10 Auch werden die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit durch Coworking Spaces immer weiter aufgehoben. In diesem Zuge wird das Modell der Work-Life-Balance inzwischen vom Work-Life-Flexibility-Ansatz abgelöst. Der Work-Life-Flexibility-Ansatz lässt die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen.11 Der Stellenwert der Arbeit verschiebt sich dadurch von einem eher lebensstrukturierenden, zu einem zunehmend freier gestaltbaren Element.12 Die Folge dieses Wandels in der Arbeitswelt ist ein rasantes Wachstum von Coworking Spaces: Gab es 2006 weltweit nur 30 solcher Räume,13 standen Interessenten 2013 bereits 2.500 Coworking Spaces zur Verfügung.14 Auch immer mehr Unternehmen entdecken die Vorteile der Coworking Spaces als Ideenschmieden für sich.15 Unternehmen werden daher zukünftig verstärkt Arbeitnehmer in Coworking Spaces entsenden, um durch den dort stattfindenden Austausch neue Ideen zu generieren, welche im Idealfall zu neuen Innovationen für das Unternehmen führen. So lassen bereits große Unternehmen wie Otto, Shell, oder TUI einzelne Mitarbeiter oder ganze Abteilungen temporär in Coworking Spaces arbeiten.16 Zudem ermöglichen neue Vernetzungstechnologien wie Videokonferenzsysteme oder Social Media Unternehmen eine gewisse Form des “internen” Coworkings über Ländergrenzen hinaus, was eine effizientere Kommunikation zwischen ihren global verteilten Arbeitskräften ermöglicht und kosten- sowie zeitintensive Geschäftsreisen zu reduzieren ver- 04 sucht.17 Diese neuen Technologien können allerdings den persönlichen Kontakt und Austausch vor Ort nicht vollständig ersetzen. Zwar verbessern diese Tools die Kommunikation zwischen den Arbeitnehmern, eine aktive Interaktion ist jedoch nur eingeschränkt möglich.18 Neben den positiven Effekten von Coworking Spaces auf die Innovationskraft von Mitarbeitern zeichnen sich jedoch auch negative Aspekte ab. So geht mit der Aussendung von Arbeitskräften in Coworking Spaces auch ein Kontrollverlust für das Unternehmen einher, welcher mit dem Risiko eines Wissensabflusses verbunden ist. Weiterentwicklungen wie das Unternehmen “The Dark Horse” schließen diese Kette an Fluchtpunkten aus dem klassischen Arbeitplatz und bilden eine Art Kreislauf. Bei “The Dark Horse” handelt es sich um ein gleichberechtigtes Gründer– bzw. Leitungsteam von 30 Personen aus verschiedenen Fachgebieten, welche zeitlich flexibel an einem unbestimmten Arbeitplatz arbeiten.19 So erfüllt “The Dark Horse” einerseits typische Kriterien des Coworking Space, zeigt jedoch andererseits Tendenzen eines klassischen Büros auf. Trotz der negativen Aspekte von Coworking Spaces überwiegen die positiven Eigenschaften. Der Optimalzustand für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wäre daher, die Benefits von Coworking Spaces und dem klassischen Büro zu destillieren und zu vereinen. Neue Vernetzungstechnologien erleichtern zwar die Kommunikation zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern, ersetzen aber aufgrund eines zu geringen Immersionsgrades noch nicht vollständig die direkte Face-to-Face Kommunikation und Interaktion. Werden jedoch heutige technologische Entwicklungen in die Zukunft fortgeschrieben, so ist davon auszugehen, dass in rund 40 Jahren ein Immersionsgrad erreicht ist, welcher der heutigen Face-to-Face Kommunikation sehr nahe kommt oder gar ebenbürtig ist. Schenkt man dem Moore´schen Gesetz Glauben, so verdoppelt sich die Rechenleistung von Prozessoren alle 18 Monate.20 Der Futurist Raymond Kurzweil geht gar davon aus, dass Rechenleistung im Äquivalent von 1.000 US $ im Jahr 2050 der Leistung aller menschlichen Gehirne auf der Erde entspricht.21 Tatsächlich entspricht die Rechenleistung einer heutigen Playstation der Leistung eines Militärcomputers aus dem Jahr 1996.22 Auf Basis dieser Aussagen und Einschätzungen kann die These aufgestellt werden, dass in ca. 40 Jahren die Technologie es ermöglicht, uns selbst zu digitalisieren, um unabhängig von Zeit und Ort in virtuellen Coworking Spaces zu arbeiten und von ihnen zu profitieren. 02 RAUF AUF DIE DIGITALE SPIELWIESE shortlink: http://bit.ly/kapitel002 03 EIN RING, DER ALLES VERÄNDERT shortlink: http://bit.ly/kapitel003 ZUKUNFTSMUSIK shortlink: http://bit.ly/kapitel004 05 DRUM PRÜFE WER SICH EWIG BINDET... shortlink: http://bit.ly/kapitel005 [1] Vgl. Friebe, Holm; Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. Die digitale Bohème oder Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung. Heyne: München. [2] Vgl. Lange, Bastian; Wellmann, Inga (2009): Neue Orte für Neues Arbeiten. Co-Working Spaces. In: Lange, Bastian; Kalandides, Ares et al. (Hrsg.) (2009): Governance der Kreativwirtschaft. Diagnosen und Handlungsoptionen. transcript: Bielefeld. [3] Vgl. Max-Planck-Gesellschaft (o.J.): Die Welt im Wandel - Herausforderung für die Gesellschaft (http://www.max-planck-science-gallery.de/20517/welt_im_wandel1; 22.12.14). Vgl. a. Schürmann, Mathias (2013): Coworking Space; S. 12. Springer Gabler: Wiesbaden. [4] Vgl. Übernationale Vereinigung für Kommunikationsforschung (Hrsg.) (2013): Arbeit in der digitalen Welt (http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/arbeit-in-der-digitalen-welt,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf; 31.12.14) [5] Vgl. Übernationale Vereinigung für Kommunikationsforschung (Hrsg.) (2013): Arbeit in der digitalen Welt (http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/arbeit-in-der-digitalen-welt,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf; 31.12.14) [6] Schürrmann, Matthias (2013): Coworking Space: Geschäftsmodell für Entrepreneure und Wissensarbeiter, S.13. Springer Gabler: Wiesbaden [7] Vgl. Schürrmann, Matthias (2013): Coworking Space: Geschäftsmodell für Entrepreneure und Wissensarbeiter, S.20. Springer Gabler: Wiesbaden [8] Vgl. Schürrmann, Matthias (2013): Coworking Space: Geschäftsmodell für Entrepreneure und Wissensarbeiter, S.13. Springer Gabler: Wiesbaden [9] Vgl. Weis, Christian (2013): Co-Working: Neue Arbeitsformen in der Gemeinschaft (http:// www.business-on.de/definition-co-working-co-working-neue-arbeitsformen-in-der-gemeinschaft-_id44435.html; 30.12.14) [10] Vgl. Button, Beau (2013): Coworking - Is it just a fad or the future of Business? (www.forbes.com/sites/adrianalopez/2013/04/25/coworking-is-it-just-a-fad-or-the-future-ofbusiness/; 22.12.14) [11] Vgl. Schürmann, Mathias (2013): Coworking Space, S. 16. Springer Gabler: Wiesbaden. [12] Vgl. Übernationale Vereinigung für Kommunikationsforschung (Hrsg.) (2013): Arbeit in der digitalen Welt (http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/arbeit-in-der-digitalen-welt,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf; 31.12.14) [13] Vgl. Deskmag (o.J.): Coworking works; (http://blog.sqwiggle.com/coworking-trends-statistics/; 30.12.14) [14] Vgl. Deskmag (2013): 4.5 new coworking spaces per work day (http://www.deskmag.com/ en/2500-coworking-spaces-4-5-per-day-741; 30.12.14) [15] Vgl. Schürrmann, Matthias (2013): Coworking Space: Geschäftsmodell für Entrepreneure und Wissensarbeiter, S.22. Springer Gabler: Wiesbaden [16] Vgl. Merkel, Janet (2012): Auf der Suche nach Austausch: Digitale Nomaden und Coworking Spaces (http://www.goethe.de/ins/si/lju/kul/dus/guk/de10817261.htm; 03.01.14) [17] Vgl. o. V. (2012): Videokonferenzen statt teurer Geschäftsreisen. (http://videokonferenzen. wordpress.com/article/videokonferenzen-statt-teurer-geschaftsreisen/; 02.01.14) [18] Vgl. Pennekamp, Johannes (2011): Geschäftsreisende sind die besten Entwicklungshelfer (http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/wissenswert/wissenstransfer-geschaeftsrei- sende-sind-die-besten-entwicklungshelfer/4453856.html; 02.01.2014) [19] Vgl. o.V. (2014, URL): Dark Horse: „Thank God it‘s Monday! http://youtu.be/5gzgDXF1Q2w, abgerufen am 04.01.2015. [20] Vgl. o.V. (2014 URL): Moore’s Law am Ende? - Grenzen der prozessortechnik erreicht http://www.pc-magazin.de/ratgeber/moore-law-report-ende-2020-1938131.html, abgerufen am 04.01.2015. [21] Vgl. Kurzweil, Raymond (2001, URL): The Law of Accelerating Returns. http://www. kurzweilai.net/the-law-of-accelerating-returns, abgerufen am 04.01.2015. [22] Vgl. Brynjolfsson, Erik (2013, URL): Erik Brynjolfsson: The key to growth? Race with the machines. http://www.ted.com/talks/lawrence_lessig_we_the_people_and_the_republic_we_ must_reclaim?quote=2107, abgerufen am 04.01.2015.
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