Richard Strauss in der Schweiz Autor(en): Schuh, Willi Objekttyp: Article Zeitschrift: Du : kulturelle Monatsschrift Band (Jahr): 11 (1951) Heft 3: 10 Jahre Du PDF erstellt am: 28.07.2015 Persistenter Link: http://dx.doi.org/10.5169/seals-291027 Nutzungsbedingungen Mit dem Zugriff auf den vorliegenden Inhalt gelten die Nutzungsbedingungen als akzeptiert. Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die angebotenen Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungshinweisen und unter deren Einhaltung weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Glor¬ reich bestanden» — so schrieb er an die Eltern — «hat mein Lünglein das große Schlußexamen, das ich heute mit ihm angesteUt... Heute 6 Uhr früh strahlte das Matterhorn wolkenlos in mein Zimmer herein, und da machte ich mich auf — zuerst bloß bis Riffelalp (1% Stunden), dort frühstückte ich, dann weiter ^Stun¬ den bis Riffelhaus. Als dort keine Aussicht, wurde ich kühn und stieg noch 1 y2 Stunden bis Gornergrat, wo ich aUerdings eine Aussicht hatte, die aUer Be¬ schreibung spottet. Wolkenlos, strahlend im Sonnenglanz Monte Rosa, Breithorn, Matterhorn etc., ringsum lauter Sclineeriesen von 4500 Metern und unter mir riesige Gletscher. Es war überwältigend. Die Sonne schien warm und ließ die Eislüfterhi nicht recht aufkommen» 0uH 1893). Es war Straussens erstes Hochgebirgserlebnis, das «Urerlebnis», dem später die Alpensinfonie ihre Höhepunkte verdanken sollte. Vorerst bewegten den jungen Künstler, der in SizUien eben den 2. Akt seiner ersten Oper («Guntram») abgeschlossen hatte, freilich ganz andere Dinge. Bei seinen vielen Schweizer Aufenthalten blieb der Schaffende in seine eigene Welt eingeschlossen. Wenn sein Skizzenheft oder seine Partiturblätter vor ihm lagen, so war es unwichtig, ob der Tisch, an dem er arbeitete, in Berlin, Garmisch oder Pontresina stand. Im Sommer 1909 hat er in Murren den entscheidenden dramaturgischen Umbau des zweiten «Rosenkavalier»-Aktes vorgenommen, in St. Moritz arbeitete er 1911 an «Ariadne auf Naxos», und in der Enge der kleinen Bäderstadt an der Limmat — im «Verena¬ hof» in Baden, wo er wiederholt die Badekur gebrauchte — beschäftigte er sich unter anderem mit der Komposition und Instrumentation größerer Partien der «Arabella», der «Schweigsamen Frau» und der «Liebe der Danae». Am Schreib¬ tisch Lüy Reiffs, einer alten Bekannten aus der Münchner Jugendzeit, in deren Zürcher Wohnung er wiederholt als Logiergast abstieg, schrieb er im Mai 1918 zwei der Brentano-Koloraturlieder nieder. Einzig die Alpensinfonie kann und muß mit Schweizer Eindrücken in Verbindung gebracht werden. Der Kranz der Berge, der Garmisch umgibt, und über den Strauss von der Terrasse seines Landhauses aus den Bhck so gerne hinschweifen ließ, vermochte wohl den Ge¬ danken an eine Bergsinfonic wachzuhalten, aber es bedurfte auch der Augen¬ blicke der Ueberwältigung auf dem Gornergrat, der Diavolezza und dem SchUthorn, damit die Tondichtung den Charakter einer Hochgebirgsvision anneh¬ men konnte. Bei Morgenspaziergängen auf der Alp Giop gewann der lange ge¬ hegte Sinfonieplan im Jahre 1911 festere Gestalt, beendet wurde das Werk aber erst vier Jahre später. Gern hob er hervor, daß die Gewitterepisode im Gegen¬ satz zu dem «Flachlandgewitter» von Beethovens «Pastorale» ein richtiges Hochgebirgsgewitter darsteUe. Die Sinfonie hat Strauss auch eines der ganz seltenen weltanschauHchen Bekenntnisse entlockt (das sich bezeichnenderweise in einer Notiz seines Schreibkalenders versteckt) : «Ich will meine Alpensinfonie Ö *=*f* 5U #4*- ^ —H Richard Strauss dirigiert im Mai 1934 eine eigene Oper im Zürcher Stadttheatcr. WILLI SCHUH den Antichrist nennen, als da ist: sittliche Reinigung aus eigener Kraft, Befreiung durch die Arbeit, Anbetung der ewigen, herriiehen Natur.» Von allen Schweizer Bergaufenthalten waren Strauss diejenigen im Hotel «Saratz» in Pontresina die Hebsten. Dort fühlte er sich heimisch wie nirgends sonst, wenn die « Sehnsucht nach frischer Bergluft, Wald und Wiesen» Uin ins Engadin führte. Im Jahre 1900 verbrachte er zum ersten Male einige Sommer¬ tage in Pontresina, und wenn er es zwischendurch mit Interlaken, Murren, St. Moritz und Sils-Maria versuchte, so zog es ihn doch immer wieder — zu¬ letzt noch in den Sommern 1947 und 1948 — dorthin zurück. Am 14. Juni 1947 schrieb er mir: «Wir sind gestern, in Zarathustra-Nebel gehiült, bei strömen¬ dem Regen glückHch hier angekommen und fühlen uns in Saratz' unvergleich¬ lichem FamUienheim beinahe so wohl wie zu Hause. Es gibt nur ein Engadin auf der ganzen Welt. Wir sind restlos begeistert und schlürfen die Luft der Gemsen wie französischen Champagner!» Im Laufe der Zeit ist Strauss mit den verschiedensten Aspekten der Schweizer Landschaft vertraut geworden: in den späteren Jahren kamen zum Engadin und zum Berner Oberland der Genfersee (Ouchy, Montreux), Baden, Vitznau und Lugano. Auch die größeren Städte sind ihm nicht fremd geblieben. Mit Zürich bestanden von jeher die viel¬ fältigsten Beziehungen. Hegar, Robert Freund, Andreae, die Ehepaare Reiff, Schwarzenbach (Bocken), Jöhr und andere waren ihm verehrungsvoU und freundschaftlich verbunden, in Basel Hans Huber und Hermann Suter, in Winterthur Werner Reinhart, in Baden während einer Reihe von Jahren auch die Brüder Markwalder. — Natur und Kunst sich in einem stetigen Rhythmus anzuvertrauen, war Richard Strauss ein innerstes Bedürfnis. In den Städten galten — nach der ErfüUung der musikalischen Pflichten — seine ersten Schritte den Museen und BUderaussteUungen. Die Holbein- und Böcklin-Säle in Basel waren ihm ebenso vertraut wie der Hodlersaal in Bern und die Sammlung Oskar Reinharts in Winterthur. Der Ausstellung alter Schweizer Glasmalerei in Zürich (1946) brachte er besonders liebevolles Verständnis entgegen, trägt doch sein Garmischer Landhaus den reichen Schmuck oberbayrischer Hinterglasmalereien. Die musikaHschen Beziehungen zur Schweiz nahmen schon früh eine ganz persönliche Färbung an. Seit Friedrich Hegar in der Mitte der neunziger Jahre eine eigentliche Zürcher Strauss-Tradition begründet hatte, an der später auch die Oper bedeutenden Anteil gewann, und nachdem Strauss selber im Jahre 1898 zum ersten Male als Gastdirigent in der Tonhalle erschienen war, ist Zürich durch Hegar und Andreae zu einem der wichtigsten Zentren der außerdeutschen Strauss-Pflege geworden. In Bern hat sich Eugen Papst während einer Reihe von Jahren nachdrücklich für Strauss' Werke einsetzen können, und in Basel war es vor allem Hermann Suter, der mit großer Energie — seine Einstudierung des ióstimmigen «Hymnus» beim Deutschen Tonkünstlerfest des Jahres 1903 war eine Tat, die weitherum Beachtung fand — das gleiche tat. Hans Huber hat dem Meister seine 3. Sinfonie (die «heroische») mit einem rührenden Widmungsschreiben zugeeignet. Auf einem Kartengruß aus Vitznau antwortete der Meister als «Gegencanonicus» mit einem kleinen, fröhlichen Dankkanon : f-p ^5^' Photo Gotthard Sdutti >fiv Strauss hat nicht nur empfangen, er hat auch gegeben. Sein bedeutender Ein¬ fluß auf das schweizerische Musikschaffen im ersten Viertel unseres Jahrhunderts ist ein längst gewürdigtes musikgeschichtHches Faktum, und vom Dirigenten Strauss, der an der Spitze deutscher und schweizerischer Orchester in verschie¬ denen Schweizer Städten wiederholt seine eigenen sinfonischen Dichtungen, aber auch Werke der Meister seiner Wahl in zündenden Wiedergaben darbot, sind nachhaltige Wirkungen ausgegangen. Unvergessen sind auch die Fest¬ spiele, die er während des Ersten Weltkrieges mit deutschen Ensembles in Zürich, Bern, Basel und St. GaUen geleitet hat, wobei « Salome», «Elektra», « RosenkavaHer» und «Ariadne» sowie — den Doppelstern enthüllend, der über seinem Opernschaffen leuchtet — Mozarts «Don Juan» und «Zauberflöte» und Wagners «HoUänder» in Musteraufführungen vorgeführt wurden. Alfred Reucker hatte 1907 am Zürcher Stadttheater eine systematische Pflege des musikdramatischen Werks begonnen, und wenn auch die anderen Schweizer Bühnen manchen schönen Beitrag Heferten, so ist es doch Zürich vorbehalten gebHeben, Straussens musikdramatisches Oeuvre (seit «Salome») sozusagen lückenlos darzusteUen und die Hauptwerke im Repertoire zu halten. Karl Schmid-Bloß und nach ihm Hans Zimmermann haben die Strauss-Tradition tatkräftig fortgeführt, und jenem ist es auch gelungen, den Meister wiederholt zur Leitung eigener Werke zu gewinnen. In der «Frau ohne Schatten», in «Arabella» (die er einmal auch in Basel dirigierte), in «Josephslegende» und «Salome» hat man seine abge¬ klärte und distanzierte, in der Sparsamkeit der Gestik so überaus charakteristische und unnachahmliche Dirigierkunst erleben dürfen. Als 68jähriger spielte Strauss bei einer Hofmannsthal-Strauss-Feier im Zürcher Stadttheater zusammen mit Stefi Geyer seine frühe Violinsonate, — meines Wissens sein letztes öffentHches Auftreten als Pianist. In Zürich hat Strauss (im Juni 1948) auch zum letzten Male eine seiner Opern gehört, die gewaltigste von aUen: «Elektra». Zu den größten Autorfreuden, die ihm zuteil wurden, gehörten die Zürcher Wieder¬ gaben der im Dritten Reich verfemten «Schweigsamen Frau» in den Jahren 1936 und 1942. Die Dankbarkeit, die er für diese «erstklassigen und sehr le¬ bendigen» DarsteUungen empfand, klingt in vielen seiner Briefe an die Gattin und an Musikerfreunde nach. Auch fremde Werke, wie BerHoz' «Beatrice und Benedict» und der bescheidene «Wüdschütz», wurden ihm zu einem QueU später Freude. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat er nur noch ein einziges Mal in der Schweiz dirigiert, in halber OeffentHchkeit : im Radio Lugano leitete er an seinem 83. Geburtstag ein von Otmar Nussio vorbereitetes Strauss-Konzert. Nach dem Zusammenbruch Deutschlands und der Zerstörung seiner Opern¬ häuser, mit denen sein Leben und Wirken während sechzig Jahren aufs engste verbunden gewesen war, wählte sich Strauss mit seiner Gattin die Schweiz zum Asyl seines Alters. Das Land, das für ihn so viele Erinnerungen barg, Vergängliche kleine Welt bedeutete dem 81jährigen mehr als nur eine Zuflucht vor Elend, Kälte und Hunger. Er, der schon im September 1939 die deutsche Katastrophe voraussah und mit dem Dritten Reich bittere Erfahrungen gemacht hatte, erbHckte in der Schweiz vor aUem das Land des Friedens und der Kontinuität des kultureUen Lebens. In den ersten Wochen nach seiner Ankunft in Baden schrieb er einen Satz Jacob Burckhardts in sein Notizheft ein: «Wenn beim Elend noch Glück sein soU, so kann es nur ein geistiges sein : rückwärts gewandt zur Rettung der Büdung früherer Zeit, vorwärts gewandt zur heiteren und unverdrossenen Vertretung des Geistes in einer Zeit, die sonst gänzlich dem Stoff anheimfallen könnte.» Nach den Kümmernissen der Kriegsjahre mußte er die Annehmhchkeiten und die Schönheit der Schweizer Landschaft wohl¬ tuend empfinden. «VieUeicht ist das hier heute der schönste und angenehmste Erdenfleck in dieser traurigen Welt» meinte er zu Minister Zurhnden, als dieser ihn in Ouchy besuchte. Die dreieinhalb Jahre, die Richard Strauss in der Schweiz lebte (vom Oktober 1945 bis Mai 1949) waren Jahre des Ausklangs eines großen Daseins. Sie waren angefüllt mit Sorgen, Enttäuschungen und Erschütterungen, auch die Beschwer¬ den des Alters kamen hinzu, und dennoch waren es auch gute Jahre, nicht nur, weU sich neue wertvoUe Verbindungen (so mit seinem neuen engUschen Ver¬ leger und dessen hUfreichem Direktor, Dr. Roth) ergaben und die Welt sich langsam wieder öffnete — auf einer Konzertreise nach London durfte Strauss im Oktober 1947 letzte Triumphe feiern —, sondern vor aUem, weU die «unver¬ drossene Vertretung des Geistes», die zum leitenden Gedanken seiner Gespräche wurde, Uin eine letzte Ueberlegenheit gewinnen ließ. — Und in Baden, in Ouchy, in Pontresina und Montreux war ihm gewährt, den vergeistigten EpÜog zu seinem reichen und gewaltigen musikaHschen Lebenswerk zu schrei¬ ben. Er erlebte die Uraufführungen von Werken, die er in die Schweiz mitge¬ bracht und ihr gleichsam als Gastgeschenk darbrachte: so die der «Metamor¬ phosen» durch Paul Sacher, der sie sich für das CoUegium Musicum Zürich erbeten hatte und nun gewidmet erhielt, so auch die des erst in Baden ab¬ geschlossenen Oboenkonzerts durch Volkmar Andreae und schHeßHch die der Zweiten Bläsersonatine durch Hermann Scherchen. Jene wurde Andreae, diese Werner Reinhart zugeeignet. UnvergeßHch werden denen, die dabei waren, die AugenbHcke in Zürich und Winterthur bleiben, da der alte Mei¬ ster sich in den Proben selbst ans Pult setzte, um den Dirigenten und die Spieler mit seinen Tempi und deren feinen Modifizierungen vertraut zu machen. Neugierig, selbstkritisch, aber auch freudig bewegt horchte er hier ins Streicher-, dort ins Bläserensemble hinein, wobei es ergreifend war, zu bemerken, daß sein geschwächtes Ohr den erstmals zum Leben erwachenden Klang nicht mehr voll aufzufangen vermochte. Fortsetzung Seite 71 Altes Kinderspielzeug Wie alle Manifestationen wirklicher Kultur ist auch das kind¬ liche Spielzeug uralt. Schon die Aegypter, aber auch die Ger¬ manen, sicherlich die Pfahlbauer, ganz gewiß die Kreter, die Griechen und die Römer, erwiesenermaßen ebenfalls alle asiatischen Völker gaben ihren Kindern Spielzeug zur Unter¬ haltung, Belehrung und Belohnung. Und Zeugen der Liebe, mit der sich die Kinder frühester Zeiten schon an diese ihre ureigensten Besitztümer anschlössen, sind die Puppen und Rasseln, die Murmeln und Bälle, von denen man die kleinen Verstorbenen nicht einmal im Sarge zu trennen wagte. Jene Gräberfunde sind zu Museumsstücken geworden und haben dennoch durch die Jahrhunderte weitergelebt, denn Wesen und Art des kindlichen Spielzeuges haben sich bis heute kaum ver¬ ändert, es ist Würfel und Ball, vor allem aber kleines Abbild der großen, der erwachsenen Welt geblieben. Bis in unsere Tage jedoch haben sich nur die Prunkstücke erhalten, denn die Liebe der kleinen Besitzer hat die wahren Spielzeuge zur Unkenntlich¬ keit verspielt und so aufgebraucht. Die kostbaren Dinge aber, eigentlich der Besitz von fürstlichen Kindern, dienten mehr der Prunkliebe ihrer hohen Väter, die ihre eigenen nobeln Passionen so im kleinen wiedererstehen ließen. Kurfürst August von Sachsen schenkte 1572 seinem kleinen Sohn eine Jagd zum aufstellen aus hundert Figuren und der Herzog von Bayern beglückte 1558 seine Töchter mit einem überaus reichen «Dockenhaus», Spielzeuge, die dann in der Kunst¬ kammer des Vaters, statt im Kinderzimmer aufbewahrt blieben Dennoch wissen wir durch Ueberlieferung und bildliche Dar¬ stellung, daß in allen Jahrtausenden die kleinen Mädchen mit Puppen spielten und daß Kaiser Maximilian als kleiner Bub mit Spielzeugreitern zu Roß sich auf seinen Beruf als «letzter Ritten vorbereitete. Erst das spätere bürgerliche ig. Jahrhundert begann den pädagogischen Wert des Spielzeuges einzusehen und übertrieb dann auch gleich in dieser Richtung. Die Bilderbücher, welche an Stelle der früheren biblischen Geschichten traten, troffen vor Belehrung, die Zauberlaternen zeigten in erbaulichen Bildern wie die Tugend belohnt und die Unart bestraft wird. Die Puppenstuben sollten die kleinen Mädchen zu braven Haus¬ frauen erziehen und die Bleisoldaten in den Buben historische Kenntnisse und kriegerischen Geist fördern. Die Arche Noah wurde zum christlichen Naturkundespiel, Bauernhöfe, Holz¬ hauerwagen, elegante Gespanne und Lokomotiven aus Holz mu߬ ten möglichst lebensecht dargestellt sein, Kramläden förderten den kaufmännischen Geist, und die Fortschritte der Technik schlichen sich mit den Dampfmaschinen in das kindliche Spielzeug. Keine Prunkstücke waren diese oft immerhin recht kostbaren Dinge, aber « Sonntagsspielzeug». So hat es sich bis auf die heutigen Tage erhalten und bildete, zu einer Ausstellung aus Kisten und Kasten hervorgeholt, vor einiger Zeit das Entzücken der kleinen — und vor allem wohl — der erwachsenen Besucher. M. C. T. Oben : Jahrmarkt. Zinnfiguren von Allgeyer in Fürth bei Nürn- ' Unten: Bauernhof. Spielzeug, vermutlich aus berg, um 1S50. Thüringen oder dem Sächsischen Erzgebirge stammend. Um i860. Privatbesitz Basel. Photos Schulthess und Spühler mit dem amerikanischen), aber wir missionieren nicht für ihn. Wir kämpfen einfach dafür, ihn in unserem Raum zu verwirklichen. Dabei sind wir uns be¬ wußt, daß der Sieg des Bolschewismus über Westeuropa den endgültigen Strich unter 2500 Jahre europäischer Geschichte zöge. Wir kämpfen gegen diesen Untergang. Aber Europa würde keinen Kreuzzug gegen die Sowjetunion durchstehen können, weil es als Ganzes das Kreuz gar nicht mehr hat. Europa bedarf, wenn man es sagen will, einer Ideologie der verbindlichen Werte, inner¬ halb seiner Nationen wie für seine Gesamtheit. Des ideologischen Rausches von Weltverbesserern bedarf es nicht. Er ziemt sich nicht mehr für die alten Völker¬ schaften dieses Erdteiles! Wenn die Westeuropäer mehr zu verteidigen haben als Bankguthaben und die Vorzüge eines bequemen Lebens für eine kleine Schicht, so werden sie die Grenzen außenpolitischer Nachgiebigkeit dort erkennen, wo die Freiheit, das Gewissen, das Recht und die Polarität (Staat und Gesellschaft, Mehrheit und Minderheit, Arbeiter und Unternehmer usw.) bedroht erscheinen. Auf solche Werte sich stützend, bekommt der innenpolitische Aufbau das Profil dessen, was wir die freie westliche Welt nennen möchten. £ %- /4 Von Peter Dürrenmatt erscheint näcltstens bei A. Francke in Bern unter dem Titel «Zerfall und Wiederauf¬ bau der Politik» ein höchst anregendes Buch, eine umfassende Ueberschau über die politischen Weltkräfte unseres fahrhunderts. Der Verfasser hat die hier mitgeteilten Partien daraus für uns leicht überarbeitet. Nur 11 Steuer-PS, aber 73 Brems-PS weist der Willys-Hurricane-Motor RICHARD STRAUSS in der Schweiz Ergibt die Leistung eines großpferdigen, mit dem Benzinverbrauch eines kleinpfer- Fortsetzung von Seite 52 digen Fahrzeuges. Geländegängig, äußerst solid gebaut, ange¬ nehm gefedert und vor allem die günstigen Platzverhältnisse sind Vorzüge, die nur der An größere Werke wollte sich der Meister nicht mehr wagen. Ein Ballett mit Chören, das ihn noch einmal in den Kreis der antiken Mythologie zurück¬ führen sollte, heß er rasch wieder fallen, die ihm unentbehrlichen «Handge¬ lenksübungen» galten deshalb zunächst zwei Konzertfantasien über ältere Bühnenwerke («Frau ohne Schatten» und «Josephslegende»), dann aber ent¬ schloß er sich, einen früheren Plan, nämhch eine Reihe von kleinen Konzerten für verschiedene Instrumente zu schreiben — das Horn- und das Oboenkonzert gehören dazu —, aufzugreifen und komponierte in Montreux sein letztes In¬ strumentalwerk, das Duett-Concertino für Klarinette, Fagott und Streichor¬ chester, dessen Anlage und Charakter durch ein verschwiegenes Märchenmotiv bestimmt wurden. Otmar Nussio durfte das graziöse Konzertstück im April 1948 im Radio Lugano aus der Taufe heben. Während einiger Monate beschäftigte sich Strauss mit einer Schuloper, die dem Klostergymnasium in Ettal zugedacht war, wo damals sein jüngerer Enkel zur Schule ging. Aber auch dieses Unter¬ nehmen, das die Geschichte vom Eselsschatten aus Wielands «Abderiten» in singspielmäßiger Form neu beleben sollte, wurde wieder aufgegeben, ebenso die vielversprechend begonnene chorische Vertonung von Hermann Hesses Gedicht «Besinnung», in die er eine (bereits skizzierte) Fuge einzubauen ge¬ dachte. Strauss hat der schöpferischen Arbeit nie die Alleinherrschaft über sich eingeräumt, er hat ihr ganz bewußt einen Platz neben seinem praktischen Wir¬ ken angewiesen — so forderte es sein Sinn für Distanz, sein überlegenes Ver¬ hältnis zum eigenen Schaffen. In den letzten Jahren trat an die Stelle des aktiven Wirkens mehr und mehr das Betrachten und Erkennen kulturgeschichtlicher Zusammenhänge. Die Rolle der Musik in der Geistesgeschichte beschäftigte sein Denken immer stärker. Und der Lektüre kulturgeschichtlicher Werke, von Monographien und Memoiren großer Persönlichkeiten, von Reisebüchern und älteren historischen Romanen gab er sich mit der gleichen lebendigen Teil¬ nahme hin wie nur je. Sein Lesebedürfnis war kaum zu stillen. Einige Male hörte er noch Musik: die Wiener Philharmoniker unter Furtwängler, ein paar Zürcher Konzerte und die eine und andere seiner Opern. Anfang Mai 1948 schrieb er mir aus Montreux: «Ich war gestern beim Oktett der Wiener, be¬ zaubernd! Was geht einen denn da die Zerstörung der übrigen sog. Welt an! Der deutsche Geist, der sich nur in solchen Werken offenbart (und nicht in Hermann dem Cherusker und Friedrich II.), bleibt, bis die Erdkruste vereist ist und wohl noch darüber hinaus !» Die Grundstimmung dieser Schweizer Jahre, besonders des letzten, war ein wehmütiges, aber gefaßtes Abschiednehmen von den geliebten Schönheiten der Welt. Daß sie sich in Musik löste und mit dem bekenntnishaften Ton eine letzte Sublimierung seines lyrischen Stils Ereignis wurde, ist vielleicht das Schönste und Beste, was ihm am Ende seines reichen Lebens widerfuhr. Als sein Bhck auf Eichendorffs Gedicht «Im Abendrot» fiel, trat ihm im Spiegel seine eigene und seiner Gattin Lebenssituation entgegen. Ermuntert durch den Sohn, schloß er der feierlichen musikalischen Einkleidung des Gedichts, in die das auf! Willys-Station-Wagen als Mehrzweckfahrzeug in diesem Maße aufweist! Der Geschäftsmann, der Industrielle, der Handwerker, städtische und Gemeinde¬ betriebe, Elektrizitätswerke, Fluggesell¬ schaften usw. haben die einzigartigen Vor¬ züge erkannt, und deshalb ist der Willys-Station-Wagen der Meistgekaufte. <t Sk / "*f, e .«-» "\ -^ma^.tfA "' JH Jm s- "s 2s. 9Wfe :•¦ Ihn. äII « *# w»fe Offizielle Fabrikvertretung : Automobil -Verkaufs -Aktiengesellschaft - Zürich Talstraße 6 (beim Baur au Lac) Telephone (051) 23 7277, 25 68 58, 27 1495 -. * Verklärungsthema der sechzig Jahre zurückliegenden Tondichtung «Tod und Verklärung» bedeutungsvoll eingewoben wurde, als zart schwebendes Opus ultimum Vertonungen dreier Hessescher Gedichte an. Zwei davon sind im Sommer 1948 in Pontresina, das letzte, «September», im Monat des gleichen Namens in Montreux vollendet worden. Bald darauf schickte der Tod ihm eine erste ernste Mahnung : eine schwere Operation bannte ihn über das Jahres¬ ende in eine Lausanner Klinik, wo ihn aus tiefster Depression die Lektüre von Partituren Mozarts, Beethovens und Wagners (Tristan!) und die fürsorgliche Liebe seiner Angehörigen langsam wieder aufrichtete. Scheinbar erholt, kehrte er Mitte Mai zum ersten Male nach Garmisch zurück, um dort seinen 85. Ge¬ burtstag im Kreise seiner Familie zu verleben; im Herbst wollte er sich jedoch wieder der milderen Luft von Montreux anvertrauen. Am letzten Schweizer Abend (9. Mai 1949), den ich mit ihm in einem Zürcher Hotel verbringen durfte, war er erstaunlich frisch und angeregt. Lebhafter als je in den vergange¬ nen Monaten wandte er das Gespräch, das er, als die Gattin zum Schlafengehen mahnte, ungeduldig und heftig fortzuführen begehrte, dem Themenkreis zu, der sein Glaubensbekenntnis einschloß : der Mozartschen Melodie als der rein¬ sten Offenbarung der menschlichen Seele und dem Wagnerschen Opernkunst¬ werk, in dem er den Gipfelpunkt der abendländischen Kulturentwicklung er¬ blickte. — Ein sinnvoll waltendes Schicksal hat Richard Strauss im rechten Zeit¬ punkt in die Heimat zurückgeführt, damit dort, und nicht im Asyl, sein Leben sich erfülle. M 1 <-» •»c H / \ r w> «f Des weißen Mannes Bürde s A Fortsetzung von Seite fo Ich stand auf. Die Burmanen rannten bereits an mir vorbei durch den Schlamm. Es war klar, daß der Elefant sich nie wieder erheben werde, aber er war nicht tot. Er atmete sehr rhythmisch, mit einem langgezogenen, rasselnden Keuchen, und der große Hügel seiner Hanke hob und senkte sich mühsam. Sein Maul war weit geöffnet — ich konnte tief hinuntersehen in die Höhlungen des blaßrosa Schlundes. Ich wartete lange darauf, daß er sterbe, aber sein Atem wurde nicht schwächer. Zuletzt feuerte ich die beiden noch übrigen Patronen auf die Stelle, wo ich sein Herz vermutete. Dickes Blut quoll wie roter Samt aus ihm hervor, aber er starb noch immer nicht. Sein Körper zuckte nicht einmal, als die Schüsse ihn trafen, und das gequälte Atmen ging pausenlos weiter. Er starb sehr langsam und in großer Pein, aber in einer mir fernen Welt, wo nicht einmal eine Kugel ihm noch etwas anhaben konnte. Ich fühlte, daß ich diesem gräßlichen Geräusch ein Ende machen mußte. Es war entsetzlich, das große Tier da liegen zu sehen, unfähig, sich zu regen und unfähig, zu sterben, und nicht einmal imstande zu sein, es von seiner Qual zu erlösen. Ich ließ mir meine kleine Winchester reichen und jagte ihm Schuß auf Schuß ins Herz und in den Schlund. Eindruck zu machen. Das gequälte Keuchen dauerte so bestän¬ dig fort wie das Ticken einer Uhr. Zuletzt konnte ich es nicht länger ertragen und ging weg. Ich hörte später, daß er eine halbe Stunde brauchte, um zu sterben. Die Burmanen brachten, sogar noch bevor ich wegging, Körbe herbei, und man erzählte mir, daß sie bis zum Nachmittag seinen Körper schon fast bis auf die Knochen abgefleischt hatten. Nachher gab es dann natürlich endlose Diskussionen über das Erschießen des Elefanten. Der Eigentümer war sehr erbost, aber er konnte gar nichts tun. Ueberdies hatte ich dem Gesetz nach richtig gehandelt, denn ein wütend ge¬ wordener Elefant muß getötet werden wie ein toller Hund, wenn es seinem Be¬ sitzer nicht gelingt, ihn im Zaum zu halten. Die Meinungen der Europäer waren geteilt. Die älteren Männer sagten, ich hätte ganz recht gehabt. Die jüngeren sagten, es sei doch eine Schmach, einen Elefanten dafür zu erschießen, daß er einen Kuli getötet hatte, denn ein Elefant sei mehr wert als ein lausiger Kuli. Und zuletzt war ich noch sehr froh, daß der Kuli getötet worden war; es setzte mich juristisch ins Recht und gab mir einen genügenden Vorwand, den Elefan¬ ten erschossen zu haben. Ich habe mich oft gefragt, ob irgendeiner von ihnen begriff, daß ich es nur getan hatte, um mich nicht lächerlich zu machen. Es schien keinen SHRV1CE ORLANDO cK o AUXARTS Dû FEU B LJ C H R C LUCERNE'ZURICH LÜZEM, RArELLPLATZ * ZÜRICH, TEL (041)28550 72 BÏMMI TEL.(051)258220 Originaltitel : «Shooting an Elephant: Aus dem Englischen übersetzt von Herberth E. Herlilsehka. Copyright : L. Mohrenwitz, Literary Agency
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