Trends, Thesen, Strategien Make or buy? Die Strategie und nicht Ressourcenknappheit sollte entscheiden Im dynamischen E-Business gehört der Beizug von externen Dienstleistern zur Tagesordnung. Vor allem KMUs können vom Know-how-Transfer und von reduzierten Kosten profitieren. Doch ist dies auch längerfristig der Fall? Uwe Leimstoll Dr. rer. pol. Uwe Leimstoll studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Offenburg und Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg im Breisgau. Nach mehreren Jahren in der Unternehmensberatung promovierte er in Freiburg über Informationsmanagement. Heute arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum E-Business an der Fachhochschule beider Basel. [email protected] Die Managementtrends der vergangenen die «Make-or-buy»-Entscheidung liegt folgJahre standen stark unter dem Einfluss von lich im strategischen Management. Dessen Lean Management und der Konzentration Aufgabe besteht im Rahmen der Strategieauf Kernkompetenzen. Dies gilt sowohl für formulierung unter anderem darin, die für das Management im Allgemeinen als auch den Unternehmenserfolg kritischen Kompefür die Bereiche der Informations- und tenzen, Fähigkeiten und Ressourcen zu idenKommunikationstechnik (ICT) und des tifizieren und zu entscheiden, wie diese im E-Business im Besonderen. Beeinflusst Unternehmen verfügbar gemacht werden. durch diese Trends kam es in Unternehmen Die Frage, ob der Einsatz von Informanahezu aller Branchen zu Auslagerungstionstechnik und E-Business zu den erfolgsprozessen im grossen Stil, die zum Beispiel kritischen Leistungen zählt, ist in diesem als Outsourcing, Spin-offs oder strategische Rahmen unternehmensindividuell zu beAllianzen bekannt sein dürften. antworten. Je mehr der Erfolg eines UnterDie Aufgaben des E-Business werden aufnehmens von seinen Informationssystemen grund der extrem dynamischen Entwickabhängig ist, desto mehr IT-Kompetenz ist lung auf dem Markt intern im Unternehfür Informationsmen verfügbar zu «Externe Anbieter vertechnologie seit jemachen (Leimstoll fügen über mehr Knowher an spezialisierte 2001). Unter Umhow, mehr Erfahrung.» Dienstleister vergeständen erhält der ben. Zum Beispiel Umgang mit Inforkann beobachtet werden, dass E-Businessmationstechnik gar den Stellenwert einer Konzepte von Beratungsfirmen entwickelt Kernkompetenz. werden, dass der Betrieb der gesamten Die Entscheidung über Outsourcing ist Informationsinfrastruktur von IT-Dienstalso grundsätzlich mit der Frage nach den jeleistern (wie etwa EDS, HP, IBM, Systor) weils zu entwickelnden Fähigkeiten und den übernommen wird oder dass Kommunikanötigen Ressourcen verknüpft. In der kurzen tionsaufgaben von externen Callcentern Frist bedeutet dies, dass die vorhandenen abgewickelt werden. Der Anteil extern bezoFähigkeiten und Ressourcen die Outsourgener IT-Leistungen macht gemäss Netzcing-Entscheidung dominieren. Langfristig report’3 in Schweizer Unternehmen gut ist es aber sinnvoll, diese Entscheidung an einen Drittel aus. den Eigenschaften der notwendigen Aufgaben zu orientieren und die dazu intern Umgang mit ICT als Kernkompetenz erforderlichen Fähigkeiten und Ressourcen Welche Einflussfaktoren bestimmen nun aufzubauen. im IT- und E-Business-Management die «Make-or-buy»-Entscheidung? Aus ökonoSpezialisierungsgrad und Transaktionskosten entscheiden mischer Sicht zielt diese Entscheidung daFür die Frage, für welche IT-Aufgaben eine rauf ab, dem Unternehmen einen Wert zu Empfehlung zur Auslagerung gegeben werschaffen. Worin die Werte eines Unternehmens bestehen, ist in der Unternehmensden kann, ist zunächst nach strategischen strategie verankert. Der Ausgangspunkt für und operativen Aufgaben zu unterscheiden. 22 Trends, Thesen, Strategien Strategische IT-Aufgaben (strategische cing niedrig, so kann sich die Entscheidung Informationssystemplanung, strategische nach anderen Kriterien richten, wie etwa Kontrolle etc.) eignen sich im Grossen und nach den kurzfristig verfügbaren eigenen Ganzen nicht für eine Auslagerung. Sie sollKapazitäten. ten aufgrund ihrer Bedeutung unter massgeblicher Beteiligung eigener Mitarbeiter Interne Kompetenzen vernachlässigt abgewickelt werden. Dies bedeutet aber Vor einer Entscheidung zugunsten des nicht, dass damit die Mitwirkung externer Out- oder Cosourcings ist zu berücksichtiDienstleister ausgeschlossen ist. Die Beiziegen, dass die dabei entstehenden Informahung beispielsweise eines Beraters für die tionsasymmetrien zwischen Auftraggeber Entwicklung eines E-Business-Geschäftsund Auftragnehmer Gelegenheit zu nicht konzepts führt zu einem wichtigen Know-how-Transfer in die internen Leistungsprozesse und ergänzt das im Unternehmen bereits vorhandene Wissen. Im Falle der operativen ITAufgaben (Durchführung von E-Business-Projekten, Management des Informatik-Betriebs etc.) kommt ein Outsourcing eher in Betracht. Für die Wahl einer geeigneten Sourcing-Strategie stellt die Transaktionskostenökonomik einen nützlichen ökonomischen Erklärungsansatz dar. Denn die OutsourcingKriterien für und wider eine Outsourcing-Strategie Entscheidung wird wesentlich Quelle: Leimstoll (2001, S. 377) beeinflusst von den Transaktionskosten der internen und der externen Aufgabenausführung. Eine vertragskonformem Verhalten (OpportuAuslagerung von Aufgaben ist auf dieser nismus) bieten. Aus diesen Gründen werden Grundlage vorteilhaft, falls die Summe aus begleitende Massnahmen erforderlich, wie Produktions- und Transaktionskosten im etwa die Beobachtung oder Bewertung der Falle der externen Leistungserstellung geausgelagerten Tätigkeiten, der Eigentumsringer ist als im Falle der internen (Leimstoll vorbehalt bei spezifischen Investitionen, 2001). Aus den Eigenschaften von Transaktionen Literatur und Transaktionsbeziehungen lassen sich die Voraussetzungen ableiten, unter denen Leimstoll, Uwe (2001), Informationsmasich Aufgaben für eine Ausgliederung eignen nagement in mittelständischen (siehe Abbildung). Hohe Grössen- und SpeUnternehmen: Eine mikroökonomische zialisierungsvorteile aufseiten externer und empirische Untersuchung, Lang, Dienstleister führen zu ProduktionskostenFrankfurt am Main et al. 2001 und Qualitätsvorteilen und begünstigen daLeimstoll, Uwe, und Petra Schubert mit das Outsourcing. Hohe transaktionsspe(2002), E-Commerce-Studie 2002: zifische Investitionen und hohe AufgabeE-Business in KMU – Einsatz, Potenziale nunsicherheit hingegen sprechen aufgrund und Strategien, Fachhochschule beider der damit verbundenen hohen TransakBasel (FHBB), Institut für angewandte tionskosten für Insourcing. Schwieriger wird Betriebsökonomie (IAB), Arbeitsbericht die Entscheidung, wenn hohe Grössen- und E-Business Nr. 6, Basel 2002 Spezialisierungsvorteile des Outsourcing Netzwoche (Hrsg.) (2002), Netzreport’3: mit hohen Transaktionskosten zusammenSo realisieren Schweizer Unternehmen treffen. In diesem Falle bietet sich die Form ihre E-Business-Projekte. Eine Marktstudie des Cosourcing an, das auf der Basis partder Netzwoche in Zusammenarbeit mit nerschaftlicher, längerfristiger Beziehungen dem Institut für Wirtschaftsinformatik der geringere Transaktionskosten verursacht. Universität Bern, Netzmedien AG, Basel Sind sowohl die Spezialisierungsvorteile als 2002, www.netzreport.ch auch die Transaktionskosten bei Outsour23 Integration wichtiger Mitarbeiter oder geeignete Koordinationsstrukturen. Diese Massnahmen führen wiederum zu erhöhten Transaktionskosten, die bei der Strategiewahl zu berücksichtigen sind. Sehr häufig wird dem Cosourcing der Vorzug zu geben sein, weil dauerhafte Beziehungen eine grössere soziale Nähe schaffen und somit die Gefahr des Opportunismus reduzieren. Häufig wird auch bei operativen Prozessen und Aufgaben für Insourcing argumentiert, sofern sie für das Unternehmen von strategischer Bedeutung oder für den Unternehmenserfolg kritisch sind. Gerade für die Durchführung von erfolgskritischen E-Business-Projekten kommt aber der Fremdbezug in Betracht, weil Spezialisierungs- und Kapazitätsvorteile in der Regel eine sehr viel schnellere und sicherere Leistungserstellung erwarten lassen, als das bei einer internen Abwicklung der Fall wäre. Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) ist davon auszugehen, dass externe Anbieter über mehr Know-how, mehr Erfahrung und mehr Kapazitäten verfügen – Eigenschaften, die gerade für Projekte mit strategischer Relevanz viel Sinn machen. Abschliessend ist noch einmal auf die Entwicklung der Fähigkeiten und Kompetenzen im IT- und E-Business-Management zurückzukommen. Dieser Aspekt dürfte vor allem in KMUs zunehmend an Bedeutung gewinnen, da mittlerweile auch KMUs über zum Teil recht grosse IT-Abteilungen verfügen (Leimstoll/Schubert 2002). Eine zunehmende Ausgliederung von IT-Aufgaben verursacht einen steigenden Bedarf an Vertrags- und Beziehungsmanagement. Unternehmensintern sind deshalb Kompetenzen aufzubauen, die es den IT- und E-Business-Verantwortlichen gestatten, die Leistungen der externen Dienstleister zu koordinieren, zu bewerten und zu überwachen oder auf andere Art und Weise einen Anreiz für vertragskonformes Verhalten zu schaffen. Nach innen fungieren die IT-Verantwortlichen als Experten und Ansprechpartner für die Mitarbeiter. Aufgrund der Bedeutung der strategischen Aufgaben sind strategisches Denken und konzeptionelle Fähigkeiten unbedingt im eigenen Unternehmen zu etablieren. Gerade hier haben viele KMUs einen Nachholbedarf.
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