lesen - Irschenberger Theater

26.09.2015 - Theater in Irschenberg
Ist das Experiment gelungen?
Ein Bürotisch auf der Bühne im Saal, drei schlichte Bürostühle und ein Chefsessel in der Mitte,
dahinter schwarze Tücher. Das ist das ganze karge Bühnenbild. Und dann kommt er, Gottvater, er hat
eingeladen zum Jüngsten Gericht.
Nach der großartigen Inszenierung von Rudolf Pikolas Stück „... und der werfe den ersten Stein“ im
vergangenen Jahr wagte sich Josef Grundbacher mit seinem Irschenberger Theater wiederum an ein
provokantes, schweres Stück: „Krach im Hause Gott“ von Felix Mitterer, das nach seinem Erscheinen
im Jahre 1994 sogar mit Aufführungsverbot belegt wurde. Und das Wagnis gelang bewundernswert.
Die fünf Schauspieler boten berührendes, aufrüttelndes, provozierendes Theater, eine ausnahmslos
glanzvolle Leistung in der stringenten Inszenierung Grundbachers.
A. Schmidt, M. Schmid, Gustl Huber, H. Nirschl, A. Liedschreiber (v.l.)
Er wolle Amateuerbühnen ermutigen, einmal etwas Neues auszuprobieren, sagt der Spielleiter und so
hätten sie sich an den unbequemen Autor Mitterer gewagt. Heute, wo wir mit fremden Religionen
zunehmend in Berührung kämen, werde es Zeit, sich über die eigene Gedanken zu machen.
War der Plan so gedacht
Maralena Grundbacher, von Sepp Grundbacher am Bass begleitet, singt zur Eröffnung ein Lied, das in der Frage gipfelt, war der Plan so gedacht? Und genau
dieser geht das Stück nach. Ist das Experiment mit diesen Menschen gelungen? Gott hat es satt, er ist müde und will es eigentlich beenden. Gustl Huber spielt
IHN in feinem Zwirn mit Weste, der unsicher ist, der enttäuscht ist, aber dennoch die Fäden in der Hand haben will, glaubwürdig.
Jesus bringt seine Dornenkrone in der Tüte mit, hat verbundene Handgelenke, auf seinem T-Shirt steht INRI. Marcel Schmid gibt den Menschensohn zunächst
leicht verbittert, da schließlich vom Vater verlassen, schwärmt dann vom Menschsein und plädiert immer wieder für die Gerechten auf der Erde. Er geht in der
Rolle des Guten überzeugend auf und würde noch einmal auf die Erde gehen, um sie zu retten.
Devoter Heiliger Geist
Als dritter im Bunde ist Hans Nirschl der Heilige Geist. Sehr indifferent ist dieser, nicht nur was sein Geschlecht anbelangt. Seine Erleuchtungsversuche beim
Menschen schlugen so ziemlich fehl und so nörgelt er an allem herum, wuselt aber eilfertig und devot um den Chef herum.
Mit Klarinette erscheint der schwarz gewandete Satan. Andreas Liedschreiber ist schon optisch die Idealbesetzung für diesen Erstgeborenen Gottes. Er spielt den
Gegenpart zu Jesus voller Verführungskraft und mit guten Argumenten, schließlich ist auch er Teil des großen Planes, über den diskutiert werden soll. In einem
faszinierenden Monolog wirft Satan Gott und Jesus ihre Verfehlungen vor.
Störfaktor Frau
Allerdings gibt es da noch einen Störfaktor: das weibliche Element. Dieses erscheint als türkische Putzfrau, als aufgemotzte Vorzimmerdame, als ausgestoßene
Obdachlose und schließlich in Weiß-Blau als Mutter Maria. Anna Schmidt spielt die drei Rollen sehr unterschiedlich, authentisch und kraftvoll.
Wird Gott durchkommen mit seinem Vorschlag, die Menschen zu vertilgen? Hat Satan recht, wenn er sagt, das mit der Feindesliebe funktioniert nicht? Und dass
Gott das eigentliche Problem ist? Sind Christen die besseren Menschen? Stimmt es, dass Jesu Nachfolger auf der Erde das Angebot Satans angenommen haben?
Kam das Gute wirklich durch Ungläubige und Ketzer in die Welt? Und was war vor Gott? War der Heilige Geist nicht eine weibliche Schöpfungskraft? Und was ist
überhaupt das Heilige, was die Menschen brauchen?
Und so geht der Zuschauer aufgewühlt und angesprochen nach Hause. Ein wiederum großartiger Theaterabend, eine bewundernswerte Leistung aller
Mitwirkenden, die Schauspieler Werner Rom so kommentierte: „Ich könnte es nicht.“
Text: Monika Ziegler
Foto: Petra Kurbjuhn
Weitere Vorstellungen am 26.9., 1., 2., 4. und 7. 10. um 20 Uhr beim Wirt in Loiderding. Karten unter 08025/3909. Zusatztermine sind geplant.
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