2 ++ LANDTAGSWAHL 2016 ++ MITTWOCH, 17. FEBRUAR 2016 Wahlkampf live: Die FDP-Chefs besuchen den Südfinder ... Spitzenkandidat Rülke: „Der ICE-Anschluss ist ein erstrebenswertes Ziel“ - Oberschwaben-Kandidat Strasser: „Ich hoffe auf 5000 Stimmen“ Die FDP-Spitzenkandidaten Dr. Hans-Ulrich Rülke und Benjamin Strasser haben am vorigen Freitag die SüdfinderRedaktion besucht - und im Doppelinterview Klartext gesprochen. Rülke tadelt Ministerpräsident Kretschmann für dessen Personalpolitik, Strasser will eine Milliarde Euro in Straßenbauprojekte und schnelleres Internet investieren. Die Aussagen im O-Ton: VON ROBIN HALLE ■ Herr Rülke, was halten Sie für den größten Fehler der Landesregierung? Rülke: Der größte Fehler der Landesregierung war es, ein erfolgreiches Schulsystem in Frage zu stellen, das die Grundlage für unseren Wohlstand im Südwesten darstellt. ■ Was halten Sie von Ministerpräsident Kretschmann? Rülke: Herr Kretschmann ist eine freundliche Figur, die im Schaufenster einer Grün-Roten Landesregierung steht und Kunden anlockt. Wenn man den Laden betritt, wird man an der Theke allerdings nicht von Herrn Kretschmann bedient, sondern von Leuten wie Herrn Hermann (Landesverkehrsminister, die Red.). ■ Laut Herrn Strasser hat Kretschmann es versäumt, ein starkes Team aufzubauen. Sehen Sie das genauso? Rülke: Ich stelle die Frage: Mit welchen Leuten hätte Herr Kretschmann ein gutes Team zusammenstellen können? Auch die SPD-Minister im Kabinett haben mich nicht vollständig überzeugt. ■ Sie haben bei „www.stimme.de“ prognostiziert, dass Kretschmann im Falle seiner Wahl vorzeitig zurücktritt. Gibt es Beweise? Rülke: Herr Kretschmann hatte bereits im Sommer über seinen Abschied aus der Politik philosophiert. Bei der übernächsten Wahl wäre er 73 Jahre alt. Dass Herr Kretschmann mit 73 nicht mehr antritt, ist wahrscheinlich klar. Ich glaube, dass er auf der Strecke aufhört und einem Nachfolger Platz macht. ■ Herr Strasser, Sie hatten sich vorige Woche im Südfinder für einen ICE-Anschluss in Oberschwaben ausgesprochen. Gab es Reaktionen? Strasser: Ja. Positiv und negativ. Wenn man eine Vision hat, gibt es immer Leute, die einen belächeln. Aber ich bleibe dabei: Wenn Städte wie Neumünster oder Angermünde einen ICE-Anschluss haben, die wirtschaftlich nicht zu den stärksten Regionen Deutschlands zählen, sollte Oberschwaben diesen Anschluss unbedingt bekommen. Ich setze mich dafür ein, dass wir dieses Projekt angehen. ■ Herr Rülke, ist dieser ICE-Anschluss realistisch? MdL Rülke (M.) sagt im Gespräch mit Chefredakteur Halle (l.): „Wir liegen in allen Umfragen deutlich über 5 Prozent.“ FDP-Gemeinderat Strasser (r.) sagt: „Es ist mein Ziel, dass Oberschwaben wieder eine Gründer-Region wird.“ Foto: R. Laner Rülke: Der ICE-Anschluss ist auf jeden Fall ein erstrebenswertes Ziel. Dieser Anschluss würde die Wirtschaftskraft Oberschwabens stärken. Deshalb sollte man sich mit der Bahn einigen. ■ Herr Strasser, Sie hatten angekündigt, dass die FDP ca. eine Milliarde Euro für Straßenbaupropjekte und schnelleres Internet investieren möchte. Das Geld soll der Landesstiftung entnommen werden. Welche Straßenbauprojekte priorisieren Sie? Strasser: Die B 30 ist von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen einen durchgehenden, zweispurigen Ausbau von Ulm nach Friedrichshafen. Das Projekt Molldiete-Tunnel würde ich an Priorität 2 setzen. Noch wichtiger ist mir aber der Ausbau des schnellen Internets. Daran hängt die wirtschaftliche Entwicklung Oberschwabens. Es ist mein Ziel, dass Oberschwaben wieder eine Gründer-Region wird. Das Menschen aus der Region, die in anderen Städten studieren, nach Oberschwaben zurückkehren, Firmen gründen und Arbeitsplätze schaffen. ■ Haben Sie schon für die Idee geworben, eine Mrd. Euro zusätzlich bereitzustellen? Strasser: Das machen wir ganz offensiv. Es ist doch bemerkenswert, dass diese Lan- desregierung gleich viel Geld für Radwege ausgibt wie für schnelles Internet. Da werden falsche Prioritäten gesetzt. Das werden wir ändern im Falle einer Regierungsverantwortung. Rülke: Da hat Herr Strasser völlig recht. Es ist notwendig, die verkehrliche Anbindung sicherzustellen – bei den Straßen und bei den Schienen. ■ Herr Rülke, von Ihnen war zu lesen, dass Sie das Mindestlohngesetz modifizieren wollen. Was planen Sie konkret? Rülke: Ich finde es bemerkenswert, dass Frau Nahles jetzt von Ein-Euro-Jobs spricht. Erst sagt sie, dass jeder, der arbeitet, mindestens 8,50 Euro verdienen soll. Jetzt will sie den Flüchtlingen einen Euro bezahlen. Das zeigt, wie unsinnig dieses Gesetz ist. ■ Können Sie es abschaffen? Rülke: Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die FDP ist nicht grundsätzlich gegen Mindestlöhne. Wir haben in unserer Regierungszeit in Berlin neun branchenspezifische Mindeslöhne eingeführt, beispielsweise für Postdienstleistungen. Wenn Tarifpartner nicht weiterkommen, können Mindestlöhne helfen. Aber es ist schädlich, einen einheitlichen, flächendeckenden Mindestlohn zu realisieren, der beispielsweise für die Metall- und Autoindustrie in Baden-Württemberg genauso gilt wie für das Frisörgeschäft in Mecklenburg-Vorpommern. ■ Mit diesen Worten schließen Sie eine Koalition mit der SPD aus … Rülke: Immer langsam. Der Landtag entscheidet ja nicht über den allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohn. Diese Entscheidung ist in Berlin zu treffen. Ich sehe im Moment keine Mehrheit für die Abschaffung des Nahleschen Gesetzes. Von daher gehört der Mindestlohn auch nicht zu unseren Wahlprüfsteinen für das Eintreten in eine Landesregierung. Trotzdem wollen wir das Gesetz modifizieren. ■ Schauen wir mal in die Glaskugel: Wie viel Prozent holt die FDP am 13. März? Rülke: (lacht) Als gläubiger Christ habe ich mir das Prinzip gesetzt, der Gnade des Herren nach oben keine Grenzen zu setzen. ■ In anderen Interviews sprachen Sie davon, dass die FDP sicher im Landtag ist. Rülke: Das ist sie auch. Diese Prognose kann ich unterschreiben. Wir liegen in allen Umfragen deutlich über 5 Prozent. Mit Ausnahme einer Umfrage in der „Schwäbischen Zeitung“. Trotzdem berichten alle Wahlhelfer, dass die Stimmung besser ist als 2013. Auch als 2011. Da lagen wir bei 5,3 Prozent. 2013 waren es in Baden-Württemberg 6,2 Prozent. Ich bin sicher, dass wir darüber liegen. ■ Herr Strasser, was glauben Sie? Strasser: Ich sehe es ähnlich. Ich habe mir das Ziel gesetzt, 5000 Bürger von der FDP zu überzeugen. Ich hoffe auf 5000 Stimmen. Die Zahl ist schwer in Prozenten abzubilden, weil sie von der Wahlbeteiligung abhängt. ■ Angenommen, sie würden in den Landtag einziehen: Bleiben Sie Gemeinderat in Berg? Strasser: Ja. Praktisch Probleme anzugehen und zeitnah umzusetzen - so etwas erdet. Und es hilft, Entscheidungen in der Landespolitik zu treffen, die der Region helfen. ... dann diskutieren sie beim Heinzl-Wirtschaftstalk ... 100 geladene Gäste im BMW Autohaus Auer - Ex-Wirtschaftsminister Döring moderiert - Rülke verrät: CDU schickt 17 Seiten-Papier RAVENSBURG - Nach dem In- Hausherr Karl-Heinz Auer begrüßt die Gäste. FDP-Spitzenkandidat Rülke (l.), Moderator Döring (M.) und FDP-Kandidat Strasser diskutieren auf der Bühne. Organisator Heinzl ( l.) plaudert mit Reporter Schneider. Die Köche von Nikis Lounge reichen Häppchen. Gesprächsthema Nr. 1 sind die Landtagswahlen. Volksbank-Vorstand Deyle und Gattin Ulrike haben Spaß. FDP-Mann Rülke spricht viel mit den Händen. terview-Termin beim Südfinder waren die FDP-Spitzenkandidaten zu Gast beim „HeinzlWirtschaftstalk“. Der „Talk“ wurde erstmals in den Räumlichen von BMW Auer in Ravensburg veranstaltet. Unternehmer Chris Heinzl (LHP, Nikis Lounge) hatte die Veranstaltung mit ca. 100 geladenen Entscheidern aus der freien Wirtschaft organisiert. Moderator und Ex-Wirtschaftsminister Walter Döring sorgte zunächst für einen Lacher, als er sagte: „Als ich früher kandidiert hatte, hieß es in machen Gaststätten: Für euch haben wir kein Zimmer frei. Ihr dürft heute in einem modernen Autohaus sprechen ...“ Danach verriet FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke, dass die CDU in einem 17-seitigem Papier zu jeder FDP-Position Stellung bezogen hat. „Es gibt viele Gemeinsamkeiten“, so Rülke. Kandidat Strasser erklärte u.a. seine Arbeit als parlamentarischer Berater. Robin Halle Rund 100 Gäste verfolgen die Diskussion im Ravensburger Autohaus BMW Auer. Fotos: C. Schneider / R. Halle Die Gäste applaudieren nach einigen Antworten. Südwestbank-Chef Bischoff trifft Aldi-Chefin Ehrmann. Im Foyer werden Autos gezeigt - hier ein BMW M4. Ein Kameramann filmt die Veranstaltung. Das Buffet besteht u.a. aus Lachshäppchen. MdB Westermayer (r.) ist ein gefragter Gesprächspartner. ... und die ÖDP stellt in Ravensburg ihr Programm vor Armutsfalle Kind? ÖDP-Kandidat Scharpf gesteht: „Wir leben seit 30 Jahren vom Kontokorrent“ - Erziehungsgehalt soll helfen Die Chefs der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) machen sich für ein „Erziehungsgehalt“ stark, das sich am durchschnittlichen Arbeitnehmer-Bruttolohn von 2695 Euro orientiert. Im ersten Schritt sollen alle Mütter 1000 Euro monatlich pro Kind erhalten – insgesamt drei Jahre. VON ROBIN HALLE RAVENSBURG – ÖDP-Kandidat Siegfried Scharpf kennt sich aus mit Kindern. Der Bezirksschornsteinfeger aus Ravensburg hat gleich 10. Wie diese Kinder sein Leben verändern, gab Scharpf beim Wahlkampfauftakt im Kornhaus offen zu. „Unser erstes Kind war ein klassisches Abtreibungskind“, so der Kreisrat, „ich stand damals neun Monate vor der Meister- prüfung, meine Frau stand neun Monate vor dem Examen. Trotzdem haben wir das Kind bekommen, weil wir es unbedingt wollten.“ Und weiter: „Wir haben inzwischen zehn Kinder. Meine Frau schafft jeden Tag zwölf Stunden als Ärztin, kommt nach Hause und macht bis 2 Uhr nachts die Wäsche. Ich gehe vormittags zur Arbeit, versorge danach die Kinder und unternehme etwas mit ihnen. Wir buckeln und buckeln, aber wir leben seit 30 Jahren vom Kontokorrent. In der Gesellschaft kann etwas nicht stimmen, wenn Kinder zur Armutsfalle werden.“ Die ÖDP-Bundesvorsitzende Gabriela Schimmer-Göresz argumentierte ähnlich. Und sie erklärte, dass sich ihre Partei für ein sogenanntes Erziehungsgehalt stark macht. Der Grundge- danke dabei: Mütter bzw. Familien sollen finanziell deutlich besser gestellt werden, wenn sie ihre Kinder nicht in eine staatliche Kindertagesstätte geben, sondern selbst erziehen. „Wir brauchen eine echte Wahlfreiheit“, so die Bundesvorsitzende. ÖDP-Kandidat Siegfried Scharpf (Mitte) feiert Weihnachten 2015 im Kreis seiner Familie. Foto: oh Scharpf hat 10 Kinder, 8 Enkel - und ist seit 33 Jahren „unfallfrei verheiratet“. Im Wahlprogramm der ÖDP Betreuungsgeld und staatliche heißt es dazu: „Das Modell der Krippenfinanzierung.“ Scharpf erklärte im AnÖDP für ein Erziehungsgehalt (EZG) wird unsere Gesellschaft schluss, wie die ÖDP das Erzieverändern: Das EZG orientiert hungsgehalt finanzieren will. sich am durchschnittlichen Ar- „Wir müssen Rohstoffe besteuern, nicht die Menbeitnehmerschen.“ Und weiter, Bruttolohn. Das sind im Jahr 2013: „Wir müssen unseren bezogen auf die ökologische Ideolo2695 Euro brutto Planeten schützen“ gie der Partei: „Gier im Monat (West). hat das aus der Welt Die Höhe des EZG berücksichtigt den Arbeitsauf- gemacht, was wir jeden Abend wand, der durch Alter und Zahl in den Nachrichten sehen“, so der Kinder bestimmt wird. Vor- Scharpf, „die Reichen werden geschlagen wird: halbe Höhe immer reicher - und die andedes EZG bei Erziehung eines ren wissen nicht, wie sie ihre Kindes unter sieben Jahren. Bei Winterrreifen bezahlen sollen. zwei Kindern unter sieben Jah- Wir müssen unseren Planeten ren zu ¾, bei drei Kindern unter schützen und die Überproduksieben in voller Höhe. Als ersten tion stoppen. Wir müssen unseSchritt empfehlen wir eine Leis- re Sachen wieder reparieren, Toaster, tung von 1000 Euro monatlich Waschmaschinen, für die ersten drei Jahre eines Handys - statt sie dauernd wegKindes. Sie ersetzt Elterngeld, zuwerfen.“
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