Vorwärts Mädchen! - Deutschlandradio Kultur

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DeutschlandRadio Kultur, OrtsZeit NachSpiel
Sonntag 8. April, 17.30 Uhr
„Muchachas adelante!“ - Vorwärts Mädchen!
Frauenfußball in Nicaragua
von Ole Schulz
Mitarbeit: Yana Schulz
9. Atmo: Radio Jingle (0:47)
ca. bis 00:17 frei, dann KREUZBLENDE auf:
1. Atmo UAM (0-55)
evtl. erst bei ca. 00:08 sec. einspielen; bis 0:22 frei
Sprecher:
Sonntag vormittag in Managua, Nicaragua: Auf dem Fußballplatz stehen
sich zwei Frauenmannschaften gegenüber: die "Universidad Americana
Managua" spielt gegen die UNAN, die "Universidad Nacional Autónoma de
Nicaragua" aus León. Trainiert wird das Gastteam aus León von einem
Deutschen: Dirk Pesara; hier nennen ihn alle nur "Diego". Mit seinen 1
Meter 87 überragt er seine kleinen Spielerinnen um Kopfeslängen. Diego
scherzt lieber mit dem Trainer der Gegner aus der Hauptstadt, als sich
darüber aufzuregen, dass der Schiedsrichter erst nach Spielbeginn
auftaucht.
2. Atmo UAM (0-39)
bis 0:16 frei, dann unter Sprecher legen
Sprecher:
Seit dem Jahr 2002 betreut der 42-jährige Diego das Erstliga-Frauenteam
der UNAN León. Das heutige Spiel ist der letzte Test vor Saisonbeginn, und
die Platzverhältnisse sind für die hiesigen Umstände relativ gut. Allerdings
wurde beim Rasenmähen ein Stück des Platzes ausgespart. Solch widrige
Bedingungen kennt Diego nur allzu gut.
3. Atmo UAM (0-29)
bis Ende frei
"In Diriamba im Nationalstadion zum Finale, da hatten sie dann
praktisch so wie jetzt fast alles gemäht, hatten dann aber ein Viertel,
nein weniger als ein Viertel, so wie dieses Stück da, das jetzt kurz ist,
das war dann lang, aber zog sich noch in den Straufraum rein, war
aber sooo hoch, das sah geil aus, wenn eine Windböhe kam, wie so
ein Maisfeld, das sah total geil aus - ein Finale!"
Sprecher:
Obwohl es ein Freundschaftsspiel ist, gehen die Spielerinnen gut zur Sache
- bis "China", die rechte Verteidigerin Leóns, eine Gegnerin unglücklich am
Sprunggelenk trifft.
4. Atmo UAM (0-29)
unter Sprecher einblenden, ab 00:09 einige sec. frei
Sprecher:
Zur Halbzeit steht es Eins zu Eins, doch Diego ist mit seinen Mädchen nicht
zufrieden; gegen das kompakte Mittelfeld des Heimteams wissen sich die
UNAN-Spielerinnen kaum durchzusetzen:
5. Atmo UAM (0-58):
gegebenenfalls ohne und nur kurz frei stehend (oder nur einen Teil der Übersetzung, z.B.
bis 00:26)!!!
Übersetzer (Hanns Ostermann):
"In der Offensive: Freilaufen und Räume schaffen, in der Defensive:
Decken und die Räume eng machen, das haben wir nicht gemacht...
und bitte: keine Verletzungen mehr, wir wissen, dass es keine Absicht
war, aber es ist ein Freundschaftsspiel und alle wollen am nächsten
Sonntag auf dem Platz stehen... (00:26)
Yohanna, sehr gut. Aber eine Sache fehlt: Warum benutzen wir die
Außen nicht? Zum Beispiel: Wenn Martha im linken Mittelfeld den Ball
hat, muss eine der zwei Stürmerinnen sich an der Linie anbieten;
diejenige der beiden, die näher ist, muss dem Ball entgegenkommen."
6. Atmo: UAM (0-46)
Sprecher:
Am Ende verliert die UNAN León das Spiel, zwei Gegentore werden durch
direkt verwandelte Freistöße erzielt. Diego nimmt das nach Abpfiff
allerdings gelassen:
1. O-Ton Diego (0-42)
"Die 2:3 Niederlage geht soweit in Ordnung. Wir haben genau erreicht,
was wir wollten, nämlich die UAM hat uns unsere Schwächen gezeigt.
Das lag vor allem daran, dass wir genau diese Standardsituationen im
Defensivbereich noch nicht trainiert hatten. Das haben wir dann im
Laufe dieser Woche korrigiert. Das sind Sachen, die mussten wir auch
korrigieren, das sind aber Kleinigkeiten gewesen, d.h. im Spielansatz,
im Spielaufbau usw. das funktionierte weitestgehend gut......
und besonders hervorzuheben natürlich, das unsere Yohanna, die
noch nie als zentrale Spitze gespielt hat, gleich in ihrem erstem Spiel
unter Beweis gestellt hat, dass sie dort auf dem richtigen Platz steht."
1. Musik: Tino López Guerra: Viva León Jódido (2-35)
00:00 bis ca. 00:10 frei
Sprecher:
Seit mittlerweile zehn Jahren lebt Diego in León, früher auch als "Santiago
de Los Caballeros" bekannt.
Musik bei ca. 00:15 hochziehen, bis 00:31 frei (mindestens is 00:23)
Sprecher:
Dass es Diego vor Jahren nach León, Nicaraguas zweitgrößter Stadt,
verschlagen hat, ist weniger geplant gewesen als den Irrungen und
Wirrungen des Schicksals geschuldet: Nachdem er in Berlin
Lateinamerikanistik studiert hatte, arbeitete er zunächst als Journalist in
Mexiko, bis er auf einer Reise durch Zentralamerika 1998 in León hängen
blieb. Hier besann sich Diego auf seine große Leidenschaft, den Fußball.
Vorher hatte er in Deutschland für die 4. Herren des FC St. Pauli gekickt,
die C-Trainer-Lizenz erworben und eine Berliner Kneipenmannschaft
trainiert. Jetzt gründete er in León an der Uni ein Frauenfußballteam.
Musik kurz hochziehen, am Besten beim bzw. vor dem Refrain (1:05-1:07), unter 2. O-Ton
ausblenden
2. O-Ton Diego (0-45)
"Am Anfang haben wir praktisch einen Aushang gemacht an der
Universität. Da bekamen wir dann knapp elf Mädchen und Frauen
zusammen, suchten dann weiter, dass wir dann tatsächlich nach
einem halben Jahr ja so etwas wie ein Team formen konnten, wobei
wirklich `so etwas´ wie ein Team, weil die meisten hatten noch nie,
oder alle hatten noch nie Fußball gespielt, viele hatten auch noch gar
keine andere Sportart betrieben und insofern waren dann die
Kenntnisse vom Fußball doch sehr rudimentär und wir mussten
tatsächlich bei Adam und Eva anfangen, nahmen dann aber nach
insgesamt nur drei Testspielen an der ersten Liga teil im Jahre 2002."
Sprecher:
Eine Frauenliga war vom nicaraguanischen Fußballverband bereits 1996
gegründet worden und wird seither in erster Linie von
Universitätsmannschaften getragen. Doch es dauerte einige Jahre, bis der
Frauenfußball größere Aufmerksamkeit erlangte. Nicht zuletzt mussten sich
die jungen Ballkickerinnen zunächst gegen die Ignoranz der Männer
durchsetzen:
3. O-Ton Diego (0-46):
"Am Anfang war es tatsächlich zum Teil so, dass wir die Polizei rufen
mussten, weil die Jungs und jungen Männer es überhaupt nicht
eingesehen haben, dass sie jetzt vom Platz müssten, weil Mädchen
spielen wollten und sollten und die mussten teilweise mit Gewalt
vertreiben werden. Das hat sich natürlich verändert, weil wir weit und
breit konkurrenzlos sind. Es gibt keinen Leoneser Männer- oder
Jungsfußball mehr auf nationaler Ebene - auch das Zweitligateam ist
nicht mehr existent -, d.h. das Aushängeschild für Leoneser Fußball ist
unser Frauenteam und insofern werden wir nicht mehr als Bedrohung
oder Konkurrenz gesehen."
Sprecher:
In Nicaragua - traditionell ein Baseball-Land - hat der Fußball mittlerweile
die traditionellen Mädchensportarten Volleyball und Basketball auf die
hinteren Ränge verdrängt. Diego, ein Ex-Punk und einstiger autonomer
Politaktivist aus dem Umfeld der Hamburger Hafenstraße, hat seinen Teil
dazu beigetragen - mit Geldern aus Deutschland: Finanziert wird seine
Trainerstelle von der Sepp Herberger-Stiftung des DFB. Ein bisschen stolz
ist Diego schon darauf, was er mit seiner Mannschaft erreicht hat:
4. O-Ton Diego (0-48)
"Also die erste Saison die beendeten wir mit Null Punkten und zwei
geschossenen Toren auf dem letzten Platz, ganz klar allerdings: Die
beiden Tore wurden doch sehr groß bejubelt und da ließen wir uns,
und das war eine kleine Überraschung, auch die Mädels davon
überhaupt nicht irritieren und entgeistern, sondern blieben dabei und
tatsächlich im nächsten Jahr gab es auch den ein oder anderen Sieg
und das steigerte sich über all die Jahre, so dass wir im letzten Jahr
tatsächlich auf den vierten Platz gelangten, mit einer sehr sportlichen
Bilanz von 36 Punkten und 38 zu 15 Toren (0:41) [, also da hat sich
ordentlich was getan und zwar mit unseren Jugendlichen aus León."]
7. Atmo Training (0-43)
Sprecher:
Von 16.00 bis 18.00 Uhr trainieren die Mädchen täglich auf dem
Fußballplatz am Rande der medizinischen Fakultät der UNAN. Die äußeren
Bedingungen laden freilich nicht gerade zu aktiver körperlicher Betätigung
ein: Im Januar hat in León der Sommer gewonnen, und die Sonne scheint
auch noch am späten Nachmittag unbarmherzig. Dazu pfeift meistens ein
scharfer Wind über den Platz, der Staubwolken aufwirbelt.
5. O-Ton Diego (0-41)
"Jedes Dorf in Deutschland hat einen besseren Platz als hier
Universitätsstädte wie León, hier gibt es in León letztendlich nur zwei
Fußballplätze und das sind eben Bolzplätze, weil die von allen Leuten,
die buffen wollen, benutzt werden und dementsprechend sehen sie
auch aus: Der Rasen wird nicht gepflegt, da wird auch über die fünf,
sechs Monate Trockenzeit kein Wasser geprengt und deswegen
verschwindet doch hier und dort auch der Rasen komplett. Letztendlich
sind das keine Bedingungen, in denen man wirklich schnörkellosen
Fußball spielen kann. Allerdings schult das eben auch die Technik."
Sprecher:
Zu denjenigen, die auf einem Platz Fußballspielen gelernt haben, wo jeder
zweite Ball verspringt, gehören die drei Zapata-Schwestern: Yohanna, Yé
und Martha. Yohanna, mit 23 Jahren die älteste der drei, erinnert sich noch
gut daran, wie sich die nicaraguanischen Männer erst einmal über die
Spielerinnen lustig machten:
6. O-Ton Yohanna (0-51)
Übersetzerin:
"Am Anfang haben sie über uns gelacht. Es ist natürlich, dass die
körperlichen Fähigkeiten von Männern und Frauen nicht die gleichen
sind und wenn wir spielten, dann hatten wir zwar Zuschauer, aber das
war keine Hilfe, sondern hat uns zunächst eingeschüchtert, weil sie
uns ausgelacht haben, wenn wir zum Beispiel den Ball nicht getroffen
haben. Das hat uns weniger Mut gemacht als vielmehr Scham bereitet,
wenn wir zu Hause gespielt haben. Aber mit der Zeit haben wir das
überwunden, und jetzt unterstützen sie uns. Aber am Anfang war es
schon peinlich für uns, weil sie uns diskriminiert haben."
Sprecher:
Dann stießen auch Yohannas jüngere Schwestern zum Team:
7. O-Ton Yohanna (0-57)
Übersetzerin:
"Nachdem ich schon in der Mannschaft war, trat Yé in den Verein ein:
Wie immer war sie sehr schüchtern und spielte auch nicht gut. Doch
von einem Tag auf den anderen war sie auf einmal die Beste der
Mannschaft - sie hat einen unglaublich harten Schuss. Dann haben wir
Martha eingeladen. Sie wollte aber erst nicht, sie hatte damals andere
Sachen im Kopf: Klar, Martha war ja auch viel jünger als wir.
Schließlich sagte sie, sie würde einmal mitkommen. Wenn es ihr nicht
gefiele, würde sie nicht wieder kommen. Doch es machte ihr Spaß,
und heute spielt sie sehr gut. Ich glaube, dass die beiden jetzt schon
besser sind als ich."
8. Atmo Haus (0-52)
Sprecher:
Die drei Zapata-Schwestern haben zwei verschiedene Väter und leben mit
ihrer Mutter am Stadtrand Leóns. Mit dem Geld, das ihr nach Costa Rica
emigrierter Bruder Roca überweist, konnte sich die Familie ein kleines,
einfaches Haus bauen. Immerhin haben die Zapatas jetzt fließend Wasser,
was in Nicaragua keine Selbstverständlichkeit ist. Die drei Schwestern
wurden von ihrer Mutter mehr oder weniger allein großgezogen. Und für
Yohanna ist es bis heute eine Belastung, sowohl über ihren Vater als auch
über ihren Stiefvater zu sprechen:
8. O-Ton Yohanna (0-55)
Übersetzerin:
"Sie hat immer alles allein gemacht, irgendeine Hilfe oder
Unterstützung von meinem Vater hat es nie gegeben, auch nicht vom
Vater Martha´s und Yé´s. Obwohl er fast die ganze Zeit mit meiner
Mutter zusammen war, war das Leben mit ihm sehr, sehr schwierig.
In Nicaragua gibt es sehr viele alleinstehende Mütter, aber auch wenn
sie mit einem Mann verheiratet sind, kommt es häufig vor, dass sich
der Ehemann unmöglich benimmt. So war es zum Beispiel auch mit
Yé´s Vater; er hat uns immer schlecht behandelt. Das war immer so
und ist es heute noch. Das ist keine gute Erinnerung, die ich daran
habe."
Sprecher:
Yohannas jüngere Schwestern Yé und Martha gehören zu den großen
Talenten des Teams der UNAN León. Yé ist bereits mit 16 Jahren eine
gefürchtete Freistoßspezialisten, während die noch jüngere Martha
allenfalls durch einen Lachanfall zu stoppen ist, wenn sie ihren bulligen
Körper einmal in Bewegung gesetzt hat.
Zusatz-Atmo Martha (0-28)
Einstieg Übersetzung bei 00:07
Übersetzerin:
(Lachen) "Mein Name ist Martha Zapata, 14 Jahre, und meine Position
ist das linke Mittelfeld." (Lachen)
Sprecher:
Für ihren Trainer sind die Zapata-Schwestern allerdings mehr als nur
sportliche Hoffnungsträger.
9. O-Ton Diego (0-40)
"Yé ist schon eine, zu der ich eher ein väterliches Verhältnis habe,
auch zu ihrer Schwester Marthita und im weitesten Sine auch zu
Yohanna. Das hängt mit der Familienstruktur zusammen, Alkoholiker
als Vater und sehr viele Probleme im häuslichen Bereich und es liegt
mir sehr am Herzen, dass sie einerseits natürlich besser werden im
fußballerischen Bereich und dem Team irgendwie zu Ruhm und Ehre
verhelfen in Anführungsstrichen, andererseits aber geht es darum,
dass sie erst einmal Abitur machen, das ist das A und O und da sind
sie auf einem ganz guten Weg, deswegen haben sie auch die
Stipendien." [Stimme oben!]
2. Musik: Amalgama: Viva León Jódido, live im Divino Castigo (2-55)
ab ca. 00:12 einspielen, bis ca. 00:38 frei
Sprecher:
León, die Kolonialstadt in der Diegos Mannschaft beheimatet ist, hat in
Nicaragua einen besonderen Ruf: Man spricht von der "Universitätsstadt"
oder einfach auch von der "Metropole". Es gibt insgesamt sechs
Universitäten in León; die UNAN ist mit 16.000 Studenten die größte von
ihnen. Bei so vielen Studierenden ist das Nachtleben der Stadt für
nicaraguanische Verhältnisse ausgesprochen vielfältig.
Musik kurz hochziehen, dann unter Sprecher ausblenden
Sprecher:
León, 1524 gegründet, ist eine der ältesten Städte Zentralamerikas und war
früher eine Hochburg der Liberalen, später wurde die Stadt dann zu einem
Zentrum der sandinistischen Revolution. Und obwohl León bis heute
vergleichsweise wohlhabend ist, gibt es auch hier viele Menschen, die
weder lesen noch schreiben können und in Armut leben. Das ist nicht
verwunderlich: Laut UN-Statistiken ist Nicaragua - nach Haiti - das
zweitärmste Land des amerikanischen Kontinents. Deshalb ist es Diego
wichtig, die Spielerinnen über den Sport hinaus, zu unterstützen.
Diejenigen, die bereits an der UNAN studieren, erhalten von der Uni ein
Stipendium von 500 Cordoba monatlich, umgerechnet rund 30 US-Dollar.
10. O-Ton Diego (0:39)
"Inzwischen ist es aber so, dass praktisch zwei Drittel unserer
Spielerinnen noch nicht an der Universität sind. Wir sind eben jedes
Jahr weiter jünger geworden, und die große Masse der Spielerinnen
haben noch nicht das Abitur, d.h. sie sind noch außerhalb des
Bereiches, ein Universitätsstipendium zu bekommen, und das muss
man natürlich auffangen: Kann ja nicht sein, dass die einen etwas
kriegen und die anderen nicht und insofern haben wir jetzt die Politik,
dass alle 500 Cordoba bekommen, also alle bekommen die ihre 30
Dollar, sei es von der Universität und die das nicht von der Universität
bekommen, die bekommen es vom Projekt Goooleón."
Sprecher 2:
Das Projekt "Gooleón" ist das zweite Standbein des Vereins. Manchmal
erhält die Mannschaft zwar auch Sachspenden von der Deutschen
Botschaft, die UNAN stellt ihre Infrasstruktur bereit, und Freiwillige aus der
Heimat helfen stets beim Training mit, aber darüberhinaus stehen dem
Verein keine weiteren Gelder zur Verfügung. Zum Spenden Sammeln hat
Diego darum mit Freunden in Hamburg das Projekt Goooleón gegründet.
So können allen Spielerinnen Stipendien bezahlt werden.
11. O-Ton Diego (0-45)
Yohana wird in diesem Jahr das Abitur machen, Yé im nächsten, mit
Marthita das dauert noch eine Weile, und dann könnte man mal sehen,
ob da vielleicht ein kleiner Ausflug in die erste deutsche
Frauenbundesliga drin ist und wenn nicht, dann schließt sich hier auch
ein Studium an. Man darf eben nicht vergessen, dass das Projekt
Goooleón ein leistungsorientiertes soziales Projekt ist, d.h. wir
produzieren keine Fußballprofis, wir wollen, dass die Mädchen und
Frauen über den Fußball ihre Ausbildung und ihr Studium finanzieren
können, um dann als Akademikerinnen oder ausgebildete Fachkräfte
ihr Leben leben zu können."
9. Atmo: Radio Jingle (0:47)
ca. bis 00:17 frei, dann unter Sprecher legen
Sprecher:
Die Aktivitäten von UNAN León und des Projekts "Goooleón" gehen
inzwischen über die Teilnahme an der Frauenliga hinaus. Im vergangenen
Jahr organisierte der Verein - mitten im Stadtzentrum Leóns - erstmalig ein
Bolzplatzturnier für Mädchen unter 17 Jahren. Dass die
Straßenfußballmeisterschaft ein voller Erfolg wurde, dabei half auch der
Werbespot bei einem lokalen Radiosender:
Atmo kurz hochziehen und bis zum Ende frei stehen lassen
Sprecher:
Diego hat sich mit seiner Mannschaft inzwischen landesweit einen Namen
gemacht und wurde auch schon im Fernsehen als bunter Hund aus
Deutschland portraitiert.
10. Atmo: TV-Portrait Diegos (0:36)
Musik bis 00:08, dann O-Ton
Übersetzerin:
"Dirk Pesara war ein normaler Journalist, der Lateinamerika seit seiner
Jugend bereist hatte. Doch es gab nur ein Land, das ihn so entzückte,
dass er es nicht mehr verlassen wollte: Nicaragua. Mit seinen Koffern
kam er aus Berlin hierher nach León, wo er sich der Entwicklung des
Fußballs widmen sollte. Wegen seiner Leidenschaft für den Fußball
hängte er den Journalismus an den Nagel, und verschrieb sich ganz
der Förderung dieser Sportart."
11. Atmo: Fútbol de Sala (1-19)
Sprecher:
Noch hat die nationale Liga nicht begonnen, und darum nehmen die UNANSpielerinnen jeden Samstag an der Leoneser "Fútbol de Sala"Meisterschaft teil, einer Art städtischer Hallenliga:
Atmo kurz hochziehen, dann unter Sprecher ausblenden
Sprecher:
Mit nur 19 Jahren gehört Yubina zu den Leistungsträgerinnen der UNANMannschaft und fehlt nie - weder beim Training noch beim "Futbol de Sala".
Sie spielt die zentrale Position im defensiven Mittelfeld. Warum sie den
Fußball so mag:
12. O-Ton Yubi (0:38)
Übersetzerin:
"Weil ich beim Fußball alles andere vergesse, ich fühle mich einfach
gut, wenn ich spiele. Ich bin dann ganz konzentriert bei der Sache,
darum bin ich auch besser geworden. Es macht mir Spaß, meine
Fähigkeiten zu verbessern und ich glaube, dass ich mein Niveau auf
dem Platz schon erheblich gesteigert habe. Ich möchte auf keinen Fall
mit dem Fußball aufhören, und Gott sei dank bin ich bisher auch von
größeren Verletzungen verschont geblieben."
Sprecher:
Yubina hat schon für die Nationalmannschaft gespielt und gerade wieder
eine Einladung erhalten, für Nicaragua an den Qualifikationsspielen für die
Olympischen Spiele teilzunehmen. Doch sie ist hin- und hergerissen, ob sie
das Angebot annehmen soll.
13. O-Ton Yubi (0-47)
Übersetzerin:
"Ich habe einen guten Job, der mir besser bezahlt wird als der Einsatz
in der Nationalmannschaft. Ich arbeite drei Tage in der Woche im
Hause eines Deutschen. Dafür kriege ich insgesamt 300 Cordoba
wöchentlich. Ich arbeite bis Mittags, danach gehe zum Training. Ich
putze dort im Haus, wasche und koche, mache die Hausarbeit. In der
Nationalmannschaft wären es auch drei Tage, aber dort erhielte ich nur
20 Cordoba täglich, dazu zwar auch noch die Fahrtkosten, aber das
reicht nicht aus. Ich studiere und habe auch noch andere Bedürfnisse,
das ist schon sehr wenig Geld.
Sprecher:
Im Hause Yubinas wohnt derzeit auch Oneyda. Diego hat die 17jährige aus
Jalapa abgeworben. Oneyda ist Libero in der Nationalmannschaft und die
einzige Auswärtige im Team der UNAN León. Diego bezahlt ihr nicht nur
die Universitätsgebühren, sondern auch eine Art Taschengeld von gut 20
US-Dollar wöchentlich:
14. O-Ton Oneyda (0-27)
Übersetzerin:
"Er gibt mir ein Taschengeld von 400 Cordoba in der Woche, davon
bezahle ich aber auch meine Unterkunft. Letztendlich bleibt mir nicht
viel, zum Beispiel um Kleidung zu kaufen. Aber ich bin froh, dass ich
genügend zu Essen habe, studieren und Fußball spielen kann. Darum
macht es mir nicht viel aus, dass ich immer die gleichen Sachen
anziehen muss."
Sprecher:
In der FIFA-Weltrangliste steht Nicaragua beim Frauenfußball lediglich auf
Platz 112 - von 142 Ländern. Doch Oneyda glaubt, dass das kleine, 5Millionen-Einwohner-Land prinzipiell mehr Potential hat, als es dieses
Ranking vermuten lässt. Oneyda lässt sich jedenfalls auch nicht davon
beirren, dass Nicaragua in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft mit
null zu neun Toren gegen Mexiko unterging.
15. O-Ton Oneyda (0-56)
Übersetzerin:
"Das sind Erfahrungen, die einen als Spielerin und als Mensch sehr
schmerzen. Aber man kann eben auch nicht in einen solchen harten
Wettbewerb gehen, ohne vorher viel trainiert zu haben. Leider fehlt
dafür das Geld im Land. Wenn wir uns voll auf die Sache konzentrieren
könnten, wäre auch das Niveau des nicaraguanischen Fußballs höher.
Trotzdem war es alles in allem eine gute Erfahrung: Wir haben zwar
neun zu null gegen Mexiko verloren, dafür gegen gegen El Salvador
zwei zu eins gewonnen. Das war eine sehr intensives Spiel, während
das andere äußerst traurig für das ganze Land war. Ich glaube, dass
sind Dinge, die einem im Herzen schwer verletzen können, und die
vielleicht eines Tages einmal verheilen werden, wenn mehr Geld in
den Frauenfußball investiert wird."
12. Atmo: Training (0-29)
Sprecher:
Beim Training der UNAN León geht es inzwischen ernsthafter zu: der
Saisonbeginn steht unmittelbar bevor. Jetzt wird vor allem am Antritt und
der Schnelligkeit der Mädchen gefeilt, und alle Übungen mit Gegenspielerin
durchgeführt. Diego, eigentlich ein gemütlicher Typ, ist die Anspannung
anzumerken:
16. O-Ton Diego (0-41)
"Was nervig ist und auch wohl immer bleiben wird, ist einfach die
Sache, dass nicht die Jungs neben dem Platz spielen, sondern sie
mischen sich rein, sie wollen eben möglichst dicht bei den Mädels sein,
weil es eben nicaraguanischen Jungs und Männern schwer bis
unmöglich fällt, einfach aus der Ferne mal zuzugucken, wenn eine
Gruppe junger Mädchen Sport treibt, das geht nicht, da müssen sie
ganz dicht dran, möglichst zwischen durch und sich in Posiergebaren
dann dadrin bewegen und das ist natürlich letztendlich nervig und
macht dann auch den Trainingsablauf schwierig." (hartes Ende)
Sprecher:
Doch nicht genug des Ärgers: Als Vereinsverantwortlicher muss Diego nun
fast täglich mit dem Bus nach Managua fahren, um an vorbereitenden
Sitzungen des Fußballverbandes teilzunehmen. Am Ende verschiebt sich
der Saisonbeginn aber doch:
17. O-Ton Diego (1-03)
"Also Verzögerungen sind ja nun, nicht nur beim Fuball, sondern beim
Leben generell in Nicaragua, normal und alltäglich. Das es so einen
Hickhack gab dieses Mal das war ein bisschen ärgerlich, zumal wir
auch mehrere Reunionen gehabt hatten von den verschiedenen
Verantwortlichen der Vereine und immer wieder betont, dass bis zu
dem und dem Tag die Sachen abgeben werden müssen, das ist aber
nie passiert, da hatten letztendlich nur fünf Teams die Sachen
abgegeben. Und insofern war der Fußballverband natürlich auch vor
Probleme gestellt, er konnte dann nicht einfach sagen, fangen wir mit
fünf an oder so. Das ist ärgerlich, vor allem natürlich für die Vereine,
dich sich an alles halten, kann man aber nicht ändern. Letztendlich
muss man sagen, hat sich ja der Ligabetrieb nur um eine Woche
verschoben. (0:51)
Sprecher:
Diego bleibt trotz allem guter Dinge und baut vor allem auf die Erfahrungen,
die er im Winter in Deutschland gemacht hat: Beim HSV hat er als
Assistenztrainer sechs Wochen lang die Luft der Frauenbundesliga
geschnuppert.
18. O-Ton Diego (0-30)
"Was ich übernommen habe, sind viele Dinge im physischen Bereich,
dass wir jetzt mit den kleinen Hürden arbeiten, dass wir sehr viel, um
halt die Explosivkraft in die Beinmuskeln zu bekommen, mit diesen
Hürden arbeiten, in Verbindung immer mit Ball, d.h. mit Torschüssen in
der Regel und auch im Eins gegen Eins und das sind Sachen und
Spielformen, die ich in der Form überhaupt noch gar nicht kannte.
13. Atmo: Spiel (1-06)
Sprecher:
Am letzten Sonntag im März ist es endlich soweit: Die Liga beginnt für die
UNAN León mit einem Heimspiel gegen die "Managua Allstars".
Atmo kurz hochziehen, dann unter Sprecher legen
Sprecher:
Am Ende gibt es ein mühsames 3:2 gegen den Neuling aus der Hauptstadt.
Immerhin ist es das erste Mal überhaupt, dass Diegos Mannschaft ein
Auftaktspiel gewinnen kann. Und die drei Zapata-Schwestern sind an allen
Toren beteiligt: Nachdem Yohanna einen Elfmeter erkämpft, der zum Eins
zu Eins führt, verwandelt Yé einen Freistoß aus rund 25 Metern. Nach dem
Ausgleich setzt die 14jährige Martha kurz vor Spielende zu einem ihrer
unwiderstehlichen Sprints an und schlenzt den Ball über die Torfrau zum
Siegtreffer unter die Latte - ein "golazo", ein Traumtor.
14. Atmo: Tor (0-21)
Sprecher:
Und obwohl bei der UNAN León offensichtlich noch nicht alles rund lief:
Diego hat nur ein Saisonziel vor Augen.
19. O-Ton Diego (0-51)
"Ähm, Meister werden, also da würde ich sagen von diesem Ziel
rücken wir auch nicht ab, auch wenn es zunächst einmal illusorisch
erscheint und der Gegner, insbesondere der dreimalige Meister UNAN
Managua, die sind also in den letzten drei Jahren Meister geworden,
das ist ein schier übermächtiger Gegner, vergleichbar mit dem 1. FFC
Frankfurt in Deutschland, die haben halt auch fast die gesamte
Nationalmannschaft unter Vertrag und das ist bei der UNAN Managua
hier genauso. Allerdings haben wir es einmal geschafft, im Pokal die
UNAN Mangua zu schlagen, d.h. wir haben ihnen einmal ein Bein
stellen können, das ging über die Verlängerung und das
Elfmeterschließen, aber wir haben das Elfmeterschießen Drei Eins
gewonnen und den Pokal mit nach León genommen. Und warum sollte
man das nicht wiederholen?
Musik: 1. Musik