Ein Osterhase als Bonus? Endlich ist das Paket seines Arbeitgebers da; doch kaum geöffnet, macht Pasquale Franco Boni grosse Augen. Im Paket findet er nur einen Schoko-Osterhasen und ein Schreiben der Personalabteilung, in welchem ihm für seine Leistungen im letzten Jahr gedankt wird. Jeweils im April erhält er eine Bonusbestätigung. Wie ist die Rechtslage? Ist es rechtens, dass Pasquale nur noch einen Osterhasen als Bonus bekommt? Zunächst ist der Vertrag zu konsultieren und darin zu überprüfen, was die Parteien konkret vereinbart und übereinstimmend gewollt haben. Der Begriff „Bonus“ ist im Obligationenrecht nicht definiert. Es stellt sich somit im Einzelfall die zentrale Frage, ob der Bonus juristisch als Gratifikation im Sinn von Art. 322d OR oder als Lohnbestandteil zu qualifizieren ist. Gegenüber dem Lohn unterscheidet sich die Gratifikation dadurch, dass sie zusätzlich neben dem Lohn ausgerichtet wird und ganz oder teilweise vom Willen oder Ermessen des Arbeitgebers abhängt. Bei der Gratifikation handelt es sich also grundsätzlich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, während der Lohn als zwingender Vertragsbestandteil den Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet. Zum Schutz der Mitarbeiter muss die (freiwillige) Gratifikation im Verhältnis zum Lohn akzessorisch sein, d.h. sie darf nicht die Form einer eigentlichen Vergütung annehmen. Wenn allerdings der Lohn die wirtschaftliche Existenz des Mitarbeiters überwiegend gewährleistet bzw. seine Lebenshaltungskosten erheblich übersteigt, ist die Höhe der Gratifikation gemäss Bundesgericht nicht mehr massgebend, um über deren Lohncharakter zu befinden. Falls der Bonus in seiner Höhe vom freien Willen des Arbeitgebers und seiner subjektiven Beurteilung der Arbeitsleistung sowie vom Erreichen eines Geschäftsergebnisses abhängt, kann man also grundsätzlich auch einen Osterhasen als Bonus erhalten. Korab Macula, Rechtskonsulent der Angestellten Schweiz
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