Bei Anruf Hilfe

notfall
Bei Anruf Hilfe
SYLVIA AINETTER
In der Leitstelle Tirol (LT) gehen jährlich etwa 420.000 Anrufe ein, 160.000 davon
sind Notrufe Die MitarbeiterInnen in der Notrufzentrale tun jedoch mehr, als nur
HelferInnen zu organisieren. Der Extremfall: die Telefonreanimation.
länger dauern“, so Maurer. Erst bei Eintreffen
des Notarztes ist die Aufgabe des oder der
LeitstellenmitarbeiterIn abgeschlossen und der
nächste Notruf kann beantwortet werden.
„Manche Einsätze gehen an unseren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht spurlos
vorbei. Wir achten deshalb darauf, dass nach
einem extremen Fall eine Pause und ein kurzes
Gespräch folgen, bevor der Dienst fortgeführt
wird“, so Maurer.
Ausführliche Schulung
Andreas Maurer von der Leitstelle Tirol bei der Arbeit.
Wenn Laien mit einem medizinischen Notfall konfrontiert
werden, geraten sie häufig an ihre Grenzen. Der ErsteHilfe-Kurs ist lange her, Erfahrung in der Notversorgung
gibt es keine. Eine telefonische Anleitung zur Reanimation
kann dann Leben retten – und deshalb gehört die in der
Leitstelle Tirol zum Alltag. „In Deutschland gibt es die
Telefonreanimation erst seit kurzem, wir machen das schon
seit 15 Jahren“, erzählt Andreas Maurer, Teamleiter des
Notrufcenters der Leitstelle Tirol. Und das kommt – grob
geschätzt – etwa 500 Mal im Jahr vor.
Der oder die Notrufexperte/in macht sich bei jedem Notruf ein
Bild der Situation. Einem standardisierten Fragebogen folgend
wird geklärt, wo sich der Notfall ereignet hat, wie alt der oder
die PatientIn ist und wie es um die Vitalfunktionen steht. Bei
einem Kreislaufstillstand wird nicht nur sofort der Notarzt losgeschickt, auch die Telefonreanimation startet sofort. „Viele
Menschen brauchen in einer solchen Situation ganz klare
Anweisungen – und die geben wir ihnen“, erklärt Maurer. Via
Telefon werde der Anrufer angeleitet, eine Herzdruckmassage
mit Atemspende durchzuführen. Von der Leitstelle komme
durch lautes Mitzählen auch der Rhythmus, in dem die Brust
massiert und beatmet wird. „Mit der Telefonreanimation ist
die Überlebenserwartung höher als ohne“, so der Teamleiter,
„wir verbessern dadurch die Chancen des Rettungsdienstes,
dem Patienten zu helfen.“
Zum Zeitpunkt der Telefonreanimation ist der Notarzt schon
unterwegs – je nach Unglücksort im Notarztwagen oder im
Hubschrauber. Der oder die LeitstellenmitarbeiterIn bleibt
währenddessen am Telefon – und zwar so lange, bis Hilfe
eintrifft. „Die Rettung braucht bis zu einem Einsatzort im
Innsbrucker Stadtgebiet durchschnittlich sieben Minuten,
in schwer zugänglichem Gelände kann es aber deutlich
hallo 3/2015
Bis zu 25 MitarbeiterInnen sind zeitgleich rund
um die Uhr in der Notrufzentrale im Einsatz und
nehmen pro Jahr 420.000 Anrufe an. Jeden Tag
gibt es 360 Notfall- und 55 Feuerwehreinsätze,
außerdem werden wöchentlich 3.250
Krankentransporte abgewickelt. Die LeistellenMitarbeiterInnen geben zudem Auskünfte und
vermitteln an BereitschaftsärztInnen.
„Es gibt keine Ausbildung für die Arbeit in der Leitstelle und so
durchlaufen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein internes Ausbildungsverfahren“, erklärt Maurer. Durchschnittlich
dauert es bis zu 14 Monate, bis der/die MitarbeiterIn selbstständig arbeiten kann. Jeder im Team muss sich außerdem
einem Zertifizierungsprozedere unterziehen: Dabei wird ein
einwöchiges Training absolviert und alle Eventualitäten werden geprobt. Auch der Extremfall, die Telefonreanimation,
wird geübt – denn bereits beim nächsten Notruf könnte es
sich um einen Kreislaufstillstand handeln.
Zahlen, Daten, Fakten
Bei der Leitstelle Tirol (LT) landet jeder, der die Notrufnummern 122, 140 und 144 wählt. Der Euro-Notruf 112 führt zur
nächstgelegenen Polizeidienststelle. Die Leitstelle Tirol hat
zwei Betriebsstandorte (Innsbruck, Lienz) und beschäftigt 75
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie gehört zu 100 Prozent
dem Land Tirol.
Durchschnittlich langen 60 Notrufe pro Stunde ein, in der Wintersaison können es aber auch bis zu 120 sein. Im Jahr 2014 dokumentierte die LT rund 341.000 Ereignisse – vom Herzinfarkt
über Gebäudebrand bis hin zur Apothekenauskunft. Pro Tag
gibt es etwa 360 Einsätze zur Notfallrettung, an Spitzentagen
bis zu 850. Verbunden mit der Leitstelle ist der Rettungsdienst
Tirol, Freiwillige und Berufsfeuerwehren, Notarzthubschrauber,
Bergrettung, Wasserrettung, Höhlenrettung, Grubenwehr und
die Tunnelwarte Land Tirol.
Einen Einblick in die Arbeit der Notrufexperten gibt der Film
„144 - Bei Anruf Hilfe“ mit Benjamin Raich, den das Land Tirol
gemeinsam mit dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst und der
Leitstelle Tirol produziert hat.