Interview mit Jesse Glover

Jesse Glover Interview 04-1994
Dirk Nelson (AWDO) übersetzte das folgende Interview aus dem US-Journals
„Full-Contact“ (Ausgabe April 1994) mit Jesse R. Glover, Bruce Lee’s erstem
Studenten und Assistenten (Co-Ausbilder) in den USA, in den wichtigsten
Ausschnitten:
Interviewer: Greg Walker: Jesse Glover meidet Interviews, aber er gab uns
freundlicherweise die Erlaubnis, ihn während eines Camps der „Natural Spirit
Warrior“ zu treffen:
Jesse: Bruce sagte mir, dass ich alles unterrichten kann, was wir damals
zusammen übten, aber ich könnte das nicht JKD (Jeet Kune Do) nennen!
Greg: Was ist für Sie die Rolle eines Kampfkunst-Lehrers?
Jesse: Er sollte für den Studenten sein Bestes tun. Die Kunst zu
unterrichten ist kein Konkurrenzkampf zwischen Lehrern. Es ist ein
Wettbewerb mit sich selbst, jedem Studenten gegenüber ein immer besserer
Lehrer zu sein, der zu dir kommt. Ich möchte Durchschnitts-Leute
unterrichten, diejenigen, die einen Selbstverteidigungs-Unterricht
benötigen, um sicher zur Schule oder Arbeit zu kommen. Dafür ist die
Kunst da, für den normalen Bürger.
Greg: Was Du unterrichtest ist was?
Jesse: Was ich lehre ist meine Sache. Ich machte meine Erfahrungen und
zahlte für meine Kunst, so ist sie allein mein Eigentum. Ich habe
niemandem und keiner Organisation gegenüber eine Verpflichtung! Ich
lehre brauchbare Informationen, deren Essenz „Kontakt“ ist. …… wenn
jemand nicht in meine kleine Gruppe, die ich unterrichte, passt, mache ich
ihm klar, dass er ich irgendeinen anderen Unterricht suchen soll.
Greg: Was war Bruce Lee für eine Art Lehrer?
Jesse: Ungeduldig! Deshalb unterrichtete er nur erfahrene Leute, Leute,
die meistens Schwarzgürtel in einem System hatten. Bruce war in erster
Linie an seiner eigenen Entwicklung interessiert…….
Greg: Beschreiben Sie bitte Ihre Beziehung zu Lee.
Jesse: Ich war sein Student und wurde sein Freund. Bruce war damals
fremd in Amerika und verstand nicht die Kultur und unsere Art, etwas zu
tun. Ich wurde sein Führer in dieser Beziehung, wie er ein Amerikaner
werden konnte, und er brachte mir das Kämpfen bei. Viele von Bruce’s
Studenten studierten ihn selbst, aber nicht, was er tat. Von denen
unterschied sich unsere Beziehung. Bruce’s JKD war eine Verschmelzung
von ihm und seiner Philosophie, die die physische Handlung wurden.
Niemand außer Bruce konnte Bruce’s JKD ausführen. Es war allein sein
Eigentum! Deshalb glaube ich, dass JKD mit Bruce zusammen starb. Ich
weiß nicht, was diese anderen Kerle heutzutage machen, aber es ist nicht
JKD !!
Greg: Da beginnt ein kleines Gezänke über JKD. Einige wollen „altes“
JKD unterrichten und verbreiten, und andere „neues“ JKD. Wie denken
Sie darüber?
Jesse: Wie ich vorhin schon sagte: JKD starb mit Bruce. - Schau, Bruce
befahl jedem, der zu der Zeit die Erlaubnis hatte, JKD zu unterrichten,
seine Schule zu schließen, weshalb sie alle 1971 geschlossen wurden!
Bruce tat das, weil er glaubte, dass JKD so langsam ein Stil wurde, was
wiederum im Gegensatz zu dem stand, was er lehrte.
Greg: In Dan Inosanto’s Buch „Jeet Kune Do“ sagte er dasselbe.
Jesse: Wenn Bruce damals die Schulen schloss und den Lehrern verbat,
JKD weiter zu unterrichten, wer gab ihnen dann die Erlaubnis, den
Unterricht wieder zu beginnen? Wer könnte das? Ich erinnere mich,
Bruce sagte auch Dan, dass er seine Schule schließen musste, ich glaube,
das war 1969!
Greg: Gibt es jemanden, den Sie gesehen haben, der Bruce in seinem JKD
etwas nahe kam?
Jesse: Nur einen: Howard Williams. …. Howard bewegte sich sogar wie
Bruce in manchen Momenten. … aber niemand konnte Bruce’s JKD,
weil nur Bruce allein sein eigenes Programm konnte.
ENDE
Stellungnahme der AWDO:
Die Aussagen von Jesse sind exakt in unserem Sinne. Um es zu verdeutlichen:
€
Wir sagen ebenfalls: Was wir unterrichten, ist unsere Sache! Wir machten
ebenfalls unsere Erfahrungen und zahlten für unsere Kunst, weshalb sie unser
Eigentum ist! Wir sind niemandem Rechenschaft schuldig und haben
niemandem und keiner Organisation gegenüber eine Verpflichtung! Wenn
jemand zu uns nicht passt, soll er sich ebenfalls eine andere Schule suchen!
So einfach ist das, da braucht es kein vorheriges und späteres Gerede! Und
wer – ohne auch nur das Geringste von unserer Realkampfkunst tatsächlich
zu kennen – bösartige und verleumderische Aussagen macht, der kann nicht
ganz dicht sein! Aber für manch andere ist ihr Unterricht und ihre Schule
eben nur ein kommerzielles Geschäft, und da gilt es andere mit allen Mitteln
schlecht zu machen, um selbst besser da zu stehen!
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So wie damals viele von Bruce’s Studenten ihn studierten, aber nicht was
er tat, wollen es auch heute fast alle in der Kampfkunst tun! Sie fragen nach
den Lehrern eines Lehrers, wollen ihn nur als äußerliche Person kennen
lernen, um dann sagen zu können: „Den kenne ich, bei dem war ich auch
schon!“, aber sich ernsthaft um das Tun eines Lehrers, um seine Logik, seine
Erfahrung und sein Wissen zu bemühen, ist den meisten zu anstrengend. Sie
äffen lieber geistig träge nur äußerlich andere Personen nach, die ihnen in
Filmen und Magazinen als bewundernswert einsuggeriert wurden, und die
wiederum über „Generationen“ „traditionell“ andere nachgeahmt haben!
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Hier haben wir den Beweis, dass heute niemand mehr das Recht hat,
seinen Unterricht JEET KUNE DO zu nennen! Deshalb nennen wir
unsere Realkampfkunst auch nur noch „Alive Wing Dchun“ und nicht mehr
„Kan-san Jeet-kune-do und Wing Dchun Infight Boxkick“! Ganz im Sinne
von Bruce Lee.
Wir hier in Europa und Deutschland erfahren viele Tatsachen nicht, die in
anderen Ländern schon vor 10 oder 20 Jahren ganz bekannt waren. Wer weiß
übrigens, was Bruce Lee in seinem letzten Film „The Way of the Warrior“ an
den Stellen sagte, wo behauptet wird, dass die Tonaufnahme verschwunden sei?
Vielleicht ließe sich mit der Kampfkunst- und Kampfsport-Szene nicht mehr so
ein gutes Geschäft machen, wenn das herauskäme? Was wäre, wenn Bruce Lee
z. B. gesagt hätte, dass alles an Kampfkunst und -sport Unsinn ist und für den
realen Kampf untauglich…?