Auswirkungen der EuGH-Entscheidung zur

TAXNEWS Nr 2015/05
Auswirkungen der EuGH-Entscheidung zur
gemeinschaftsrechtswidrigen Firmenwertabschreibung
1. Firmenwertabschreibung
a.) Voraussetzungen und steuerliche Konsequenzen der Firmenwertabschreibung
Im Bereich der Gruppenbesteuerung stand gem § 9 Abs 7 KStG idF AbgÄG 2014 für qualifizierte
Beteiligungen an einer betriebsführenden inländischen Kapitalgesellschaft, die nach dem 31.12.2004
und vor dem 1.3.2014 konzernextern erworben und anschließend in eine Unternehmensgruppe
einbezogen wurden, eine Firmenwertabschreibung zu.
Der Firmenwert ermittelte sich wie folgt:
steuerlich maßgebende Anschaffungskosten der Beteiligung
- anteiliges unternehmensrechtliches Eigenkapital
- anteilige stille Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen (zB Grund und Boden)
= Firmenwert (max 50 % der steuerlichen Anschaffungskosten)
Der Firmenwert ist gleichmäßig über eine Laufzeit von 15 Jahren verteilt abzusetzen (im Falle eines
negativen Firmenwertes ist eine steuerwirksame Zuschreibung vorzunehmen). Eine
Firmenwertabschreibung steht nur in den Jahren zu, in denen eine finanzielle Verbindung über das
gesamte Wirtschaftsjahr gegeben ist. Die berücksichtigten Fünfzehntelbeträge vermindern den
steuerlichen Buchwert der Beteiligung und führen so zu einem temporären Steuervorteil.
b.) Abschaffung der Firmenwertabschreibung mit dem AbgÄG 2014
Mit dem AbgÄG 2014 wurde die Firmenwertabschreibung abgeschafft. Noch offene
Fünfzehntelbeträge für Beteiligungen, die bereits vor dem 1.3.2014 angeschafft wurden, können aus
Gründen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes weiter abgesetzt werden, wenn
- sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim ursprünglichen Erwerb der
Beteiligung auf die Kaufpreisbemessung auswirken konnte (= konkreter Nachweis ist nicht
erforderlich, wenn die Beteiligung innerhalb von 3 Jahren ab Erwerb in eine
Unternehmensgruppe einbezogen wird [vgl KStR 2013, Rz 1110a]) und
- die Einbeziehung der Körperschaft in eine Unternehmensgruppe spätestens für ein
Wirtschaftsjahr dieser Körperschaft erfolgt, das im Kalenderjahr 2015 endet.
Bei der Anschaffung von Beteiligungen an ausländischen Gruppenmitgliedern kann nach Ansicht der
Finanzverwaltung grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Firmenwertabschreibung
im Kaufpreis der Beteiligung Niederschlag fand, da für eine solche Beteiligung gesetzlich keine
Firmenwertabschreibung vorgesehen war. Dadurch war eine Beeinflussung des Kaufpreises nicht
möglich und folglich liegt kein Fall des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes vor (vgl KStR 2013,
Rz 1110c). Demzufolge ist die Fortführung der Firmenwertabschreibung hinsichtlich Beteiligungen an
ausländischen Gruppenmitgliedern grundsätzlich ausgeschlossen (kritisch zB Blum, SWI 2015, 334 ff;
Kovar/Frey in Gröhs et al [Hrsg], Abgabenänderungsgesetz 2014, 20 ff; Wurm, SWK 2015, 1367 ff
mwN).
2. EuGH-Entscheidung
In einer kürzlich ergangenen EuGH-Entscheidung (vgl EuGH 6.10.2015, C-66/14) kam der EuGH zu
dem Ergebnis, dass die Einschränkung der gruppenbedingten Firmenwertabschreibung auf
inländische Beteiligungen nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.
Demzufolge stand die Firmenwertabschreibung gem § 9 Abs 7 KStG idF vor AbgÄG 2014 auch für
Beteiligungen an ausländischen Gruppenmitgliedern zu. Im Fachschrifttum wird davon ausgegangen,
dass die Firmenwertabschreibung bei ausländischen Gruppenmitgliedern steuerlich abgesetzt
werden kann, als für die entsprechende internationale Schachtelbeteiligung die Option zur
Steuerwirksamkeit gem § 10 Abs 3 KStG ausgeübt wurde. Sofern die Option nicht ausgeübt wurde ist
umstritten, ob die Firmenwertabschreibung in Anspruch genommen werden kann. Bejahendenfalls
wäre ein künftiger Veräußerungsgewinn insoweit korrespondierend steuerpflichtig (so Dziurdź, ÖStZ
2013, 461 ff; Tumpel in Kirchmayr/Mayr/Hirschler [Hrsg], Gruppenbesteuerung, 103; Wurm, SWK
2015, 1367 ff).
3. Weitere Vorgangsweise im Gefolge der EuGH-Entscheidung
Für noch nicht rechtskräftig veranlagte Zeiträume bis 2013 kann daher auch für Beteiligungen an
ausländischen Gruppenmitgliedern eine Firmenwertabschreibung geltend gemacht werden, sofern
die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme vorliegen. Hinsichtlich bereits rechtskräftig
veranlagter aber noch nicht verjährter Perioden ist im Detail zu prüfen, inwieweit ein
rechtskraftdurchbrechender Verfahrenstitel anwendbar ist (zB gem § 299 Abs 1 iVm § 302 Abs 1 BAO
kann innerhalb eines Jahres ab Bescheidbekanntgabe eine Änderung eines Bescheides wegen
inhaltlicher Unrichtigkeit erfolgen).
Ab 2014 ist nach Ansicht der Finanzverwaltung grundsätzlich keine Absetzung von noch offenen
Firmenwertfünfzehntel in Bezug auf ausländische Gruppenmitglieder möglich. Die Inanspruchnahme
einer Firmenwertabschreibung müsste daher ab 2014 im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung
offengelegt und gegebenenfalls im Rechtsmittelverfahren durchgesetzt werden.
Hinsichtlich der Chemson Polymer-Additive AG, die als inländisches Gruppenmitglied an der
Chemson GmbH (DE) und der Chemson Ltd (UK) beteiligt ist, ist folgender Veranlagungsstatus zu
berücksichtigen:
-
Die Körperschaftsteuererklärung 2012 wurde am 8.4.2014 (zugestellt am 9.4.2015) veranlagt.
Die Körperschaftsteuererklärung 2013 wurde am 7.5.2015 (zugestellt am 8.5.2015) veranlagt.
Für 2014 ist noch keine Veranlagung erfolgt.
Im Hinblick auf bestehende ausländische Gruppenmitglieder wäre daher vorab die nachfolgende
„Checklist“ abzuarbeiten, um die weitere Vorgangsweise einzelfallbezogen beurteilen zu können:
- Handelt es sich bei der Beteiligung an einem ausländischen Gruppenmitglied um eine
Beteiligung an einer ausländischen betriebsführenden Kapitalgesellschaft, die nach dem
31.12.2004 und vor dem 1.3.2014 konzernextern angeschafft?
- Können die der Firmenwertabschreibung zu Grunde liegenden Parameter (steuerlich
maßgebende Anschaffungskosten, stille Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen
sowie unternehmensrechtliches Eigenkapital) erhoben werden?
- Wurde für die Beteiligung an dem ausländischen Gruppenmitglied die Option zur
Steuerwirksamkeit gem § 10 Abs 3 KStG ausgeübt?
- Wann erfolgten die letzten körperschaftsteuerlichen Veranlagungen?
Gerne unterstützen wir Sie bei der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die
Firmenwertabschreibung hinsichtlich ausländischer Gruppenmitglieder.