Insekten – Fleisch der Zukunft?

äseR
Gr
landexpress
Das grüne Gold
Ernährung •
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ab Seite 2
Coq au Grüental
Skyfood – Nahrungsmittel mit Zukunft
Tofu toppt Tatar
Die Extrawurst
Was die Massentierhaltung mit der
Medizin zu tun hat
Steak oder Gemüse
Gegen Wind und Zeit
Ein Pilz bedroht die Kornkammern
Fleischkonsum im Vergleich
Eine grosse Portion, bitte!
Mais: Populationssorten
Sommer 2015
Insekten –
Fleisch der Zukunft?
Grilliert, frittiert oder gedämpft – in vielen Ländern der Welt werden Insekten ganz ohne Weiteres
gegessen, denn Schabenkoteletts und Madenschnitzel sind reich an Nährstoffen. Als umweltfreundliche Alternative zu Fleisch sollen sie künftig auch unsere Speisezettel bereichern. Seite 3
Energie und Rohstoffe ab Seite 12
• Mach es wie Popeye • Schilf – ein Gras, das unsere
Vorstellung sprengt und beflügelt
Kulturgeschichte ab Seite 14
• Die Entwicklung der Getreidesorten
• Von Landsorten, alten Sorten
und Zuchtsorten
• Grasmusik
• Milpa
• Ackerbegleitflanzen
Grünraumgestaltung ab Seite 20
• Gräser, die kein Schattendasein fristen
• Annuelle Schönheit einen Sommer lang
• Das Grün des Rasens
Aus dem Gräserland
Ein Fussballfeld pro Familie; Vegetarisch
essen ist gesünder für die Umwelt; Es wird
eng; Was tanke ich heute; Gerste – Rohstoff für Bier und Whisky; Woher kommt
der Weizen?; Vom Urmais zum Hybridmais; Reis: das Brot Asiens; Bambus als
natürliche Superfaser; Papyrus – das
Papier der Antike; Zuckerrohr – die süsse
Droge; Experimentelle Drifts; Gestalten mit
Gräsern; Gräser, App und Boxen; Hecken
am laufenden Meter
Gärten im Grüental
ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR)
Campus Grüental, CH-8820 Wädenswil
Telefon +41 58 934 55 85
E-Mail: [email protected]
www.zhaw.ch/iunr/gaerten
Algen für
Popeye
Grasmusik
Statt des Kräutergartens sollen dereinst
Mikroalgen auf dem Balkon wachsen. Doch
bis diese Vision Realität wird, haben die
Forschenden an der ZHAW noch etliche
Fragen zu klären. Seite 12
Wer weiss noch, wie man mit einem zwischen
die Finger geklemmten Grashalm ein Reh anlockt? Gras liefert nicht nur Kalorien, sondern
durch Oboe, Schalmei oder Panflöte auch
ganz verschiedene Töne. Seite 16
Die Zeitung zum Gräserland der ZHAW in Wädenswil
2
Ernährung
Inkareis vom
Jurasüdfuss
Am Jurasüdfuss, bei Familie Lüthi
auf dem Aarhof in Bellach, wird öfter
was ausprobiert. Lüthis pflanzten im
letzten Jahr erstmals 130 Aren Quinoa
(Chenopodium quinoa oder eben «Inkareis») im Rahmen eines IP-SUISSEFeldversuchs. Die ursprüngliche Idee,
zusammen mit Migros ein Quinoabrot
herzustellen, muss allerdings vorerst
noch ein bisschen verschoben werden. Denn leider war auf dem Feld der
Unkrautdruck sehr gross, so dass beim
Reinigen in der Mühle der Ernteverlust ziemlich hoch war. Zum Schluss
blieben lediglich 750 
kg gereinigte
Quinoakörner übrig – eine zu geringe
Menge, um bei Migros ein solches Projekt zu starten. Ein zweiter Punkt, der
im Moment noch nicht gelöst ist, sind
die in den Körnern enthaltenen Saponine oder Bitterstoffe. In Südamerika,
wo Quinoa bis ins Hochgebirge der
Anden angebaut wird, wässern die
Bauern das Pseudogetreide, indem sie
es in Leinensäcke abfüllen und so lange im Fluss auswaschen, bis die Bitterstoffe aus den Körnern gewaschen
sind. Danach wird es an der Sonne
ausgelegt und getrocknet. Für die Entbitterung ihres Quinoas müssen Lüthis noch ein bisschen tüfteln – denn
eine solche «Auswaschung» dürfte
bei uns wohl kaum bewilligt werden,
auch wenn die Aare gleich neben ihrem Bauernhof vorbeizieht. Dennoch
lassen sich Lüthis nicht von solchen
Startschwierigkeiten
abschrecken
und werden dieses Jahr nochmals 50
Aren Quinoa anbauen. In Schaffhausen wird von einem anderen Betrieb
ebenfalls 60 Aren Quinoa im Rahmen
des IP-SUISSE-Projekts angebaut. trrr
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Coq au Grüental
An der ZHAW wird nicht nur
graue Theorie, sondern auch
die wissenschaftliche Praxis
vermittelt. Deshalb untersuchen
Studierende hier jedes Frühjahr verschiedene Aspekte der
Hühnermast – vom Ei bis zum
grillierten Poulet.
Die Tage werden länger, doch am frühen Morgen kräht kein Hahn. Noch
nicht. Wie jedes Frühlingssemester
werden auch dieses Jahr die Studierenden im Grundlagenmodul für
Biologische Landwirtschaft und Hortikultur Eier ausbrüten. Nicht selber,
klar, dazu gibt es einen Brutapparat.
Es gilt jedoch, Luftfeuchtigkeit und
Temperatur optimal zu regulieren,
damit die Küken nach drei Wochen
mit ihrem Eizahn die Schale aufbrechen.
Wieso wir Hühner halten? Am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR) legen wir Wert auf die
Verknüpfung von theoretischem Wissen mit praktischen Erfahrungen.
In Dreiergruppen bearbeiten deshalb
die Studierenden einen Praxisauftrag
in Pflanzenbau, Feldbiologie oder in
Tierhaltung.
▲ Beim Schlachten dürfen die Studierenden nach fachkundiger Anleitung selber
Hand anlegen. (Bild: Hansruedi Keller)
▲ Strukturelemente im Auslauf werden von den Hühnern häufig genutzt. (Bild: Monika Hutter)
Bei der Hühnerhaltung werden
konventionelle,
schnellwachsende
Masttiere mit langsamer wachsenden
Masthybriden verglichen. Letztere
sind auch auf Biobetrieben zugelassen. Wichtig sind dabei die Aspekte
Verhalten, Wesenskunde und Haltung wie auch Fütterung, Tiergesundheit und Zucht. Woher stammen denn
unsere Haushühner (Gallus gallus)?
Wie ist ihr Verhalten im natürlichen
Lebensraum? Aus dem in der Literatur
gesammelten Wissen sollen Strukturelemente für den Auslauf und die Stalleinrichtung abgeleitet und gebaut
werden, damit sich die Tiere möglichst arttypisch verhalten können.
Ob sie sich tatsächlich normal verhalten, wird durch eine Gruppe anhand
einer Verhaltensstudie beobachtet.
Andere Studierende vergleichen die
unterschiedliche Entwicklung der
intensiven und der extensiven Tiere.
Dabei interessiert auch der Unterschied in der Gewichtszunahme zwischen männlichen und weiblichen
Tieren.
Da das Ziel einer Mast das Fleisch
ist, fokussiert eine Gruppe darauf. Am
Ende der Mastzeit von etwa 70 Tagen
bei den Bio-Hühnern und 40 Tagen
bei den konventionellen Hybriden,
werden die Tiere geschlachtet. Die
Studierenden beurteilen nach einer
Einführung das Fleisch sensorisch in
einem Blindtest. Und als Abschluss
des Grundlagenmoduls geniessen wir
das Fleisch an einem Grillfest, zusammen mit den Erdbeeren aus den Praxisaufträgen in Pflanzenbau.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Hortikultur: Monika Hutter,
[email protected]
Kurznachrichten
Weizenhandel in der Jungsteinzeit
▲ Quinoa oder Inkareis. (Bild: Colourbox)
In einem ungefähr 8000 Jahre alten
Meeressediment aus der Nähe der Isle
of White haben Archäologen DNASpuren von Einkorn gefunden. Einkorn ist der ursprüngliche Vorfahre
von Weizen, welcher zuerst im Nahen
Osten angebaut wurde. Dass der Weizen nun in so alten Proben in Grossbritannien gefunden wurde, ist sehr
überraschend, denn die Untersuchungen von fossilen Pollenproben haben
bis jetzt gezeigt, dass der Ackerbau,
und somit auch der Weizen, erst vor
etwa 6000 Jahren nach Grossbritannien kamen. Die Forschenden gehen
deshalb davon aus, dass der Weizen
durch Handel über die damals noch
bestehende Landverbindung zu Europa nach England gelangt sei. Dieser
Handel muss über viel grössere Distanzen, möglicherweise bis in den
Nahen Osten, funktioniert haben, als
bisher angenommen wurde. bape
Science 347, 924 + 946 und 998 – 1001 (2015)
▲ Mahlstein. (Bild: Wikimedial)
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
3
Skyfood
Nahrungsmittel mit Zukunft
Der Schweizer Bundesrat will
2016 erste Insektenarten in
einen Entwurf zum neuen Lebensmittelgesetz aufnehmen.
Mit gutem Grund: Insekten
sind mehrfach effizienter und
ökologischer als Fleisch von
Kühen, Schweinen, Vögeln und
sogar von Fischen. Sie sind
hochwertig und gesund. Ausserdem fressen Insekten nicht den
Menschen die Grundnahrungsmittel weg: Ein Geschenk des
Himmels.
Insekten waren die ersten fliegenden
Lebewesen unseres Planeten. Sie haben den Himmel schon im Karbon
bevölkert, 150 Millionen Jahre vor den
ersten Flugsaurieren und Vögeln. Und
sie standen schon immer auf dem
Speisezettel von Menschen – wie auch
heute übrigens noch die Mehrheit der
Weltbürger Insekten isst, nur nicht
in westlichen Kulturen. Heute haben
die Zerstörung von Regenwäldern,
der Ausstoss von Treibhausgasen und
die unglaubliche Verschwendung von
Wasser für die Fleischproduktion ein
so erschreckendes Ausmass angenommen, dass die Welternährungsorganisation (FAO) 2013 Alarm schlägt. In
ihrem Bericht «Edible insects: future
prospects for food and feed security»,
wird gezeigt, dass heute 70 % der weltweiten Ackerfläche für den Anbau von
Futtermitteln (inkl. Fleischproduktion)
verwendet wird. Ernährungssicherheit, Stopp des Klimawandels und ein
Ende der unumkehrbaren Zerstörung
natürlicher Ressourcen können nur erreicht werden, wenn ein Wandel stattfindet hin zur Deckung des Bedarfs an
tierischen Proteinen mit Insekten. Und
übrigens: Der Hauptgrund, weshalb
Menschen Insekten essen, ist, weil sie
gut schmecken. Sie sind also keineswegs Hungernahrung. Im Gegenteil,
vielerorts sind Insekten eine begehrte
und teure Delikatesse.
Entomophagie – die geniale Art
der Schädlingsbekämpfung
Auch in der Schweiz mussten bis nach
dem 2. Weltkrieg Schulkinder ausrücken, um Maikäfer einzusammeln, die
als Wurzelschädlinge für grosse Ernteausfälle verantwortlich waren. Und
es gibt sogar vereinzelt Hinweise, dass
mancherorts daraus nahrhafte Maikäfersuppen hergestellt wurden. Genau
das wird heute noch in ostasiatischen
Ländern mit den Junebeetles gemacht.
Diese geniale Verbindung von Schädlingsbekämpfung und Ernährung
wurde Jahrtausende lang gepflegt,
indem Dorfgemeinschaften beim Einfall beispielsweise von Heuschrecken
in die Felder zogen, um diese Insekten einzusammeln und festlich zu
verspeisen. Dies ist heute kaum mehr
möglich, weil durch den Einsatz von
Insektiziden wildgefangene Tiere für
den menschlichen Verzehr nicht mehr
geeignet sind. Deshalb werden in Asien
heute die meisten essbaren Insekten
gezüchtet: Sagowurm, Bambuswurm,
Heuschrecken, Grillen, Wasserkäfer
und Skorpione – aber Halt, Skorpione
sind ja keine Insekten.
Der Götterbaumspinner
Die ältesten von Menschen gezüchteten Insekten sind die Honigbienen
und die Seidenraupen. Beide werden
seit Jahrtausenden kultiviert für ihren
Honig und die wertvolle Seide. Dabei
wurden als Nebenprodukte vor allem
die begehrten Bienenmaden und die
Puppen der Seidenraupen Bombyx mori
gegessen.
▲ In Asien werden Insekten verkauft wie bei uns Antipasti. (Bild: Daniel Ambühl)
Doch das Insekt, welches seit
Jahrhunderten in den grössten Mengen gezüchtet wird, ist der ursprünglich aus Asien stammende Götterbaumspinner Samia cynthia. Dieser ist
der Verbreitung seiner Futterpflanzen gefolgt, dem Götterbaum und
dem Rizinus. So ist er heute fast weltweit verbreitet und auch im Tessin
und Südeuropa heimisch geworden.
In Thailand, wo an der Universität von Khon Kaen seit Jahrzehnten
über die vielseitige Verwendung der
Produkte dieses Insekts geforscht
wird, kennt man eine Vielzahl verschiedener Anwendungen: Aus der
Seide wird Stoff hergestellt, aus dem
Klebereiweiss, welches den Seidenfaden umgibt, entstehen Kosmetika,
Shampoo oder Seifen, die Kokons werden als teure, exklusive Gesichtsreinigungspads nach Japan exportiert
und die Puppen werden zur Zucht von
medizinisch hochbegehrten Keulenpilzen verwendet oder frisch zu Chips
und Snacks verarbeitet.
Der Götterbaumspinner hat aber
noch viele weitere Vorteile: Im Unterschied zu den empfindlichen und
heiklen Seidenraupen (Bombyx mori)
ist der Götterbaumspinner robust und
kann mit einer Vielzahl von Pflanzen
ernährt werden. Er frisst Pflanzen,
die für Menschen giftig sind, wie
zum Beispiel Rizinus, und ist somit
kein Nahrungskonkurrent des Menschen. Und vielleicht sein grösster
Vorteil gegenüber den Grashüpfern,
Grillen und Mehlwürmern: Die Puppen des Götterbaumspinners besitzen
keinen Darminhalt. Somit besteht
beim Konsum durch den Menschen
keine Gefahr, über den Darminhalt
des Tieres unhygienische und giftige
Nahrung aufzunehmen.
Forschung in der Schweiz
An der ZHAW in Wädenswil, einem
eigentlichen Hotspot dieser Forschung, laufen zurzeit mehrere Projekte zum Thema «Essbare Insekten».
So wird zum Beispiel auch am Götterbaumspinner geforscht. Und unter
dem Titel «Food from Wood» wird versucht, den Kompostierungsprozess
von holzhaltigen Pflanzen so umzuorganisieren, dass dabei in Form von
Pilzen und essbaren Insekten wertvolle Nahrungsmittel anfallen.
Trotz der Unterstützung der FAO ist
es schwierig, für solch innovative Pro-
jekte Stiftungsgelder zu erhalten. Insekten als Nahrungsmittel sind wirklich ein ganz neues Thema und daher
in den Zweckparagraphen von Stiftungen noch nirgends anzutreffen.
Bis zur definitiven Einführung
von Insekten als Nahrungsmittel im
Schweizer Lebensmittelgesetz, dürfte noch einige Zeit vergehen. Solange
können Insekten in der Schweiz zwar
nicht in Handel und Gastronomie
kommen, der private Konsum und die
private Zucht von essbaren Insekten
für den Eigengebrauch sind aber erlaubt. Insekten zu essen ist also nicht
illegal. Es braucht jedoch noch tatkräftige Unterstützung von Seiten der
Bürgerinnen und Bürger, Behörden
und Politik, bis sichere, gesunde und
nachhaltig in der Schweiz produzierte
Insekten bei uns auf den Tisch kommen.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Phytomedizin, Prof. Dr. Jürg
Grunder, [email protected] und Daniel
Ambühl, externer Experte, www.danielambuehl.ch
Skyfood
Wer sich einen Überblick zum
Thema «Essbare Insekten» in
der Schweiz verschaffen, und
dabei auch noch das prächtige
Gräserland in den Gartenanlagen
des Campus Grüental besuchen
möchte, der macht am besten
im Frühherbst einen Ausflug an
den Zürichsee. An der ZHAW
Wädenswil findet am 3. September 2015 die Skyfood-Tagung
zum Thema Essbare Insekten in
der Schweiz statt. Erstmals 2014
veranstaltet, fand diese Tagung
in den Medien ein grosses Echo.
Sie ist für die Öffentlichkeit
zugänglich. Wir hoffen auf rege
Teilnahme, denn Insekten sind
das Nahrungsmittel mit Zukunft
und das Vieh der Urban Farmer.
Als Mikrolivestock sind Insekten im städtischen Raum die
sinnvollsten Produzenten von
hochwertigen tierischen Nährstoffen. Die Zukunft hat schon
begonnen: Insekten können zwar
noch nicht als Handelsware, doch
bereits heute für den Eigenbedarf
produziert werden.
4
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Tofu toppt Tatar
Rindfleisch hat heutzutage
einen schweren Stand. Tier- wie
Umweltschützer rücken dem
Rindfleisch zu Leibe mit dem
einen Ziel, dessen weltweiten
Verzehr zu reduzieren. Stattdessen soll die Proteinzufuhr
durch pflanzliche Produkte wie
Tofu erfolgen. Der Proteingehalt
von Tofu ist fast so hoch wie
derjenige von Rindfleisch. Doch
ist Tofu wirklich umweltfreundlicher als Rindfleisch?
Der Vergleich der Klimaauswirkung
von einem Kilogramm Schweizer
Rindfleisch mit derjenigen von einem Kilogramm Tofu zeigt, dass
Rindfleisch rund 28-mal mehr Treibhausgasemissionen verursacht als
Tofu; pro Kilogramm Rindfleisch
15.4 kg CO2-Äquivalente und pro Kilogramm Tofu nur gerade 0.6 kg CO2Äquivalente (siehe Abbildung).
Aus der Grafik wird ebenfalls ersichtlich, dass die von den Rindern
direkt ausgestossenen Klimagase
– hauptsächlich Methan aus der Verdauung – mit 69 % der klimaschädlichste Faktor sind, gefolgt von den
Treibhausgasemissionen, die durch
die Futterproduktion (Rau- und Kraftfutter sowie Milchpulver in der Kälbermast) verursacht werden.
Bei Betrachtung des Landverbrauchs der beiden Produkte ist es wiederum schlecht um das Rindfleisch
bestellt. Die Herstellung von einem
Kilogramm Tofu benötigt eine Fläche
von 0.5 m2. Die Produktion der gleichen Menge Schweizer Rindfleisch (IP
Suisse) benötigt eine Landfläche von
15.2 m2, also rund 30-mal mehr. Dies
ist einerseits durch den Platzbedarf
der Tiere selber (Hof und Weide), aber
auch durch den Flächenverbrauch im
Getreideanbau für die Herstellung von
Raufutter (Gras- und Maissilage, Heu)
und Kraftfutter (Getreidemischung
aus Gerste, Hafer, Weizen, Raps, Mais,
Sonnenblumen) zu erklären. Würde
man auf der Fläche, die es braucht um
ein Kilogramm Rindfleisch zu produzieren, stattdessen Soja anbauen, so
könnte man 16 kg Sojabohnen ernten
und daraus – unter Zugabe von Wasser
– 29 kg Tofu herstellen.
Natürlich sind Klimawandel und
Landverbrauch nicht die einzigen
Umweltaspekte. Die BAFU-Methode
der ökologischen Knappheit 2013
berücksichtigt daher 19 verschiedene Umweltaspekte von radioaktiver
Strahlung bis zum Einsatz von toxischen Pestiziden. Bei Bewertung mit
dieser umfassenden Methode schneidet Tofu rund 11-mal besser ab als
Rindfleisch.
Die wissenschaftliche Begründung für Tofu in der Ernährung ist
also gegeben. Nun braucht es kreative
Köche und schmackhafte Rezepte für
einen Einzug von Tofu in die Schweizer Speisekarten.
20
15
10
Rest
Transport
Sojabohnen
Tierfutter
Tieremissionen
5
0
1 kg
Rindfleisch
1 kg
Tofu
▲ Treibhausgasemissionen in kg CO2Äquivalente von 1 kg Rindfleisch und
1 kg Tofu.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Erneuerbare Energien,
Matthias Stucki, [email protected] und
Sarah Kreuzer, [email protected]
Wie wir morgen essen werden
Sechs Food-Trends vom Zukunftsinstitut
Fleischverzehr wieder zu etwas Besonderem werden, das man mit Genuss
statt schlechtem Gewissen zelebriert.
passt, ihm schmeckt, moralisch vertretbar ist und ihn gesund hält.
Trendprognose 4
Trendprognose 2
Sensual Food
Geschmack wird zur Orientierung im
Lebensmittelüberfluss immer wichtiger. Die Aufwertung von Geschmack
eröffnet ein gewaltiges upselling Potential – vom Lagenkaffee über Himalajasalz bis zum Sommelierbier.
Geschmack ist individuell und erfordert eine Verfeinerung und Weiterentwicklung einer Genusssprache,
die uns hilft, sensorische Eindrücke
besser zu verbalisieren und ins Bewusstsein zu holen.
Trendprognose 1
Trendprognose 3
Flexitarier
Immer mehr Menschen lassen das
«Hauptelement» Fleisch an drei oder
mehr Tagen pro Woche weg. Die Teilzeitvegetarier machen bereits einen
Markt mit ähnlichen Dimensionen
wie «Bio» aus. Der Flexitarier verbindet Genuss mit Welt- und Selbstverantwortung. Auf diese Weise kann
Curated Food
Im Umgang mit Nahrung zählt künftig nur noch die richtige Auswahl. Es
gibt alles – und von allem zuviel. Noch
mehr Wahlmöglichkeiten schaffen
nicht mehr Konsum, sondern Desorientierung und Verdruss. Der Stress
steigt. Dabei sucht der Konsument ja
nur nach einem Produkt, das zu ihm
New Gardening
Selbst gezogen und selbst gepflückt
– der Trend zum Urban Farming/Gardening erobert Städte, Dächer und
Restaurants. Statt Lebensmittel über
lange Wege zu transportieren, sollen
die Städter sie selbst vor Ort produzieren. Urban Farming/Gardening vereint mehrere Wünsche: Sehnsucht
nach Natur und dem Ursprünglichen,
nach authentischen, lokalen Nahrungsmitteln mit dem Bedürfnis,
autark zu sein, angesichts von Wirtschafts- und Lebensmittelkrisen Versorgung selbst sichern zu können.
Trendprognose 5
Küchenchefs
Sie sind die Supermodels der 2010erJahre, denn sie weisen den Weg zu
verantwortungsvollem Umgang mit
Körper, Nahrungsmitteln und Umwelt. Innovative Küchenchefs müssen
heutzutage über sinnliche Erlebnisse Sinn erzeugen, Zusammenhänge
klarmachen, Geschichten erzählen.
Denn ein Grundbedürfnis der Gäste
von morgen ist besonders beim Essen echtes Verstehen und intuitives
Vertrauen in die Küchenphilosophie
eines Restaurants bezüglich Qualität,
Herkunft der Produkte, Zubereitung
und Inszenierung.
Trendprognose 6
Re-use Food
Ein Umdenken setzt ein. Sharing
heisst beim Thema Food neue Kreisläufe eröffnen für das, was derzeit
noch in den Müll wandert. Der sorgsame Umgang mit Nahrung und die
Vermeidung von Abfällen ist im Alltag oft nicht leicht. Unsere Lebenshaltung ist paradox – für viele Konsumenten ist es selbstverständlich, alles
was das Mindesthaltbarkeitsdatum
überschritten hat, sofort wegzuwerfen. Inspiriert durch die Natur, in der
es keine Probleme mit Abfällen gibt,
wird das Prinzip von «Cradle to Cradle» zum neuen Paradigma einer müllfreien Gesellschaft. trrr
Gekürzt aus trend-update 2/2014, www.trend-update.de
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
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Die Extrawurst
Seit 22 Jahren bin ich Vegetarierin.
Mit neun Jahren entschied ich von
heute auf morgen, kein Fleisch mehr
zu essen. Der Grund dafür lag am fehlenden Hintergrundwissen zu den in
den Supermärkten prächtig präsentierten Fleischwaren. Wie wurde das
Tier gehalten, wie wurde es transportiert, wie wurde es geschlachtet?
Selbstverständlich werde ich oft
gefragt, wieso ich kein Fleisch esse.
Gerne stelle ich dann die etwas provokative Gegenfrage: Würdest du denn
dein Kaninchen essen? Oder das Pferd
auf der Weide dort drüben? Die Antwort ist dann meistens: Nein, nein,
das nicht, aber ein Stück Poulet aus
Australien schon. Aber wie geht das
auf? Man belächelt jemanden, der aus
Mitleid ein Huhn verschmäht, aber
verurteilt Menschen, die Hunde essen. Ich selber habe ein Pflegepferd
und bin mit Haustieren aufgewachsen. Aber warum sollen diese Tiere
mehr Wert haben als ein Rind oder
ein Schwein?
Ich mag Fleisch. Und beim Anblick
eines Käse-Wurst-Salats läuft mir das
Wasser im Mund zusammen. Apropos Wurst, als Extrawurst fühle ich
mich oft. Ob an Familientreffen, Geburtstagsfeiern oder sonstwo: Immer
720 Hühner
390 Fische
33 Schweine
25 Hasen
8 Kühe
6 Schafe
4 Rehe
▲ Ein Schweizer Bürger frisst während
seines Lebens durchschnittlich 1185.5
Tiere.
2 Hirsche
½ Pferd
(Quelle: www.swissveg.ch/tierkonsum)
braucht es für mich ein Extramenü.
Noch schwieriger kann die Problematik in anderen Ländern sein und vor
allem die ältere Generation ist mit mir
überfordert.
Ich setzte mich durch die ewige
Fragerei und mein Studium vertieft
mit dem Thema Vegetarismus ausein-
ander. Es gibt verschiedenste Gründe,
vegetarisch zu leben. Diese können
ethischer, gesundheitlicher, politischer oder ökologischer Natur sein.
Wobei Letztere mich in meiner Entscheidung noch mehr bestätigt, wenn
man bedenkt, dass die Massentierhaltung für einen grossen Anteil der CO2
Emissionen verantwortlich ist und
man für ein Kilogramm Rindfleisch
gut 27 m2 Land benötigt (internationaler Durchschnitt). Oder, dass ein
Schweizer Bürger in seinem Leben
gemäss swissveg.ch 1188.5 Tiere isst.
Vor ein paar Jahren bekam ich die
Chance, einen einheimischen Jäger
auf der Pirsch zu begleiten. Ich war erstaunt, wie mich diese ursprüngliche
Art an Fleisch zu kommen, faszinierte. Mit eigenen Augen sah ich, wie das
Tier kurz vor seinem Tod lebte und
wie es erlegt wurde. Ich konnte einen
Beitrag leisten, indem ich half, es auszuweiden und ins Tal zu bringen. Der
Respekt, welcher der Jäger dem Tier
entgegenbrachte, war spürbar.
Es wäre schön, wenn wir vor unserem eigenen Fleischkonsum und dem
Verlangen nach ständiger Verfügbarkeit auf Kosten anderer Lebewesen
nicht einfach die Augen verschliessen
würden. Wir können in der westlichen
Welt frei entscheiden, ob und in welcher Form wir Fleisch essen wollen.
Und eine Vegiwurst tut es zwischenzeitlich auch.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Studiengangsleitung (IZA, Erasmus), Diana Haller,
[email protected]
Aus dem Gräserland
Vegetarisch essen ist gesünder für die Umwelt
Rindsschmorbraten Burgunderart mit Pommes Frites
Essen verursacht fast einen Drittel der
Bodenschadstoffe
Luftschadstoffe
Wasserschadstoffe
Ressourcen
4430
2916
650
1840
Andere
270
10106
Umweltbelastung einer durchschnittlichen
Privatperson in der Schweiz. Denn bis die
Gemüselasagne auf dem Tisch steht, muss
Ökobilanzen
11000
ein Bauer Gemüse und Getreide anbauen,
muss düngen und die Pflanzen vor Insekten
8250
und Krankheiten schützen. Die Ernte wird
transportiert, zu Teigwaren verarbeitet oder
5500
direkt in den Laden gebracht. Und dann
muss die Lasagne noch gekocht werden.
Rechnet man all diese Faktoren zusammen,
2750
so ist die Gesamtumweltbelastung eines
Rindsschmorbratens fast viermal so hoch,
0
wie die einer Gemüselasagne. Ganz allgemein kann man sagen, dass Fleisch- und
Fischmenüs die Umwelt deutlich stärker
Bodenschadstoffe
Wasserschadstoffe
Andere
Luftschadstoffe
Ressourcen
belasten als vegetarische Menüs.
▲ Ökobilanz von Rindsschmorbraten Burgunderart mit Pommes
Frites in Umweltbelastungspunkten (UBP)
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Erneuerbare Energien:
Matthias Stucki, [email protected]
(blau = Bodenschadstoffe, grün = Luftschadstoffe, gelb = Wasserschadstoffe, rot = Ressourcen,
violett = Andere. Illustrationen: Lars Baggenstos)
Alle Auswirkungen auf die Umwelt oder den Menschen werden in einer Ökobilanz gesammelt und entsprechend ihrer
Bedeutung gewichtet. Durch
eine standardisierte Methode
entstehen daraus sogenannte Umweltbelastungspunkte.
Durch diese Zahl lassen sich
verschiedene Umweltbelastungen miteinander vergleichen.
Das CO2 -Äquivalent dient als
Mass für den relativen Beitrag
eines Treibhausgases zur
globalen Erwärmung. Als Vergleichswert dient Kohlendioxid.
6
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
▲ Hühner in Massentierhaltung. (Bild: Colourbox, Vladimir Gerasimo)
Was die Massentierhaltung
mit der Medizin zu tun hat
Die Entdeckung der Antibiotika
vor rund hundert Jahren gehört
zu den wichtigsten Ereignissen
der Medizingeschichte. Viele
zuvor tödliche Krankheiten
waren damit besiegt. Doch in
den letzten Jahrzehnten wurden
diese Wundermittel sehr sorglos
eingesetzt – auch zur Produk­
tion von immer mehr Fleisch.
Nun könnten die Bakterien wieder die Oberhand gewinnen.
Antibiotika sind unverzichtbare Medikamente gegen viele menschliche
Krankheiten. Dass bei immer mehr
Krankheitserregern eines oder gar
mehrere Antibiotika nicht mehr
wirksam sind, ist deshalb äusserst
beunruhigend. Werden gewöhnliche
Krankheiten wie Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen von diesen
sogenannten ‹resistenten› Bakterien ausgelöst, sind diese schwierig zu
behandeln. Bereits heute fordert die
Ausbreitung von resistenten Krankheitserregern immer häufiger Menschenleben. Neue Antibiotika sind
nicht in Sicht, denn die Entwicklung
neuer Medikamente ist zeit- und geldaufwendig.
Grundsätzlich ist die Resistenz­
entwicklung eine natürliche Anpassungsstrategie der Bakterien. Resistente Bakterien können deshalb
überall in der Umwelt gefunden wer-
den. Doch wird diese Resistenzentwicklung durch den übermässigen
und unsorgfältigen Gebrauch von Antibiotika gefördert. Diesen gilt es möglichst zu verhindern.
Antibiotika-Einsatz in der
Tierproduktion
Erkrankt ein Tier im Stall, wird dieses
behandelt – wenn nötig auch mit Antibiotika. Allerdings dürfen Medikamente nur gezielt und nach Verschreibung durch den Tierarzt verwendet
werden. So sind Antibiotika auch in
der biologischen Landwirtschaft erlaubt. Doch ist in der Schweiz und in
der EU der vorbeugende Einsatz von
Antibiotika zur Leistungsförderung
verboten. Dies war früher noch möglich. Trotzdem wurden im Jahr 2013
in der Schweiz insgesamt 53 384 kg
Antibiotika für die Veterinärmedizin
verkauft. Was nach sehr viel tönt, ist
bereits eine Verbesserung: Nur fünf
Jahre zuvor wurde gar noch ein Viertel mehr Antibiotika verteilt.
Die Antibiotika an sich sind für die
Gesundheit der Konsumentinnen und
Konsumenten kein Problem, denn
aufgrund von strengen Regelungen
dürfen tierische Produkte erst nach
einer vorgeschriebenen Wartezeit
in den Verkauf gelangen. Gesundheitliche Risiken aufgrund von Antibiotikarückständen sind deshalb
in Schweizer Produkten nicht zu befürchten.
Der Einsatz von Antibiotika in der
Tierhaltung kann aber die Resistenzbildung begünstigen. Da viele Antibiotika sowohl bei Tieren wie auch bei
Menschen eingesetzt werden, hat dies
einen direkten Einfluss auf die Wirksamkeit unserer Medikamente.
Gegenmassnahmen
Oberstes Ziel des neuen nationalen
Programmes ‹Strategie Antibiotikaresistenzen› ist es deshalb, die Wirksamkeit der Antibiotika für Mensch und
Tier langfristig zu erhalten. Wichtige
Massnahmen sind die genaue Überwachung des Antibiotikaverbrauchs und
der Verbreitung der resistenten Keime,
die Verbesserung der Prävention und
das Entwickeln von besseren DiagnoseMethoden, damit in Zukunft Antibiotika wirklich nur gegen Bakterien eingesetzt werden und nicht gegen Viren.
Dagegen sind sie nämlich wirkungslos.
Auch eine artgerechtere Tierhaltung in der Landwirtschaft kann zu
einer Verminderung von resistenten
Keimen beitragen. Werden Tiere in
grossen Gruppen gehalten, so werden
häufig alle Tiere behandelt, um eine
Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Kleinere Gruppen oder eine
rasche Isolation der kranken Tiere
könnten hier den Einsatz von Antibiotika verringern. Auch eine verbesserte
Krankheitprävention durch Seuchenbekämpfungsprogramme und verbesserte Tierhygiene können helfen, Tiere
gar nicht erst krank werden zu lassen.
Je mehr Krankheiten verhindert werden können, desto kleiner ist die
Wahrscheinlichkeit, dass Medikamente unsachgemäss eingesetzt werden.
Und wie können Sie sich
schützen?
Resistente Keime können über Lebensmittel oder über den direkten Kontakt
zu Tieren auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten gelangen
und unter Umständen Krankheiten
auslösen. Doch lässt sich dies leicht
vermeiden, wenn Sie folgende Regeln
beachten:
•Fleisch gekühlt aufbewahren, damit
sich Keime nicht vermehren können.
•Fleisch schnell in die Pfanne geben
•Fleisch gut durchbraten, damit alle
Keime abgetötet werden.
•Zum Schneiden von Fleisch ein
Kunststoffbrett oder einen Teller
verwenden, kein Holzbrett, da sich
dieses nur schlecht reinigen lässt.
•Schneidebrett und Messer mit
heissem Wasser und Seife oder noch
besser in der Abwaschmaschine
reinigen.
•Hände gut mit Seife waschen.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation:
Dr. Petra Bättig, [email protected]
Informationen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: www.blv.admin.ch/
gesundheit_tiere/
7
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Steak oder Gemüse –
was wächst in unserem Land?
SH
TG
BL/BS
JU
SO
AG
AR/AI
ZH
SG
ZG
LU
NE
SZ
(Futtermittel)
Futterrüben
Futtergetreide
Silo-, Grünmais, Eiweisserbsen
Wiesen und Weideland
Brotgetreide
Raps und weitere Ölsaaten
Reben
Zuckerrüben
Kartoffeln
Obst
Gemüse
VD
GL
NW
OW
UR
FR
GR
BE
TI
GE
VS
Landwirtschaftsflächen
3 km ∆ 3 km
Fläche für pflanzliche Nahrungsmittel
Fläche für tierische Nahrungsmittel
▲ Landnutzung in der Schweiz (links). Die Karte rechts zeigt für jeden Schweizer Kanton den jeweiligen Flächenverbrauch für die Produktion pflanzlicher und tierischer
Nahrungsmittel. Die Fläche der Balken entspricht hierbei dem Flächenverbrauch pro Kanton. (Stand 2014)
Pro Person stehen uns in der
Schweiz 0.3 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung.
Damit erreichen wir jedoch
lediglich einen Selbstversorgungsgrad von 60 %. Die Grafik
zeigt uns, dass wir den Grossteil
der Agrarflächen für die Produktion tierischer Lebensmittel,
also Fleisch, Eier und Milch, verwenden. Ist das sinnvoll? Oder
sollten wir unser Land anders
nutzen?
Nur gerade eine Fläche so gross wie der
Kanton Freiburg wird in der Schweiz
für den Anbau pflanzlicher Nahrung
genutzt. Hauptsächlich wird Weizen
für Brot angebaut, dazu kommen Rapsöl, Zucker und Reben. Nur ein kleiner
Teil dieser Fläche wird mit Kartoffeln,
Gemüse und Obst bepflanzt.
Viel Land für tierische Produkte
Die tierische Nahrungsmittelproduktion beansprucht hingegen rund einen Viertel der gesamten Fläche der
Schweiz. Das ist so viel wie die Kantone Freiburg und Graubünden zusammen und rund fünfmal mehr, als für
pflanzliche Nahrungsmittel. Wieso
wird so viel mehr Land benötigt, um
Fleisch, Eier und Milchprodukte zu
produzieren, als für Getreide und Gemüse? Essen wir Schweizer viel mehr
tierische Nahrungsmittel?
Tiere brauchen Auslauf und vor
allem Futter, beides beansprucht viel
Fläche. Die Viehhaltung weltweit
braucht etwa 80 % der gesamten Landwirtschaftsflächen. Zudem geht beim
‹Umweg› durch das Tier viel Energie
verloren. Generell nimmt man an, dass
pro tierische Kalorie bis zu 7-mal mehr
Anbaufläche nötig ist als für pflanzliche Kalorien.
Der grössere Flächenbedarf ist allerdings nicht der einzige Grund für
die ungleiche Verteilung der Produktionsflächen in der Schweiz. Während
Weideflächen fast überall gedeihen,
braucht es für den Anbau von Gemüse, Obst und Kartoffeln fruchtbares
Ackerland. Dieses ist begrenzt und
wird immer knapper: einerseits aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte
in den Mittellandregionen und die
dadurch wachsende Siedlungsfläche,
andererseits wegen den grossen unproduktiven Brachen und dem wachsenden Wald im Alpenraum.
Import von Ackerland
Das mangelnde Ackerland wird in Form
von Obst, Gemüse und Getreide sozusagen importiert. Mehr als Dreiviertel der
pflanzlichen Produkte kommen aus
dem Ausland. Bei den tierischen Produkten sind es weniger als ein Sechstel
des Gesamtverbrauchs – pro Person sind
das jährlich gerade einmal 16 kg. Allerdings müssen diese Zahlen ge­nauer
betrachtet werden, denn ein Grossteil
der importierten pflanzlichen Produkte
wird den Tieren verfüttert. Dies sind vor
allem eiweisshaltige Futtermittel wie
z. B. Soja. Werden diese mitberücksichtigt, so beziehen wir die Hälfte unserer
Nahrungsmittel aus dem Ausland.
Würden wir Schweizer mehr Gemüse
als Steak essen, könnte der Selbstversorgungsgrad in der Schweiz erhöht
werden. Denn so müssten weniger
Futtermittel importiert werden und
die knappen fruchtbaren Ackerflächen
könnten direkt genutzt werden, um
mehr Gemüse, Brotweizen und Früchte
anzubauen.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Geography of Food, Isabel Jaisli,
[email protected]
Aus dem Gräserland
Ein Fussballfeld pro Familie
Ursprünglich wurden Nutztiere von
In Europa isst eine vierköpfige Familie
Hausratsabfällen ernährt oder auf
somit pro Jahr Lebensmittel, welche auf
Weiden gehalten, welche sich nicht als
der Fläche eines Fussballfeldes produ-
Ackerland eignen. Doch heute wird fast
ziert werden. Auf rund einem Zehntel
die Hälfte der Getreideernte an Tiere
der Fläche wird Gemüse, Obst, Kartoffeln
verfüttert. Während es lediglich 4 m2
und Brot angebaut. Ein weiteres Zehntel
braucht, um ein Kilogramm Brot (ca.
wird in Form von Bier, Wein, Kaffee und
2000 kcal) herzustellen, sind für ein
Tee konsumiert, einen Drittel braucht es
Kilogramm Rindfleisch (ca. 1500 kcal)
für Snacks und fast die Hälfte des Fuss-
gut 27 m Land nötig (internationaler
ballfeldes braucht es zur Produktion von
Durchschnitt).
Fleisch und Milchprodukten. bape
2
Gemüse,
Obst,
Brot,
Kartoffeln
Fleisch,
Milchprodukte
Schokolade,
Guetzli,
Junkfood
Bier, Wein,
Kaffee,
Tee
8
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Gegen Wind und Zeit
Wie ein mutierter Pilz die Kornkammern der Welt bedroht
Uganda Ende der 1990er
Jahre: Der Weizenpilz Puccinia
graminis, bekannt unter dem
Namen Schwarzrost, mutiert
und überwindet so ein Resistenzgen, welches sich in
90 % des weltweit angebauten
Weizens findet. Die betroffenen
Pflanzen sind der Krankheit
nun schutzlos ausgeliefert. Um
eine ernsthafte Ernährungskrise abzuwenden, sind Forscher
weltweit auf der Suche nach
neuen Resistenzen.
Pflanzenkrankheiten, welche grosse
Teile der Ernten vernichten und zu
Hungernöten führen, begleiten die
Menschheit seit Beginn der Landwirtschaft. Eine der gefürchtetsten
Krankheiten ist der Schwarzrost,
welcher vor allem Weizen befällt. Er
greift den Halm des Weizens an und
unterbricht die Wasser- und Nährstoffversorgung der Ähren. Pflanzen
werden meist kurz vor Erntereife angesteckt, wonach der Pilz ein ganzes
Feld innerhalb von zwei bis drei Wochen zerstören kann. Übrig bleiben
schwarz-grüne Pflanzenreste. Die
letzte Schwarzrostepidemie ereignete sich zwischen 1950 und 1954 in
den USA, wo der Pilz 40 % der gesamten Ernte vernichtete. Aufgeschreckt
durch die grossen Verluste, kam es zur
ersten internationalen Züchtungszusammenarbeit.
Erfolg auf Zeit
Im Zuge der «Grünen Revolution» in
den 1960er-Jahren wurde versucht,
Hunger und Krankheiten mit modernen Züchtungen und Anbautechniken zu überwinden. Dabei kreuzte
Norman Borlaug, der Vater der «Grünen Revolution», unter anderem das
Schwarzrost-Resistenzgen Sr31 erfolgreich in Weizen ein. Da der Weizen so
neu einen natürlichen Schutz vor dem
Pilz aufwies, konnte der Ernteverlust
durch Weizenrost praktisch auf null
gesenkt werden. Für diese und weitere Errungenschaften erhielt Norman
Borlaug den Friedensnobelpreis.
Seit kurzem hat sich die Situation
jedoch grundlegend geändert. Denn
eine Variante des Schwarzrosts, welche erstmals 1999 in Uganda nachgewiesen wurde, kann Weizenpflanzen
trotz des Resistenzgens Sr31 infizie-
▲ Mit Schwarzrost befallener Weizenstängel. (Bild: Wikimedia)
ren. Dieser Pilz wurde nach seinem
Entdeckungsort Ug99 benannt. Dort
ist er allerdings nicht geblieben: Seither wurde er nacheinander in Kenia,
Äthiopien, im Jemen und Sudan, im
Iran sowie Südafrika und Zimbabwe
nachgewiesen. In Kenia wurde allein
2007 ein Viertel der Ernte zerstört.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis
der Pilz sich weiter nach Indien und
Europa verbreitet und somit einige
der grössten Weizenanbaugebiete der
Welt bedroht. Experten schätzen, dass
Ug99 zu weltweiten Ernteverlusten
von sechzig Millionen Tonnen führen
könnte, mehr als die USA als drittgrösstes Produktionsland jährlich an
Weizen anbaut.
Internationale Initiativen im
Wettlauf gegen die Zeit
Als Reaktion auf die drohende Krise
sind Wissenschaftler weltweit auf der
Suche nach Resistenzen gegen den
Schwarzrost, um neue, widerstandsfähige Weizenlinien zu züchten. Seit
2001 wird im Kenya Agricultural Research Institute (KARI) nach solchen
Sorten und den dafür verantwortlichen Resistenzgenen gesucht. Neben dem KARI betreiben vor allem
das International Maize and Wheat
Improvement Center (CIMMYT) in
Mexiko und das US Department of
Agriculture’s Cereal Disese Laboratory (CDL) in Minnesota Forschung
zu Ug99. Norman Borlaug gründete
zudem 2005 die Global Rust Initiative
(BGRI) zur Entwicklung einer transgenen Weizenpflanze sowie das Durable
Rust Resistance in Wheat Project, welches die Forschungs- und Züchtungseinrichtungen weltweit vereinen soll.
Damit hat ein Wettrennen gegen
den Pilz und gegen die Zeit begonnen.
Bereits im Jahr 2006 mutiert der Pilz
weiter und kann so weitere Resistenzgene überwinden. Heute ist die Hälfte des bisher als restistent geltenden
Weizens anfällig. Natürlich könnte
man Schwarzrost auch mit Fungiziden bekämpfen. Dies ist jedoch eine
teure Lösung und wird als nicht praktikabel eingeschätzt.
Resistente Sorten dringend
gesucht
Dank der intensiven Forschung ist heute bekannt, dass etwa 10 % der Weizensorten natürlich immun gegen Ug99
sind. Mittlerweile sind auch rund 60
Resistenzgene bekannt, welche zu dieser Immunität führen. Jedoch bietet
keines davon denselben starken Schutz
wie das Sr31-Gen bot. Zudem kann
der Pilz wegen seiner grossen Anpassungsfähigkeit die Resistenz eines einzelnen Gens leicht durchbrechen. Man
versucht deshalb, verschiedene solcher
‹schwachen› Gene zu kombinieren, um
einen längerfristigen Schutz zu garantieren. Bisher liefern jedoch alle diese
Neuzüchtungen schlechtere Erträge
als die bisherigen Weizensorten.
In verschiedenen Zentren werden
daher auch Versuche mit gentech-
nisch veränderten Sorten durchgeführt. Damit könnten Resistenzgene
nicht nur aus anderen Weizensorten
verwendet werden, sondern auch Gene
aus Reis, Gerste und anderen Gräsern.
Hoffnung versprechen mehrere Bündner Gerstensorten, welche stets dem
Schwarzrost ausgesetzt waren. Diese
lassen sich jedoch nur schwer in Weizen einkreuzen. Nun wird fieberhaft
nach den dafür verantwortlichen Resistenzgenen gesucht.
Ob durch traditionelle Kreuzung
oder mit Hilfe neuer Methoden, die
Entwicklung einer resistenten Sorte
dauert zwischen fünf und zehn Jahren. Doch sind solche neuen, hochresistenten Sorten die einzige Möglichkeit, um Ertragsausfälle durch
Ug99 auf ein Minimum zu reduzieren.
Damit sich Ug99 nicht weiter verbreitet und eine globale Ernährungskrise
abgewendet werden kann, muss jetzt
rasch gehandelt werden.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Studiengangsleitung, Urs-Christian Handschin,
[email protected]
Daum, M. (2010). Polio der Landwirtschaft.
Neue Zürcher Zeitung.
Meister, F. (2008). Wenn Wind Hunger bringt.
WOZ, 26/08.
Grens, K. (2014). Putting up Resistance.
The Scientist.
CGIAR, (2010). Virulent New Strains of Ug99 Stem
Rust, a Deadly Wheat Pathogen. ScienceDaily.
http://www.sciencedaily.com/releases/2010/05/100526134146.htm
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Fleischkonsum im Vergleich:
ein kleiner Streifzug durch
drei Generationen
Jeder Mensch muss zu seinem
Überleben essen und trinken.
Obgleich diese Selbstverständlichkeit für jeden Menschen,
egal ob Mann oder Frau, jung
oder alt, gültig ist, essen Menschen in jeder Kultur und zu jeder Zeit doch sehr unterschiedlich. Ob und wie viel Fleisch und
daraus hergestellte Produkte
verzehrt werden, wird von dem
jeweiligen gesellschaftlichen
Kontext beeinflusst. Studierende von vier Hochschulen aus
Deutschland und der Schweiz
sowie deren Eltern und Grosseltern wurden zu Themen rund
um Essen befragt.
Fleisch und Fleischprodukte werden
in der Schweiz als wertvolle und herausragende Lebensmittel angesehen. Der Fleischkonsum wird – abgesehen von den gesundheitlichen
Aspekten – jedoch zunehmend von
Konsumentinnen und Konsumenten
kritisch hinterfragt, dies auch wegen
den Auswirkungen des Fleischkonsums auf Umwelt, Gesundheit, soziale und (tier-)ethische Belange. Es
lässt sich derzeit beobachten, dass es
eine steigende Anzahl von vor allem
jüngeren Menschen gibt, die ihren
Fleischkonsum einschränken, (teil)
vegetarisch leben oder gänzlich auf
tierische Produkte verzichten. Verlässliche Zahlen zur Anzahl von Menschen mit vegetarischer/veganer Ernährungsweise in der Schweiz gibt es
bislang nicht. Unklar ist dabei auch,
ob Fleisch und Fleischprodukte in
allen Altersgruppen ähnlich häufig
verzehrt (oder gemieden) werden und
ob sich der Konsum im Generationenverlauf (F1 = Grosselterngeneration,
F2 = Eltern, F3 = Kinder) ändert. Dies
herauszuarbeiten, war Ziel, der hier
vorgestellten Studie.
Insgesamt haben 249 Personen an
der Umfrage teilgenommen, von welchen 24 % männlich und 76 % weiblich
waren. Generation F1 bildete mit insgesamt 53 Teilnehmenden im Alter
von 58 bis 91 Jahren die kleinste Gruppe. Die Generationen F2 und F3 waren
mit 96 und 100 befragten Personen
etwa zu gleichen Teilen vertreten.
Der Altersrange bei F1 lag zwischen
78 und 91 Jahre, der F2 zwischen 44
9
Welternährung
transparent
– Word Food
Clock
Dank der interaktiven Webseite www.
worldfoodclock.com lässt sich erkennen, wie gross der Welthunger zur Zeit
genau ist. Diese «Uhr» zeigt für jede
Sekunde jeden Tages, wie viel Essen
die gesamte Menschheit produziert,
konsumiert und verschwendet. Die
Kosten der Lebensmittelproduktion,
die dafür gebrauchten Nutzflächen
und wo die grösste Verschwendung
entsteht, wird dem Besucher der Seite
ebenfalls mit vor seinen Augen rapide
steigenden Zahlen erläutert. Eine sehr
effektive Möglichkeit, um den weltweiten Lebensmittelverbrauch besser
zu verstehen. trrr
(aus: trend-update 10/2014)
▲ Die Vielfalt von Fleischprodukten ist gewaltig. (Bild: Colourbox)
Fürs Büchergestell
und 68 Jahren und bei F3 zwischen 16
und 36 Jahren.
Was wir früher gegessen haben
und was wir heute essen
Die Teilnehmenden wurden nach der
Häufigkeit des Verzehrs von sechs Lebensmittelkategorien in ihrer Kindheit und heute befragt. Die sechs
Kategorien umfassten Früchte und
Gemüse, Milch und Milchprodukte,
Vollkornprodukte, Fisch und Meeresfrüchte, alkoholische Getränke
sowie Fleisch und Wurstwaren. Es
wurde zwischen den sechs Antwortmöglichkeiten «täglich», «4- bis 6-mal
pro Woche», «1- bis 3-mal pro Woche»,
«1- bis 3-mal pro Monat», «weniger
als 1-mal pro Monat» und «nie» unterschieden. Die Daten wurden pro
Lebensmittelkategorie in sechs Gruppen (F1, F2, F3 Kindheit und F1, F2,
F3 heute) aufgeteilt und miteinander
verglichen.
Milchprodukte, Alkohol und
Fisch wurden von allen drei Generationen in der Kindheit gleich häufig
gegessen. Dagegen wurden Früchte
und Gemüse, Vollkornprodukte und
Fleisch unterschiedlich häufig verzehrt, wobei die jüngste Generation
in ihrer Kindheit am meisten von
diesen Produkten konsumierte. Heute werden Fleisch und daraus hergestellte Produkte in der Grosselterngeneration häufiger konsumiert als in
deren Kindheit. Umgekehrt ist es bei
der jüngsten Generation: Fisch und
Fleischprodukte werden im Vergleich
zur Kindheit seltener verzehrt. Für
die F1 und auch F2 Generation sind
Fleisch und daraus hergestellte Produkte hochpreisige, eher «rare» und
damit sehr geschätzte Lebensmittel,
deren Verzehr in der Kindheit meist
nur den Sonn- und Feiertagen vorbehaltenen war. Diese Lebensmittel
werden noch heute sehr geschätzt,
deren Konsum «gönnt» man sich
heute. Seit der Kindheit der F1- und
F2-Generation haben sich die Produktionsbedingungen und auch -mengen der Fleisch und Fleischprodukte
grundlegend verändert (nicht jedoch
deren Wertschätzung!) mit der Folge,
dass heute Fleisch und Fleischprodukte nicht nur im Überfluss angeboten werden, sondern meist auch als
(preiswerte) Massenprodukte in einem hochtechnisierten Prozess hergestellt werden. Diese Produktions­
weisen werden zunehmend, vor allem
von jüngeren Menschen, hinterfragt.
Auch der Gesundheitswert oder tierethische Belange (Tiertransporte, Schlachtbedingungen etc.) sind
wichtige Auslöser einer fleischarmen
oder fleischfreien Ernährungsweise.
Hierbei scheinen sich mehr jüngere
als ältere Menschen diesen Fragen zu
stellen, womit sich – mit Vorsicht interpretiert – die geringeren Verzehrhäufigkeiten von Fleischprodukten
in dieser explorativen Studie erklären
lässt.
Institut für Lebensmittel und Getränkeinnovation,
Fachstelle Ernährung: Prof. Dr. Christine Brombach,
[email protected]
Tiere essen
von Jonathan Safran Foer
Der Bestsellerautor Jonathan Safran
Foer war immer mal wieder Vegeta­
rier. Doch erst die Geburt seines Sohnes hat ihn dazu bewegt, sich vertieft mit dem Thema Ernährung zu
beschäftigen. Welche Geschichten
übers Essen wollte er seinem Sohn
mit auf den Weg geben? Wieso essen
wir ein Schwein aber keinen Hund?
Seine ganz persönliche Auseinandersetzung mit diesem Thema hat er
spannend und ohne Zeigefinger festgehalten. Trotzdem wird ein Stück
Fleisch nach der Lektüre dieses Buches nie mehr dasselbe sein. bape
10
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Eine grosse Portion, bitte!
Wir kennen es alle: Der Magen
knurrt, man langt kräftig zu und
ist dann doch schon nach der
halben Portion satt. Was man
dann nicht so mag, bleibt auf
dem Teller liegen und wandert
schliesslich in den Müll. Ist
nicht weiter schlimm? Wenn
man es zusammenzählt, eben
doch! Jede Person wirft pro Tag
durchschnittlich 320 Gramm
Lebensmittel weg – so viel wie
eine ganze Mahlzeit. Akkumuliert ergeben diese scheinbar
geringen Mengen ein erstaunliches Ergebnis: Von den 2.3 Mio.
Tonnen Lebensmittelabfällen in
der Schweiz entsteht die Hälfte
in den Haushalten. Aber weshalb ist das so? Und weshalb
sollen wir unseren Wohlstand
nicht einfach geniessen?
In der Schweiz wird mit knapp 7 Prozent nur ein sehr geringer Anteil des
Haushaltseinkommens für Lebensmittel ausgegeben und Lebensmittelabfälle sind somit erschwinglich
geworden (im Vergleich dazu: in Kamerun sind es 45 Prozent). Ein bewusster Umgang mit Lebensmitteln
ist in den vergangenen Jahrzehnten
durch Wachstum und Wohlstand
weitgehend abhanden gekommen.
Wir reflektieren selten, welche Ressourcen in die Produktion unserer
Lebensmittel investiert wurden und
woher sie stammen. Die permanente
foodwaste.ch
foodwaste.ch ist die unabhängige
Plattform zur Reduktion von Lebensmittelabfällen in der Schweiz.
Wir informieren, sensibilisieren und
aktivieren die Öffentlichkeit über
Publikationen und Veranstaltungen
und garantieren eine unvoreingenommen Sicht aufs Thema. Aus
Liebe zum Essen.
Mehr Informationen über die
Aktivitäten von foodwaste.ch und
Wissenswertes zum Thema Food
Waste finden Sie unter:
www.foodwaste.ch
▲ Durchschnittlich werfen wir eine Mahlzeit pro Tag in den Abfall. (Bild: Colourbox, HighwayStarz)
Angebotsfülle suggeriert zudem eine
uneingeschränkte Verfügbarkeit von
Produkten – alles ist überall und jederzeit erhältlich. Aber wie lange noch?
Jeder von uns isst 3400 Liter
Wasser pro Tag
Zur Produktion unserer Lebensmittel
werden wertvolle Ressourcen eingesetzt. Allein um die Lebensmittel zu
produzieren, die jeder von uns täglich
isst, werden 3400 Liter Wasser gebraucht. Unsere Lebensmittel werden
zum Teil in sehr trockenen Gegenden
angebaut, wie in den Anbaugebieten
im Süden Spaniens. Das führt dazu,
dass knappe Wasserressourcen für
die Produktion von Exportgütern viel
zu intensiv genutzt werden und lokal
nicht mehr zur Verfügung stehen.
Wenn die Lebensmittel dann nicht
konsumiert, sondern weggeworfen
werden, ist dies eine unnötige Verschwendung der eingesetzten Ressourcen. Insgesamt verursacht die
Produktion von Lebensmitteln rund
30 Prozent aller Umweltbelastungen.
Weggeworfene Lebensmittel belasten
nicht nur die Umwelt, sondern auch
die privaten Haushaltsbudgets unnötig. So gibt jeder Haushalt jährlich
ca. CHF 1000 für Lebensmittel aus, die
nicht gegessen werden. Gleichzeitig
wird wegen unseres hohen Konsums
das weltweite Angebot an Lebens-
mitteln knapper. Nach wie vor leiden
rund eine Milliarde Menschen an
Mangel- oder Fehlernährung.
Was können Konsumentinnen
und Konsumenten gegen Food
Waste tun?
Um die eigenen Abfälle zu verringern, gilt es die täglichen Routinen
zu hinterfragen. Wie kaufe ich ein?
Weiss ich, was noch im Kühlschrank
liegt? Besonders wichtig im Alltag
sind überlegtes Einkaufen und Zurückhaltung bei Schnäppchen und
Sonderangeboten. In der Küche angekommen sind die Mengenplanung
beim Kochen und die Wiederverwendung von Kochüberschüssen einfache, aber zentrale Elemente. Weiter
gilt es, nicht alle Produkte, welche
das Mindesthaltbarkeitsdatum überschreiten, gleich wegzuwerfen. Es ist
wichtig, sich auf seine eigenen Sinne
zu verlassen, denn viele Produkte sind
lange über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus geniessbar. Das Wichtigste jedoch ist, bewusst mit Lebensmitteln umzugehen. Denn wer weiss,
woher sein Essen kommt und wie viel
Ressourcen mit dessen Herstellung
verbunden sind, trägt entsprechend
Sorge dazu.
Dominique Senn, foodwaste.ch
Die wichtigsten Massnahmen zur Vermeidung von
Verlusten im Haushalt
• Bewusstere Mengenplanung: Wochen-Menüplanung,
Einkaufslisten, Kochmengen­
planung.
• Späteres Verwerten von
Koch­überschüssen und
Produkteresten durch neue
Kombinationen und kreative
Menüs.
• Optimierung der Lagerung,
um die Lebensdauer der
Produkte zu verlängern.
Lebensmittel luftdicht
verschlossen oder kühl
aufbewahrt halten länger.
• Frischprodukte lieber
häufiger, dafür gezielter
einkaufen, statt grosse
Wocheneinkäufe tätigen.
• Zuerst testen, ob abgelaufene
Produkte wirklich nicht
mehr geniessbar sind.
Viele Produkte wie Reis,
Guetzli, Joghurt und Käse
können lange über das
Mindesthaltbarkeitsdatum
hinweg genossen werden.
Aufpassen heisst es hingegen
bei Fleisch!
11
Ernährung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Mais: Populationssorten
Aus dem Gräserland
Es wird eng
Wir verfügen über
148 000 000  km2 Land auf dieser
Welt, wovon etwa ein Zehntel landwirtschaftlich genutzt
werden kann. In der Schweiz
reduziert sich diese Fläche pro
Sekunde um 1.27 m2. Grund dafür
sind vor allem unsere wachsenden Ansprüche an Wohnraum,
Freizeit und Mobilität. Auch
weltweit ist die Abnahme von
landwirtschaftlichem Land oft
auf die Ausbreitung der Wohnfläche zurückzuführen.
Trotz dieser Verluste ist die
▲ Verschiedene Maissorten. (Bild: Colourbox, Siripong Jitchum)
Welternährungsorganisation FAO
zuversichtlich. Zwischen 1960
und 1990 sei die Fläche an Kulturwährend sich die Bevölkerung
verdoppelt habe. Da gleichzeitig
auf weniger Fläche mehr Ernte
erzielt wurde, sind die Lebensmittelpreise gesunken und die Ernährung wurde verbessert. Damit
auch in Zukunft, unter erschwerten klimatischen Bedingungen,
genügend Nahrung produziert
werden kann, braucht es weitere
Forschung und sinnvolle gesetzliche Rahmenbedingungen. bape
0.86
0.49
0.5
Schmidt, W.: Ökozüchtung – Für alle ein Gewinn.
bioland 07/2008
0
Getreidezüchtung
Peter Kunz
Die Getreidezüchtung Peter Kunz
(GZPK) konnte 2014 ihr 30jähriges Jubiläum feiern. Seit dem
Jahr 2000 firmiert die GZPK als
gemeinnützig anerkannter Verein.
Die GZPK züchtet neben Getreide (Dinkel, Weizen und Triticale)
Erbsen, Sonnenblumen und Mais
nach biodynamischen Richtlinien
und setzt sich für die Verbreitung
dieses Wissens ein.
Getreidezüchtung Peter Kunz
Verein für Kulturpflanzenentwicklung
Seestrasse 6
8714 Feldbach (ZH)
www.getreidezuechtung.ch
unproduktive Flächen
1 m2
Alpwirtschaftsflächen
Stefanie Rost ([email protected]) arbeitet seit Juli 2013
bei der GZPK mit dem Schwerpunkt Mais und studiert seit dem HS 2014/15 Umweltingenieurwesen
mit der Vertiefung BLH.
land um lediglich 11 % gestiegen,
Landwirtschaftsflächen
ren OPM-Maispopulationen beteiligt.
Insofern kann man die jahrelangen
Bemühungen um die Zulassung unserer Maispopulation OPM.10 schon als
Teilerfolg verbuchen. In der Schweiz
können die Populationen problemlos
als Nischensorten zugelassen und vertrieben werden.
In den nächsten Jahren muss die
OPM.12-Population
kontinuierlich
züchterisch weiterbearbeitet werden,
um die Leistungsfähigkeit weiter
zu verbessern oder zumindest den
aktuel­len Stand zu gewährleisten.
Wald
Bei den heute verfügbaren Maissorten
handelt es sich fast ausschliesslich
um Hybriden, die unter konventionellen und meist hoch intensiven
Anbaubedingungen getestet wurden.
Hybridsorten werden im Biolandbau
jedoch kontrovers diskutiert und für
die biodynamische Züchtung (Demeter-Standard) ist die Hybridzüchtung
als Methode ausgeschlossen. Ein
wichtiges Argument gegen die Hybridzüchtung ist die Tatsache, dass die
Sorten nicht weiter vermehrt werden
können und die Landwirte das Saatgut
jedes Jahr neu erwerben müssen, womit eine direkte Abhängigkeit von den
Zuchtfirmen besteht. Bei der Saatgutgewinnung werden ausserdem männlich sterile Inzuchtlinien, die keinen
eigenen Pollen produzieren können,
eingesetzt. Eine Methode, die auch in
der Maiszüchtung Anwendung findet
und im Biolandbau ebenfalls kontrovers diskutiert wird. Neuere Studien
haben gezeigt, dass unter intensiven Anbaubedingungen gezüchtete
Maissorten nicht notwendigerweise
die besten Sorten für den Biolandbau
sind, da zusätzliche Merkmale, wie
z. B. Unkrautunterdrückung und Resistenz gegen Keimlingskrankheiten,
relevant für einen erfolgreichen Maisanbau unter Biobedingungen sind.
Die Getreidezüchtung Peter Kunz
(www.gzpk.ch) erachtet den Aufbau
einer Maiszüchtung für den Biolandbau als dringende Notwendigkeit;
einerseits um der Abhängigkeit zu
entgehen und andererseits, um den
Zugang zu hochwertigem, nicht gentechnisch verändertem Zuchtmate­
rial für die Zukunft sicherzustellen.
Das Hauptziel der Mais-Projekte
ist, eine breite mitteleuropäische Basispopulation aufzubauen und damit
die genetischen Ressourcen in einer
gemeinnützigen Trägerschaft der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen.
Ein grosses Problem ist jedoch die
Zulassung dieser Populationen auf
dem europäischen Markt. Bei Populationen ist die Heterogenität die Basis
ihrer Leistungsfähigkeit. Das Endprodukt einer Populationszüchtung ist im
Gegensatz zur klassischen Züchtung
eine mehr oder weniger heterogene
Mischung von einzelnen Pflanzen.
Aufgrund der fehlenden Homogenität
bei irrelevanten Ertragsfaktoren (wie
z. B. Wuchshöhe, Blattstellung, etc.),
welche bei der herkömmlichen sogenannten ‹Linienzüchtung› gegeben
ist, besteht weiterhin Diskussionsbedarf.
Um in Zukunft die Prüf- und Zulassungsverfahren für Populationssorten anzupassen und von Hybridsorten zu trennen, startet 2015 ein
mehrjähriges EU-Populationssortenprojekt, an dem sich die GZPK mit ih-
Siedlung
Die Getreidezüchtung Peter
Kunz findet es dringend nötig,
beim Mais den freien Zugang zu
hochwertigem Zuchtmaterial zu
ermöglichen. Dazu werden nicht
einzelne Pflanzen verbessert,
sondern mehrere Pflanzen mit
gewünschten Eigenschaften
kombiniert und so zu Populationen zusammengefasst.
Da Saatgut in der Regel sehr
uniforme Pflanzen liefert, ist der
Zulassungsprozess für solch
heterogene Populationen noch
schwierig.
– 0.21
– 0.5
– 0.51
– 0.86
– 1 m2
▲ Bodennutzungswandel in m2 pro
Sekunde 1979 / 85 – 1992 / 97.
(Quelle: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/
themen/02/03/blank/data/gemeindedaten.html)
Zitate
Ich esse nichts,
was ein Gesicht
hat.
Paul McCartney, britischer Popmusiker, *1942
12
Energie und Rohstoffe
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Mach es wie Popeye ...
Nicht nur der Comic-Matrose,
auch Forscher der ZHAW, sähen gerne mehr Grünzeug auf
unseren Tellern. Allerdings ganz
spezielles.
Maul auf, eine Dose Spinat geschluckt,
und schon wachsen die Muskeln. So
einfach? Nun, hier im Grüental (welch
passender Name!) gedeiht eine Suppe
von gleicher Farbe, der so mancher
Wissenschaftler auch wundersame
Kräfte zuschreibt. Mikroalgen ist das
Zauberwort, und wenn man danach
googelt, dann könnte man meinen,
sie seien ein «Super-Food» und die Lösung all unserer Probleme: Vitamine,
Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien,
Proteine – was auch immer als neuster
Ernährungstrend angepriesen wird,
die Mikroalgen sind dabei.
Doch wer im Supermarkt nach einer Dose Algen sucht, der wird nicht
fündig. Einzig im Reformhaus finden
sich Chlorella- und Spirulinapillen,
aber dann zu gesalzenen Preisen. Da
gibt es günstigere Möglichkeiten, satt
zu werden. Und ein Apfel ist ja auch
gesund. Warum sollte ich mich also
für Mikroalgen interessieren? Und vor
allem, warum interessieren sich Wissenschaftler der ZHAW dafür? Das ist
doch alles Humbug!
Die Welt braucht jedes Jahr
100 Millionen Tonnen Eiweiss
Nun, die Antwort ist ein wenig komplizierter als die Versprechungen im
▲ So gefällt es den Mikroalgen: Ausgebreitet an der Sonne, gut gedüngt und in
ständiger Bewegung. (Bild: Dominik Refardt)
Internet. Sie beginnt in den Meeren
und Regenwäldern unseres Planeten.
Dort wird gefischt und gerodet, damit
wir satt werden. Fischmehl und Soja
liefern das Eiweiss für Futtermittel,
auch für das Kraftfutter in unseren
Bauernhöfen. Die Hälfte des Eiweisses
in Schweizer Futtermitteln stammt
aus Soja und für jedes Kilo Fisch aus
der Fischzucht muss dieselbe Menge
an wildgefangenem Fisch als Futter
eingesetzt werden. Und der Bedarf
an Eiweiss (Protein) nimmt zu, denn
immer mehr Menschen auf unserem
Planeten möchten Fleisch und Fisch
auf ihrem Teller.
Um den Hunger der Welt nach Eiweiss zu stillen, müssen Regenwälder
neuem Ackerland weichen und die
Weltmeere werden intensiv befischt.
Es wird eng. Wichtige Ökosysteme
werden geopfert und die Folgen sind
bereits absehbar. Die fehlenden Wälder verändern das Klima, Arten ster-
ben aus, Urvölker verlieren ihre Heimat. Wenn wir nur neues Brachland
fänden, auf dem man Proteine ernten
könnte, ohne dass deswegen Wälder
gerodet oder Meere überfischt werden
müssten!
Mikroalgen wachsen auch dort,
wo sonst nichts mehr wächst
Und genau hier erhofft man sich eine
Lösung mit Mikroalgen: Damit Algen
gedeihen, braucht man einzig Wasser,
Dünger und Sonne. Es braucht keinen Boden, denn Algen haben keine
Wurzeln. Eine sonnige, karge Gegend
genügt, sei es in der Wüste New Mexicos oder auf dem Flachdach nebenan.
Und weil Algen keine Wurzeln, Äste
und Blätter bilden, sondern nur einfache, einzelne Zellen, vermehren sie
sich rasch. Auf einem einzigen Quadratmeter können jedes Jahr 50 kg frische Algen geerntet werden, und auch
wenn Algen zu einem Grossteil aus
Wasser bestehen, ist das immer noch
sehr viel. Sogar die besten Sojafelder
Brasiliens geben höchstens ein Zehntel davon her.
Auf einem Dach eines Einfamilienhauses könnte problemlos der Eiweissbedarf der ganzen Familie gedeckt
werden. Mehr noch: Wenn sich die
Algenkultur an der Sonne erwärmt,
kann damit auch dem Haus Wärme
zugeführt werden und es braucht weniger Öl und Gas. Und sollte doch eine
Heizung Abgas produzieren, so könnte
dieses gleich durch die Algen gesprudelt werden. Mit dem Kohlendioxid
im Abgas wird das Wachstum der Algen zusätzlich beflügelt und weniger
Treibhausgase gelangen in die Atmosphäre.
Doch eine solche Vision liegt noch
Jahre in der Zukunft. Ein Produktionssystem für Mikroalgen ist komplex,
denn es ist lebendig und bedarf viel
mehr Aufmerksamkeit als eine Batterie von Solarzellen. Das treibt den
Preis für Mikroalgenprotein auf das
Zehnfache von Soja.
Hier am Institut für Umwelt und
Natürliche Ressourcen arbeiten wir
daran, den Anbau von Mikroalgen
besser zu verstehen und leichter zu gestalten. Unsere Vision ist es, dass diese
nachwachsende Ressource dereinst so
selbstverständlich ist, wie es heute der
Kräutergarten auf dem Balkon ist.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Ökotechnologie: Dr. Dominik
Refardt, [email protected]
Aus dem Gräserland
Was tanke ich heute – Benzin oder Bioethanol?
20 000
km/ha
Der Verkehr verursacht in der
So belastet die Fahrt mit Bioethanol
Schweiz 44 % der CO2 Emissionen,
aus Mais die Umwelt dreimal mehr
deshalb ist die Idee, nachwachsende
als die Fahrt mit Benzin.
Rohstoffe wie Mais zu verbren-
In der Schweiz gelten deshalb stren-
nen, auf den ersten Blick attraktiv.
ge Vorschriften. Biotreibstoffe müs-
Doch zeigt sich, dass Biotreibstoffe
sen vom Anbau bis zum Verbrauch
gesamtheitlich betrachtet selten
mindestens 40 % weniger Treibhaus-
besser sind als konventioneller
gasemissionen erzeugen als fossiles
Treibstoffe. Zwar sind wie erwartet
Benzin, sie dürfen die Umwelt nicht
die Treibhausgasemissionen bei
erheblich mehr belasten und der
Biotreibstoffen oft deutlich geringer,
Anbau der erneuerbaren Rohstoffe
betrachtet man jedoch die gesamte
darf die Erhaltung der Regenwälder
Umweltbelastung (z. B. Überdüngung
und die biologische Vielfalt nicht
oder Biodiversitätsverlust), schneidet
gefährden. bape
Benzin nicht immer schlechter ab.
40 000
km/ha
60 000
km/ha
80 000
km/ha
100 000
km/ha
120 000
km/ha
1 326 000 km/ha
Elektro-Auto
(Photovoltaik)
208 UBP/km
72 000 km/ha
Bio-Ethanol
(Gras)
235 UBP/km
62 000 km/ha
Bio-Gas
(Silagemais)
416 UBP/km
45 000 km/ha
Bio-Ethanol
(Mais)
757 UBP/km
Benzin
282 UBP/km
200
UBP/km
400
UBP/km
600
UBP/km
800
UBP/km
1000
UBP/km
1200
UBP/km
▲ Energiebilanz: Kilo­meter Leistung pro Umweltbelastungspunkte (UBP) und
Kilometer pro Hektare mit Biotreibstoffen im Vergleich zu konventionellem Treibstoff.
Energie und Rohstoffe
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
13
▲ Pflanzenkläranlage zur Nachreinigung von kommunalem Abwasser: Aqualân Grou, Niederland. (Bild: Andreas Schönborn)
Schilf – ein Gras, das unsere
Vorstellung sprengt und beflügelt
Das Schilfrohr (Phragmites
communis) ist eine Pflanze mit
ganz besonderen Eigenschaften. Es ist eine Art «Zwischenwesen»: keine Land-, aber auch
keine Wasserpflanze, sondern
ein Pionier der Übergänge
zwischen beiden. Es hat stabile,
biegsame, wasserfeste, verholzte Stängel, aber es ist weder
Baum noch Strauch, sondern –
ein Gras. Es lebt dort gerne, wo
wir Europäer nichts mehr anbauen, weil der Boden zu weich
und zu nass ist, auch im flachen
Wasser, und das so erfolgreich,
dass es alle anderen Pflanzen
verdrängen und über viele Quadratkilometer eine natürliche
Monokultur bilden kann. Es ist
ein Gras, das, wie der Bambus,
unsere Vorstellung sprengt, wie
ein Gras zu «sein hat».
Insistieren der Insekten, die auf ihre
nächste Blutmahlzeit hoffen. Später
hören (und manchmal sehen …) wir
Vögel, die im Schutz des Dickichts brüten. Es gibt auch Schlangen, Schildkröten, Amphibien, kleinere und
grössere Säugetiere. Wäre dieser Mini­
dschungel im Norden Europas, oder in
Nordamerika, so könnten wir sogar
unvermittelt auf einen Elch treffen.
Wir Menschen nutzen das Schilf
seit Jahrtausenden. Unsere überlieferten und modernen Mythologien sind
voll von Geschichten über das Schilf
– von den Upanishaden, über die Bibel bis zum Herrn der Ringe. In den
Riedgebieten wurde früher Einstreu
für das Vieh gewonnen. Traditionelle Häuser im Norden Europas werden
noch heute mit Schilf gedeckt (Reetdächer). Schilfstängel wurden auch für
Flöten, als Verputzunterlage und für
vieles mehr verwendet. Auch Dämmstoffe lassen sich daraus machen.
unterstützt. Dazu wird das Abwasser
in einem, zu den tiefereren Schichten
abgedichteten, Boden- oder Sandkörper geleitet. Die Bodenbakterien, die
dort leben, zerlegen die Schmutzstoffe
in ihre Einzelteile und wandeln sie in
Nährstoffe um. Das Schilf nimmt sie
auf und reagiert mit starkem Wachstum. Es gibt den Bodenbakterien dafür auch einiges zurück: Schatten,
gleichmässige Feuchtigkeit, Schutz
vor Hitze und Frost, aber auch Wurzelausscheidungen (wie z. B. Zucker),
die sie brauchen. Wir Menschen können diese (fast) perfekte Symbiose
ausnutzen, um Abwasser im Idealfall
ganz ohne (Betriebs-) Energieaufwand
zu reinigen. Mit Pflanzenkenntnis,
Systemkenntnis und geschicktem
Ingenieurdesign entsteht so eine gelungene und ziemlich nachhaltige
«Öko»technologie. Die ältesten, gut
designten Anlagen sind inzwischen
ca. 30 Jahre alt.
Ausgedehnte Schilfflächen üben seit
jeher eine besondere Faszination auf
den Menschen aus. In einem ausgewachsenen Schilfbestand zu stehen
ist, wie in einem Urwald zu sein. Die
Stängel werden bis zu 4 Meter hoch.
Wie in einem Urwald, so könnte man
sich auch in einem Schilfbestand
dramatisch verlaufen. Wegmarken
gibt es keine, und kein Schritt im
matschigen Nass scheint uns weiter
zu bringen, weil alles für unsere Augen gleich aussieht. Bei jedem neuen
Schritt ziehen wir zuerst den Gummistiefel schmatzend aus dem Morast.
Wird er am Fuss bleiben?
Bald merken wir, dass das Dickicht
sehr belebt ist – zunächst am leisen
Pflanzenkläranlagen aus
Schilfrohr
Die immense Wuchskraft von Phragmites und seine Fähigkeit, an nassen,
nährstoffreichen Orten zu leben, lässt
sich auch nutzen, um die Reinigung
menschlicher Abwässer zu unterstützen, solange diese abbaubare und
keine allzu giftigen Stoffe enthalten.
Normales häusliches Abwasser – aus
Küche, Bad, Waschmaschine oder
Toilette – enthält in der Regel meist
solche gut abbaubaren Schmutzstoffe.
In einer sogenannten Pflanzenkläranlage – präziser ist der Fachbegriff «bewachsener Bodenfilter» –
wird der Abbau von Schmutzstoffen
durch die Mikroorganismen von der
beschirmenden Wirkung des Schilfs
Lernen von der Natur
Von den «Schilf»-Kläranlagen können
wir Menschen im Kleinen lernen,
was auch im Grossen gilt: Die Natur
erbringt gewisse «Leistungen» für
uns dauerhaft, verlässlich und abgesehen von etwas Wartung praktisch
gratis. Wir müssen aber ihre Grenzen
kennen, würdigen und bereit sein,
zu lernen. Am Beispiel der Pflanzenkläranlagen: Überlastete Anlagen
können verstopfen und ihren Betrieb
einstellen. Zu viele Nährstoffe verträgt auch der Alleskönner Phragmites
nicht. Wenn Duftstoffe, zum Beispiel
aus Waschmitteln, in der Umwelt
schlecht abbaubar sind, kann man
das im Auslaufschacht noch riechen
und «sinnlich» erfahren. Die Ein-
leitung von Giftstoffen kann solche
Anlagen regelrecht «ermorden». Und
sie brauchen pro Person ausreichend
– das heisst mindestens 2 bis 4 m2 –
Platz.
Für mich der wichtigste Punkt ist
aber dieser: Diese Anlagen können
uns vor Augen führen, wie gross unser ökologischer Fussabdruck heute
tatsächlich ist. Eine Stadt der Grösse
von Wädenswil (20 000 Einwohner)
bräuchte nach obiger Rechnung mindestens 4 bis 8 Hektaren Land, allein
um ihr häusliches Abwasser mit dieser Ökotechnologie zu reinigen. Dieses Land ist natürlich in Wädenswil
nicht (mehr) vorhanden. Die Strategie, an die wir uns gewöhnt haben,
ist, das fehlende Land mit High-TechARAs und Energieeinsatz zu kompensieren. Dies hat seinen Preis, funktioniert auch ganz ordentlich, aber es ist
nicht der einzig mögliche Weg.
Ich stelle mir vor: In 50 oder 100
Jahren haben wir gelernt so zu wirtschaften, dass praktisch alle Stoffe im
Kreislauf gehalten werden. Auch die,
die wir heute mit dem Abwasser wegspülen. Dank schlauer Innovationen
und etwas High-tech würde fast kein
Abwasser mehr entstehen. Die ARAs
würden irgendwann einfach abgeschaltet. Der Zürisee wäre sauberer
denn je. Für das bisschen Restwasser
würde pro Quartier ein Beet voller
Schilfrohr ausreichen, in dem die
Quartierkinder im Sommer Dschungel spielen, wenn es die Eltern gerade
nicht merken …
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Ökotechnologie, Fachgruppe
Wetlands: Andreas Schönborn, [email protected]
14
Kulturgeschichte
Aus dem Gräserland
Gerste –
Rohstoff
für Bier
und Whisky
Die Gerste stammt aus Ostasien
und ist vermutlich das älteste
angebaute Getreide. Bereits die
Sumerer und Ägypter verwendeten
es für die Herstellung von Bier.
Durch den Gärprozess wurde das
Wasser konserviert und dadurch
länger geniessbar gemacht. Für die
Bierherstellung wird die geschrotete Gerste mit warmem Wasser
zur Maische angesetzt. Aus der
Getreidestärke entsteht Malzzucker, der sich während des Gärungsprozesses mit Hilfe von Hefe
in Alkohol umwandelt. Bis 1516
dienten Rinden, Kräuter, Wurzeln
und Honig als Würze. Dann legte
das Reinheitsgebot fest, dass Bier
nur aus hophin, malcz und wasser
bestehen dürfe.
Ein weiteres bedeutendes Gerstenprodukt ist der schottische Whisky.
Dieser wird aus Gerste, schottischem Quellwasser und Hefe
zubereitet. Für das Trocknen der
eingeweichten Gerstenkörner wird
Torf verwendet, dessen Rauch Geschmacksnoten hinterlässt. Auf die
Gärung im Gärtank folgen die zweifache Destillation und anschliessend eine mindestens dreijährige
Reifezeit in Eichenfässern. voln
Zitate
So lebe ich fleischlos,
fettlos, fischlos dahin,
fühle mich aber ganz
wohl dabei. Fast scheint
mir, dass der Mensch
nicht als Raubtier geboren ist.
Albert Einstein, deutsch-schweizerischer Physiker und Nobelpreisträger, 1879 – 1955
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Die Entwicklung der
Getreidesorten der Schweiz
am Beispiel Gerste
Trotz ihrer geringen Fläche
weist die Schweiz einen beeindruckenden Reichtum an Nutzpflanzen auf. Begünstigt durch
die verschiedenen ökologischen
Standorte konnte im Laufe der
Zeit eine grosse Vielfalt lokaler
Sorten entstehen.
Bei der Entwicklung der Getreidesorten spielt die Natur eine wichtige Rolle. Das Klima, Bodenbeschaffenheit,
Krankheiten und Schädlinge bestimmen die Eigenschaften der Pflanzen.
Denn wer bestimmte Bedingungen
nicht überlebt, kann keine Samen
produzieren und stirbt aus. Aber nicht
nur die Natur, auch die Technik hat
durch Anbau, Düngung, Bewässerung, Ernte und Lagerung Eigenschaften geprägt. Und nicht zuletzt
hat der Mensch durch gezielte Auslese
bestimmte Ausprägungen in Bezug
auf Geschmack, Verarbeitung oder Lagerung stärker vermehrt als andere.
Erst seit 250 Jahren ist der Ertrag
als Auslesekriterium immer wichtiger geworden. Um die Produktivität
der Landwirtschaft zu steigern, wurden alte durch neue Sorten ersetzt
oder weniger produktive Standorte
aufgegeben. Dieser Prozess verlief regional sehr unterschiedlich. In den
Alpenregionen zum Beispiel versagten die neuen Sorten, weshalb die Bevölkerung an den lokal angepassten
Pflanzen festhielt, bis sie den Ackerbau als Ganzes aufgab und sich der reinen Viehwirtschafts widmeten. Lokal
wurden zum Teil ganz unterschiedliche Pflanzen angebaut. Oft gab es
nicht nur für die Talsohle andere Sorten als für die Hänge, sondern gar andere Sorten für Nordhänge als für Südhänge. So war und ist das Arten- und
Sortenspektrum der Nutzpflanzen in
ständiger Bewegung. Anbauflächen
dehnten sich aus und verschwanden.
Sorten und Arten wurden ausprobiert
und gingen verloren.
In den letzten 15 Jahren hat die
Schweiz viel getan, um alte Sorten
zu sammeln und ihre Erhaltung in
der nationalen Genbank in Changins
sicher zu stellen. Aktuell enthält die
Samenbank rund 8000 Pflanzen, die
für die Schweiz von Bedeutung sind.
Sie sind Teil des kulturellen Erbes der
Schweiz. Wie viel der ursprünglichen
Vielfalt erhalten geblieben ist, bleibt
allerdings offen.
Die Geschichte der Gerste
Die Gerste gehört mit Einkorn und
Emmer zu den ältesten Kulturpflanzen der Schweiz. Ursprünglich
kommt die Gerste aus Südwest Asien,
insbesondere dem Mittleren Osten.
Die wilde Verwandte unterscheidet
sich durch eine brüchige Spindel und
durch ihre Blüten. Die Verbreitung
der Samen erfolgt bei der Wildpflanze hauptsächlich durch Tiere, denn
die Früchte können dank der für die
Wildpflanze typische borstenförmige
Behaarung der Spindelachse und der
zähen Granne am Fell der Tiere haften
und so transportiert werden.
Vor ca. 10 000 Jahren wurde Gerste
erstmals kultiviert und vor rund 7000
Jahren ist die Gerste in der Schweiz
angekommen. Die Gerste gehörte früher, als die meisten Menschen noch
Selbstversorger waren, in vielen Regionen zu den wichtigsten Nahrungspflanzen für den Menschen. Dank
ihrer Frühreife und Anpassungsfähigkeit konnte Gerste von den tiefsten
Lagen bis in hoch gelegene Alpentälern angebaut werden. Die Vielfalt der
Formen war gross, ebenso vielfältig
war die Verwendung: für Bier, Brot,
Brei, Einbrenne und Grütze oder als
Bestandteil von Suppen wurde Gerste
verwendet. Doch mit dem Übergang
vom Brei zum Brot hat die Gerste stark
an Bedeutung eingebüsst. Der Anbau
in den Randregionen wurde aufgegeben und in günstigen Lagen wurden
schweizerische Sorten durch ausländische Sorten ersetzt. Kurz nach dem
zweiten Weltkrieg hat man die Gerstenzüchtung in der Schweiz ganz eingestellt. Heute wird sie fast nur noch
als Futtergetreide angebaut.
Schweizer Gerste in den USA
In der europäischen Gerstenzüchtung
spielten die Schweizer Sorten keine
Rolle, dafür wurden sie in der amerikanischen Gerstenzüchtung sehr
geschätzt. Eine Sorte aus der Region
Sempachersee rettete sogar den für
die Produktion von Bier wichtigen
Gerstenanbau des Mittleren Wes-
tens. Die Gerste dieser Region wurde
Mitte der dreissiger Jahre von einer
verheerenden Schwarzrostepidemie
heimgesucht. Nur eine einzige Pflanze konnte der Krankheit widerstehen
– und sie stammte von einer Schweizer Landsorte ab. Mit ihr konnte ein
aufmerksamer Landwirt das Problem
lösen. Auch als in den neunziger Jahren in der gleichen Region grosse Probleme mit Fusarium, einem weiteren
Pilz, auftraten, konnten die Züchter
diese Epidemie mit Hilfe von Schweizer Landsorte entschärfen.
Damit diese Sorten auch in Zukunft für die Züchtung zur Verfügung stehen, werden in der Schweizer Samenbank neben Gerstensorten,
die vermutlich von den ersten in der
Schweiz angebauten Sorten abstammen, zahlreiche weitere alte und neue
Sorten aufbewahrt.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation:
Friederike Kasten, [email protected]
Die Positivliste Gerste beinhaltet viele Linienselektionen aus dem ehemaligen Züchtungsprogamm von
Agroscope Rechenholz:
www.bdn.ch/lists/1312/content/?page=5
Die Gerste ist eine einjährige
Gräserart mit zwei und mehrzeiligen Ähren. Die zweizeiligen
Formen haben pro Ansatz nur ein
Korn, bei mehrzeiligen Formen
treten drei Körner pro Ansatzstelle
auf, die sich schwächer entwickeln. Sie ist von allen Getreidearten am frühesten reif. Das
liegt daran, dass sie bereits beim
Hervorschieben der Ähren blüht,
weshalb sich die Vegetationszeit
verkürzt. Meistens öffnen sich die
Staubbeutel bereits in den noch
geschlossenen Blüten, nur selten
ragen sie aus den Blüten heraus.
Die Gerste ist ursprünglich eine
Pflanze der Sommertrockenheit. Die extrem langen Grannen
assimilieren sogar noch, wenn
die Blätter die Assimilation wegen
Trockenheit bereits eingestellt
haben. Ein Grossteil der Kornsubstanz wird direkt von den Grannen
gespiesen, Gerste ist das Grannengetreide schlechthin.
Kulturgeschichte
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Von Landsorten, alten
Sorten und Zuchtsorten
Die Vielfalt von alten, lokalen
Sorten ist die Grundlage unseres heutigen Getreideanbaus.
Da niemand weiss, welche
Eigenschaften in Zukunft gebraucht werden, ist es wichtig,
die grosse Vielfalt der alten an
lokale Bedingungen angepassten Sorten für neue Züchtungen
zu erhalten.
Die modernen Weizensorten sind auf
Einheitlichkeit getrimmt. Neue Sorten müssen eine Zulassungsprüfung
bestehen. Bei dieser Prüfung werden
die Pflanzen genau beschrieben: Ährenhaltung, Ährenlänge, Farbe der
Spelzen, Begrannung oder Form der
Spelzen. So kann die Sorte später auf
den Feldern wieder erkannt werden.
Ist die angemeldete Sorte uneinheitlich, unterscheiden sich die Pflanzen
im Feld zum Beispiel in der Ährenlänge, dann besteht sie die Prüfung nicht,
egal wie gut sie sonst abschneidet.
Einheit statt Vielfalt ist die Devise auf
dem Weizenfeld.
Dies war nicht immer so. Noch
vor zweihundert Jahren waren Weizenfelder vielfältig. Es gab wüchsigere und weniger wüchsige Pflanzen,
kurz- und langjährige, begrannte und
unbegrannte. Manche Ähren waren
bei der Ernte bräunlich, andere weiss­
lich gefärbt, es gab rötliche und weiss­
lich Körner.
Geringe Vielfalt zu Beginn
Diese grosse Mannigfaltigkeit gab es
nicht von Anfang an. Die ersten Brotweizensorten der Steinzeit hatten
kurze, gedrungene Ähren, weswegen man diese Zwergweizen nannte.
Die Pflanze selber wurde allerdings
schnell eineinhalb Meter hoch. Es ist
nicht bekannt, ab wann andere Ährenformen auftraten, sicher ist, dass um
1800 die Weizenbestände die grösste
Vielfalt aufwiesen. Dank dieser Vielfalt
hatten die Landwirte sichere Erträge.
Je nach Jahr, ob trocken oder nass, kalt
oder warm, mit viel oder wenig Krankheitsdruck, immer gab es im Bestand
Pflanzen, die mit den herrschenden
Bedingungen fertig wurden. In einem
trockenen Jahr waren das andere als in
einem nassen Jahr. Durch diese natürliche Auswahl veränderte sich der Bestand von Jahr zu Jahr. Die damaligen
Bauern hatten zwar keine Spitzenerträge, dafür war ein Ertrag garantiert.
15
Aus dem Gräserland
Woher
kommt der
Weizen?
▲ Bewirtschaftung eines Getreidefeldes um 1960. (Bild: Wikimedia)
Der Ursprung des Weizens liegt
in Mesopotamien, wo vor rund
Umbruch
Die moderne Züchtung beginnt am
Ende des 19. Jahrhunderts. Züchter
testeten die Nachkommen einzelner
Ähren und suchten Pflanzen, die unabhängig von den Bedingungen während des Jahres gute Erträge lieferten
und gute Verarbeitungseigenschaften
aufwiesen. Man suchte also das Beste
aus der Vielfalt einer Landsorte in einer einzelnen Pflanze. So entstanden
die alten Zuchtsorten, wie Plantahof
oder Mont Calme. Diese ersten Zuchtsorten verdrängten im Mittelland
bald die lokalen Sorten.
Als sich durch Auslese keine weiteren Erfolge erzielen liessen, erstellten die Züchter durch Kreuzung neue
Kombinationen aus verschiedenen
Sorten von Weizen. Dabei werden die
Eigenschaften vermischt und ab der
zweiten Generation ergibt sich eine
Vielfalt von Formen. Die Züchter benutzen diese Vielfalt, um neue, bessere Sorten zu entwickeln.
Die schweizerische Züchtung
folgte in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts nicht dem im Ausland vorherrschenden Trend, in den
Zuchtparzellen Spritzmittel gegen
Blatt- und Ährenkrankheiten einzusetzen. Man vertrat die Ansicht, dass
die neuen Sorten resistent gegen diese
Krankheiten sein sollten. So erhielt
man Sorten mit mehreren Resistenzen. Bei den lokalen alten Sorten waren solche Resistenzen zwar bereits
vorhanden, aber jeweils auf einzelne
Pflanzen verteilt. Dank der Kreuzungszucht konnten diese Resistenzen in einer einzelnen Pflanze kombiniert werden.
Zuchtsorten angepasster als
alte lokale Sorten
Die Weizenlandsorten aus der Zeit um
1800 sind verloren gegangen. Nur einzelne Typen, einzelne Linien sind erhalten geblieben. Dazu gehören auch
die alten Zuchtsorten. Es gibt nur
wenige alte lokale Sorten von denen
mehr als eine Linie erhalten geblieben
ist. Die meisten Sorten aus der Genbank stammen aus dem Berggebiet
und wurden zwischen 1940 und 1965
gesammelt. Seitdem hat die Bodenfruchtbarkeit in der Landwirtschaft,
auch in der biologischen Landwirtschaft, zugenommen. Die Weizen in
der Samenbank haben diese Änderungen nicht erlebt und haben sich nicht
an diese angepasst. Deswegen sind die
modernen Sorten, so widersprüchlich
es auch klingt, oft angepasster als alte
Zuchtsorten. Nur noch ganz wenige
alte Sorten können heute in der Praxis
angebaut werden.
10 000 Jahren Jäger und Sammler durchs Land zogen und nach
Samenkörnern von Wildgräsern
suchten. Sie bevorzugten Gräser,
deren Samen an der Ähre blieben
und so einfacher gesammelt
werden konnten. Mit zunehmender Sesshaftigkeit förderten die
Menschen aufgrund ihrer Vorliebe
diese Eigenschaft. Rund 8000 v.
Chr. entstanden erste Übergangsformen zu Kulturformen des Einkorns sowie der Emmer. Etwa 5000
v. Chr. gelangten Einkorn und
Emmer vom Irak und der robuste
Dinkel vom Kaukasus nach Mitteleuropa. Der Nacktweizen, wie z. B.
Hartweizen, begann sich erst ca.
2000 Jahre später zu verbreiten.
Während die Ziele der modernen
Weizenzüchtung noch immer
Widerstandsfähigkeit und hohe
Bleibende Bedeutung der alten
Sorten für die Züchtung
Doch die Züchtung kann nicht auf die
alten Sorten verzichten. Die Anforderungen von den Konsumenten an die
Getreide ändern sich, die biologische
Landwirtschaft braucht eigene Sorten
oder unbehandeltes Saatgut und neu
braucht es wegen der Klimaerwärmung neue Sorten, die besser an Trockenheit und Wärme angepasst sind.
Nicht zuletzt wird die Problematik um
die immer weiter verbreitete Glutensensitivität auch Folgen für die Züchtung haben. Die Vielfalt muss deshalb
für die zukünftige Züchtung dringend
erhalten bleiben.
Peer Schilperoord, [email protected]
Der Biologe Peer Schilperoord befasst sich seit über
30 Jahren mit Berggetreide. Er arbeitete von 1989
bis 2000 als Geschäftsführer der landwirtschaftlichen Genossenschaft Gran Alpin. Seit 2013 gibt er
die Schriftenreihe «Kulturpflanzen in der Schweiz»
heraus.
Erträge sind, haben sich die
Verfahren in den letzten Jahren
verändert. Moderne Methoden
ermöglichen eine viel präzisere Züchtung, aber auch die
Entschlüsselung der Erbinformationen. Zwar wird noch kein
gentechnisch veränderter Weizen
kommerziell auf dem Markt angeboten, doch werden in Europa und
den USA Feldversuche durchgeführt. voln
Zitate
Nichts wird die Chance
auf ein Überleben auf
der Erde so steigern wie
der Schritt zur vegetarischen Ernährung.
Albert Einstein, deutsch-schweizerischer Physiker und Nobelpreisträger, 1879 – 1955
16
Kulturgeschichte
Aus dem Gräserland
Vom
Urmais
zum
Hybridmais
Das Wildgras Teosinte gilt als
Vorfahre unseres Mais. Die Kultivierung des Mais breitete sich
von Südmexiko aus, wo er bereits
vor 7000 Jahren angebaut wurde.
Als die Siedler nach Nordamerika
kamen, war der indianische Mais
bereits weit verbreitet. Die Bauern
erprobten schon früh Kreuzungen
und züchteten diese durch Paarung
mit genetisch nahen Verwandten
weiter.
Der Durchbruch in der Maiszüchtung gelang Züchtern 1917
in den USA. Die Kreuzung von
Neuzüchtungen mit unterschiedlichen Eigenschaften führte zu
enormen Erträgen, allerdings nur
in der ersten Pflanzengeneration.
Die Zuchtsorten – sogenannte
Hybridmaissorten – fanden enorme
Verbreitung. Auch die meisten
anderen Kulturpflanzen sind heute
als Hybridsorten erhältlich. Diese
Entwicklung hat die Landwirtschaft weltweit revolutioniert und
Grasmusik
Spannt man ein Grasblatt zwischen die Glieder der aneinandergelegten Daumen und bläst
kräftig hindurch, so gerät das
Blatt in Schwingung und erzeugt
einen schrillen Ton.
«Sirre» wird das weitherum bekannte Blattblasen im aargauischen Seetal
gemäss dem im letzten Jahrtausend
erschienenen Handbuch der europäischen Volksinstrumente genannt,
«gägga» im Goms und «siffler lʹherbe»
in der Romandie: «Das allgemein verbreitete Kinderspiel dient dem Jäger
vor allem im Kanton Graubünden als
Lockinstrument. Im Kanton Bern ist
es üblich, vor der Heuernte mit dem
Spiel auf einem Grashalm die Rehkitze aus den Wiesen zu locken, um
Unfälle mit den Mähmaschinen zu
verhüten.» – Wie soll das gehen? – Ein
Bündner Jäger gibt Auskunft: «Wenn
man über einen Grashalm zwischen
seinen Fingern bläst, tönt das in etwa
gleich wie ein Rehkitz, das nach seiner Mutter ruft (der Ruf wird «Fiepen» genannt). Wildhüter machen
sich den Trick zunutze, um Rehkitze
zu markieren: Indem sie nach der
Rehmutter fiepen, verleiten sie diese
dazu, den letzten Standort ihres im
Gras abgelegten Kitzes aufzusuchen,
um nach dem Jungen zu sehen. Die
Rehgeiss orientiert sich dabei nämlich nicht primär nach der Richtung
des Fieplauts, sondern nach dem letzten ihr bekannten Standort ihres Kitzes. Damit verrät sie dem Wildhüter
den Standort des Rehkitzes.»
industrialisiert, aber auch Abhängigkeiten geschaffen. Denn die
Bauern müssen das Saatgut jedes
Jahr neu kaufen, wenn sie sinkende
Erträge vermeiden wollen. voln
Zitate
Am raschesten wäre
wohl das Problem des
Fleischessens gelöst,
wenn jedermann das
Tier, dessen Fleisch er
verzehrt, vorerst selbst
zu diesem Zwecke
schlachten müsste.
Max Otto Bruker, deutscher Arzt und Sachbuchautor,
1909 – 2001
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
▲ Kazoo-ähnliches Instrument aus einem
Stück Pfahlrohr (Süditalien). (Bild: Stefan Ineichen)
▲ Grasblattblasen. (Illustration: Dani Burkart aus: Die Volksmusikinstrumente der Schweiz. Atlantis, Zürich 1981)
Rohrblätter zur Erzeugung
des Tons
Auch wenn sich Wildhüter, Bauer
und Jäger nach getaner Arbeit einen Klarinettenländler aus dem Autoradio zu Gemüte führen, ist Gras
im Spiel: Sowohl bei Einfachrohrblatt-Instrumenten wie Klarinetten
und Saxophonen als auch bei Oboe,
Schalmei, Fagott und anderen Doppelrohblatt-Instrumenten erfolgt die
Tonerzeugung dadurch, dass speziell
zugeschnittene Zungen aus dem Holz
des Pfahlrohrs (Arundo donax) zum
Vibrieren gebracht werden. Diese besonders im Mittelmeergebiet und in
subtropischen Regionen verbreitete
Grasart – auch Spanisches Rohr, Riesenpfahlrohr oder Riesenschilf genannt – wird damit zur Mutter einer
ganzen Instrumentenfamilie. Nicht
nur Rohrblätter werden aus dem getrockneten Holz der bis zu fünf Meter hohen Graspflanze gefertigt: Die
langen, geraden Abschnitte zwischen
den Knoten dienen auch zur Herstellung von Flöten und weiteren Instrumenten. Der ziegenfüssige Hirtengott
Pan aus der griechischen Mythologie
erfand die nach ihm benannte Flöte, nachdem sich an einem Flussufer
eine von ihm verfolgte Nymphe in
eine Riesenschilfpflanze verwan-
delt hatte. Aus zusammengebundenen Stücken des im Wind klagenden
Nymphen-Pfahlrohrs baute sich Pan
darauf eine Flöte.
Panflöten werden auch aus den verholzten Halmen anderer Gräser hergestellt: In Südamerika, Afrika und
Asien bestehen Panflöten meist aus
Bambusrohren. Besonders die asiatische Musiklandschaft ist ohne Bambus undenkbar. Sowohl die japanische
Shakuhachi als auch chinesische und
indische Flöten bestehen aus Bambus,
die Schüttelinstrumente der indonesischen Angklung-Orchester werden
ebenso aus Bambus gefertigt wie verschiedene Mundorgeln, Schlitztrommeln, Xylophone und Maultrommeln
aus Ostasien und Ozeanien.
Bei allem Respekt vor dem Stellenwert der Gräser in der Weltmusik – es
gibt auch Musik, die ohne Gräser auskommt. So der von Geige, Banjo, Gitarre und Mandoline dominierte Sound,
den Bill Monroe in den 1930er Jahren
entwickelte und nach dem für seine
Heimat Kentucky typischen Wiesenrispengras (Poa pratensis) benannte:
Bluegrass.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Wildtiermanagement: Stefan
Ineichen, [email protected]
Kulturgeschichte
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Milpa
Milpa ist ein traditionelles landwirtschaftliches System, in welchem Mais, Bohnen und Kürbis
gemeinsam angebaut werden.
Diese Kombination von Pflanzen hilft bei der Erhaltung der
Bodenfruchtbarkeit, ist weniger
anfällig für Schädlinge die Monokulturen plagen und sorgt für
eine ausgewogene Ernährung.
Schon vor mehr als 4000 Jahren wurde Milpa in Mesoamerika kultiviert.
In Nahuatl (eine aztekische Sprache)
bedeutet Milpa «neuer sauberer Bereich» oder «Feld im gerodeten Wald».
Damals wurde das ausgewählte Feld
durch «Roza-tumba-quema», also
durch «roden-fällen-brennen» vorbereitet. Die verkohlten Pflanzenteile
und zurückgebliebene Asche dienten
als Substrat für den Anbau.
Milpa war mit komplexen Interaktionen und Beziehungen zwischen
den Göttern, Menschen, sowie der Na-
Probieren Sie es doch
einmal selber aus …
Auch auf einer kleinen Fläche,
welche im Frühjahr mit Kompost
verbessert wurde, können Sie eine
Gemeinschaft von «Drei Schwestern» gründen. Ab Mitte Mai, wenn
der letzte Frost vorbei ist, kann
man mit dem Anbau beginnen.
Zuerst wird der Mais in einem
Abstand von 45 bis 60 cm zueinander gepflanzt. Es empfehlen
sich hochwüchsige Sorten, welche
den Bohnen als Stütze dienen.
Zwischen dem Mais nehmen die
Kürbisse platz. Denken Sie daran,
dass je nach Sorte diese bis zu drei
Meter lange Ranken bilden können.
Dementsprechend sollten die
Kürbisse in grosszügigem Abstand
voneinander verteilt werden. Zuletzt, rund 2 bis 3 Wochen später,
werden die Bohnen ausgesät, da
diese schneller wachsen und kleine
Maispflanzen rasch überwuchern
könnten. Zu jeder Maispflanze stecken Sie drei Bohnensamen in den
Boden. Bei liebevoller Pflege kann
man sich so schon bald auf eine
ertragreiche Ernte freuen.
… oder lassen Sie sich dieses Jahr
in unserem Gräserland inspirieren!
17
Aus dem Gräserland
Reis: das
Brot Asiens
▲ Die drei Schwestern: Mais, Kürbis und Bohnen. (Bild: www.motherearthnews.com)
tur, Pflanzen und Böden verbunden.
Bei den indigenen Völkern wurde alles, von der Standortwahl bis zur Ernte, in Gemeinschaftsarbeiten durchgeführt. Eine wichtige Rolle spielten
traditionelle und spirituelle Rituale
wie Gebete für Regen, Schutz vor
Verschwörungen von Fremden und
Dankzeremonien für gute Ernten.
All das zeigt, dass Milpa nicht nur als
landwirtschaftliches System wichtig
war, sondern auch hohe kulturelle
und spirituelle Bedeutung hatte. Zudem garantierte Milpa die Erhaltung
einer grossen Vielfalt von Mais. Denn
Milpa-Bauern haben viele verschiedene Maissorten in den unterschiedlichsten Standortbedingungen entwickelt und damit ihre Biodiversität
gefördert und bewahrt.
Der Ursprung der Reisanbaugebiete
liegt in China: Bereits 7000 v. Chr.
wurden dort erste Reissorten
domestiziert. Die Pflanze breitete
sich aus, erreichte aber erst im
10. Jahrhundert Europa und im
17. Jahrhundert die USA. Ursprünglich wurde die einjährige Gräserart
auf trockenem Boden angebaut,
heute zu 80 % als so genannter
Nassreis, der bis zu drei Ernten
pro Jahr ermöglicht. Der Nassreis
ist – ebenso wie Langkorn- und
Rundkornreis und die zahlreichen
Untersorten – eine Folge von Züchtungen. Die grössten Produzenten
sind heute China und Thailand, wo
der Reis noch immer hauptsächlich
von Hand geerntet wird.
Reis ist ein Grundnahrungsmittel
Die Pflanzen der Milpa
Im Herz der Polykultur stehen Mais,
Kürbis und Bohnen, welche oft als
«Drei Schwestern» bezeichnet werden. Diese sind eine wichtige Quelle
von Kohlenhydraten, Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen und decken viele Nährstoffbedürfnisse des
menschlichen Körpers ab. Mais wird
noch heute als glutenfreies Lebensmittel mit vielseitiger Verwendung
in der Küche geschätzt.
Die drei Schwestern unterstützen
sich in der Milpa gegenseitig. So bietet Mais den Bohnen eine natürliche
Kletterstütze und im Gegenzug versorgen die Bohnen den Mais mit zusätzlichem Stickstoff. Die Wurzeln
der Bohnenpflanze leben in Symbiose
mit Bakterien, die den Stickstoff aus
der Luft binden können. Der Kürbis
wächst horizontal, unterdrückt so
Unkräuter, sorgt für Beschattung des
Bodens und schützt diesen gleichzeitig vor Erosion. Die Pflanzen ergänzen sich somit ideal und können auf
einer kleinen Fläche sehr viel Ertrag
liefern.
Nebst den «Drei Schwestern» können auch andere Pflanzenarten wie
und steht bei über der Hälfte der
Weltbevölkerung täglich auf dem
Speisezettel. Daneben dient die
Pflanze unter anderem der Herstel▲ Die Mayas waren bemerkenswerte
Landwirte. Ihre fortschrittlichen Pflanzen- und Astronomie Kenntnisse erlaubten es ihnen, einen landwirtschaftlichen
Kalender zu erstellen, der Wetterlagen
berücksichtigte.
Die Mayas nutzten Milpa für den Anbau
von Mais und anderen Lebensmitteln. Sie
kannten weder das Rad, den Pflug noch
tierische Bodenbearbeitung. Trotzdem
entwickelten sie eine effiziente Landwirtschaft, die aus Abholzen, Trocknen und
Brennen der Vegetation bestand. Nach
der Pflanzung wurde mit Hacken gejätet.
Da der Anbau den Boden erschöpfte und
so zu vermindertem Ertrag führte, wurde
das Land für rund 8 Jahre brach liegen
gelassen. Danach konnte der regenerierte Boden erneut landwirtschaftlich
genutzt werden.
(Bild: artcorp.org; Text: www.socialhizo.com)
Chili, Tomaten, Kräuter oder Amarant angebaut werden. Die Wahl der
Pflanzen variiert je nach Region und
Klima.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation:
Eva Bartosová, [email protected]
lung von Reisschnaps, -wein, -bier
und -mehl. Der Erfolg der Pflanze
ist nicht zuletzt auf ihre Nährwerte
zurückführen: Der Kohlehydratgehalt ist grösser als in Teigwaren,
Kartoffeln oder Mais. Allerdings
fehlen dem Reis wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Mittels
Züchtungen wird dieses Manko
kompensiert. voln
Zitate
Wahre menschliche
Kultur gibt es erst,
wenn nicht nur Menschenfresserei, sondern
jede Art des Fleischgenusses als Kannibalismus gilt.
Wilhelm Busch, deutscher Schriftsteller und Humorist,
1832 – 1908
18
Kulturgeschichte
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Ackerbegleitpflanzen
Bei den Gedanken an Ackerbegleitpflanzen kommen sie wohl
vielen von uns in den Sinn: Die
farbigen Bilder der Getreidefelder die Monet, Van Gogh und
andere Impressionisten malten,
in denen Mohn und Kornblumen
in reifen Getreidefeldern den
Blick auf sich lenken. Betrachtet
man heute die Getreidefelder in
den landwirtschaftlich geprägten Regionen Mitteleuropas,
dann findet man nur mancherorts noch reich von Mohn- und
Kornblumen und anderen Vertretern dieser Pflanzengruppe
durchzogene Getreidefelder.
Vor der Bewirtschaftung der Äcker mit
modernen Landbaumethoden, war
ein Reichtum von ca. 300 verschiedenen Arten auf den Ackerflächen zu
finden. Neben den bekannten ‹Klassikern› wie rotem Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas) und Kornblume (Centaurea
cyanus) gab es noch zahlreiche andere
Arten: Acker-Rittersporn (Consolida regalis), Venusspiegel (Legousia speculumveneris), Kornrade (Agrostemma githago),
Acker-Adonisröschen (Adonis aestivalis). Dies sind nur einige Vertreter der
selten gewordenen Ackerbegleitflora.
Über viele Jahrhunderte waren diese
Pflanzen allgegenwärtige Begleiter
des Getreideanbaus in der Schweiz
und bereicherten die hiesige Flora.
Heute stehen viele dieser Arten auf der
Roten Liste. Sie bilden die natürliche
Blütenvielfalt auf dem Acker. Und an
diese natürliche Blütenvielfalt sind
über 1200 Tierarten angepasst.
Als Landwirt gilt es zu beobachten, welche Wildkräuter man auf dem
Acker hat und abzuwägen, ob man
diese durch unterstützende Massnahmen fördern kann und will. Wichtig
ist, dass ein Samenpotenzial der unproblematischen Kräuter vorhanden
ist und keine Problemunkräuter vorkommen. Nicht jedes Wildkraut auf
Werden die Felder statt im Herbst im
Frühjahr gepflügt oder in Fettwiesen
umgewandelt, verschwindet die Art.
▲ Kornblume in einem Getreidefeld. (Bild: Flickr, Harald Hoyer)
dem Acker ist auch ein Unkraut und
nicht jedes Ackerwildkraut auf der Roten Liste! Problemunkräuter sind z. B.
Ackerkratzdistel, Quecke oder Weisser
Gänsefuss. Sie sind konkurrenzstark
und beeinträchtigen den Wuchs der
Kulturpflanzen oder behindern die
Ernte. Die meisten Kräuter stellen für
den Landwirt jedoch kein Problem
dar, so z. B. Acker-Stiefmütterchen,
Acker-Frauenmantel, Acker-Vergissmeinnicht, Acker-Gauchheil oder
Ackerröte. Sie können toleriert werden
und bereichern mit ihren zahlreichen
▲ Ackerbegleitflora war auch bei grossen Malern ein beliebtes Sujet: Mohnfeld von
Claude Monet (links) und Weizenfeld mit Gewitterhimmel von Vincent van Gogh.
kleinen Blüten den Speisezettel der Insekten.
Regionaltypische Walliser
Begleitflora
Wenn es um Ackerbegleitflora geht,
dann denkt man in erster Line an die
kurzlebigen einjährigen, bekannten
Vertreter wie Mohn und Kornblume,
weniger an ausdauernde Pflanzen
wie Tulpen, Narzissen oder Gladiolen.
Im Walliser Binnthal beispielsweise,
gibt es die Grengjer Tulpe (Tulipa grengiolensis). Sie gedeiht vorzugsweise als
Teil der Begleitflora in Getreideäckern
mit Winterroggen sowie in den umliegenden mageren Weiden und
Wiesen und ist auf die traditionelle
Bewirtschaftung angewiesen. Das
Pflügen der Winterroggenfelder im
Herbst begünstigt die Vermehrung
der Tulpe. Die Nebenzwiebeln werden abgetrennt und durch die Bodenbearbeitung in der Fläche verteilt. So
dient die Bodenbearbeitung der Verbreitung und dem Erhalt der Tulpe.
Ackerschonstreifen zur
Förderung der Begleitflora
Um den Erhalt und Schutz der
Ackerbegleitflora bemüht man sich
in der Schweiz seit einigen Jahren gezielt mit der Einrichtung von Ackerschonstreifen. Hierbei ist es ebenso
wichtig, den Rhythmus Bodenbearbeitung – Bestellung einzuhalten, da
es sonst zu einer Entwicklung der sogenannten Brachevegtation kommt.
Dabei kann es besonders an Standorten mit nährstoffreicheren Böden
schnell zu einer Massenentwicklung
dominanter Arten kommen. Die Bewirtschaftung von Ackerschonstreifen oder Schutzäckern hängt also
von vielen Faktoren ab. Standort und
Niederschlag sind ebenso zu berücksichtigen wie die technischen Bearbeitungsverfahren. Wichtige Grundsätze, die auf die jeweilige Situation
zugeschnitten werden müssen, und
praktische Erfahrungen sind unverzichtbar.
Besonders bei Wintergetreide (Roggen, Emmer, Einkorn und Dinkel, Triticale und Weizen) mit geringen Bodenansprüchen ist der Aufwuchs der
farbenfrohen und vielfältigen Ackerbegleitflora begünstigt. Raps und
Wintergerste sind in der Jugendentwicklung zu nährstoffbedürftig und
daher problematisch, auch bildet Raps
später einen sehr dichten Bestand und
ist für Wildkräuter zu dunkel. Stark
zehrender Hackfruchtanbau (Kartoffeln, Zuckerrüben, Futterrüben, Feldgemüse, Mais) erfordert hohe Düngergaben, daher sollte der Anbau dieser
Kulturen auf Flächen mit hohem Potenzial an Ackerbegleitflora unterbleiben. Nachhaltige Landwirtschaft basiert auf dem jährlichen Wechsel der
Kulturarten, da dies die Ausbreitung
von Problemunkräutern unterdrückt
und die selteneren Ackerbegleitpflanzen fördert.
Falls der Schutz und Erhalt einer
reichhaltigen, standort- und regionaltypischen Ackerbegleitflora nach­haltig gesichert werden kann, dann
ist es möglich, dass die Gemälde der
Impressionisten auch gegenwärtig
und zukünftig noch in der Kulturlandschaft «begehbar» sind.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation:
Friederike Kasten, [email protected]
Kulturgeschichte
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
19
Aus dem Gräserland
Aus dem Gräserland
Aus dem Gräserland
Bambus als
natürliche
Superfaser
Papyrus – das Papier
der Antike
Zuckerrohr
– die süsse
Droge
Die schriftlich überlieferte Geschichte begann mit dem Übergang von den
Felsmalereien zur Erfindung der Schrift und eines beschreibbaren Stoffes.
Die Ägypter waren es, die parallel zur kunstvollen Hieroglyphenschrift eine
Kursivschrift entwickelten. Um die Zeichen niederzuschreiben, benötigten
Bereits seit 1000 n. Chr. ist Zucker
sie eine Schreibgrundlage: Der Papyrus – gut beschreibbar und in grossen
in Mitteleuropa bekannt. Zunächst
Mengen verfügbar – erfüllte die Anforderungen.
war er Königs- und Fürstenhäusern
Für die Herstellung des «antiken Papiers» wurde das Mark des Pflanzenstän-
vorbehalten; später breitete er sich
gels in Streifen geschnitten und übereinander gelegt. Durch das Quetschen
aus, blieb aber lange Zeit der geho-
der Stängel trat Stärkesaft aus, der die Streifenlagen miteinander verklebte.
benen Gesellschaftsschicht vorbe-
Es entstanden Papyrusblätter, die mit Steinen glattgeschmirgelt und je nach
halten. Bis Mitte des 18. Jahrhun-
Verwendungszweck zu Papyrusrollen aufgewickelt wurden. Über 700 000
derts wurde Zucker ausschliesslich
Papyrusrollen enthielten einen grossen Teil des gesamten Wissens der grie-
aus Zuckerrohr gewonnen, der in
chischen und ägyptischen Antike. Papyrusblätter zählten zu den wichtigsten
Mittel- und Südamerika durch af-
Grabbeigaben und sind heute noch in gutem Zustand erhalten. voln
rikanische Sklaven unter härtesten
Bedingungen geerntet wurde. 1747
entdeckte ein Chemiker den Zuckergehalt der Runkelrübe und es
Fürs Büchergestell
gelang, daraus die Zuckerrübe und
Schriftenreihe: Kulturpflanzen in der Schweiz
damit einen weiteren Zuckerlieferanten zu züchten.
In Burma und Bangladesh diente
Heute stammen vier Fünftel der
Bambus als wichtigster Baustoff,
Weltproduktion aus Zuckerrohr
bis er aufgrund des westlichen Ein-
und ein Fünftel aus der Zucker-
flusses durch Stahl und Beton ver-
rübe. Die beiden Sorten sind
drängt und zum Baustoff für arme
chemisch identisch. Im Durch-
Leute wurde. Inzwischen gewinnt
schnitt konsumieren Herr und Frau
Bambus dank seiner vielen Vorzüge
Schweizer 120 Gramm Zucker pro
wieder an Terrain. So besticht er
Tag respektive 44 kg pro Jahr. Das
in Sachen Nachhaltigkeit und Um-
ist mehr als das Doppelte der emp-
weltverträglichkeit. Keine andere
Pflanze produziert in so kurzer Zeit
so viel Biomasse. Bambusbestände
können jedes Jahr um zehn Prozent
ausgelichtet werden, ohne den
Bestand zu gefährden. Der schnell
wachsende Rohstoff bindet enorme
Mengen von CO2 und produziert
mehr Sauerstoff als die meisten
anderen Pflanzen.
Als Baustoff eignet sich Bambus
nicht nur aus ästhetischer, sondern
auch aus funktioneller Sicht. Der
Härtegrad entspricht jenem von
fohlenen Menge. Die Folgen sind
Die zweisprachige Schriftenreihe gibt
eine Übersicht über die Geschichte der
Kulturpflanzen in der Schweiz. Sie thematisiert die Vielfalt der Sorten, ihre
agronomischen Eigenschaften, ihre
Nutzung und ihre Verwendung in der
Züchtung bis hin zu ihrer Erhaltung.
Bis heute sind die Hefte zu Weizen,
Dinkel, Gerste, Mais und Kartoffeln
entstanden. Autor und Herausgeber ist
der Biologe Peer Schilperoord, der sich
seit über dreissig Jahren mit alpinem
Getreide und alpinen Kulturpflanzen
ders geeignet ist er als Baustoff in
Erdbebengebieten, weil Bambus bei
Erdbeben viel beständiger ist als
Backstein. voln
ne Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
voln
Zitate
Tiere sind meine Freunde, und ich esse meine
Freunde nicht.
Georg Bernhard Shaw, irischer Dramatiker, 1856 – 1950
Karlheinz Deschner, Philosoph und Schriftsteller, 1924 – 2014
biegefähig, zug- und druckfest
sich ändernder Feuchte. Beson-
Fettleibigkeit und damit verbunde-
Es wird die Zeit
kommen, in welcher
wir das Essen von
Bestellungen im Buchhandel oder
Tieren ebenso
direkt bei [email protected]
verurteilen, wie wir
heute das Essen von
Zitate
unseresgleichen, die
Fleisch macht das Essen
Menschenfresserei,
nicht schlechter, aber
verurteilen.
den Esser.
Eichenholz. Ausserdem ist Bambus
sowie vergleichsweise stabil bei
befasst und viele Jahre als Geschäftsführer der Genossenschaft Gran Alpin
tätig war. Die schön gestalteten Hefte
der Schriftenreihe haben inhaltlich
einen direkten Bezug zu den erhaltenen Sorten und berücksichtigen die
Daten und Informationen, die in der
Nationalen Daten Bank (NDB) enthalten sind. (Siehe auch den Beitrag zu den
alten Landsorten auf Seite 15)
Zitate
Leonardo da Vinci, italienischer Maler, Bildhauer und
Universalgelehrter, 1452 – 1519
20
Grünraumgestaltung
Aus dem Gräserland
Experimentelle Drifts
Zu dieser Bepflanzung inspirierte
uns der weltberühmte holländische Gartengestalter Piet Oudolf,
der mit seinen naturalistischen
Pflanzungen die zeitgenössische
Pflanzenverwendung massgeblich
prägte. Sein Ansatz, Gartengestaltung mit Ökologie zu verknüpfen,
entspricht der Idee einer nachhaltigen Gartengestaltung, die in
Partnerschaft mit der Natur steht.
Die Verwendung langlebiger und
Gräser, die kein Schatten
Pflanzideen für schwierige Gartenstandorte
Dank ihrer natürlichen Anpassungsfähigkeit an die verschiedensten Lebensräume lassen
sich Gräser im Garten oder im
öffentlichen Grün an Extrem­
standorten verwenden. Solche
schwierigen Bereiche sind zum
Beispiel der trockene Schatten unter ausgewachsenen
Bäumen. Wurzelkonkurrenz,
Trockenheit und Lichtmangel
zeichnen diese Standorte aus.
Was macht Gräser neben ihrer
Anspruchslosigkeit so unersetzbar und wertvoll für den Garten?
züchterisch wenig beeinflusster
Stauden und Gräser bilden die
Grundlage all seiner Pflanzungen.
Unsere Pflanzung im Gräserland
ist auf unterschiedlich langen und
fliessenden Bändern, sogenannten
Drifts, aufgebaut. Innerhalb der
Drifts experimentierten wir mit
unterschiedlichen Pflanzenkombinationen, Höhenstaffelungen,
Pflanzencharakteren sowie der
Dichte der Bepflanzung. Gräser
übernehmen dabei die Funktion
von Leitstauden, die im Wechsel
von Rhythmus und Auflösung eine
gewisse Ordnung in die Bepflanzung bringen. Bei der Auswahl
der Stauden haben wir Arten
ausgewählt, die den Wildformen
nahe stehen und dadurch ein
Grüne Blattlinien statt
bunter Blüten
Eine der höchsten Qualitäten der Gräser liegt in ihren linearen Blättern. Die
endlose Wiederholung dieser Linien
schafft wertvolle Strukturen. Wenn
diese dann auch noch immergrün
sind und in den verschiedenen Grüntönen selbst im Winter leuchten, sind
sie unverzichtbar für den Garten. Vor
allem die Gattung Carex, aus der Familie der Seggen, hat viele wintergrüne
Vertreter. Die Segge wurden wegen
ihrer Vielseitigkeit deshalb vom Bund
der Deutschen Staudengärtner 2015
zur Staude des Jahres erklärt. Neben
verschiedenen Grüntönen gibt es auch
weissbunt gestreifte Vertreter. Die
heimische Berg-Segge (Carex montana)
natürliches Bild ergeben. Unterschiedliche Wuchsformen, wie
beispielsweise die aufrechten
Kerzen des Knöterichs oder des
Seggen, Binsen und
Süssgräser
Blutweiderichs wechseln sich mit
gleichrangig verzweigten Blüten
wie die des Sonnenhuts, Astern
oder der Fetthenne ab. Vernetzende
Funktionen haben Stauden wie die
filigranen Blüten der Prachtkerze
oder die Dolden des Haarstrangs.
Der Gesamtcharakter der Bepflanzung soll dabei heiter wirken und
eine gewisse Leichtigkeit haben. trrr
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Für die Botaniker sind die Seggen (Cyperaceae) und die Binsen
(Juncaceae) keine «echten Gräser».
Weil sich Seggen und Binsen im
morphologischen Aufbau und in der
Blüte von den sogenannten «echten
Gräsern», den Süssgräsern (Poaceae) unterscheiden, werden sie zu
eigenen Familien zusammengefasst.
hat sommergrüne, schmale Blätter
und eine wunderschöne, leuchtend
goldbraune Herbstfärbung Sie wächst
bei uns auf dem Campus Grüental auf
einem Föhrenhügel im Pinetum und
verträgt den trockenen Schatten sehr
gut.
Licht einfangen
Wer es ein bisschen poppiger mag,
kann eine der weiss gestreiften Seggen
verwenden. Gerade im dunklen Schatten sind diese Gräser sehr wertvoll,
da sie diese Plätze aufhellen und Abwechslung ins dunkle Einheitsgrün
bringen. Man sollte sie allerding nur
sparsam in kleinen Gruppen verwenden oder Bänder mit ihnen ziehen.
Dann wirken sie weniger aufdringlich
und bilden wertvolle Kontraste zu den
eher mattgrünen Schattenstauden
oder Farnen. Die immergrüne JapanSegge (Carex morrowii 'Ice Dance') hat
am Blattrand hellere Randstreifen.
Für den Garten ist sie eine der schönsten immergrünen Gräser, die uns in
den langen Wintermonaten zwischen
blattlosen Gehölzen erfreut.
Luzula nivea
▲ Das Pinetum in den Gärten im Grüental. (Bild: Erich Stutz)
Rand weiss bewimperten, immergrünen Blättern bilden. Da sie kniehoch
wird, eignet sie sich hervorragend
mit ihrer aufrechten, luftigen Gestalt
zum Auflockern von strukturarmen
Schattenpartien. In Pflanzungen mit
teppichartigen Bodendeckern kann
man mit ihr Bänder ziehen, Höhenstaffelungen vornehmen oder durch
unterschiedlich dichtes Auspflanzen
Beete rhythmisieren.
Akzente schaffen und
rhythmisieren
Auch die zweite Familie der «unechten
Gräser», die Binsengewächse (Juncacae)
kommen wie die Seggen (Cyperaceae)
häufig an schwierigen Standorten auf
nassen oder verdichteten Böden vor.
Einige Binsen haben sich sogar in den
dunklen Wald geflüchtet. Die Arten
der Gattung Luzula bevorzugen trockene Böden und schattige Standorte
in Wäldern und Gebüschen.
Sehr wertvoll für den Gärtner ist
die bei uns in Bergwäldern heimische Schnee-Marbel (Luzula nivea). Sie
erfreut uns mit ihren schneeweissen,
watteartigen Blüten, die einen schönen Kontrast zu den schmalen, am
Farbdreiklänge im Schatten
Die meisten der «echten Gräser» (Poaceae) wachsen auf sonnigen, nährstoffreichen Wiesen oder in der baumlosen
nordamerikanischen Prärie. Einige
Vertreter begnügen sich aber auch
mit schattigen Standorten an Wald-
▲ Carex montana mit Cyclamen.
▲ Verschiedene Blattstrukturen.
Zitate
Sie sollen sich lieber an
den gesunden Kohl und
an Getreidebrei halten
als an Fasane und Perlhühner.
Plinius der Ältere, römischer Gelehrter und Schriftsteller,
23 oder 24 – 79
▲ Seggen sind immer an den V-förmig
eingeschnittenen Blättern zu erkennen, anders als die nahezu flachen
Blätter der Süssgräser (rechts). Die
Blätter der Binsen dagegen sind flach,
aber zum Halm hin eingerollt (Mitte).
(Bild: Céline Derman-Baumgartner)
(Bild: Pablo Dietzen)
Grünraumgestaltung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
endasein fristen
rändern, wo sie mit anderen Pflanzen
um Licht, Wasser und Nährstoffe konkurrieren müssen. Diese Süssgräser
zeichnen sich zwar nicht durch immergrüne Blätter, wie die Binsen oder
Seggen aus, dafür bringen sie Blätter
in leuchtenden Grüntönen hervor. So
lassen sich im eher tristen Schatten
Farbeffekte erzielen und dunkle Stellen aufhellen. Sie harmonieren dabei
sehr gut zu blau blühenden Frühjahrsblühern wie zum Beispiel den Waldanemonen (Anemone blanda). Dank der
hellgelben Grasblätter können Farbdreiklänge geschaffen werden. Einige
der zu empfehlenden Arten aus dieser
Gruppe sind das Plattährengras (Chasmantium latifolium), das Japanische
Berg-Gras (Hakonechloa macra) und das
▲ Blütenstände von Luzula nivea.
(Bild: Pablo Dietzen)
zitronengelb leuchtende Gold-Flattergras (Milium effusum 'Aureum').
Pflanz- und Pflegetipps
Die beste Pflanzzeit für Schattengräser
und ihre Partner ist der Frühherbst. Zu
dieser Jahreszeit wachsen die Bäume
nicht mehr und entziehen dem Boden weniger Wasser und Nährstoffe.
Zusätzliche Kompostgaben fördern
die Wurzelbildung und speichern das
Wasser. Im ersten Jahr sollte bei Trockenheit gegossen werden, ansonsten
muss man sich um die Pflege an solchen Extremstandorten keine grösseren Gedanken mehr machen.
Herabfallendes Laub oder Nadeln
sollten liegen gelassen werden, so dass
sie sich in wertvollen Humus um-
▲ Carex morrowii 'Ice Dance'.
(Bild: Pablo Dietzen)
21
Aus dem Gräserland
wandeln. Auf diese Weise lassen sich
stabile, artenreiche und pflegearme
Krautschichten etablieren, die relativ
stresstolerant sind, aber empfindlich
auf Störungen durch Bodenbearbeitung, wie zum Beispiel Hacken, reagieren.
Geeignete Partner für die Schattengräser sind viele im Frühjahr blühende
Waldbodenpflanzen, Farne und Geophyten, wie zum Beispiel: Anemone nemorosa, Arum maculatum, Arum italicum,
Epimedium spp., Latyrus vernus, Alpenveilchen, Helleborus spp.
Ein Rückschnitt ist bei den immergrünen Seggen und Binsen nicht erforderlich. Falls die alten Halme und
Blätter stören, kann man sie mit einem
Laubrechen im Frühjahr auskämmen
und so das alte Laub entfernen. Die im
Herbst braun werdenden Süssgräser
sollten natürlich erst im Frühjahr zurückgeschnitten werden. Denn auch
sie gehen, wie ihre immergrünen Verwandten, mit ihrer lockeren Gestalt
wie Skulpturen in den Winter.
Wenn dann die Gräser mit Raureif
überhaucht werden, gehören sie zu den
wenigen Stauden, die selbst im Winter noch reizvolle Gartenbilder in den
sonst eher tristen Garten malen.
Gestalten
mit Gräsern
Gräser sind die Leitpflanzen des
zeitgenössischen Gärtnerns und
begeistern wegen ihrer filigranen
Leichtigkeit, ihrer Transparenz und
ihrer bewegten Lebendigkeit. Die
Art und Weise der jahreszeitlichen
Veränderungen und die Zwanglosigkeit, mit der sie sich in einem
Garten einfügen, machen sie zu
hochgeschätzten Gartenpflanzen. Unter allen Gartenpflanzen
gehören sie zu den vielseitigsten
bezüglich Grösse, Form, Farbe,
Textur und Blütezeit. Sie stehen im
Garten dort am besten, wo sich die
Linearität ihrer Halme gut abhebt
oder Kontraste setzt – etwa vor
dunklen Gebäudewänden oder in
der Nähe von Pflanzen mit grossen
Blättern. Naturalistische Pflanzungen entstehen, wenn man Gräser
beispielsweise mit den schirmförmigen Blütentellern der Doldengewächse oder anderen individuellen
Wuchsformen von Stauden kombiniert. Im Allgemeinen werden
Gräser vor allem aufgrund ihrer
dekorativen Blüten- und Samen-
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation
Thomas Kimmich, [email protected]
stände und wegen ihrer attraktiven
Wintersilhouette ausgewählt. Ihre
einzigartige Schönheit erlangen
Gräser dann, wenn im Morgentau
die Sonnenstrahlen ihre Blüten und
Gräser sind die häufigsten Pflanzen
auf der Erde. Das macht Gräser
nicht nur zu den weitest verbreiten
Pflanzen sondern auch zu den
erfolgreichsten. Sie kommen in allen
Klimazonen vor. Man findet sie an
den Meeresküsten bis hinauf zum
Hochgebirge, vom Äquator bis zu
den Polarkreisen. Dabei besiedeln
sie unterschiedliche Standorte von
grosser ökologischer Bandbreite.
Sie wachsen in nährstoffarmen,
sauren Mooren Nordeuropas, in
trockenen basischen Sandböden
der afrikanischen Savanne oder im
tiefen Schatten borealer Nadelwälder in der »dunklen Taiga».
Dabei dominieren Gräser auch das
Schweizer Landschaftsbild. Sie
sind die meisten Pflanzen in den
Wirtschaftsweiden des Mittellandes
und sie sind auch die häufigsten
Pflanzen auf den alpinen Matten der
höchsten Schweizer Bergspitzen.
Samenstände einfangen und diese
zu glitzern und leuchten beginnen.
Im Garten lassen sich die Beete
mit streng aufrechten Gräsern als
wiederholendes Element rhythmisieren, so dass die Bepflanzung
für den Betrachter eine optische
Stabilität bekommt. Die meisten
Gräser sind sehr robust und sind
im Garten sogar für schwierige Bedingungen geeignet. Am richtigen
Standort gepflanzt, können Gräser
jahrelang und ohne grosse Pflegemassnahmen wachsen. trrr
Zitate
Viele Ausdauersportler sind Vegetarier, sie
lehnen sogar das Sitzfleisch ab.
Gerhard Uhlenbruck, deutscher Mediziner und Aphoristiker,
*1929
22
Grünraumgestaltung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Annuelle Schönheit einen
Sommer lang
Was ist das Besondere an den
annuellen Pflanzen, das Faszinierende an ihnen? Ist es diese
unbändige Lust am Blühen?
Dieses Feuerwerk der Farben?
Auf jeden Fall scheint es, dass
sie in der kurzen Zeitspanne
in der sie blühen, alles geben.
Sie tanzen einen Sommer lang
durch die Gärten und lassen
sich nieder, wo Platz ist und wo
sie nicht verdrängt werden von
starkwüchsigeren Arten. Dort
beschenken sie den Pflanzenfreund mit einer überreichen
Blütenfülle. Gerade für Ungeduldige, die schnell Erfolge sehen
möchten, sind die Annuellen
sehr dankbar. Für Verspielte
sind sie ein Experimentierfeld.
Ein Augenschmaus für alle
Betrachter!
Zahlreiche Sommerblumen können an
Ort und Stelle gesät werden, was ihre
Verwendung sehr einfach macht. Entweder wird die Gesamtfläche mit Sommerblumen bespielt oder sie können
bei einer neuen Staudenfläche einfach
dazwischen gesät werden, damit die
Anwachszeit der Stauden überbrückt
wird mit der Blüte der Annuellen. Sie
werden sozusagen als ‹Lebendmulch›
eingesetzt. Die offene Fläche ist besetzt
mit ihnen, mit etwas Lebendigem und
nicht, wie üblich beim Mulchen, mit
leblosem Material. Sie besetzten mit
ihrer Grün- und Wurzelmasse die freie
Fläche, bilden einen dichten Teppich
und lassen unerwünschtem Spontanaufwuchs kaum eine Chance. Sie steigern den farblichen Wert im ersten
Jahr und die Textur. Nach der Aussaat
braucht es ein wenig Geduld bis etwas
zu sehen ist, Mut zur Abkehr vom exakt
Geplanten und Lust auf das aufregende
Jäten – wie ein Spion: Immer mit der
Frage im Hinterkopf, welches sind die
Einjährigen, welches die Wilden? Dafür sind Samen viel günstiger im Preis
im Vergleich zu Sommerblumen in
Töpfen. Die Kalkulation ist mit ihnen
ein Kinderspiel!
Ein gestalterischer Kosmos
tut sich auf
Eine wunderschöne Ergänzung zu den
Sommerblumen sind einjährige Getreide und Ziergräser. An der ZHAW wur-
▲ Bepflanzung mit Annuellen im Gräserland 2014. (Bild: Erich Stutz)
den Gräser nach verschieden Kriterien
wie Keimfähigkeit, Aussehen, Praxis­
tauglichkeit, getestet. Welche einjährigen Gräser eignen sich für die Verwendung in funktionalen Pflanzungen?
Welche Kombinationen mit blühenden
Einjährigen bewähren sich? Ein Gersten- oder Weizenfeld mit verschiedenen Mohnarten. Ein Sommerweizenfeld kombiniert mit Dill, Lein und
Kornblumen. Zwerghirse (Eragrostis tef)
kombiniert mit Tagetes und Kosmeen.
Einjährige Gräser sind markante
Gestalten mit verschiedensten Färbungen. Gerade Getreide weist eine sehr
schöne Struktur und Textur auf und ist
im frischen wie auch in getrocknetem
Zustand auffallend schön. Hier kommt
die Pflege als Gestaltungsmittel ins
Spiel: Getreide im Spätherbst ansäen
und es blüht im Frühsommer. Mäht
man dann einen Teil des Getreides ab
und sät Lein ein, erzeugt man im Spätsommer ein atemberaubendes Bild aus
bereits trockenem Getreide und wunderbar ineinander verwoben blühendem Lein.
Wie viele Jätdurchgänge es braucht,
entscheidet einerseits die Bodenvorbereitung der Fläche, andererseits die
ästhetische Haltung des Pflanzenverwenders und seiner Zielgruppe. Das
Jäten in einer Fläche mit Gräsern ist
keineswegs eine Tätigkeit, die man einer ungelernten Hilfskraft überlassen
darf, da man Artenkenntnis haben
und wirklich sehr genau hinschauen muss, um das Unerwünschte vom
Gewünschten zu unterscheiden. In
dieser Hinsicht ist es einfacher, eine
reine Sommerblumenfläche zu jäten
als ein Gräserfeld. Die Bedenken von
Gärtnern, Unkraut könnte sich stark
vermehren, wenn die eigentliche Ansaat nicht erkannt und daher beim Jäten zu zaghaft vorgegangen wird, sollte
durchaus ernst genommen werden.
Ideal für die temporäre Nutzung
in der Stadt
Die Thematik der temporären Nutzungen von Räumen in der Stadt gewinnt
in den letzten Jahren stetig an Bedeutung. Ideen werden unkompliziert
und direkt umgesetzt. Eine Art spielerische Erkundung und Entdeckung
eines Ortes mit seinen Menschen.
Welche Rolle spielen Pflanzen dabei?
Welchen Beitrag können sie leisten?
An diesem Thema arbeitet die Forschungsgruppe Pflanzenverwendung.
Das Wesen der Pflanze als dynamischer Baustoff wird genutzt, damit
Orte eine veränderte Aufmerksamkeit erfahren. Das Unerwartete der
Inszenierung bringt eine Auseinandersetzung mit dem Ort und seinen
Bedingungen. Die daraus entstehenden Überraschungen, die zur Poesie
des Alltäglichen beitragen. Gerade
Annuel­le machen den Charakter des
Temporären am besten sichtbar. Wel-
che Abläufe ergeben sich? Wie kann
die Erfahrung aus dem Temporären
für die Entwicklung von Dauerhaftem
genutzt werden?
Alle Projekte folgen der gleichen
Vision, die getroffenen Massnahmen
sind individuell auf den jeweiligen
Ort abgestimmt. Die sozialen Prozesse werden gefördert, jedoch nicht
erzwungen. Sich auf einen Prozess
einzulassen und sich treiben lassen
öffnet neue Türen. Dafür benötigt es
Mut, Ausdauer und die Bereitschaft,
seinen eigenen Standpunkt immer
wieder zu reflektieren. Das Gespräch
mit anderen zuzulassen. Die annuel­
len Pflanzen weisen eine Dynamik
auf, die erfrischend wirkt. Diese Frische in das Stadtleben einzubringen,
lohnt sich. Planen mit offenem Ziel
– mit einer Vision, die jedoch nicht
bis ins Detail ausformuliert ist. Dies
benötigt Flexibilität bei den Planern.
Und welchen Beitrag leisten die
Pflanzen? Was sicher ist: Sie wecken
Emo­tionen bei den allermeisten Menschen. Die Bandbreite ist gewaltig
und spannend zugleich. Ästhetische
Vorstellungen, Standpunkte und kulturelle Prägungen treffen aufeinander – was sicher dabei entsteht, sind
Gespräche.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Pflanzenverwendung, Doris
Tausendpfund, [email protected]
Grünraumgestaltung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Das Grün des Rasens
Rasen ist eine Vegetationsdecke aus niedrig wachsenden
Gräsern, die durch regelmässiges Mähen eine dichte, trittfeste Matte bildet. Er ist sowohl im
Privatgarten wie auch im Stadtpark allgegenwärtig und begleitet uns fast in jeder Lebenslage. Er lässt sich bespielen,
betreten, beliegen, beschauen,
mähen oder sogar künstlerisch
bearbeiten. In perfektionierter
und überaus intensiv gepflegter
Version dient er als Golfcourt in
Wädenswil, zum Fussballspiel
im St. Jakob-Stadion oder für
Tennismatches in Wimbledon.
23
Aus dem Gräserland
Hecken am
laufenden
Meter
Hecken aus hochwachsenden
Blütenstauden und Gräsern sind
eine willkommene Alternative zu
immergrünen Gehölzhecken. Seit
2007 untersucht die Forschungsgruppe Pflanzenverwendung
verschiedene Kombinationen von
Staudenhecken auf ihre Eignung
als raumbildende, pflegearme und
gut funktionierende Vegetationssysteme. Die schmalen Hecken
sind gerade in verdichteten
Rasen bedeutet schnelles und intensives Grün bei geringen Herstellungskosten. Deshalb erstaunt es nicht, dass
durch die starke Verdichtung des urbanen Raums ein Grossteil der Aussenflächen im Siedlungsgebiet aus Rasenflächen besteht. Im Hinblick auf die
heute immer schnellere Versiegelung
von Bodenoberflächen bekommt er
gerade in der Stadt eine immer wichtigere Bedeutung. Doch fehlen gerade
im Siedlungsraum oft vielfältige und
strukturbildende Gehölz- und Staudenbepflanzungen als Ergänzung zu
den Rasenflächen. Deshalb erscheinen solche Freiflächen eintönig und
verwechselbar und machen ihrem
Namen «Grünflächen» alle Ehre. Dabei steigern Blütenpflanzen die Lebensqualität im urbanen Raum und
beglücken nebst dem Menschen auch
Bienen, Tagfalter, Fliegen und viele
andere Organismen, wie mehrere wissenschaftliche Arbeiten, auch solche
der ZHAW, belegen.
Es gibt ausreichend viele Argumente, herkömmliche reine Rasenmischungen durch artenreichen Blumen- oder Kräuterrasen zu ersetzen.
Blumen-, Schotter- oder Magerrasen
sind wertvolle alternative Vegetationstypen, welche an geeignetem
Standort viele ästhetische, ökologische aber auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen.
Rasentypen im Vergleich
Im Gräserland der ZHAW können mehrere Rasenmischungen, mit denen
Privatgärten und öffentliche Anlagen
begrünt werden, verglichen werden.
Der Erfolg einer Rasenfläche – ob mit
oder ohne Blumen – liegt jedoch nur
teilweise in der Beschaffung des standortgerechten Samens. Mindestens so
entscheidend sind das Herrichten der
Stadträumen ideal, um platzsparend und dennoch vielfältig den
ganzen Sommer einen Sichtschutz zu bieten. Für die Konzipierung der Staudenhecken wurden
hohe Beetstauden und Gräser
extrem dicht gepflanzt, so dass
sie untereinander konkurrieren
und entsprechend ihrer geneti▲ Rollrasen. (Bild: Colourbox, Turf strip)
schen Wuchsstrategie schnell in
die Höhe wachsen. Das Prinzip ist
den Nordamerikanischen Hoch-
Saatfläche sowie die Folgepflege. Blumenmischungen benötigen in der Regel nährstoffarme Böden und dürfen
nicht zu tief in den Boden eingearbeitet werden. Nach den ersten Unkrautschnitten werden sie nur wenige Male
pro Jahr gemäht. Zier-, Spiel- und Sport­
rasen hingegen werden mit zusätzlichen Nährstoffen versorgt und in regelmässigen Abständen auf eine Länge
von 4 bis 6 cm gekürzt. Unebenheiten,
Beikräuter und oberflächliche Steine
werden ungern gesehen. Ziele sind eine
dichte Grasnarbe, sattes Grün sowie
maximale Tritt- und Scherfestigkeit.
Diese werden oft mit Hilfe chemischsynthetischer Düngemittel erreicht.
Stickstoff, Phosphor und Kali fördern
als Hauptnährstoffe die Wuchskraft
der Gräser, stärken die Pflanzengesundheit und regulieren den Stoffwechsel.
Calzium und Magnesium sind für den
Aufbau der Zellwände und das Blattgrün nötig. Kunstdünger wird aber mit
grossem Energieaufwand produziert.
Rohstoffe wie Erdöl und Phosphor, aus
denen sie produziert werden, stammen
aus nicht erneuerbaren Quellen, welche teilweise bereits in naher Zukunft
erschöpft sind.
dukten verfügen pflanzliche und tierische Düngemittel über ähnliche Qualitäten wie die künstlich hergestellten
Industrieprodukte. Reifer Kompost
beispielsweise weist einen sehr hohen
Phosphorgehalt auf. Zudem reichert
er den Boden mit organischer Materie
an. Die dadurch gesteigerte Bodenaktivität beschleunigt den Mineralisierungsprozess, dank dem die einzelnen
Nährstoffe überhaupt pflanzenverfügbar werden. Ob Kompost, Hühnermist
oder sonstige natürliche Produkte –
durch den fachgerechten Einsatz werden sie alle im Kreislauf gehalten, was
einem nachhaltigen Umgang mit der
Natur und ihren Ressourcen gerecht
wird. Mehrjährige Feldversuche mit
biokonformen Rasendüngern in Parkanlagen Basels sowie auf insgesamt
fünf Trainingsplätzen des Fussballclubs Luzern, brachten bislang ausschliessliche positive Ergebnisse. Einer naturnahen Rasendüngung steht
somit nichts im Wege.
Durch biokonforme Düngemittel wird deshalb die Ökobilanz einer
Rasenfläche grüner – und mit einer
artenreichen Blumenrasenmischung
treibt es sogar ein Rasen bunt.
Organische Dünger für eine
bessere Ökobilanz
Neben natürlichen mineralischen Pro-
Institut Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Freiraummanagement:
Felix Rusterholz, [email protected]
grasprärien abgeschaut, in denen
eine Vielzahl unterschiedlicher,
meist straff aufrecht wachsender
Stauden und Gräser, im ständigen
Wettbewerb miteinander gedeiht.
trrr
Zitate
Wer immer unseren
Planeten retten will,
braucht nur mit
dem Fleischessen
aufzuhören. Das ist
die allerwichtigste
Massnahme, die man
dafür treffen kann.
Es ist umwerfend,
wenn man darüber
nachdenkt: Der
Vegetarismus stellt
für so vieles eine
sofortige Lösung dar:
Umwelt, Hungersnot,
Grausamkeit.
Paul McCartney, britischer Popmusiker, *1942
24
Grünraumgestaltung
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Die Begeisterung für
Gräser kennt keine
Gräser, App
Grenzen
und Boxen!
Aus dem Gräserland
Der Bund Deutscher Staudengärtner kürt die Gattung Carex
zur Staude des Jahres 2015.
Das gewählte Motte «Die Segge – ein Gras für alle Fälle» ist
ein grosses Versprechen, welches von zahlreichen eleganten
und farbenprächtigen Arten
eingehalten wird. Farbenprächtig? Genau, auch Gräser, ob
süss oder in diesem Fall sauer,
sind längst nicht nur grün und
bereichern unsere Gärten auch
ohne opulente Blütenpracht.
Saftige Wiesen und Weiden durchziehen die Schweiz und sind die Basis unserer Milchwirtschaft. Doch
hinter dem scheinbar einheitlichen
Grün verbergen sich Dutzende
verschiedene Grasarten und auch
in anderen Lebensräumen spielen
Gräser eine wichtige Rolle. Die
an der ZHAW entwickelte iPhone
App «iGräser» ist eine grosse Hilfe
bei der Gräserbestimmung. Zur
Identifikation einer Art geben Sie
einfach den Standort (Lebensraum)
und beliebige weitere auffällige
Merkmale einer Graspflanze ein.
Zahlreiche Fotos, ein ausführliches
Glossar, Detailbeschriebe und Vergleiche mit ähnlichen Arten bieten
zusätzliche Orientierung.
Lernen Sie bei den roten Boxen
Die Seggen sind eine grosse Pflanzengattung von weltweit ca. 2000 Arten,
die vor allem in den kühleren und
gemässigten Zonen der Erde vorkommen. Von den rund 90 in der Schweiz
vorkommenden Arten, finden sich
Vertreter von nassen bis trockenen und
von schattigen bis sonnigen Standorten, die auch in verschiedensten Pflanzengesellschaften anzutreffen sind.
Dementsprechend
unterschiedlich
sind ihre Ansprüche, aber auch ihre
Verwendungsmöglichkeiten.
Für den Garten empfehlen wir unser Top 10 Carex-Sortiment. Ausführliche Informationen zu den Arten
finden Sie auf der Seite: www.staudedes-jahres.de.
Das Bestimmen von Seggen gilt
noch immer als Königsdisziplin unter
den Feldbotanikern. Wer schon einmal nachgeschaut hat, ob die Zähne
des Schnabels gespreizt sind oder ob
die Deckspelze eine hellere Mittellinie hat, weiss, wovon die Rede ist
und kauft Carex nur mit Etikette und
bei einem vertrauensvollen Gärtner.
Typische Gattungsmerkmale wie die
dreizeilige Blattstellung und die eingeschlechtlichen Blüten, welche einhäusig am meist dreikantigen Stängel
stehen, sind da schon klarer.
Die Pflege beschränkt sich im Allgemeinen auf den Rückschnitt im zeitigen Frühjahr. Sommergrüne Arten
schneidet man bodeneben ab, wintergrüne und immergrüne Arten werden
geputzt, unschöne Blätter und alte
Blütentriebe entfernt. Bei stark versamenden Arten lohnt sich das Schneiden der Blütentriebe im Sommer und
Herbst. Ebenso kann es sinnvoll sein,
allfällige Ausläufer zu entfernen und
zu gross gewordene Horste und Polster zu teilen. Vorsicht geboten ist bei
Arten mit scharfkantigen Blättern.
Das Tragen von Handschuhen wird
generell empfohlen. Zum Glück für
den Gartenbesitzer sind keine Krankheiten und Schädlingen bekannt und
auch Schnecken lassen die Seggen
links liegen.
Fürs Büchergestell
Das OmnivorenDilemma
von Michael Pollan
(Goldmann Verlag 2013)
Wie sich die Industrie der Lebensmittel bemächtigte und warum Essen so
kompliziert wurde.
Ausgehtipp
Institut Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation:
Moritz Vögeli, [email protected]
im Gräserland 20 einheimische
Grasarten aus fünf verschiedenen Lebensräumen (Wald, alpin,
nährstoffreich, feucht, trocken) mit
ihren typischen Grasbestimmungsmerkmalen kennen. Dies können
Sie anhand der Beschilderung tun
oder idealerweise gerade mit der
App «iGräser». Die LITE-Version
enthält alle 20 Arten der Gräserboxen und ist gratis im App-Store
erhältlich.
Übrigens: Seit Neustem funktioniert die geografische Verifikation
in «iGräser» (Überprüft, ob das
bestimmte Gras bereits in der Nähe
des aktuellen Standorts gefunden
wurde) auch in Deutschland und
die deutschen Verbreitungskarten
sind neu ebenfalls in der aktualisierten App integriert.
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen,
Forschungsgruppe Vegetationsanalyse: Daniel
Hepenstrick, [email protected]
Die TOP 10 Carex-Arten
Botanisch
Deutsch
Höhe
Blüte
Besonderes
Carex buchananii
FuchsroteSegge
40 cm
VII
frische, sonnige
Standorte
Carex comans
'Branco'
Schopf-Segge 30 cm
VII – IX
frische, sonnige
Standorte
Carex hachijoensis
'Evergold'
JapanGold-Segge
30 cm
IV – V
trockene, schattige
Standorte
Carex morrowii
'Variegata'
Japan-Segge
40 cm
VI – VII
feuchte Gehölzränder
Carex morrowii
'Ice Dance'
TeppichJapan-Segge
50 cm
IV – V
frische, schattige
Standorte
Carex
muskingumensis
PalmwedelSegge
70 cm
VI – VIII
nasse, halbschattige
Standorte
Carex pendula
Riesen-Segge 100 cm
VI – VII
feuchte, schattige
Standorte
Carex plantaginea
BreitblattSegge
40 cm
V – VI
trockene, schattige
Standorte
Carex sylvatica
Wald-Segge
50 cm
V – VI
frische bis feuchte,
schattige
Standorte
Carex umbrosa
SchattenSegge
20 cm
IV – V
frische, schattige
Standorte
Das etwas
andere «NutztierErlebnis» …
… erkunden Sie mit der Packgeis das
urchig-wilde Val Medel! Die Ziegen
tragen nicht nur das Gepäck, sondern
sorgen mit ihrer verschmusten
und neugierigen Art auch für Abwechslung und Unterhaltung beim
Wandern durch die wunderschöne
Berglandschaft. Ein ganz besonderes
Erlebnis für Kinder von 6 bis 80 Jahre.
www.geissherz.ch
Kinderseite
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
25
Pflanzenzüchtung
Auf den Äckern der Bauern wachsen andere Pflanzen als in der freien Natur. Wie du
bestimmt weisst, wurden die Pflanzen auf den Feldern von Menschen gezüchtet.
Wie funktioniert die Pflanzenzüchtung? Wie können neue Pflanzen entstehen?
Auslesezüchtung
Kombinationszüchtung
In der Jungsteinzeit begannen die ersten Menschen Gräser
anzupflanzen. Aus den Samenkörnern der Gräser konnte man
Brei, Suppen und Brot machen. Ein paar der gesammelten
Körner assen sie nicht, sondern steckten sie in die Erde. Daraus
wuchsen neue Pflanzen.
Mit der Auslesezüchtung schafften es die Ackerbauern aber
nicht immer, Pflanzen so zu züchten, wie sie wollten. Manchmal
mussten sie die Eigenschaften zweier verschiedener Pflanzen
miteinander kombinieren.
Einige wurden grösser, andere
kleiner, einige hatten mehr
Samenkörner und andere weniger.
Bald fiel den ersten Bauern auf,
dass es Pflanzen gab, die bessere
Eigenschaften aufwiesen als
andere. Am besten gefielen ihnen
Pflanzen, welche viele und
grosse Samenkörner lieferten.
Eine gute Pflanze musste stark
sein und durfte nicht schnell
absterben.
Die eine dieser Pflanzen ist
stark und wird nicht schnell
krank, dafür hat sie nur kleine
Samenkörner. Die andere liefert
grosse Körner, erkrankt aber
sehr schnell. Die Bauern wollten
eine Pflanze, die viel Nahrung
liefert und stark ist. Um dies
zu erreichen, wurden die beiden
Pflanzen miteinander gekreuzt.
Im nächsten Jahr steckten
die Bauern nur die Samen der
«guten» Pflanzen in den Boden.
Alle anderen Pflanzen wurden
ausgeschlossen.
Bei der Kreuzung der
Pflanzen vermischen sich
die Eigenschaften. Hatten
die Bauern Glück, entstand
die Kombination, die sie sich
wünschten: Eine Pflanze, die
viel Nahrung liefert und nicht
schnell krank wird. Oft müssen
Pflanzen mehrmals gekreuzt
werden, bis die gewünschte
Kombination auftritt. Diese
Art der Zucht nennt man
Kombinationszüchtung.
Bis heute sind Menschen damit
beschäftigt, Pflanzen weiter zu
züchten, um «bessere» Pflanzen
zu erschaffen.
Illustrationen: Philipp Stauffer
Deshalb wuchsen im nächsten
Jahr insgesamt stärkere
Pflanzen, die mehr Samenkörner
lieferten. Über viele Jahre
hinweg entstanden so die ersten
kultivierten Nutzpflanzen.
Diese Art der Zucht nennt man
Auslesezüchtung.
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26
In eigener Sache
Sommer 2015 / GräseRLandexpress
Öffentliche Führungen im Gräserland
Möchten Sie das Gräserland unter kundiger Führung unserer Expertinnen und Experten entdecken?
Wir führen regelmässig öffentliche Führungen und Vorträge durch. Für Gruppen machen wir auf Anfrage Spezialführungen:
Auf Wunsch im ganzen Gräserland inklusive dem neuen Pavillon zum nachhaltigen Fleischkonsum oder mit Fokus auf ein einzelnes
Themengebiet. Zudem bieten wir interaktive Führungen für Schulklassen der Mittelstufe, Sekundarstufe und Gymnasium an.
Melden Sie sich bei uns unter [email protected]
oder über die Website www.zhaw.ch/iunr/graeserland
Wir freuen uns über Ihr Interesse!
Impressum
Herausgeber Forschungsbereich
Nachhaltigkeitskommunikation, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR) der ZHAW in Wädenswil
Projektleitung: Regula Treichler; [email protected]
Texte Petra Bättig (bape), Regula Treichler (trrr), Monika Hutter (humo), Jürg Grunder (grng), Matthias Stucki (stck), Sarah Kreuzer (krez), Diana Haller (hllr), Isabel Jaisli (jais), Urs-Christian
Handschin (hanc), Dominik Refhardt (refa), Andreas Schönborn (sand), Esther Volken (voln), Friederike Kasten (kasf), Stefan Ineichen (inei), Eva Bartosová (bart), Thomas Kimmich (kimm),
Doris Tausendpfund (tund), Felix Rusterholz (rush), Daniel Hepenstrick (hepe), Moritz Vögeli (voem), Maurus Jenny (xjey)
Daniel Ambühl, Christine Brombach (ILGI), Dominique Senn (foodwaste.ch), Stefanie Rost (Getreidezüchtung Kunz), Peer Schilperoord
GESTALTUNG Erich Stutz
Druck CO2-kompensiert auf 100 %-Recyclingpapier, Theiler Druck AG
Auflage 4000
In eigener Sache
Forschungsbereich
Nachhaltigkeitskommunikation
27
Eröffnung des Gräserland Pavillons
Fleisch, aber
Freitag, 5. Juni 2015 um 15 Uhr
Gräserland in den Gärten im Grüental der ZHAW in Wädenswil
Essen Sie gern Fleisch oder greifen Sie eher zum Vegischnitzel? Der neue
Pavillon bietet Besucherinnen und Besuchern Gelegenheit, sich differenziert
mit dem Konsum von Fleisch auseinanderzusetzen. Themen wie Tierhaltung,
Fleischproduktion und die Folgen für das Klima, die Kuh als Grasverwerterin,
die Preisentwicklung von Fleisch oder der Einsatz von Kraftfutter werden
aufgezeigt. Anhand einer dialogischen Inszenierung erfahren Sie, welche
Auswirkungen der steigende Fleischkonsum hat und welche vielfältigen Alternativen sich dazu anbieten.
Wir laden Sie herzlich zum Eröffnungsanlass mit anschliessendem Apéro ein.
Der Gräserland-Express, das Gräserland und die Gärten im Grüental werden
vom Forschungsbereich Nachhaltigkeitskommunikation entwickelt, realisiert,
kommuniziert und gepflegt. Wir bedanken uns für Ihre Unterstützung und
Ihren Besuch in den Gärten im Grüental.
Gerne unterstützen wir auch Sie:
Wir prüfen, ob Ihre Botschaften auch ankommen!
Mit Ihrem Bildungsangebot, Ihrer Ausstellung oder Kampagne wollen Sie
Menschen dazu bringen, umweltfreundlicher zu handeln. Vielleicht möchten
Sie die Biodiversität fördern, Jugendliche dazu bewegen, weniger Fleisch
zu essen oder Firmen zu einem nachhaltigeren Mobilitätsverhalten aufrufen.
Doch kommen Ihre Botschaften an? Und findet wirklich eine Veränderung
statt? Der Forschungsbereich Nachhaltigkeitskommunikation der Zürcher
Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil führt unabhängige Wirksamkeitsanalysen durch oder unterstützt Projektverantwortliche
dabei, aussagekräftige Evaluationen methodisch korrekt durchzuführen.
Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Bus 123 oder 126 ab Bahnhof Wädenswil bis Haltestelle «Campus Grüental»
Informationen
ZHAW Life Sciences und Facility Management
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR)
Campus Grüental
CH-8820 Wädenswil
Telefon +41 58 934 55 85
E-Mail: [email protected]
Die Ausstellung «Fleisch, aber» wird von der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt.
Forschungsbereich Nachhaltigkeitskommunikation
ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR)
Campus Grüental
CH-8820 Wädenswil
www.zhaw.ch/iunr/nachhaltigkeitskommunikation
Bachelor-Studium Umweltingenieurwesen
Mit der globalen Herausforderung zur nachhaltigen Entwicklung entstehen neue und spannende Berufsfelder, auf die das Studium Umweltingenieurwesen
vorbereitet. Im Zentrum stehen dabei der schonende Umgang und die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, der Respekt sowie die
ganzheitliche Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt. Das Studium kombiniert naturwissenschaftliche Fächer mit ingenieur-, sozial- und
wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen. Nebst grundsätzlichem Interesse für Pflanzen, Natur und Umwelt sind Kommunikationsfähigkeiten,
Technikverständnis, wissenschaftliches Arbeiten, Kreativität und vernetztes Denken gefragt.
Das Studium bietet fünf Vertiefungsrichtungen: Biologische Landwirtschaft und Hortikultur, Landschaft – Bildung – Tourismus,
Nachwachsende Rohstoffe und Erneuerbare Energien, Naturmanagement, Urbane Ökosysteme
www.zhaw.ch/iunr/bachelor
für Angewandte Wissenschaften
Life Sciences und Facility Management
Grüental, Postfach
CH-8820 Wädenswil
SO
B-
Tel. +41 58 934 50 00
Fax +41 58 934 50 01
www.lsfm.zhaw.ch
[email protected]
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Kulturgeschichte
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Grünraumgestaltung
Stand Juni 2014
Änderungen vorbehalten
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Gebäude ZHAW, Seestrasse 55
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Untere Shedhalle, Einsiedlerstrasse 29
Hörsaal, Einsiedlerstrasse 34a
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Gewerbehalle, Einsiedlerstrasse 31a
Büros, Einsiedlerstrasse 28
Fabrikgebäude, Einsiedlerstrasse 34
Alte Kantine, Einsiedlerstrasse 32
Obere Shedhalle, Einsiedlerstrasse 29
Hauptgebäude Empfang Experimentelle
Reidbach, Einsiedlerstr. 31
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Mensa Vista ( 5. Stock ), Einsiedlerstrasse
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Der Campus
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Verkehrsmitteln
sehr gut erschlossen.
Die Fahrt mit
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Ortsbus dauert ca. 5 bis 10 Minuten und ist
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Wädenswil
Ortsbus
Nr. 123 oder 126 bis Haltestelle
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Aktuelle Informationen und Veranstaltungen sowie die vollständigen Pflanzenlisten finden Sie unter:
www.zhaw.ch/iunr/graeserland
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