24 | INDUSTRIE | Wintersport 3.2016 KOMPERDELL-CHEF THOMAS ROISER: „Wir bieten mehr als andere“ Von wegen, Stöcke sind nur Rohre. Und von wegen, für Protektoren reicht ein bisschen Plastik. Wer mit Thomas Roiser, CEO des österreichischen Spezialisten Komperdell philosophiert, ist schnell gefangen vom Enthusiasmus des 44-jährigen – für seine Produkte, aber auch für den Fachhandel! Herr Roiser, warum soll sich ein Händler ausgerechnet für Komperdell-Stöcke entscheiden? Thomas Roiser: Grundsätzlich, weil wir seit Jahren für Innovation stehen und mehr bieten als andere. Was man bei anderen zum Beispiel noch in Aluminium kriegt, bekommt man bei uns schon aus Carbon. Und weil wir grundsätzlich für Glaubwürdigkeit stehen: Wir arbeiten mit unseren Händlern langfristig zusammen, mit uns verdienen sie auch langfristig gutes Geld. Er bekommt von uns auch die notwendige Flexibilität, wenn er mal was braucht oder irgendein Problem hat, steht ihm immer jemand zur Verfügung. Wenn ein Händler sich langfristig weiterentwickeln will und hohe Margen erzielen kann, da sind wir sicherlich der richtige Partner. © KOMPERDELL, SPORTFACHHANDEL Interview: Andreas Mayer 3.2016 Wintersport Auf welche Ihrer Innovation sind Sie hier auf der ISPO besonders stolz? Ganz klar auf den Stiletto, den Stock mit der Griffverstellung. Weil dies die erste wirkliche Entwicklung in den vergangenen 15 bis 20 Jahren ist. Alles andere war eine Evolution. Den Stiletto kann man wirklich als Verstellstock verwenden, nicht nur als Packstock. Die meisten Menschen verstellen ihren Stock ihn in einer Stunde bestenfalls ein Mal. Nicht weil sie faul oder dumm sind, sondern weil wir in der Industrie den Verstellmechanismus an die falsche Stelle gebaut haben. Das war so, als ob sie die Lautstärke ihres Autoradios im Kofferraum verstellen müssten. Mit dem Stiletto verstell ich die Höhe direkt am Griff und stufenlos, was zudem ein enormer Sicherheitsgewinn ist. Das ist etwas, was es in dieser Form auf dem Markt nicht gibt. Ich will mich jetzt nicht mit Apple vergleichen, aber für die Größe unserer Branche ist das vergleichbar damit, wie das I-Phone die Welt der Mobiltelefone verändert hat! muss meine Vorteile ausspielen. Durch die neue Fabrik kann ich die Produktivität in den nächsten drei bis fünf Jahren noch einmal drastisch erhöhen. Wir bieten damit unseren Händler ebenfalls Stabilität. Durch die Entwicklung des US-Dollars sind in Fernost die Preise jetzt mal schnell um 30 Prozent gestiegen! Meine Preise nicht! Sie haben gerade auch stark expandiert … Es war trotz des Brandes bei uns im Februar 2015 immer klar, dass die Produktion hier weitergeht. Glücklicherweise waren wir zu diesem Zeitpunkt finanziell stark genug, um sogar noch zusätzlich zu investieren. Für uns bedeuten die neuen Hallen, die Fertigung für die nächste Generation sicherzustellen. Wir sind ja nicht alleine auf der Welt. Wir stehen in einem globalen Wettbewerb. Wir verkaufen unsere Produkte von Nordamerika bis China und unsere Mitbewerber sitzen zumeist in Billiglohnländern. Da darf ich nicht jammern, sondern Was sind denn generell die Vorteile von „Made in Austria“? Der größte Vorteil ist die Flexibilität. Wenn ein Händler kurzfristig Ware braucht, dann bekommt er sie auch. Selbst wenn wir vollkommen ausgebucht sind, und er braucht noch 2.000 Stöcke extra, sind wir finanziell stark genug, um genügend Rohmaterial auf Lager haben. Und wir haben ein Team, das sich super einsetzt – da wird auch mal am Samstag gearbeitet, wenn ein Kunde was braucht ... Und der zweite Punkt ist natürlich die Qualität. Die erreicht man nur, wenn man langfristig mit Leuten zusammenarbeitet und die Fertigung >>> | INDUSTRIE | 25 Erweiterung im Einklang mit der Natur: Das neue Firmengelände von Komperdell in Mondsee (Österreich) Discover the 360° Outdoor Kitchen 360° Outdoor Kitchen: Alles für die Outdoor Küche Entdecke alles rund um die unabhängige Nahrungs- und Trinkwasserversorgung an unserem Stand Nr. 338 in Halle A2 und tauche ein in die Welt der 360° Outdoor Kitchen. MICROPUR ® 26 | INDUSTRIE | Wintersport rsport 3.2016 Das Thema Gewicht spielt nach wie vor eine massive Rolle. Da muss man nur aufpassen, dass man das nicht zu sehr ausreizt, so dass es zu Lasten der Performance geht. Thomas Roiser nicht fremd vergibt. Und nur so kann man auch Qualitätskontrolle gewährleisten. Hinzu kommen Umweltstandards: Die Schadstoffbelastung unserer neuen Lackierhalle liegt bei nur einem Prozent des österreichischen Grenzwerts! Das ist etwa 1/1000 eines vergleichbaren Werkes in Fernost! Und wenn mir das jemand nicht glaubt: Schauen Sie hier hinaus, da sieht man noch Grün und die Sonne ... Wo liegen denn Ihre stärksten Verkaufsmärkte? Der größte Markt für uns ist Nordamerika gefolgt von der Alpenregion, also Deutschland, Österreich, Schweiz. Positive Märkte sind für uns auch Asien sowie Skandinavien und Osteuropa. Und wie wichtig ist dabei der Heimmarkt Österreich? Nach den USA ist Österreich der zweitgrößte Einzelmarkt. Die größten Skifabriken sind in Österreich, das sind natürlich naheliegende Kunden ... Wie hat sich denn der Stockmarkt generell entwickelt in den letzten 20 Jahren? Der Skistock hat sich sicherlich etwas rückläufig entwickelt, das Thema Langlauf ist relativ stabil, Wandern und Touren sind stark gestiegen. Und auch Nordic Walking ist wieder im Wachstum! Also im großen und ganzen ist der Stockmarkt ein sehr positiver Markt. Auch für einen Händler. Die Stockabteilung ist heute, wenn sie richtig gemacht wird, pro Quadratmeter die profitabelste Abteilung im ganzen Geschäft. Verkaufen Sie mehr im Winter oder im Sommer? Zum Glück etwa 50:50. Die saisonale Auslastung ist also sehr, sehr gut. Insgesamt sind natürlich die Monate September, Oktober, November, in denen bei uns auch noch die Fertigung der Protektoren hinzukommt, sicherlich überlastig. Aber vom Stock her ist die saisonale Verteilung gleich. Protektoren sind im Vergleich zum Stock ja noch ein relatives junges Thema. Was sind denn hier für Besonderheiten zu beachten? Angefangen haben wir damit eigentlich im Motorrad-Bereich. Ich habe einfach Sicherheit als grundlegendes Thema gesehen und gemeinsam mit einem Kunden, der einen Partner gesucht hat, diesbezüglich etwas entwickelt. Als dann auch im Skibereich das Thema populärer wurde, haben wir es auch da probiert. Heute sind wir vielleicht auch deswegen so erfolgreich, weil es damals nur einen anderen Hersteller gegeben hat, der aber Hartschalen verwendet hat. Hartschale selbst bringt aber nichts für die Sicherheit. Die ist bei einem Aufprall sogar schädlich! Es hat dann diesen Ausdruck „Soft-Protektoren“ gegeben, den ich eigentlich nicht so mag, denn darum ist es nie gegangen. Ich muss gegen den Aufprall schützen, das heißt, ich muss Energie umwandeln bzw. verringern. Wir gewinnen seit 15 Jahren jeden Vergleichstest. Und unsere Protektoren tragen sich leichter. Dennoch ist der Protektor auch heute noch nicht ganz so weit, wie ich es mir vorstelle, weil es 3.2016 doch immer noch den einen oder anderen gibt, der sie ablehnt. Das ist natürlich auch extrem beratungsintensiv im Handel. Bieten Sie da besondere Schulungen an? Den Wunsch, dass sich ein Produkt von selbst verkauft, haben wir alle. Aber das wird es natürlich nicht geben. Für unsere Schulungen ist das Interesse eigentlich recht groß. Aber viele Händler präsentieren Protektoren auch nicht gut. Mir ist ganz wichtig, dass der Protektor richtig verkauft wird. Das tödlichste ist – und da gibt es noch viele auf dem Markt – wenn jemand ein T-Shirt mit Plastik als Protektor verkauft. Wenn jemand dann einen Unfall hat steht am Tag drauf in der Zeitung: „Trotz Protektor Kreuz gebrochen!“ Hier haben zum Beispiel auch die Helm-Hersteller das Augenmerk für das Wesentliche verloren – nämlich die Sicherheit! Es gibt jetzt Helme aus Chrom, mit Lüftung – aber die Technik im Helm ist aus den 60er Jahren! Ein Tchibo kann das mittlerweile aber auch! Wir sind in einem unglaublich schnelllebigen Markt unterwegs. Und wir verkaufen auch Begeisterung! Begeisterung verkauft man aber nicht über das Internet. Das verkaufst du als Person. Deswegen sind wir doch alle hier in dieser Branche! Wegen diesem Reiz, ein fantastisches Produkt zu sehen, einen positiven Teil im Leben der Menschen zu sein, privates mit geschäftlichem zu verbinden ... Da kommt dann auch das Thema Golf ins Spiel? (lacht), Nein, das ist der Vater ... Und Handschuhe? Wo nehmen Sie das Know-how für all diese Sachen her? Bei den Handschuhen kommt das Know-how von Camaro. Denn auch hier muss man sich abheben von der Konkurrenz. Bei uns ist das die Nahtlosigkeit. Leichtigkeit, Nahtlosigkeit ... gehört das zu den großen Trends im gesamten Sportartikelbereich? Das Thema Gewicht spielt nach wie vor eine massive Rolle. Da muss man nur aufpassen, dass man das nicht zu sehr ausreizt, so dass es zu Lasten der Performance geht. Dazu grundsätzlich Komfort, Dinge einfacher zu machen. Der Skibereich lebt mittlerweile davon, dass die Ski einfach zu fahren sind. Plötzlich haben die Menschen wieder Spaß am Skifahren! Im Werkstoffbereich wird sich der Verbundwerkstoff mehr und mehr durchsetzen. Bei uns sind heute 50 Prozent der Stöcke aus Carbon, da sind wir Marktführer, weil wir ein Know-how aufgebaut haben, das andere nicht besitzen. Und wo sehen Sie den Sportartikelhandel in zehn bis 20 Jahren? Das muss man differenziert betrachten. Der Stationshandel, also der in Skigebieten oder in Alpennähe, ist gesund. Die Händler sind super gut fundiert, bieten viel Qualität, pflegen und machen ihre Geschäfte sauber. Der Stadthandel Wintersport tut sich schwerer. Da sehe ich auch mit Bedauern den Weg einiger qualitativ guten Händler. Und auf der anderen Seite gibt es mehr und mehr Discounter, ohne den Discount damit abwerten zu wollen! Denn dieser bietet Möglichkeiten, Leute für Sport zu gewinnen, die sich das sonst nicht leisten könnten. Auch das ist also ein legitimer Handel! Es kommt der Bereich des Internethandels hinzu, den ich ausdrücklich ebenfalls als legitim ansehe. Es entsteht aufgrund des Internets kein neuer Kunde – der Sportler ist immer noch der gleiche – es ist nur ein weiterer Weg entstanden, wie ich ihn erreichen kann. Und auch da muss man differenzieren: Manche Produkte sind für den Versand hervorragend geeignet, andere wie ein Tauchanzug nicht. Aber ein Teleskopstock funktioniert wunderbar ... Arbeiten Sie auch mit Sports Direct zusammen? Ja natürlich! Ich habe mich dem offen gestellt. Für manche Bereiche bin ich ihm zu hochpreisig, er sucht aber auch Qualitätsprodukte. Und dafür biete ich ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir haben aber eine Vereinbarung, dass meine Preise nicht verrissen werden. Und wenn er mir den Markt nicht zerstört, warum soll ich ihn dann ausgrenzen? Was halten Sie von einem Direktverkauf, z.B. über einen eigenen Internet-Shop? Nichts. Ich kenne keinen Hersteller, der auch ein guter Einzelhändler ist. Wenn ich Einzelhändler werden will, dann würde ich mir vielleicht das Know-how dazu aufkaufen, aber wir selbst können das nicht. Ich glaube, da muss man einfach eine saubere Trennung machen. Aber man kann doch nicht seinen eigenen Händlern in den Rücken fallen! Das geht nicht! Ich kann nicht die Hand, die mich füttert, beißen. Herr Roiser, vielen Dank für das Gespräch und eine erfolgreiche Messe! <<< | INDUSTRIE | 27
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