Porträt Dr. Albert Starr. Der Erfinder der künstlichen Herzklappe 55 Jahre künstliche Herzklappe Vor 55 Jahren wurde in Portland, Oregon zum ersten Mal einem Menschen erfolgreich eine künstliche Herzklappe eingesetzt. In nur zwei Jahren Forschungsarbeit war es dem damals 34-jährige Herzchirurgen Albert Starr und seinem fast 30 Jahre älteren Partner Lowell Edwards gelungen, aus einer bahnbrechenden Idee einen funktionierenden Prototypen zu entwickeln und so Hunderttausenden von Patienten ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Eine Kinderkrankheit mit Folgen Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts war die Fehlfunktion der Herzklappen, die den Blutfluss durch das Herz steuern, ein weit verbreitetes Krankheitsbild in der westlichen Welt. Grund dafür war die Verbreitung des rheumatischen Fiebers, das sich inzwischen mit Antibiotika sehr gut behandeln lässt. Besonders Kinder, die am rheumatischen Fieber erkrankten, behielten in vielen Fällen eine durch die Entzündung ausgelöste Beschädigung der Herzklappe zurück. Abhängig von der Schwere der Herzklappenschädigung gehörten Wachstumsverzögerungen, Atemnot und Herzrasen zu den Symptomen. Am bedrohlichsten waren allerdings die Langzeitschäden, die im schlimmsten Fall zu einer schweren Herzinsuffizienz und zum Tode führten. Ein weiteres Beispiel für Herzklappenerkrankungen ist bis heute eine Verengung der Herzklappen (so genannte Aortenklappenstenose), die insbesondere bei älteren Menschen durch degenerative Kalkablagerungen an den Klappentaschen sowie des Klappenrings hervorgerufen wird. Eine Aortenklappenstenose kann das Leben der Betroffenen enorm beeinträchtigen und mit lebensbedrohlichen Komplikationen einhergehen. Obwohl die Ursachen der Herzklappenerkrankungen bekannt waren, konnten damals Ärzte ihren Patienten nicht helfen. Alle Versuche, die geschädigten Herzklappen zu reparieren, hatten sich als untauglich erwiesen. September 2015 Ein Ingenieur, ein Arzt und eine geniale Idee Lowell Edwards kannte die Krankheit und die Risiken. Er selbst war als Kind an rheumatischem Fieber erkrankt und hatte die Krankheit nur mit Glück ohne bleibende Schäden überstanden. In den folgenden Jahrzehnten machte sich Edwards als Ingenieur einen Namen. Er hielt 63 Patente, mehr als 80 Prozent der amerikanischen Flugzeuge im Zweiten Weltkrieg waren mit von ihm entwickelten Treibstoffpumpen ausgestattet. Mit 65 Jahren, wenn die meisten Menschen in den Ruhestand gehen, nahm sich Edwards sein größtes Projekt vor: das künstliche Herz. Sein Partner Albert Starr erinnert sich an das erste Treffen: „Er stieg aus seinem Cadillac, betrat mein Büro und erzählte mir von seinem Plan, ein künstliches Herz zu bauen. Er kannte sich sehr gut mit Hydraulik aus und war der Meinung, es müsse doch ganz einfach sein, eine passende Pumpe für einen Menschen zu bauen. Ich hatte damals schon einige Herzen operiert und war mir ziemlich sicher, dass er mit seiner Idee 30 Jahre zu früh war. Also sagte ich: Herr Edwards, wir werden irgendwann ein Herz bauen. Aber wir sollten es Schritt für Schritt, eine Klappe nach der anderen entwickeln.“ Die Zusammenarbeit zwischen dem jungen, hochbegabten Herzchirurgen Albert Starr und dem erfahrenen Ingenieur Lowell Edwards entpuppte sich als Glücksfall. Denn im Gegensatz zu anderen Forscherteams, die zur selben Zeit an künstlichen Herzklappen arbeiteten, versuchten Edwards und Starr nicht, die natürliche Form der Herzklappe zu kopieren. Sie suchten nach einer technischen Lösung, die funktioniert. Edwards Erfahrung mit hydraulischen Pumpen brachte das Team schnell auf den richtigen Weg: ein Kugelventil, bei dem sich ein Kunststoffball in einem Käfig mit dem Blutstrom bewegt und so die Öffnung im Herzen verschließt und freigibt. „Die Lösung des Problems lag darin, nicht die Natur zu imitieren. Ein Flugzeug fliegt ja auch nicht wie ein Vogel. Den Vogelflug zu imitieren hat nie funktioniert. Erst, als die Menschen eine eigene Lösung gefunden haben, hat es geklappt. Genau so war es mit der Herzklappe,“ September 2015 kommentiert Albert Starr das erfolgreiche Design. Die bewegliche Kugel löste das größte Problem der Forscher: Jeder Klappmechanismus braucht ein bewegliches Scharnier, das die Klappe mit dem Ring verbindet, an dem das Implantat ins Herz genäht wird. Bei allen Versuchen mit künstlichen Herzklappen hatten sich an diesem Scharnier Blutgerinnsel gebildet, die nach wenigen Tagen über die ganze Klappe gewachsen waren. Lösten sich diese Gerinnsel, kam es unweigerlich zu einer Thrombose. Die Versuchstiere starben an schweren Schlaganfällen. Das Kugelventil war eine einfache und elegante Lösung. Weil die Kugel ständig in Bewegung war, konnten sich keine Blutgerinnsel bilden. Edwards und Starr hatten sozusagen eine selbstreinigende Herzklappe erfunden. Ein neuer Weg mit Hindernissen Wie wenig verbreitet dieser neue Ingenieursblick auf die Medizin in den 50er Jahren war, macht eine Anekdote deutlich, an die Albert Starr sich erinnert: „Um ein funktionierendes Ventil zu bauen, musste Edwards wissen, wie die Flüssigkeit sich verhält, die durch das Ventil fließen wird. Er musste die Viskosität des menschlichen Blutes kennen. Also versprach ich ihm, den korrekten Wert nachzuschlagen. Nachdem ich eine Nacht lang die gesamte Fachliteratur gewälzt hatte, stellte sich heraus: Wir wussten es einfach nicht. Jeder weiß, dass Blut dicker ist als Wasser. Aber kein Arzt und kein Forscher hatte jemals die tatsächliche Viskosität von Blut gemessen. Also schickte mich Edwards am kommenden Tag zum Roten Kreuz, um eine Blutkonserve zu besorgen. Die haben mich gefragt, für welchen Patienten ich das Blut brauche. Ich habe geantwortet: „Ich brauche es nicht für einen Patienten. Ich brauche es für einen Ingenieur.“ Die haben mich erst für verrückt gehalten. Am Ende haben wir die Blutkonserve bekommen. Edwards hat nachgemessen und ein Ventil entworfen, das funktioniert. Es gibt Menschen, die immer noch mit einer Herzklappe leben, die ich ihnen 1965 eingesetzt habe.“ September 2015 Um seine Versuche durchzuführen und neue Prototypen zu entwickeln, hatte Lowell Edwards sich ein Labor neben sein Wohnhaus gebaut. Hier entstanden oft über Nacht die Ventile, die Albert Starr schon am nächsten Tag Versuchstieren implantieren konnte. Nach einigen Anpassungen des ursprünglichen Designs überlebten schon bald über 80 Prozent der Tiere die Operation. Im August 1960 wagte Starr erstmals den Eingriff bei einem Menschen. Einer 33-jährigen Frau, deren irreparabler Herzklappenfehler in kurzer Zeit zum Tode geführt hätte, wurde das Starr-Edwards-Ventil eingesetzt. Der Erfolg war nur von kurzer Dauer: 10 Stunden nach der Operation starb die Patientin an einer Luftembolie. Starr zog die richtigen Schlüsse. Er änderte nicht das Design des Ventils, sondern die Operationsmethode. Einen Monat später, am 21. September 1960, erhielt der Farmer Philip Amundson als zweiter Mensch der Welt einen Herzklappenersatz aus Teflon und Silikon. Amundson, dessen Herzklappe vollständig zerstört war, überlebte mit dem Implantat zehn Jahre bei guter Gesundheit. Er starb 1970, nachdem er beim Anstreichen seines Hauses von der Leiter gefallen war. In nur zwei Jahren vom Experiment zum Durchbruch Nur zwei Jahre nach Lowell Edwards erstem Besuch in Albert Starrs Büro hatte das ungleiche Gespann aus einem jungen Herzchirurgen und einem Ingenieur im Ruhestand das Problem der künstlichen Herzklappe gelöst. In den kommenden Jahrzehnten wurden weltweit über 250.000 Starr-Edwards-Ventile implantiert – mit minimalen Veränderungen zum ursprünglichen Design. Lowell Edwards starb 1982 im Alter von 84 Jahren. Albert Starr lebt bis heute in Portland und ist als medizinischer Berater tätig. Gelegentlich trifft er sich mit Patienten, die er in den vergangenen Jahrzehnten operiert hat. Einige von ihnen tragen inzwischen seit 50 Jahren ein Starr-Edwards-Ventil in ihrem Herzen, ohne dass jemals Probleme aufgetreten wären. Das Prinzip, Ingenieure und Mediziner gemeinsam forschen zu lassen, lebt in dem von Lowell Edwards gegründeten Unternehmen (heute Edwards Lifesciences) fort. Edwards Erbe, die Suche nach neuen und überlegenen technischen Lösungen, sorgt heute auch dafür, dass nicht September 2015 mehr jede Herzklappenoperation am offenen Brustkorb durchgeführt werden muss. Inzwischen ist es möglich, eine künstliche Herzklappe wie einen Regenschirm zusammenzufalten, durch eine Arterie in das schlagende Herz zu schieben und an der richtigen Stelle auszuklappen. Von diesen Möglichkeiten hätten Starr und Edwards vermutlich nicht zu träumen gewagt, als sie aus etwas Plastik und Metall die erste funktionierende Herzklappe bauten. Mr. Edwards & Dr. Starr First Successful Mitral Valve Dr. Edwards Starr ___________________________________________________________________ Edwards Lifesciences ist seit über 55 Jahren der Pionier in der Behandlung von Herzklappenerkrankungen und weltweit der führende Anbieter von Herzklappenprothesen. Angetrieben von der Leidenschaft, Patienten helfen zu wollen, arbeitet das Unternehmen eng mit Ärzten zusammen, um innovative Technologien zur Behandlung von Herz- und Gefäßerkrankungen zu entwickeln, mit denen Leben gerettet und die Lebensqualität verbessert werden kann. Weitere Informationen über Edwards Lifesciences finden Sie unter www.edwards.com. Für weitere Informationen und die Vermittlung eines Interviews mit Dr. Starr wenden Sie sich bitte an: Lennart Funck Scholz & Friends Agenda Tel.: 030/700 186 371 E-Mail: [email protected] September 2015
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