1 Der Verstand folgt den Gefühlen: Einführung in Konzepte und

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Der Verstand folgt den Gefühlen:
Einführung in Konzepte und Methoden der
Emotionalen Aktivierungstherapie (EAT)
Mit einer viel beachteten und provokativen Untersuchung hat der amerikanische
Psychologe Jonathan Haidt (2001) Kritik am rational orientierten Modell kognitiver Prozesse geübt. Er verdichtete diese Kritik in der Metapher vom »affektiven
Hund mit dem rationalen Schwanz«. Sie bringt seine Befunde und die vieler anderer – ähnlich angelegter – Studien auf den Punkt: Die Richtungen von Entscheidungen und anderen Verhaltensweisen werden sehr schnell aufgrund emotionaler Prozesse festgelegt, was dann von der Ratio nur noch nachträglich
inhaltlich und strategisch begründet wird. Letztlich muss der Schwanz eben
dorthin gehen, wo der Hund hingeht, d. h., die Ratio folgt der Emotion. Dabei
fungiert unsere Psyche quasi wie eine Zunge mit unterschiedlicher Geschmackswahrnehmung. Wir haben nämlich die überlebenswichtige Fähigkeit entwickelt,
sehr schnell jene Eigenschaften in der Außenwelt zu »schmecken«, die wichtig
für unser Wohlergehen sind. Dabei treffen wir sehr schnell auf emotionalin­tuitive Weise ein Urteil, was gut für uns ist und was nicht. Die rationale
Be­gründung dazu wird anschließend fabriziert. Aussagen und Argumente werden sozusagen nachträglich zusammengestellt, um die jeweilige, primär intuitiv-emotionale Entscheidung zu begründen bzw. zu rechtfertigen, oder noch
provozierender: Der Verstand dient der Emotion! Natürlich sind Kognitionen in
der Therapie wichtig. Nicht zuletzt deshalb, weil sie die Grundlage für Sprache
sind, mit der wir uns mitteilen, unser Selbst- und Weltbild begrifflich und begreifbar zum Ausdruck bringen. Wir sollten uns jedoch der primären, verhaltensbahnenden Wirkung unserer Emotionen gewahr sein.
Wenn wir diese inzwischen gut belegte Tatsache akzeptieren, dann ist es der
affektive Hund, den wir überzeugen müssen, einen anderen Pfad zu wählen,
wenn eine Verhaltensänderung passieren soll. Der rationale Schwanz hat dabei
nicht immer allzu viel zu melden, zumal er mit seiner Sprache den affektiven
Hund kaum erreicht. Wie aber kann man ihn erreichen? Was ist die passende
Sprache? Es ist die Sprache der Emotionen. Nur eine Therapie mit Emotionen ist
in der Lage, nachhaltig eine Richtungsänderung anzustoßen. Zu diesem Zweck
haben wir die Emotionale Aktivierungstherapie (EAT) entwickelt.
Hauke, Dall’Occhio: Emotionale Aktivierungstherapie (EAT) . ISBN: 978-3-7945-3067-0. © Schattauer GmbH