Unser schönes Samland Samländischer Heimatbrief der Kreise Fischhausen und Landkreis Königsberg/Pr. 208. Folge Winter 2015 Blick über den Festungsgraben zum Eingang der Zitadelle in Pillau IV/2015 Inhaltsverzeichnis Aktuelles Liebe Samländerinnen und Samländer! ............................................................................ 3 Liebe Landsleute aus dem Landkreis Königsberg, ........................................................... 6 Das Ende des Samland-Museums in Minden.................................................................... 6 Kreistreffen in Minden ...................................................................................................... 39 Kreistreffen in Pinneberg 2015 ....................................................................................... 64 Aus den Ortsgemeinschaften Cranz ................................................................................................................................. 9 Pobethen.......................................................................................................................... 11 Neukuhren........................................................................................................................ 12 Germau............................................................................................................................ 24 Pillau - 61. Heimattreffen.................................................................................................. 34 Pillau ................................................................................................................................ 82 Rauschen ........................................................................................................................ 43 Metgethen......................................................................................................................... 87 Flucht und Vertreibung Flucht von Kobbelbude .................................................................................................... 16 Überleben in Grünwalde 1945 - 1948 ............................................................................ 21 Gedichte Januar von Werner Krause. .................................................................................................. 10 Martinsgans von Margarete Gause. ...................................................................................... 50 Ballade vom Engel von Pillau........................................................................................... 82 Geschichte und Kultur im Samland Erinnerungen an vergessene Orte im Samland: Seerappen............................................ 26 So war es damals Ein samländisches Frauenschicksal 1898 bis 1981......................................................... 29 Palmnicker Geschichten: Unser Sanitätsrat Dr. Lehnert ............................................ 68 Das Samland heute Brachert-Museum wurde modernisiert ............................................................................ 33 Notizen aus dem Samland .............................................................................................. 48 Heimatbilder, die ich gemalt habe - Georgenswalde von Edgar Schumacher.................................... 51 Segelflug in Rossitten im Jahre 2015 .............................................................................. 56 2 Reiseberichte Sarkau im August 2015 .................................................................................................. 58 Besinnliches und Heiteres Glückliche Fügungen in schwerer Zeit ............................................................................ 72 Wie es zu dem Spitznamen des Kreisjägermeisters kam................................................ 76 So, bischt Du au a Flichtling? .......................................................................................... 77 Oma Nehmkes Gesangbuch .......................................................................................... 79 Nie vergessene Heimat ................................................................................................... 83 Der Wolfskinder-Roman aus Litauen ............................................................................... 85 Verschiedenes Bücherecke ...................................................................................................................... 88 Suchanzeige .................................................................................................................... 90 Wo sind sie geblieben? ................................................................................................... 90 Veranstaltungen ............................................................................................................... 91 Glückwünsche ................................................................................................................. 92 Ein stilles Gedenken ...................................................................................................... 107 Traueranzeigen .............................................................................................................. 108 Spenden für das 3. Quartal 2015 .................................................................................. 109 Impressum...................................................................................................................... 115 Liebe Samländerinnen und Samländer! F ür uns Samländer brachte das scheidende Jahr 2015 viele Gelegenheiten, sich mit Heimatfreunden zu treffen, sich gemeinsam zu erinnern und den vertrauten Stimmen zu lauschen. Und es war das Jahr der Jubiläen – wie unser Vorstandsmitglied Wolfgang Sopha bei seiner Ansprache zur Eröffnung des Kreistreffens in Pinneberg hervorhob. Die Kreisgemeinschaften Fischhausen und Königsberg Land konnten beide auf 65 Jahre ihres Bestehens zurückblicken, das ist eine erstaunliche Leistung in Anbetracht unseres mittlerweile erreichten Altersdurchschnitts. Das 50-jährige Jubiläum konnte die Gemeinschaft Junger Samländer feiern, die diesen besonderen Jahrestag in Pinneberg während unseres Kreistreffens beging. Über einige Treffen können Sie an anderer Stelle im Heft mehr erfahren. 3 Wenn es auch immer wieder Stimmen des Bedauerns gibt, Vergleiche gezogen werden: „Vor zehn Jahren waren bestimmt noch dreimal so viele Besucher da!“ Das ist der Zahn der Zeit und nicht auf mangelndes Interesse zurückzuführen. Alter und Gesundheitszustand unserer Heimatfreunde fordern zwangsläufig ihren Tribut und hindern viele an der doch oft beschwerlichen und auch kostspieligen Anreise. realistisch und machbar ist, wo können und müssen wir sparen, was sollte unbedingt entsprechend unserer satzungsgemäßen Aufgaben erhalten werden. Mit diesen Fragen und Problemen müssen wir uns nicht alleine auseinandersetzen, das betrifft die Landsmannschaft Ostpreußen ebenso wie die anderen ostpreußischen Kreisgemeinschaften, und in einem Vergleich stehen wir gar nicht so schlecht dar. Wenn auch der wehmütige Blick zurück für uns dazu gehört – in mehrfacher Hinsicht – so können wir doch mit dem, was wir heute noch auf die Beine stellen, durchaus zufrieden sein. Wolfgang Sopha betonte dies auf der Versammlung der Ortsvertreter: Dabei ist auch die offene Frage nach unserem „Nachwuchs“ von zentraler Bedeutung. Wenngleich der Vorstand der Kreisgemeinschaft Fischhausen ein relativ niedriges Durchschnittsalter hat, so werden auch wir älter. Und bei den Jüngeren unter uns sind es hauptsächlich die Anforderungen durch Familie und Beruf, die ein zeitlich intensiveres Engagement schwierig machen. Im Gegensatz zu früher, als unsere finanzielle Situation noch einen Einsatz von bezahlten Arbeitskräften möglich machte, müssen wir mittlerweile alle Aufgaben unserer Gemeinschaft auf ehrenamtlicher Basis durchführen. Wir können deshalb jede Hilfe gebrauchen, denn wenn sich die Belastungen auf mehrere Schultern verteilen, wird es für den Einzelnen auch wieder leichter zu tragen. Wir sind in der Lage, viermal im Jahr einen durchaus lesenswerten Heimatbrief heraus zu geben, der von über 3.000 Abonnenten jedes Mal sehnsüchtig erwartet wird. Wir können eine sehenswerte Samlandausstellung präsentieren, die auch Nicht-Ostpreußen einen informativen Überblick zur Geschichte und Kultur des Samlandes vermittelt. Bei unserem Kreistreffen konnten wir um die 100 Besucher begrüßen. Wir haben einen guten und herzlichen Kontakt zu den politisch Verantwortlichen und den Heimatverbänden in unserem Patenkreis, was wir regelmäßig an der Zahl unserer Ehrengäste beim Kreistreffen wahrnehmen können. Aber: wir müssen uns der Frage stellen, was unter den veränderten Umständen – rückläufige Mitgliederzahlen und damit einhergehende Spendenabnahmen noch 4 Wir wollen Sie schon jetzt auf die Vorstandswahl im September 2016 hinweisen. Vielleicht haben Sie ja Interesse, für ein Amt zu kandidieren, um uns zu unterstützen? Dazu muss man kein Ortsvertreter sein, jedes Mitglied der Kreisgemeinschaft Fischhausen – also jeder Leser des Samlandbriefes – kann sich zur Wahl stellen oder vorgeschlagen werden. Falls Sie Fragen dazu haben, nehmen Sie Kontakt mit uns auf, eine Entscheidung muss noch nicht gleich gefällt werden, Sie können in Ruhe darüber nachdenken. An dieser Stelle sei auch unseren fleißigen und aktiven Ortsvertreterinnen und Ortsvertretern gedankt, die sich teils schon seit Jahrzehnten mit großem Einsatz um ihre Gemeinschaften bemühen und großartige Treffen veranstalten. Sie sind das Rückgrat und die Basis unserer Heimatarbeit. Auch hier ist Unterstützung durch Jüngere angebracht. Sprechen Sie Ihre Ortsvertretung doch einmal an, wie Sie helfen könnten. (An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass es sinnvoll ist, Anschriftsänderungen und Todesfälle direkt an Ihre Ortsvertretung zu melden. Diese sollten dann Ihre Mitteilungen an die Geschäftsstelle weitergeben. Dieses ist der beste Weg, um die Belastungen für die nur noch ehrenamtlich geführte Geschäftsstelle zu begrenzen.) Wir kommen aber nicht darum herum, es deutlich auszusprechen: Leider wird unsere wirtschaftliche Situation mit abnehmender Mitgliederzahl schwieriger. Für das Jahr 2014 mussten wir einen Rückgang der Spenden um 9 Prozent feststellen! Wenn die Auswertung für 2015 zwar noch aussteht, so kann man doch ganz eindeutig die Marschrichtung erkennen. Auch hier hilft kein Weinen und Klagen, wir müssen nachdenken, wie wir mit diesen Einschränkungen umgehen können. Eine Möglichkeit wäre, verstärkt Werbung für den Samlandbrief im Verwandten- und Bekanntenkreis zu machen. Je mehr Leser wir haben, umso günstiger wird das einzelne Heft in der Herstellung, verlieren wir Leser, so sind die Einsparungen minimal. Vielleicht fällt Ihnen jemand ein, der sich für das Samland interessiert? Wir schicken Ihren Angehörigen gerne ein Probeheft zu. Wir möchten uns bei allen Mitgliedern, Lesern und Spendern bedanken, dass Sie uns die Treue halten und mit Ihren Beiträgen der verschiedensten Art für die weitere Existenz unserer Kreisgemeinschaft und des Heimatbriefes gesorgt haben und weiter sorgen. Wir bitten Sie deshalb sehr herzlich, auch zukünftig Ihre Spendendittchen für den Heimatbrief nicht zu vergessen, jede noch so kleine Spende zählt. Wir sind zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft gemeinsam noch einiges auf die Beine stellen können. Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen eine besinnliche Adventszeit, ein friedliches Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr, und - bleiben Sie gesund. Klaus A. Lunau - Kreisvorsitzender - Marion Gehlhaar - Stellvertretende Vorsitzende - Monika Ziegler - Schatzmeisterin - 5 Liebe Landsleute aus dem Landkreis Königsberg, liebe Freunde unseres Landkreises! P assend zum ersten Advent werden Sie diesen Samlandbrief in Empfang nehmen können. Ich bin sicher, dass er Ihnen wieder viel Neues und Interessantes bringen wird und hoffe, dass Sie in der Vorweihnachtszeit Muße haben, ihn in Ruhe zu lesen. Trotzdem dürfen wir nicht verzagen und müssen mutig in die Zukunft sehen. Das ist das wichtigste, was wir uns für Weihnachten und das Neue Jahr vornehmen sollten; denn das war es, was uns trotz aller schweren Schicksalsschläge ausgezeichnet hat. Vor uns liegen das Weihnachtsfest und das Jahr 2016. Wir haben Frieden in unserem Land, auch wenn die große Not, die allenthalben auf der Welt herrscht, nun auch an unsere Türen klopft. Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommen wird, wir wissen aber, dass wir wohl nicht mehr auf der „Insel der Seligen‘“ leben werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute im Jahr 2016. Ihre Gisela Broschei Kreisvertreterin Heimatkreisgemeinschaft Königsberg-Land Das Ende des Samland-Museums in Minden S o ändern sich die Zeiten! Im Jahre 1955 war es der Kreis Minden, der unserer Kreisgemeinschaft von sich aus anbot, im neuerbauten Jugendheim auf der Lutternschen Egge ein Königsberger Zimmer einzurichten. Zur Ausstattung des Zimmers übersandte die Heimatkreisgemeinschaft dem Landkreis einige Bilder und Bücher aus der Heimat. Der Fischer Richard Kiemusch fertigte einen Kurenwimpel an, mit Symbolen und Erinnerungsstücken wurde die Sammlung erweitert. Das war der bescheidene Anfang unserer Museumstätigkeit. 6 Mit dem Bau des neuen Verwaltungsgebäudes der Kreisverwaltung MindenLübbecke in Minden, Portastraße 13, wurde ein Ostpreußenzimmer mit Büro zum Unterbringen der Kreisakten und der Heimatkartei eingeplant. Nach Fertigstellung der vorgesehenen Räume Ende 1975 zog die Kreisgemeinschaft in das neue Gebäude. Um mehr Ausstellungsstücke zur Verfügung zu haben, wurden die Landsleute aufgerufen, der Kreisgemeinschaft Erinnerungsstücke aller Art zur Verfügung zu stellen. Der Aufruf hatte Erfolg: Ur- kunden, Bilder, Modelle, Zeichnungen, Pläne von Gebäuden, Landwirtschaft, Fischerei, Handel, Handwerk wurden zur Verfügung gestellt, ebenso auf der Flucht getragene Kleidungsstücke und Lederzeug. So wurden wir u.a. Besitzer des Sattels unserer langjährigen Kreisältesten, Gerda Weiß, mit dessen Hilfe sie ihre Flucht von Fuchsberg, Kreis Königsberg, bis Syke in Niedersachsen geschafft hatte. Durch die Aktion konnte die Kreisgemeinschaft die Heimatstube einigermaßen wirklichkeitsgetreu und repräsentativ darstellen. Mit wie viel Engagement und Verständnis unser Patenkreis unsere Belange unterstützte, zeigt die Tatsache, dass er uns die Räume am 22. Oktober 1975 in einer gemeinsamen Sitzung übergab. Deshalb war es auch von unserer Seite selbstverständlich, diese Räume dem Kreis wieder zur Verfügung zu stellen, als dieser sie für seine erweiterten Aufgaben benötigte. Auch jetzt löste der Kreis das Problem und stellte uns im Ge- Der Kurenkahn ist eines der besonderen Stücke im Samlandmuseum. Foto: Laubstein genzug vier schöne Ausstellungsräume im inzwischen als Kommunalarchiv genutzten alten Kreishaus zur Verfügung. Schließlich kam es für unsere Geschäftsstelle und die heimatlichen Sammlungen zu dem idealen Standort, als das englische Militär 2001 aus Minden abzog, und wir in die obere Etage der ehemaligen Defensionskaserne am neugestalteten Simeonsplatz einziehen konnten. Hier glaubten wir nun eine endgültige Bleibe gefunden zu haben. Der von Richard Kiemusch gefertigte Kurenwimpel verwist auf den Ort Schaaksvitte. Foto: Laubstein Umso größer war die Bestürzung, als uns der Kreis Minden-Lübbecke im Spätsommer 2015 eröffnete, dass wir zum Jahresende 7 Geschäftsstelle und Samland-Museum zu räumen hätten. Die Organisation des gesamten Preußen-Museums sei, so erklärte man uns, auf den Landschaftsverband Lippe in Münster übergegangen und dieser habe vor u.a. unsere Räume wirtschaftlich zu nutzen. Der Kreis könnte nicht mehr über das PreußenMuseum befinden. unseres Treffens im September 2015 die heimatlichen Exponate, die nicht in Lüneburg Aufnahme finden können, unseren Besuchern gegen eine kleine Spende anboten. Heimatliche Erinnerungen, die Stück für Stück gesammelt, mit viel Fleiß und Ausdauer geordnet und präsentiert worden waren, mussten nun auseinandergerissen werden. Uns blieb nichts anderes übrig, als insbesondere für unsere Archivalien und Ausstellungsstücke eine neue Bleibe zu suchen. Es boten sich Gott sei Dank für die Akten und Dokumente das Kulturzentrum im Schloss Ellingen und für die Exponate das Ostpreußische Landesmuseum Lüneburg an. Uns blieb nur der kleine Trost, dass die besonders schönen Kostbarkeiten in dem wunderbaren Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg und in Schloss Ellingen aufbewahrt werden. Auch die Landsleute, die einzelne Stücke erwarben, werden sie sicher in Ehren halten. Wir haben uns gefreut, dass z.B. Georg Gau aus Groß Ottenhagen das Modell der Ordenskirche aus Groß Ottenhagen und Tatjana Gräfin Dönhoff das Modell des Schlosses Friedrichstein in ihre Obhut nahmen. Das bedeutet natürlich nicht, dass dort Samland-Museen, wie eines in Minden bestand, eingerichtet werden können. Die Gegenstände werden, soweit möglich, in die dortigen Bestände eingegliedert. Das wir das erreichen konnten, darüber sind wir trotz allem froh. Ein anderes Kapitel ist unsere Geschäftsstelle. Hier sind wir noch im Gespräch mit unserem Patenkreis, der uns versicherte, an seiner Patenschaft festzuhalten. Der Verlust unseres Museums wurde besonders deutlich, als wir anlässlich Um auf den Anfang zurückzukommen: Was im Jahre 1955 mit viel Verständnis und Entgegenkommen seitens des Kreises Minden begann, wurde 2015 mit einem Federstrich beendet. Ihre Gisela Broschei Kreisvertreterin Schöne Tage - nicht weinen, dass sie vergangen, sondern lächeln, dass sie gewesen. 8 Rabindranath Tagore Meine lieben Cranzerinnen und liebe Cranzer, liebe Landsleute aus den Nachbarorten und Freunde von Cranz! D as Herbstsemester hat es meiner Frau und mir ermöglicht wieder für vierzehn Tage in der Heimat gesunde Luft zu schnuppern. Zwar wurden wir mit leichten Regenschauern empfangen, doch zwischendurch gibt es immer Pausen, in denen man die Umgebung erkunden kann. Doch zunächst eine kurze Rückschau. Das Jahrestreffen in Pinneberg haben wir – gesamt gesehen – gut über die Runden gebracht, wenn auch die Anzahl der Cranzer Besucher überschaubar war. Sehr erfreut hat uns jedoch die Anwesenheit von Angehörigen der dritten Generation. Der Tod unserer Hilde Lehmann geb. Borchert hat leider eine große Lücke in unsere Gemeinschaft gerissen, hatte sie doch bis zuletzt den weiten Weg vom Schwarzwald bis nach Pinneberg nicht gescheut und war zu jedem Kreistreffen und Cranzer Treffen nach Pinneberg gekommen. Als eine unserer ältesten ehemaligen Cranzerinnen war sie eine unerschöpfliche Wissensquelle, die noch vieles aus eigener Anschauung erzählen konnte. So lichtet sich die Reihe der Erlebnisgeneration zunehmend und wir können über jede schriftliche Darstellung, die über das Leben der Menschen im alten Cranz berichtet, dankbar sein. Beim Stöbern in alten Samlandbriefen fielen mir Gedichte über Cranz von Die zugefrorene Ostsee vor Cranz ist ein reizvoller Spielplatz für die Kinder. Aufnahme aus den 20er oder 30er Jahren. Foto: priv. 9 Werner Krause in die Hände. 1988 hat Krause seine Heimatgedichte unter dem Titel „Erinnerungen an den Samlandstrand“ als Sammelwerk herausgegeben, das von Werner Jonas und Arno Scholz mit netten Illustrationen versehen wurde. Werner Krause wurde 1911 als echter Cranzer Bowke geboren. Er studierte in Königsberg und Freiburg. In den Jahren 1972 bis 1984 wurden viele seiner Gedichte im Samlandbrief veröffentlicht. Außerdem hat Krause mehrere Bücher und Broschüren über unsere Heimat verfasst. Die Beschreibungen von Krause über unsere Heimat sind so wirklichkeitsnah und schön geschrieben, dass wir in unregelmäßigen Abständen durchaus auch einen „älteren“ Autoren wieder zu Wort kommen lassen sollten. Ich werde mich bemühen die gesammelten Werke aufzutreiben, um sie dann eventuell zum Selbstkostenpreis anbieten zu können. ich unter Umständen einmal vergesse zu antworten! Bitte nicht böse sein, aber ich glaube, dass mir bei meinem „jugendlichen“ Jahrgang so etwas schon einmal passieren darf! Danke auch für die Spenden für unsere Geburtstagskarten und den Gedenkstein. Ich kann es nur immer wieder sagen: Kommen Sie mit Ihren Angehörigen und Freunden nach Cranz! Es mausert sich die Stadt immer mehr zu einem gemütlichen Kurort. Wir wünschen Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtzeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ihr/Euer Klaus A. Lunau und Frau Valentina Bahnhofstr. 14, 30853 Langenhagen Ich möchte nicht versäumen, mich für die vielen Zuschriften zu bedanken. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Januar Der neue Weg ist nun beschritten, mit frischer Kraft geht es voran. Das Jahr verbirgt noch seine Schätze, die jeder von uns finden kann. Das Jahr verbirgt noch seine Schmerzen, Gefahr, die uns am Weg bedroht. Am Himmel fern ein fahles Leuchten. Ist‘s Feuersbrunst? Ist‘s Abendrot? Ein kalter Wind weht uns entgegen. Es knirscht der Schnee, es naht die Nacht. Da blinkt ein Stern wie stiller Segen, als ob er sagt: ihr seid bewacht! 10 Werner Krause Liebe Neukuhrener! W enn Sie dieser Heimatbrief erreicht, neigt sich das Jahr 2015 seinem Ende zu. Ich stehe nun vor der schweren Aufgabe, einen Beitrag für die 208. Folge des Samländischen Heimatbriefes „Unser schönes Samland“ zu liefern. Wahrlich eine „Herkulesaufgabe“ ! Nach dem zukunftsorientierten Bericht in der 207. Folge über unser diesjähriges Ortstreffen in Timmendorfer Strand will ich mich diesmal mit einem Bericht aus der Vergangenheit des ehemaligen Ostseebades Neukuhren an Sie wenden. „Die Kette der Ostseebäder, welche sich längst der samländischen Steilküste dahinzieht, hat in dem bekannten Badeort Neukuhren eines ihrer schönsten Glieder. Neukuhren gehört fraglos zu den ältesten Badeorten, welche wir in Ostpreußen haben, vielleicht zu den ältesten Ostseebädern überhaupt. Die landschaftlichen Reize brachten es mit sich, dass der Ort von Naturfreunden und Erholungssuchenden zu einer Zeit aufgesucht wurde, als das Badeleben in Ostpreußen noch in den Kinderschuhen steckte. Nicht nur der schönste Spielplatz für kleine und große Kinder, sondern auch der Ruheplatz für Erholungssuchende ist der Strand. Der Neukuhrener Strand wird durch 15 lange in die See hinaus gebaute Buhnen gegen das unermüdlich an der Küste nagende Meer geschützt. Oben auf dem bis 30 Meter hohen Steilufer befindet sich die 700 Meter lange Uferpromenade mit zahlreichen bequemen Sitzplätzen, von der aus man die herrliche Aussicht auf das Meer und bei klarem Wetter bis zu den mächtigen Sanddünen der Kurischen Nehrung hat. An der Uferpromenade liegt auch das der Gemeinde gehörige Kurhaus, das schönste der samländischen Küste. Weiterhin nach Osten führt der neu ausgebaute, befestigte Weg, auf der einen Seite vom Meer, auf der anderen Seite vom Wald begleitet, bis zur Pracherschlucht. Der Außenbereich des Kurhauses lud die Badegäste zum Verweilen ein. Foto: priv. Neukuhren hat in dem hart am Westrand des Ortes gelegenen Lachsbachtal einen Naturpark von ganz besonderer Schönheit. Tief unten im Tal rauscht der Bach. Steil, an vielen Stellen fast senkrecht, stürzt das Ufer auf die Neukuhrener Seite zum Bach ab, sanfter auf der anderen Seite. Im Tal befindet sich 11 große Pilzreichtum. Der Kenner kann sich in kurzer Zeit ohne große Mühe eine reichliche und wohlschmeckende Mahlzeit zusammensuchen. Das wildromantische Lachsbachtal. Sammlung: Klemm Westlich von Neukuhren in der durch die vorspringende Wanger Spitze gebildeten natürlichen Bucht liegt der Seehafen, im Süden und Westen durch die Küste, im Norden und Osten durch lange in die See hinausragende Molen abgegrenzt. Die Entwicklung des Fischereibetriebes, die in steigendem Maße zur Verwendung starker seetüchtiger Motorkutter führte, machte die Anlage dieses Schutzhafens an der an Stürmen so reichen Samlandküste dringend notwendig. Es sind jetzt 20 solcher Motorkutter, eine Anzahl von Segelbooten, sowie die dem Ausflugsverkehr dienenden Motorboote im Hafen von Neukuhren. Nachdem die 1924 vollendete Verbindung der Nordmole mit der Wanger Spitze der inneren Versandung des Hafens durch die vom Küstenstrand mitgeführten Sandmassen vorgebeugt ist, wird an der der Spielplatz, auf dem der Neukuhrener Sportverein seine Fußballschlachten gegen auswärtige Vereine ausficht. Oberhalb der langen Bahnüberführung der Samlandbahn führt der Weg zum Borstenstein, einem riesigen, durch irgendeine Naturgewalt in zwei Teile gespaltene Felsblock. Der Spalt ist so breit, dass ein Mensch hindurchgehen kann. Es geht die Sage, dass er sich schließt, wenn der Hindurchgehende am selben Tag gelogen hat. Eine besondere Eigenschaft des Lachsbachtales ist der Die Schutz bietende Hafenanlage Neukuhrens. 12 Sammlung: Klemm Vertiefung des Hafenbeckens und der an der Nordostecke gelegenen Einfahrt gearbeitet. Im Hafengebiet befindet sich eine Rettungsstation für in Seenot geratene Schiffe. Interessant ist es besonders für den Binnenländer, dem Betrieb im Hafen zuzuschauen, wie die Fischerboote auslaufen und nach dem Fang zurückkehren, wie die Fische verladen, Netze zum Trocknen aufgehängt und geflickt und Angeln mit Köderfischen besteckt werden. Einen herrlichen Ausblick bietet an Sturmtagen die haushoch an der Nordmole aufspritzende Brandung. Oberhalb des Hafens liegt die Fischersiedlung, die den Fischerfamilien Unterkunft bietet. Sie wurde in den Jahren 1920 bis 1922 gebaut und bildet mit ihren schmucken, in sauber gehaltenen Gärten gelegenen Häusern ein Dörfchen für sich. Im Hafen befindet sich eine Untersuchungsstation zur Erforschung der Wasserfauna unter Leitung der Universität Königsberg. In Verbindung hiermit befindet sich im Kurhaus ein Schauaquarium, in welchem in 34 Schaubecken Fische, Tiere und Pflanzen der Ostsee und der Samländischen Binnengewässer gezeigt werden. Es ist dieses das einzige Aquarium der gesamten Ostseeküsten. Aus dem wenigen, was bisher auf beschränktem Raum über die Schönheiten Neukuhrens und des Samlandes gesagt werden konnte, geht bereits zu Genüge hervor, dass sich in der Nähe des Badeortes Neukuhren eine Reihe von Punkten befindet, die als empfehlenswerte Ausflugsorte für Badegäste aus Neukuhren zu empfehlen sind. Hier ist in erster Linie das bekannte Ostseebad Cranz im östlichen Samland zu nennen, das in einer verhältnismäßig kurzen Eisenbahnfahrt von 20 Minuten zu erreichen ist. Von Cranz aus kann man ohne große Mühe die Kurische Nehrung mit der weltbekannten Vogelwarte Rossitten erreichen. Ein Spaziergang von ca. 90 Minuten von Neukuhren nach Rauschen offenbart dem Wanderer weitere Reize des schönen Samlandes. Als weitere Ausflugsorte von Neukuhren aus werden Warnicken, die Endstation der Samlandbahn, mit dem Warnicker Park und der Wolfsschlucht sowie von dort aus nach kurzer Wanderung in westlicher Richtung die Orte Groß-Kuhren und Klein-Kuhren mit dem Wachbudenberg und dem Ort Finken genannt.“ Neukuhrener Fischer und ihre Frauen bei der Arbeit. Sammlung: Klemm Soweit die Ausführungen eines unbekannten Autors, 13 Die Seebergpromenade auf einer Aufnahme aus den 30er Jahren Foto: priv. der das schöne Ostseebad Neukuhren in seiner Struktur vor ca. 90 Jahren beschrieben hat. Aber auch wir, die wir diese Zeit nicht erlebt haben, erinnern uns gern an unsere unbeschwerte Zeit in Neukuhren und wissen jetzt, was wir durch den unseligen Krieg für immer verloren haben. Es besteht nun bei einigen unserer Landsleute der Wunsch, noch einmal das heutige Neukuhren zu besuchen. Das wurde bereits bei unserem 23. Ortstreffen deutlich. Ich habe am 5. Oktober eine E-Mail von Brunhild Fricke, geb. Mazannek, bekommen, mit der sie mir mitteilt, dass sie mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn gern eine Fahrt in die „verlorene Heimat“ machen möchte und auf der Suche nach Gleichgesinnten ist. Wir sollten uns daher Gedanken machen, ob wir im kommenden Jahr unser Vorhaben verwirklichen und eine gemeinsame Fahrt nach Neukuhren und Umgebung durchführen könnten. Ich habe bereits zu einigen Landsleuten 14 Verbindung aufgenommen, um zu einer Meinungsbildung zu kommen. Wenn bei Ihnen Interesse an einer solchen Fahrt besteht, wenden Sie sich bitte an mich. Liebe Neukuhrener, wir freuen uns nun schon auf das nächste Ortstreffen am 23. April 2016 im Hotel „Gorch Fock“ in Timmendorfer Strand. Ich hoffe, dass wir uns dann alle gesund und in alter Frische wieder sehen werden. Bitte denken Sie an die rechtzeitige Zimmerbestellung. Schon heute wünschen meine Frau und ich Ihnen eine besinnliche Adventszeit sowie ein gutes und erfolgreiches Jahr 2016. Unseren kranken und nicht mehr reisefähigen Landsleuten wünschen wir alles Gute und baldige Genesung. Mit lieben heimatlichen Grüßen Ihr Ortsvertreter Dieter Weiß Flucht von Kobbelbude ins dänische Lager Klövermarken A m 25. Januar 1945 ging Mutter mit uns zehn Kindern auf die Flucht. Ich war damals knapp zwölf Jahre alt. Papa war beim Volkssturm. Den Treckwagen bekamen wir vom Hofgut Caspari zur Verfügung gestellt. Alte Leute und kleine Kinder fuhren mit, wir älteren Kinder liefen hinterher. Wir übernachteten in verlassenen Häusern, Scheunen und Ställen. Stalinorgel waren furchtbar, die Stadt verwüstet: Überall hingen Metallbalkone herab, in den Straßen waren Bombentrichter. Eines Abends brachen wir zum Hafen auf. Schwester Christel ließ ihren Koffer am Straßenrand stehen: „Auf Wiedersehen.” Er war ihr zu schwer geworden. Da noch kein Schiff da war, übernachteten wir ein letztes Mal in einer großen Halle. Überall Menschenmassen. Am Morgen lag das große Passagierschiff „Deutschland” nicht im Hafenbecken, sondern etwas weiter draußen. Wir wurden mit kleinen Booten dorthin gefahren, kletterten über Strickleitern an Bord. Meine Mutter und hilfreiche Matrosen trugen die kleinsten Geschwister auf Unbeschwerte Kindheit: mit der Oma in Kobbelbude, um 1937. Foto: priv. dem Arm. Die Jüngste, Irma, war noch Ein Nachbar betreute den Wagen, ver- nicht einmal ein Jahr alt. schwand allerdings in Zinthen plötzlich Als wir an Hela vorbei fuhren, sahen mit dem Fuhrwerk. Zum Glück war hier unser älterer Bruder Kurt bei den Pan- wir den Bug untergegangener Schiffe zergrenadieren stationiert. Er half uns, aus dem Wasser ragen. Dass unser mit mit einem Wehrmachts-Lkw bis nach Flüchtlingen überfülltes Schiff einst ein Luxus-Passagierdampfer war, zeigte Danzig zu kommen. ein Blick in Kabinen mit Badewannen, Von Danzig ging es nach Gotenhafen, in denen das Wasser gespenstisch hin dort blieben wir eine Woche in einem und her schwappte. Nach einige Tagen verlassenen Haus. Die Geräusche der Fahrt stand das Schiff stundenlang still 15 Kinder der Familie Diester im Lager Klövermarken, 1946. Foto: priv. auf hoher See. Wir hatten Angst, dass uns ein Torpedo getroffen hatte, waren jedoch auf eine Sandbank aufgelaufen. Nach der Ankunft in Kopenhagen wurden wir nacheinander in zwei Schulen untergebracht: der Bellahøj-Schule, wo Stadt hinter Stacheldraht: Flüchtlingslager Klövermarken bei Kopenhagen. Foto: Wikipedia 16 Mitte 1945 über tausend Flüchtlinge untergekommen waren, und der KirkebjergSchule. In einer der beiden schliefen wir in einem Klassenzimmer auf den Pulten. In der anderen in den Waschräumen auf Stroh. Rund um Kopenhagen waren sämtliche Schulen von der deutschen In den Baracken schliefen wir in Etagendoppelbetten. Der Kanonenofen gab nicht viel Wärme ab – wir Umsitzenden haben eher den Ofen gewärmt. Unter den Baracken, die auf Pfählen standen, suchten wir Kinder nach Brennholz. Aus neu errichteten, noch leeren Baracken holten wir die Abfälle der Arbeiter, um sie zu verfeuern. Das war unsere Tagesbeschäftigung. Konfirmationsattest, unterschrieben vom dänischen und deutschen Pfarrer. Foto: priv. Besatzungsmacht zur Unterbringung der Flüchtlinge beschlagnahmt worden. Als nach Kriegsende dadurch kein Unterricht für die dänischen Schüler in ihren eigenen Schulen möglich war, baute die dänische Regierung ab Herbst 1945 ein Barackenlager für 19.000 Flüchtlinge auf dem Gelände des Kleinflugplatzes Klövermarken. Dorthin kamen auch wir Ende des Jahres 1945. Das Lager wurde ständig erweitert. Neue Baracken schossen wie Pilze aus dem Boden. Die Verpflegung war knapp und eintönig. Wässrige Grütze wurde geschlagen, bis sie als dicklicher Brei am Teller klebte. Dann haben wir Kinder aus Spaß die Teller umgedreht, ohne dass die Grütze abfiel. Mit einer Schöpfkelle füllten wir Rübentee in unsere Kanne ab. Für die kleinen Kinder gab es bläuliche Milch. Von ihnen haben viele die Lagerzeit nicht überlebt. Wir haben gesehen, wie tote Babys auf der Ladefläche von Lkws abtransportiert wurden. Dazu passen die Rechercheergebnisse der dänischen Ärztin Kirsten Lylloff, die sich über die hohe Zahl von deutschen Säuglings- und Kindergräbern auf einem dänischen Friedhof gewundert hatte. Von den mehr als 13.000 Flüchtlingen, die in dänischen Lagern starben, waren über die Hälfte Kinder unter fünf Jahren. Die meisten, so die Ärztin, an durchaus heilbaren Krankheiten wie Scharlach, Magen- und Darminfektionen. 17 An medizinische Versorgung kann ich mich nur in der Anfangszeit erinnern, als wir unter deutscher Besatzung noch in den Schulen untergebracht waren. Meine Schwester Liesbeth wurde an den Augen operiert, und wir durften sie in der Klinik besuchen. Als wir Kinder uns vor einer Bäckerei in der Stadt sehnsuchtsvoll die Nasen am Schaufenster platt drückten, kam die Bäckersfrau heraus und drückte uns schnell eine Tüte voll Backwaren in die Hand. Bei diesem Ausflug besuchten wir auch die Erlöserkirche, um deren Turm sich ringsum eine Treppe mit Geländer windet. Dort stiegen wir hinauf und hatten einen Ausblick über Kopenhagen. ganz austreiben. Ein dänisch geradebrechter Satz, mit dem am Lagerzaun die Wachsoldaten angesprochen wurden, ist mir noch im Gedächtnis: Tysk pige, elsker dig, har du en skod for min mor? (Deutsches Mädchen, ich liebe dich. Hast du eine Zigarettenkippe für meine Mutter?) An Schulunterricht kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an meine Konfirmation im April 1947 in der evangelischen Kirchenbaracke in Klövermarken. In In Klövermarken durften wir das Lager nicht mehr verlassen. Das Gelände war mit einem mannshohen Stacheldrahtzaun umgeben, Posten liefen Wache. Ich erinnere mich, dass einmal ein Wachposten ins Lager kam, meinen kleinen Bruder Herbert auf den Arm nahm und ihm ein üppig belegtes Smörrebröd, ein dänisches Butterbrot, gab. Diese Freundlichkeit hat man dem Posten wohl übel genommen. Danach durften unsere Bewacher uns nicht einmal mehr Äpfel über den Zaun werfen. Der auf der anderen Seite stehende Apfelbaum war für uns unerreichbar. Das konnte den Kindern ihre kessen Sprüche jedoch nicht 18 Konfirmationsurkunde von Herta Diester vom 13. April 1947. Foto: priv. Die Familie Diester wieder vereint in Süddeutschland, Weihnachten 1955. Foto: priv. Zweierreihen gingen wir nach vorne, um von zwei Pfarrern eingesegnet zu werden: dem deutschen Pfarrer Walter Kienitz und dem dänischen Pfarrer Aage Paulsen. Das nette dänische Pfarrerehepaar besuchte unsere Familie später in Süddeutschland und schenkte uns einen Flickenteppich und ein Bild mit einem Engel, der schützend seine Arme über zwei Kinder breitet. Nachdem die Flüchtlingsrückführungen in die Zonen des besetzten Deutschlandes anliefen, fuhren wir im Sommer 1947 über Kolding in die amerikanische Zone. In Dürrenmettstätten (BadenWürttemberg) blieben wir jedoch nicht als Familie zusammen, sondern wurden den einheimischen Bauern vorgestellt, die ihnen geeignet erscheinende Kinder als Arbeitskraft auswählten. So kam es, dass alle Kinder ab zwölf Jahren auf verschiedene Bauernhöfe verteilt wurden. Ich arbeitete also als Vierzehnjährige bei einem Bauern auf dem Feld, musste alleine den Pflug mit Ochsen führen. Nach einigen anderen Stationen kamen wir in dem Städtchen Sigmaringen alle wieder zusammen. Wir erhielten als Flüchtlingsfamilie dort auf dem Hofgut „Amerika” ein leer stehendes Haus – wieder eine Baracke, aber diesmal eine größere. Vater, der als Koch in Gefangenschaft in Österreich war, kehrte zu uns zurück. Die Familie war wieder vereint. Herta Erler Kreisgemeinschaft Fischhausen e.V. im Internet: www.kreis-fischhausen.de 19 Überleben in Grünwalde 1945 - 1948 V orweg möchte ich erwähnen, dass unser Wohnort Gut Grünwalde war und zur Gemeinde Woydiethen gehörte. Schul- und Kirchort war Heiligenkreuz. Ärzte, Bäcker und Fleischer befanden sich in Palmnicken. Also Weihnachten 1944 haben wir noch friedlich erlebt. Zwar ohne unseren Vater, der Soldat in Frankreich war. Urlaub gab es nicht mehr. Darüber waren meine Mutter, meine drei jüngeren Geschwister und ich sehr traurig. Meine Schwester Christel war 1945 sieben, mein Bruder Otto wurde im Mai 1945 sechs, der jüngste Bruder Gerhard im August 1945 drei Jahr alt und ich im Februar 1945 dreizehn Jahre. Es waren die ersten Tage im Januar 1945, als plötzlich russische Soldaten bei uns hielten. Sie waren mit einigen Schwimmwagen da. Wir waren mächtig erschrocken, ich sprang aus dem Fenster und wollte einen von den gefangenen Polen holen, die auf dem Gut arbeiteten. Sie hatten uns versprochen, falls die Russen kommen, wollten sie uns beschützen. Doch wo ich auch hinlief, überall waren russische Soldaten. Es war ein Spähtrupp. Sie haben sich uns gegenüber sehr gut benommen. Dann waren sie wieder weg und deutsche Truppen waren wieder da. Von nun an rückte die Front immer näher. Das Trommelfeuer war recht gut zu hören. Es kamen laufend Flüchtlingswagen, die meisten von der Elchniederung. Der Gutshof stand voll mit den Planwagen. Bei uns kamen drei Familien nacheinander zum Kochen, ebenso bei unserem Nachbarn, der Schweizer war. Die Fami- 20 lien waren im Herrenhaus bei den Gutsleuten Gettkant untergebracht. Es war ein schlimmer Zustand. Man rückte halt zusammen, dann ging es. Dann am 14. April 1945 kamen auch meine Großeltern und die jüngste Schwester meiner Mutter, Tante Oline, mit Pferd und Wagen zu uns. Lauknicken war bereits in russischer Hand. Die Front war schon ganz nah. Wir wurden bombardiert und ständig mussten wir Schutz im Wald hinter dicken Bäumen gegen Bordwaffenbeschuss suchen. Am 15. April 1945 war meine Mutter mit uns Kindern wieder im Wald. Wir suchten Schutz unter einem Dach, das auf Pfählen befestigt war. Ein deutscher Unteroffizier kam zu uns, der sagte meiner Mutter, wenn sie nicht gleich verschwinden würde, knalle er sie ab. Diese Worte habe ich nie vergessen. Die Soldaten rieten uns, wir sollten in ihren Bunker gehen. Sie müssten sowieso weiterrücken. Der Bunker war ziemlich stabil. Wir waren 18 Personen. Dann ging die Tür auf und ein Major sowie ein Oberleutnant kamen noch hinein. Sie waren nur kurze Zeit bei uns im Bunker, als der Spieß zu Pferd kam und die Meldung machte, dass der Feind in Scharen heranrücke. Daraufhin gab der Major den Befehl, die Stellung muss bis abends gehalten werden, dann verließen die „hohen Herren“ unseren Bunker. Der Befehl hatte dann auch Folgen. Weil noch kein Laub an den Bäumen war und der Bunker nahe am Waldrand stand, hatte der Feind ihn vom anderen Waldrand beobachten können. Es war eine große Wiese, die von drei Seiten vom Wald eingerahmt war, zwischen den Russen und uns. Erst wurden wir nur beschossen, doch dann waren wir von den Russen eingekreist. Sie warfen Granaten auf den Bunker. Die Stämme brachen entzwei. Viele waren verwundet und schrien. Da sagte meine Mutter: „Ich halte es nicht mehr aus!“ Sie hatte meinen kleinen Bruder auf dem Arm und riss die Tür einfach auf. Da habe ich vor Schreck laut geschrien. Ich sah, wie eine Kugel an ihrem Gesicht vorbeiflog. Doch dann haben die russischen Soldaten erkannt, dass nur Frauen und Kinder im Bunker waren. Von dieser Stunde an begannen Not und Elend. Zuerst wurden uns Ringe und Uhren abgenommen. Als wir dann ins Haus gehen wollten, dachte ich, wir wären in der Hölle. Der Kuhstall mit über 20 Milchkühen stand in Flammen. Alle Tiere waren verbrannt. Von den Flüchtlingswagen waren viele zerschossen. Federn und Daunen flogen im schwarzen Rauch; es war ein schrecklicher Anblick. Überall lagen tote Pferde herum. Als wir uns von dem ersten Schreck erholt hatten, kam schon die nächste Katastrophe. Denn Frauen und junge Mädchen wurden immer wieder vergewaltigt. Ein junges Mädchen von etwa 19 oder 20 Jahren, das bei uns im Bunker war, wurde sehr schlimm verletzt. Doch Rücksicht wurde überhaupt nicht genommen. Unseren Schweizer vom Gut nahmen russische Soldaten mit. Man hat nie wieder etwas von ihm gehört. Mit seiner Frau Anna Linder und seinen vier Kindern, Willi, Erika, Margarete und Elfriede, waren wir dann etwa vier Monate zusammen. Als wir wieder in unsere Wohnung kamen, meine Mutter, die Geschwister, die Großeltern, Tante Oline und ich, wollten die Russen gerade unseren Kleiderschrank aufbrechen. Mein Großvater hatte den Schlüssel und warf ihn den Soldaten über den Tisch zu. Dafür wollten sie ihn zuerst erschießen. Dann sollten die kleinen Kinder zu Bett gehen. Eine halbe Stunde später hieß es, wir müssen alle raus. So mussten wir in Eile die Geschwister anziehen. Meine Mutter machte den Kinderwagen fertig, obwohl ein Rad kaputt war. Meine Großmutter hatte die Schuhe meiner Schwester in der Hand. Als wir raus kamen, war es zwischenzeitlich ganz dunkel geworden. Es wimmelte von Russen, Panzern und anderen Fahrzeugen. Bei diesem Durcheinander wurden wir von den Großeltern und Tante Oline getrennt. Wir waren ein kleiner Treck, der zusammengebracht wurde. Keiner wusste, wo es hinging. Zuerst nach Klyken, dann ging es nach Woydiethen, dort in der Molkerei im Keller haben wir mit vielen anderen die erste Nacht verbracht. Andauernd kamen Soldaten, holten sich Frauen und junge Mädchen. Am frühen Morgen, als wir wieder auf die Straße kamen, war der Treck schon größer. Nun ging es in Richtung Sankt Lorenz. Das Problem war nur: meine Schwester hatte keine Schuhe, denn die hatte meine Großmutter zuletzt gehabt. So musste sie im Kinderwagen gefahren werden. An Proviant hatten wir nur zwei selbstgebackene Brote, die nicht lange vorhielten. Auch unsere Nachbarin mit ihren vier Kindern hatte nichts zu essen. Inzwischen wurde der Treck immer 21 größer. Übernachtet haben wir alle an einer Straßenkreuzung auf freiem Feld. Es regnete und schneite, es war schrecklich kalt. Die russischen Soldaten kamen von den befahrenen Straßen und holten sich wieder Frauen und junge Mädchen. Von Schlaf war keine Rede. Ein Schreien, Weinen und Jammern. Es war die Hölle. Am nächsten Tag ging es weiter Richtung Königsberg. Am dritten Tag nahmen die Russen allen Wagenbesitzern ihre Pferde weg. Die Wagen mit ihrem Hab und Gut wurden geplündert. Am fünften Tag kamen wir in Königsberg an. Man sah auch hier nur Trümmer. Wir kamen zu einem großen Haus, das ziemlich gut erhalten war und sich als Krankenhaus erwies. Hier bekamen wir zum ersten Mal heiße Suppe zu essen. Es gab viele leere Räume. In einem Raum lag ein toter deutscher Soldat auf einer Matratze. Im nächsten Raum gab es eine freie Matratze, da habe ich mich hingelegt. Es war früher Nachmittag, und ich habe bis zum nächsten Morgen durchgeschlafen nach fünftägigem Fußmarsch ohne Schlaf. Nun mussten wir uns nach einer Wohnung umsehen. Schließlich fanden wir im Oberrollberg Nr. 17 im Hinterhof ein Zimmer mit Küche. Es gab kein Wasser und kein Licht, aber wir hatten ein Dach über dem Kopf. Dort haben wir, meine Mutter mit ihren vier Kindern und unsere Nachbarin mit ihren vier Kindern sieben Wochen gelebt. Zum Essen gab es nichts. Meine Mutter suchte alle Keller und Ruinen ab. Oft hatte sie Glück. Aber da ja viele auf der Suche waren, gab es bald nichts mehr. Dann begann das Aufräumen. Meine 22 Mutter, Frau Linder und ich mussten mit vielen anderen die Straßen frei schippen. Leichen und Pferde kamen in Bombentrichter, die dann zugeschüttet wurden. Am Abend gab es 200 Gramm Brot und ein paar Kartoffeln. Das Wasser mussten wir von einem bestimmten Platz holen, ob es ein Rathaus war, weiß ich nicht, dort gab es auf jeden Fall einen Brunnen im Garten. Ein Eimer war angebunden, so mussten wir das Wasser aus der Tiefe hochdrehen. Nach sieben Wochen haben wir uns dann wieder auf den Heimweg gemacht, denn es war in Königsberg nichts Essbares mehr zu finden. Auf dem Weg nach Hause haben wir nur von Rhabarber aus den verlassenen Gärten gelebt. Endlich kamen wir nach Grünwalde. Wir fanden gänzlich leere Räume vor. So sind wir dann weitergegangen bis zum Forsthaus. Dort waren auch schon einige aus unserer Gegend, doch die Frauen wurden ständig von Soldaten belästigt, obwohl es nicht mehr erlaubt war. Es war schon ein wenig ruhiger geworden. Ab und zu bekamen wir mal ein Brot von Soldaten, die Mitleid mit uns Kindern hatten. Sauerampfer und Brennnesseln waren unsere Hauptnahrung. Wir hatten immer Hunger. Dann tauchte am zweiten Tag am Forsthaus unser Hund Rolf auf. Er freute sich unbändig. Er sprang mir fast über den Kopf. Am nächsten Tag wurden wir dann mit Pferd und Wagen nach Heiligenkreuz gefahren. Unser Rolf sprang immer freudig umher, dabei wurde er von einem entgegenkommenden Lastwagen überfahren. Es war schrecklich, ich habe bitterlich geweint. Aber im Grunde war es wohl das Beste. Nun wussten wir, dass er tot war. Schließlich hatten wir uns um ihn auch Sorgen gemacht und uns gefragt, wo er abgeblieben oder was mit ihm geschehen war. Denn Grünwalde lag unter Kreuzfeuer und die Kanonen ruhten noch nicht, als wir den Ort am 15. April 1945 verlassen mussten. Nun nach sieben Wochen war Stille eingekehrt. In Heiligenkreuz waren wir auch nur kurze Zeit. Es gab dort nichts zu essen und es war auch nichts mehr zu finden. So sind wir in die andere Richtung gegangen, in der Hoffnung die Großeltern und Tante Oline zu finden. In Plinken trafen wir dann einige Familien, die wieder heimgekehrt waren, so sind wir und Frau Linder mit ihren Kindern erst einmal auch dageblieben. (wird fortgesetzt) Alma Kunze Liebe Freunde des Kirchspiels Germau! W ie einige von Euch wissen, war ich Mitte September 2015 in Königsberg und im Samland. Die August-Reise war leider schon früh ausgebucht, aber dafür beschenkte uns der September mit Sonne und 28 Grad am Tage. Die Nehrungsbesucher freuten sich, zwei Elche gesehen zu haben, was ja seltener passiert. Es ist ein gutes Pilzjahr, wir kauften welche am Straßenrand unterhalb von Germau am „Verlobungsweg“. Germau glänzt nun mit zwei Neubauten am Markt, in denen sich Läden befinden, mit Leuchtschrift wird um Kunden geworben. Das Gutshaus Trulick ist abgebrannt, in dem zwei Familien Obdach hatten. Auch das Haus Baumeister in Kirpehnen ist durch Dacheinsturz zur Ruine geworden. Ein Besuch bei Oleg in Krattlau gehört dazu: Hier Hannelore Streich gemeinsam mit Oleg und seiner Mutter. Foto: Ewgeni Snegowski Zwischen den Siedlungen Liebenau und dem Palmnicker Berg sind größere Anwesen entstanden, so sind rege Bautätigkeiten am Ende des „Katzensteiges“ zu beobachten neben Post- und Saunahaus. 23 Bonkowskis Haus hat neue Fenster bekommen wie auch das Armenhaus gegenüber. In Kirpehnen hat man von Bauer Bachmann gesammelte Quittungen gefunden und mir mitgegeben. Dieses Mal habe ich mir die Lage der Domäne Nodems genau erklären lassen, während wir reichlich Brombeeren vom Wegesrand vernaschDas frühere Gästehaus Schories wurde sehr ansprechend restauriert. ten. Der Ortsplan, von Herrn Gegenüber befand sich das Ladengeschäft der Großeltern von Otto Blömke angefertigt, ist Hannelore Streich. Foto: Ewgeni Snegowski im Museum in Palmnicken zu finden. Palmnicken bereicherte sich Gouverneur entstehen, alle zur Seeseite, mit einer zwei Kilometer langen Strand- aber mit hohen Holzzäunen umgeben. promenade unterhalb der Steilküste bis zur Annagrube, wo am Ende kleine In Georgenswalde sprachen wir mit Ferienhütten entstanden sind. Tribünen einer Mieterin des ehemaligen Hauses für Gäste des Beachvolleyballturniers Albrecht, Warnicker Straße, das zwei gibt es dort schon seit einigen Jahren. Geschäfte und zwölf Wohnungen beAuf dem Weg nach Norden sahen wir herbergt. Die Nebengebäude sind schon einige Neubauten, eine Villa soll für den lange verschwunden. In Rauschen kann man den Mühlenteich auf neuer Promenade mit schmiedeeiserner Abgrenzung umrunden. Im Ortsteil Düne ist viel gebaut worden, Hotels und mehrstöckige Wohnhäuser beengen die Straßen, wie es scheint. Viele gute Wünsche für die Winterzeit mit Weihnachten und dem Jahreswechsel. Frau Streich vor dem neuen Veranstaltungszentrum, dass auch aus dieser Perspektive einen sehr futuristischen Eindruck macht. Foto: Ewgeni Snegowski 24 Eure Hannelore Streich Erinnerungen an vergessene Orte im Samland: Seerappen - Luftschiffhafen N ach der Erinnerung an Seerappen im letzten Heimatbrief will ich versuchen den Luftschiffhafen, der später Flugplatz wurde, darzustellen. Dieses Interesse an den Luftschiffen führte auch zum Bau von Luftschiffhäfen an vielen Orten in denen sie landen, gewartet und versorgt werden konnten. Im Jahre 1899 begann Graf Zeppelin am Bodensee das erste Luftschiff zu bauen, den Zeppelin LZ 1, der am 2. Juli 1900 am Bodensee startete und dort eine So entstand Anfang des 20. Jahrhunderts, etwa 1908, in KönigsbergRathshof eine Luftschiffhalle. Der Platz wurde von den verschiedenen Luftschiff-Typen genutzt und diente hauptsächlich den Heeres-Luftschiffen. Er lag im Bebauungsgebiet von Königsberg und so wurde nach einem Ersatzgelände gesucht1. Luftschiffgelände Seerappen (aus Messtischblatt 1297) Runde über den See fuhr (Luftschiffe fahren – sie fliegen nicht). In den Folgejahren gab es weitere Luftschiffbauer wie Schütte-Lanz, Parzival u.a. Und es begann sich das Militär – das Heer wie auch die Marine – dafür zu interessieren. Sie förderten finanziell den Luftschiffbau und nutzten die Luftschiffe dann im 1. Weltkrieg. Südwestlich von Seerappen befand sich ein ideales Gelände. Es hatte eine große, ebene Fläche und lag an der Eisenbahnlinie. Die Kaporner Heide sorgte für Windschutz auf dem Platz und mit einer höheren Bebauung, die dem Start- und Landebetrieb hinderlich werden könnte, war in dieser Umgebung nicht zu rechnen. So entstand hier auf einem 7,2 Quadratkilometer großen Gelände bis 1916 ein Luftschiffhafen mit einer großen Luftschiffhalle für zwei Luftschiffe. Diese Halle war 240 Meter lang, 60 Meter breit und 35 Meter hoch3. Die Halle wurde von der Firma Zeppelin-Hallenbau geplant und von dem Königsberger Bauunternehmen P. Brostowski gebaut, 25 das auch schon die Halle in Königsberg-Rathshof erstellt hatte. Die Halle bestand aus einem Stahlgerüst mit einer Plattenverkleidung. Der Luftschiffhafen Seerappen wurde zur Zentrale für das Marine-Luftschiffwesen der östlichen Ostsee. Zwei weitere Luftschiffhäfen der Marine dieses Bereichs befanden sich in Seddin (PomSammlung Klemm mern) und in Wainoden (Kur- Luftschiff bei der Landung land)2. Zur Ausstattung des Luftschiffhafens am 7. März 1916 311 und am 1. April gehörten neben der Halle zur Unter- 1917 457 Mann auf dem Luftschiffhafen bringung der stationierten Luftschiffe stationiert3. Sie brauchten Unterkunft zahlreiche Einrichtungen und Gebäude in Kasernen mit Küche und Kasino, sowie Wasserversorgung und sanitären für den Betrieb und für das Personal. Einrichtungen. Dadurch wurde die BeZur Füllung der Luftschiff-Hülle wur- bauung des Luftschiffhafens zu einem de das Gas „Wasserstoff“ gebraucht. eigenen kleinen Ort. Zu dessen Herstellung wurde auf dem In Seerappen waren in den Jahren Luftschiffplatz ein Gaswerk gebaut. Hier wurden täglich 12.000 Kubikmeter Gas 1916/1917 verschiedene Luftschiffe erzeugt, das in einem Lager gespeichert stationiert. Unter der Bezeichnung „Serawurde. Ferner war ein Treibstofflager für phine“ waren dort Zeppeline (L, ZL) und den Betrieb der Dieselmotoren an den Luftschiffe der Firma Schütte-Lanz (LS) im Hafen. Luftschiffen erforderlich. Zur Flugsicherung gehörte eine Wetterstation und für den Fahrverkehr waren Funkeinrichtungen wichtig. Dazu kamen Werkstätten für Wartungs- und Reparaturarbeiten. Für den Betrieb des Luftschiffhafens war eine große Mannschaft nötig. Sie hatten die genannten technischen Einrichtungen zu bedienen und wurden zum Halten des Luftschiffes beim Landen und Starten gebraucht. Insgesamt waren 26 Nach Angaben des „Luftschiff- und Marinefliegermuseums Nordholz“ und der Literatur waren dies: SL 14 und SL 9 und L 35 L 30 L 37 LZ 90 vom 09.09.1916 bis 17.11.1916 vom 19.12.1916 bis 22.03 1917 vom 19.12.1916 bis 20.12.1916 vom 29.03.1917 bis 30.03.1917 vom 03.01.1917 bis 23.01.1917 vom 02.05.1917 bis 17.11.1917 vom 20.09.1917 bis 19.10.1917 vom 08.10.1917 bis 27.11.1920 Sie wurden von Marineflugabteilungen genutzt. Die Fahrten der Luftschiffe dienten hauptsächlich der Aufklärung im Frontbereich. Sie führten aber meistens auch kleinere Bomben mit. Die Abbildungen zeigen einige Truppenstempel der in Seerappen stationierten Einheiten. Trotz der Kriegssituation, die sich im Samland kaum auswirkte, war der Anblick der startenden oder landenden Luftschiffe in ihrer Größe sicherlich für die Bewohner von Seerappen und den Ortschaften in diesem Gebiet eine Sensation. Das Brummen der Motore ließ aufhorchen und dann der Anblick der im Sonnenlicht glänzenden, ca. 200 m langen Luftschiffe! Dienststempel Sammlung Klemm Mit dem Waffenstillstand an der Ostfront wurde 1917 der Luftschiff-Einsatz im Osten eingestellt. Die Mannschaften beteiligten sich an der Revolution. Nach Kriegsende wurden in Auswirkung des Versailler Vertrags, der Deutschland den Besitz von Flugzeugen und lenkbaren Demontage der Halle Sammlung Klemm 27 Luftschiffen verbot, diese an die Siegermächte abgeliefert. Das letzte Luftschiff in Seerappen LZ 90 trat 1920 seine Fahrt nach Italien an. Die Luftschiffhalle wurde demontiert und soll nach Mailand ausgeliefert worden sein. Als nach 1933 die Deutsche Luftwaffe aufgebaut wurde und im Samland zahlreiche Fliegerhorste entstanden, wurde auch das ehemalige Luftschiffgelände in Seerappen wieder für die Fliegerei verwendet. Es entstand u.a. eine Schule zur Ausbildung von Flugzeugführern. In den 20er Jahren wurden die Gebäude vom Heimatschutz und von den Reichswehrtruppen genutzt. Nach einer Mitteilung sollen in dieser Zeit auch Flugzeuge aus Berlin in Seerappen gelandet sein. Doch darüber habe ich keine Quellen finden können. Abschließend danke ich Klaus Lukas für die Unterlagen aus dem Marinefliegermuseum Northolz. Hans-Georg Klemm Quellen: 1 Paul Gusovius: Der Kreis Samland, Würzburg 1966, S. 238 2 Oskar Schlicht: Das westliche Samland, ND 2001, Teil 2, S. 188 3 Unterlagen vom Deutschen Luftschiff- und Marinefliegermuseum Nordholz Ein samländisches Frauenschicksal 1898 bis 1981 Fortsetzung aus Folge 208, Seite 78 Inflationszeit in Sachsen Im Oktober 1921 fuhr ich das erste Mal mit meiner Mutter nach Sachsen, dort wohnte mein ältester Bruder. Seine Frau war bettlägerig und so musste meine Mutter die Wirtschaft vorübergehend führen. Ich blieb nicht lange dort. Denn damals konnte ich mich nicht so schnell einleben. Ich fuhr dann im Frühjahr 1923 zurück. Am 8. Oktober 1923 habe ich mich verheiratet. Ich ging dann wieder nach 28 Sachsen. Diesmal nicht nach Thondorf, sondern nach Heiligenthal. Schwer war es auch. Ein Anfang mit nichts. Die Inflation hatte den Höhepunkt erreicht. Im November 1923 endete diese schreckliche Zeit. Wir rechneten zuletzt in Billionen. Eine Billion hatte den Wert von einer Rentenmark. Man konnte es anfangs gar nicht fassen, dass wir wieder eine stabile Währung hatten. Und wenn der Mann damals die Woche auch nur 7 Rentenmark verdiente, war es doch besser als die vielen Billionen, und man bekam nichts dafür zu kaufen, weil die Preise jeden Tag stiegen. Ich entsinne mich noch: Damals kostete das Fleisch gleich nach der Inflation 1,40 Rentenmark das Pfund. Aber man konnte sich doch was kaufen. Der Stundenlohn erhöhte sich nach und nach, die Preise wurden gesenkt. Es renkte sich alles wieder ein. Viereinhalb Jahre wohnten wir dort in Sachsen. Die Dorfstraße in Groß Blumenau. Am 23. November 1924 wurde unsere Tochter Elisabeth geboren. Und am 7. September 1927 wurden zwei Jungens geboren, Heinz Willi und Kurt Fritz, die uns beide starben. Meine Mutti war damals bei uns, um uns zu helfen. Sie erkrankte, so dass sie selbst bettlägerig wurde. Es war für sie und mich ein schwerer und trauriger Winter. Zwei kranke Kinder und eine kranke Mutter. Am Heiligen Abend starb der erste Junge, Heinz, Fritz am 7. Februar 1928, sechseinhalb Wochen später. Meine Mutter wurde wieder gesund und so war es, als ob gar nichts gewesen wäre. Zurück in Ostpreußen Ende März 1928 fuhren wir zurück nach Ostpreußen. Mein Mann hatte auf dem Gut in Barseniken die Kämmererstelle angenommen. Wir wohnten dort zwei Jahre. Am 31. März 1929 wurde uns wieder eine Tochter geboren, die den Namen Jutta Irma Johanna erhielt. Foto: Archiv Samlandmuseum Am 1. April 1930 machten wir uns selbstständig und zwar in Groß Blumenau, Kreis Samland. Hierselbst wurde uns die Tochter Helga Rotraut am 25. März 1934 geboren. Da wir dort nicht viel Land hatten, hatte sich mein Mann auf Verdienstfahren eingestellt. Wir blieben dort bis August 1935. Dann übernahmen wir einen 96 Morgen großen Bauernhof in Damm bei Lablaiken, Kreis Labiau. Wir hatten uns dort gut eingelebt. Am 18. Oktober 1936 wurde unsere jüngste Tochter Margarete Gerda geboren. Es war eine schöne Zeit, die wir dort verlebten. Vor allen Dingen musste sich der Mann nicht auf der Landstraße rumtreiben, um das Geld mit dem Fuhrunternehmen zu verdienen. Schicksalsschläge Lange blieb uns die schöne Zeit auch nicht. Im Herbst 1937 hatte sich mein Mann schwer erkältet, als er mit dem Nachbarn auf den Pferdemarkt nach Labiau fuhr. Der Labiauer Arzt unter- 29 suchte ihn und stellte fest, dass der linke Lungenflügel angegriffen war. Er sollte zu ihm zum Röntgen kommen, wenn er sich wohler fühlte. Das machte mein Mann nicht. Ging nach Königsberg zum Spezialarzt Dr. Bruhns. Der sagte ihm nach der Untersuchung, dass er nichts Schlimmes hätte. Es wäre nichts, was zu TBC führen könnte und verschrieb ihm etwas für den Appetit. Er solle sich pflegen. Jeden Morgen ein Gläschen Cognac trinken. So machte mein Mann im Frühjahr wieder seine Arbeit. Es war aber alles nicht das Richtige, er war immer müde. Im Herbst beim ersten Dreschen bekam er Lungenbluten. Und er ging nicht gleich zum Arzt, weil Dr. Bruhns ihm doch gesagt hatte, es gäbe keinen Verdacht auf TBC. Weihnachten wurde er dann so krank, dass er im Bett bleiben musste. Ende Januar fuhr er wieder nach Königsberg, dieses Mal nicht zu Dr. Bruhns, sondern ins Krankenhaus der Barmherzigkeit zu Professor Joachim. Da war er dann ganz niedergeschlagen, als die Röntgenaufnahme ergab: TBC, beide Lungenflügel angegriffen. Ich nahm dann Rücksprache mit dem Stationsarzt. Fragte nach, dass es doch seit langem in ihm wäre? Das bejahte der Arzt. Ich wurde aufgeregt und erzählte von Dr. Bruhns. Er erklärte, dass dies ein Irrtum gewesen wäre und irren ist menschlich. Ich ließ meinen Mann nicht im Krankenhaus der Barmherzigkeit, sondern nahm ihn im Februar wieder mit nach Hause, weil es dort ja doch keine Hilfe mehr für ihn gab. 30 So lebte er bis zum 1. Mai, dann schlossen sich seine Augen für immer. Ich war dann allein mit meinen vier unmündigen Kindern. Die Älteste konfirmiert, die Jüngste zweieinhalb Jahre. Das Leben ging weiter und man musste auch weiter. Mein Mann hatte noch alles mit dem Verkauf des Bauernhofs geregelt. Neuanfang alleine im Samland So gingen wir wieder nach unserem Samland und zwar nach Medenau. Dort hatte ich vom Besitzer Kurt Wenzel drei Morgen Land und dazu ein Wirtschaftsgebäude käuflich erworben. Zwei Morgen betrug der Obstgarten mit altem Baumbestand und Rasen. Ein Morgen war Kartoffelland. Unter vielen Schwierigkeiten habe ich das Haus gebaut. Es war 18 Meter lang und 8 Meter breit. Weil im August 1939 der Krieg begann, war das Bauen nicht so einfach. Ich hatte sämtliches Material, wie Kalk, Zement, Faserplatten, Gips, Rohr, Mauersteine, Bauholz und alles, was man dazu braucht, gekauft und in dem Gebäude gelagert. Als man mir auf dem Bauamt das Bauen verweigern wollte, konnte ich die Angabe machen, dass ich sämtliches Baumaterial habe. Auch Handwerker musste ich nachweisen können, weil alles über das Arbeitsamt ging. Die Arbeitskräfte waren durch den Krieg knapp geworden. Ich hatte einen Maurer Sarks und den Zimmermann Klein, der dort die Siedlungen baute, er hat nach Feierabend und sonntags die Zimmererarbeiten gemacht. Die Handlangerarbeiten für den Maurer machte ich selbst. Es war sehr schwer und meine Gesundheit hat darunter gelitten. Das Haus hatte ich dann ausgebaut und von außen verputzt. Ich war so glücklich und zufrieden, wenn ich durch den schönen Garten ging. Nach Norden im Garten standen drei alte Lindenbäume, wie gerne setzte ich mich dort in den Schatten oder auch des Abends nach getaner Arbeit. Wie friedlich und schön war alles zu Hause. Aber der Krieg wütete und forderte seine Opfer. Nach dem Krieg Lange durfte ich auch hier nicht glücklich und friedlich mit meinen Kindern leben, denn die russischen Soldaten kamen in unser schönes Land und wir mussten weichen. Und wer das tat, hat es richtig gemacht. Ich fand in Sachsen Heiligenthal meine zweite Heimat mit meinen Kindern. Liesbeth fuhr 1946 nach Zweibrücken, weil dort ihr Verlobter beheimatet war. Jutta starb am 18. Juni 1947. So blieb ich dann nur mit Helga und Margarethe allein. Helga wurde im Mai 1948 konfirmiert. Im September desselben Jahres fuhren wir nach Kühren in Schleswig-Holstein zu meiner Mutter und meinen Schwestern zu einer Hochzeit. Helga blieb gleich dort. Mit Margarete wollte ich dann Ende September ganz allein bei Schlütopp über die grüne Grenze“ gehen. Ich traute mich dann aber doch noch nicht. Wir blieben noch ein Jahr in der sowjetischen Zone. Die Lebensbedingungen waren jedoch so kümmerlich und so fassten wir den Mut und gingen am 22. Oktober für immer in den Westen. Erst blieben wir in Haßlinghausen. Da ich kränklich war mit dem Magen und die Arbeit, die ich übernommen hatte, nicht ausführen konnte, bekam ich den Zuzug nach Zweibrücken zu meiner Tochter. Im Februar 1950 kamen wir hierher, es begann allmählich wieder ein besseres Leben. Margarete wurde im März konfirmiert, bis zu den Sommerferien musste sie noch zur Schule gehen. Am 1. September fing sie in der Schuhfabrik an zu arbeiten. Helga war bis zum August 1950 als Haustochter bei Ewigs. Dann fing auch sie in der Fabrik an zu arbeiten. Und so haben wir es gut und sind zufrieden. Im März 1953 hat Helga die Prüfung als Stepperin gemacht. Ich war im November 1950 nach Kühren gefahren, um meine Mutter und die zwei Schwestern zu besuchen. Im Januar 1951 kam ich zur Heilkur wegen meines kranken Magens und wurde aber nach vier Wochen ungeheilt entlassen. Im Sommer 1951 fuhr ich dann zu meiner Schwester bei Leipzig, auch um das Grab meiner Tochter Jutta zu besuchen. Die Bärwalderin Marie Jeger lebte noch 30 Jahre in Zweibrücken, wo sie 1981 verstarb. Übergeben von: Helga Schroth 31 Kreistreffen in Pinneberg 2015 M anch einer wäre gerne gekommen, war jedoch aus unaufschiebbaren Gründen verhindert – sei es aufgrund von Krankheit oder aber wegen gewichtiger familiärer Jubiläen. Goldene Hochzeit feiert man schließlich nicht so oft wie einen Geburtstag, aber auch der 80. Jahrestag ist ein herausragendes Ereignis. Allen jenen, die wir gerne in Pinneberg gesehen hätten, möchten wir vom Kreistreffen der Fischhausener wenigstens im Heimatbrief berichten. Wie üblich begann die Veranstaltung am Freitagabend mit der Kranzniederlegung am Gedenkstein im Drosteipark. Wolfgang Sopha gedachte in seiner kurzen Ansprache der auf der Flucht und während der Hungerjahre verstorbenen Angehörigen, Nachbarn und Freunde. Gerhard Weiter untermalte die würdige Andacht, zu der sich etliche der bereits angereisten Samländer einfanden, mit einem stimmungsvollen Musikstück auf der Trompete. umziehen, finden jedoch, dass es im Samlandmuseum viel gemütlicher und persönlicher ist. Und nur hier können wir unser ostpreußisches „Nationalgetränk“ anbieten – es geht doch nichts über einen Pillkaller in gemütlicher Runde. Am Samstagvormittag gegen 9 Uhr trafen die ersten Besucher im Cap Polonio ein, und während sich die Samländer noch einen guten Platz reservierten, fand parallel die Ortsvertretersitzung statt, die zügig abgewickelt werden konnte. So mussten die Ortsgemeinschaften nicht allzu lange auf ihre „Führungskräfte“ warten. Anschließend begaben sich fast alle Teilnehmer in das Bür- Wolfgang Sopha bei der Kranzniederlegung im Drosteipark. Foto: U. Nietzelt gerhaus am Fahltskamp, wo ein kleiner Imbiss für Stärkung sorgte. Seit 2013 führen wir den „geIn diesem Jahr hatten viele Ehrengäste mütlichen Abend mit Repräsentanten aus dem Kreis Pinneberg ihr Erscheinen des Kreises“ – volkstümlich auch zugesagt, wir freuten uns, dass der KreisBierabend genannt – nun in „unserem präsident Burkhard E. Tiemann wieder Hause“ durch. Ursprünglich aus der Not die Schirmherrschaft übernommen hatte. geboren, weil der Sportler-Treff umge- Herr Wenskat vom Seniorenbeirat des baut wurde, in dem wir in den Jahren Kreises Pinneberg und Kirchspielverzuvor am Freitagabend zusammensaßen. treter in der Kreisgemeinschaft ElchnieInzwischen könnten wir wieder dorthin derung, das Ehepaar Lehnert vom BdV 32 und Frau Christa Wiebe vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund erweiterten die Runde. Auch Burghard Schalhorn, Vorsitzender der Kreiswählergemeinschaft Pinneberg, war gerne gekommen. Darüber hinaus standen in diesem Jahr ganz besondere Ehrengäste auf der Liste: Die Gemeinschaft Junger Samländer hatte beschlossen, ihr 50-jähriges Bestehen bei Hier kommt keine Langeweile auf: Gemütliches Beisammensein uns in Pinneberg zu feiern. Im im Bürgerhaus am Fahltskamp. Foto: U. Nietzelt Bürgerhaus am Fahltskamp hatten sie eine Stellwand mit Informatio- Gründung der Kreisgemeinschaft Fischnen zur Gründung und Geschichte dieser hausen vor 65 Jahren im Winterhuder ursprünglichen Jugendorganisation der Fährhaus in Hamburg hervor. Kreisgemeinschaft Fischhausen gestalKreispräsident Burkhard E. Tiemann tet. Frau Marianne Huuck berichtete im letzten Samlandbrief über die Entwick- griff diese Rückschau auf und erinnerte lung der Gemeinschaft. Mittlerweile in seinen Grußworten, dass im Jahre sind die „Jungen“ auch in die Jahre 1951 der Kreis Pinneberg einstimmig gekommen: unserer jetziger Vorstand hat – was heute sehr selten noch geschehe ein geringeres Durchschnittsalter. Wir – für die Übernahme der Patenschaft für haben uns sehr bemüht, diese seltenen die Fischhausener votiert hätten. Und Gäste in unserem Kreis willkommen über diesen langen Zeitraum eine starke zu heißen und hoffen, dass sie sich in Eingebundenheit der Kreisgemeinschaft unserer Mitte wohl gefühlt haben und in Gemeinschaft vor Ort entstanden sei, was man auch an den Besuchern der regigerne wiederkommen werden. onalen Organisationen erkennen könne. Um 14 Uhr – nachdem die satzungsgeBernhard Lehnert vom BdV trat ans mäßen Verpflichtungen erledigt waren – fand die feierliche Eröffnung des Kreis- Mikrofon, um seine Grüße und guten treffens statt. Nach dem gemeinsamen Wünsche für die weitere Heimatarbeit Singen des Schleswig-Holstein-Liedes zu überbringen. Den Abschluss dieser begrüßte unser Vorsitzender Klaus Stunde bildete das Ostpreußenlied, das Lunau die Besucher und Ehrengäste. mit Inbrunst von allen Anwesenden bis Anschließend erinnerte Wolfgang Sopha zur letzten Strophe textsicher mitgesunin einer kurzen Ansprache an die vielen gen wurde. Jubiläen in diesem Jahr – er hob die 33 Gut besucht: Die Familienforscher unter sich. Foto: U. Nietzelt Die Abteilung der „Jungen Samländer“ . Foto: U. Nietzelt 34 Ursprünglich war für 15 Uhr Erwin Krüger, der „Leierkastenmann“ aus Tornesch mit seiner Drehorgel, eingeplant – er hatte aber schon am Tag zuvor eine noch nicht genau terminierte Verspätung angekündigt. So entschieden wir uns dafür, den Programmpunkt vorzuziehen, der für den späten Nachmittag vorgesehen war: die Königsbergerin Gerta Heykena mit ihrer Darbietung von traurig-schönen Küchenliedern, Moritaten und ostpreußischen Geschichtchen im unvergessenen Dialekt. Frau Heykena hat übrigens Wurzeln in Wargen und steht auch mit der Dittchenbühne aus Elmshorn auf der Bühne. Nicht nur den Ostpreußen im Umland von Pinneberg ist sie bestens bekannt. Als Erwin Krüger, auch er mit seiner Vortragskunst ein beliebter Unterhalter im Kreis, mit seiner Drehorgel eintraf, gab es einen nahtlosen Übergang, als hätten die beiden das schon lange geübt. Die Gäste waren begeistert und Erwin Krüger musste abschließend noch „Zugabe“ liefern. Zeitgleich fand in der Samlandausstellung das Treffen der Familienforscher unter Leitung von Heidrun Meller statt, hier war der Andrang sehr groß, so dass nicht alle Fragen beantwortet werden konnten. Die Raumsituation war leider nicht optimal, weil durch die Begehung der Ausstellung Störungen entstanden. Für das nächste Treffen müssen wir in dieser Hinsicht etwas Passenderes organisieren – nicht immer leicht in den uns zur Verfügung stehenden Gebäuden. Wenn auch viele der rund 100 Besucher die Teilnahme als Tagesreise geplant hatten, blieben dann doch noch 50 Besucher zum gemütlichen „Ostpreußenabend“ mit gemeinsamem Essen im Hotel beisammen. Die Küche des Hotels ließ wie immer nichts zu wünschen übrig. Der Sonntag ließ sich dann etwas ruhiger an: Am Vormittag hörten zahlreiche Besucher dem Dia-Vortrag von Klaus Lunau zu, der Neuigkeiten aus dem Samland und Cranz berichtete. Zuvor hatten sich die Jungen Samländer von Frau Ziegler im Museum die Veränderungen erläutern lassen, welche die Samlandausstellung in den Jahren 2001 und nach dem Brand 2009 erfahren hatte. Bis in den Nachmittag hinein konnten sich die Besucher des Kreistreffens an Rustikalem – wie Schmalzbrot und Pillkaller – stärken, oder einen Streuselkuchen mit Schmand – fast so wohlschmeckend wie früher in der Heimat – zum Kaffee gönnen. So klang das Treffen harmonisch aus, als sich auch die Letzten auf den Heimweg machen mussten. Wir hoffen, dass alle, die dieses Mal verhindert waren, beim nächsten Treffen 2016 wieder gesund und munter sind und wir Sie wieder unter den Besuchern zählen können.. Auf ein zahlreiches und gesundes Wiedersehen in Pinneberg im nächsten Jahr! Monika Ziegler 35
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