16 FRANZ VON STUCK Tettenweis bei Passau 1863-1928 München Portrait von Mary Mitte rechts signiert “Franz von Stuck”. Rückseitig auf Etikett bezeichnet “Peter Vischer Burckhardt // Prof. Stuck Portrait seiner Tochter, gekauft in Basel von Heinemann München 1908 // no 7” sowie Galerie-Etikett “Galerie Heinemann München Nr. 9121”. Öl auf Holz, LM D = 30,5 cm CHF 30 000 / 45 000.– EUR 27 800 / 41 650.– Provenienz: Galerie Heinemann, München Schweizer Privatsammlung (durch Erbschaft) Der kirschrote Mund zu einem leisen Lächeln geformt; wacher Blick aus glänzenden Rehaugen; der schimmernde, makellose Teint vom prächtigen Haar gerahmt: Malerfürst Franz von Stuck war offensichtlich stolz auf sein einziges leibliches Kind. Jedenfalls stellt er uns Franziska Anna Marie-Louise, oder kurz Mary (18961961) hier in ihrer ganzen Anmut und im malerisch höchst anspruchsvollen Dreiviertelprofil vor. Ein zärtliches und behutsames Portrait, wundervoll verdichtet durch das Tondo- oder Rundbildformat. Dabei war der Anfang dieser Vater-Tochter-Beziehung alles andere als unkompliziert - jedenfalls für damalige gesellschaftliche Verhältnisse. Mary entstammte einer nichtehelichen Beziehung des frisch zum Professor an der Münchner Kunstakademie Ernannten mit der Bäckermeisterstochter Anna Maria Brandmaier. 1907, ein knappes Jahr nach Marys Geburt, heiratete der Maler die Witwe eines Münchner Arztes, Mary Lindpaintner (1865-1929). Das Paar adoptierte die kleine Mary dann im Jahr 1904. Prinzregent Luitpold von Bayern höchstpersönlich soll die Adoption genehmigt haben. Seine Tochter Mary wurde zu einem der beliebtesten Modelle des Malers. Die Portraits der hübschen Künstlertochter waren offenbar 24 sehr gefragt. Sie muss auch über eine gehörige Portion Geduld verfügt haben, denn sie begegnet uns in diesen Gemälden und Zeichnungen in den verschiedensten Rollen, beispielsweise ausgestattet mit einer auslandenden englischen Haube oder mit komplizierter Haartracht und in opulentem Kostüm, als sei sie eine spanische Infantin und direkt einem Gemälde des Barockmalers Diego Velásquez entsprungen. Auch wenn die Verkleidung in unserem “Portrait von Mary” nicht ganz so auffällig ist, wählte Franz von Stuck für die Darstellung seiner Tochter, die zu diesem Zeitpunkt wohl elf-, höchstens zwölfjährig war, keine zeitgenössische Aufmachung. Die Haare in der Mitte gescheitelt, die Seitenpartien über den Ohren zu lockeren Papilloten gesteckt - diese Haarmode findet sich auf Gemälden des deutschen Biedermeier aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch den bunten Schal, der das Dekolleté bis fast zum Hals hinauf bedeckt. Franz Stuck, geboren als Sohn eines Dorfmüllers, als Maler kaum bekleideter Jugendstilschönheiten berühmt und später geadelt, legt hier Wert darauf, dass wir Mary als wohlerzogene Tochter aus höherem Hause kennenlernen. 25
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