Das Thema Holocaust ist leider brandaktuell

INTERVIEW
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OBERSEE NACHRICHTEN Donnerstag, 18. Februar 2016
MAX AEBERLI MIT NEUER GROSSPRODUKTION
«Das Thema Holocaust
ist leider brandaktuell»
Das jüdische Mädchen Anne Frank wurde von den Nazis ermordet. Vorher schrieb sie Ängste
und Sehnsüchte in ihrem Tagebuch nieder. Das Oratorium «Annelies», die Vertonung des
Tagebuchs, dirigiert Max Aeberli nun mit dem Teamchor Jona als Schweizer Erstaufführung.
Grossprojekt einfach unbedingt stattfinden. Es ist fantastisch.
Wie hat das Oratorium «Annelies»
Sie gefunden?
Ich habe einmal mehr nach einem
speziellen Werk gesucht, das den
Ansprüchen und der Zielsetzung meiner
Arbeit mit dem Teamchor Jona gerecht
wird. Im Zuge meiner Recherchen fand
ich James Whitbourns «Annelies». Die
Thematik berührte, stimmte nachdenklich. Ich verliebte mich sofort in diese
wunderschöne Musik.
Sie sind jetzt seit 38 Jahren der
Leiter des Teamchors. Diverse
Grossproduktionen und Konzertreisen mit dem Chor inklusive.
Wie zeitintensiv ist das?
Was ist ein Oratorium?
Früher war das manchmal schon
anstrengend. Ich arbeitete ja gleichzeitig noch als Musikpädagoge an der
Kantonsschule Wattwil. Jetzt bin ich
seit Sommer 2014 pensioniert und
habe alle Zeit der Welt. Das ist so
wunderbar. Ich kann von morgens bis
abends meiner Lieblingsbeschäftigung
nachgehen. Der Musik.
«Annelies» ist die Vertonung
des Tagebuchs der Anne Frank.
Warum so ein schweres Thema?
«Der Teamchor
ist emotional
ergriffen»
Gesang und Musik werden konzertant
vorgetragen und nicht in eine schauspielerische Handlung gebettet. Der
Name leitet sich von «orare» ab, das
lateinische Wort für «beten».
Die Thematik des Holocausts halte ich
leider für zeitlos und brandaktuell,
auch deshalb habe ich mich für dieses
Werk entschieden.
Der Chorleiter Max Aeberli freut sich auf die Grossproduktion «Annelies». Am 19. März ist Premiere.
«Ich habe mich
in ‘Annelies’
verliebt»
die emotionale Ebene sind für den Chor
eine Herausforderung
Worauf freuen Sie sich am
meisten?
Wie hat der Teamchor auf
«Annelies» reagiert?
James Whitbourn hat «Annelies» 2009
komponiert. Die Musik ist zwar zeitgenössisch, aber doch auf ganz besondere
Art wunderschön. Das Aufwühlende ist
die Verbindung mit den gesungenen
Tagebuch-Zitaten der 13-jährigen Anne
Frank in ihrem Versteck. Diese
Mischung ist extrem emotional. Der
Chor ist auch ergriffen. Musik ist immer
am schönsten, wenn sie eine Aussage
hat. Deshalb ist es eine Ehre für uns,
diesem Werk eine Plattform zu geben.
Am 19. März ist Premiere.
Wie laufen die Proben?
Sehr gut. Natürlich ist jetzt noch alles
recht technisch. Wir proben ohne
Orchester, es geht um Timing, Rhythmus, Atem und vor allem um die
verschiedenen Stimmen.
Wie meinen Sie das?
Können Sie sich ein Leben ohne
Musik vorstellen?
Teilweise sind die Passagen achtstimmig, die Harmonien ungewohnt,
die Rhythmen komplex. Das und auch
Auf die erste gemeinsame Probe mit
allen Beteiligten. Wenn sich das Orchester
Sinfonietta Vorarlberg mit seinen
40 Musikern, mit unseren 85 Stimmen
und mit der Sopranistin Arianna
Zukerman trifft. Da wird es mich frieren.
Wie kam es zur Zusammenarbeit
mit dem österreichischen Orchester
Sinfonietta
Das war Zufall. Ich habe die Leiter
dieses jungen Orchesters 1991 kennengelernt und wir spürten, dass wir das
Gleiche wollen. Junge Musik mit
jungen Künstlern. So habe ich auch
diesmal angerufen und gesagt, hey seit
ihr bei «Annelies» dabei? Der Teamchor ist ein junger Chor. Niemand ist
älter als ich …
Und das heisst?
Ich bin 66.
Die amerikanische Sopranistin
Arianna Zukerman singt die
Solo-Parts im Oratorium
«Annelies». Wie kam es dazu?
Ihre Stimme gefällt mir sehr, der
familiäre Hintergrund bringt Authentizität in die Interpretation, ihre CDEinspielung von «Annelies» erhielt
eine Grammynomination, ich schrieb
nach Amerika, sie sagte sofort zu,
meine Freude ist riesig!
«Die Thematik
lässt mich nicht
mehr los»»
Rund um «Annelies» gibt es
diverse Begleitveranstaltungen,
die sich mit dem Thema Holocaust
beschäftigen. Welche können
Sie besonders empfehlen?
Natürlich alle. Aber ich freue mich,
dass wir mit Herman Rothmann einen
jüdischen Zeitzeugen gewinnen konnten,
der am 9. März im Schloss aus
seinem Leben erzählt. Ein unglaublich
spannender Mensch. Er hat im Futter
einer Armee-Jacke Hitlers Testament
gefunden und war für dessen Übersetzung ins Englische zuständig.
Solche Zeitzeugen persönlich zu treffen, ist ergreifend. Vor allem gibt es ja
nicht mehr viele. Herman Rothmann ist
91 Jahre alt.
Foto: Anna Kohler
Und die anderen Veranstaltungen?
Lesungen mit musikalischen Zwischentönen, ein Filmabend im Schlosskino,
wo die Neuverfilmung von «Das Tagebuch der Anne Frank» gezeigt wird,
eine kommentierte Probe zwei Tage vor
der eigentlichen Premiere und auch
nach der Premiere eine Begegnung mit
dem Komponisten Whitbourn und der
Sopranistin Zukerman.
Wie koordinieren Sie all diese
Veranstaltungen?
Die Thematik lässt mich nicht mehr
los; ich kann Zeit investieren und
werde durch den Trägerverein Teamchor Jona mit Matthias Mächler und
Köbi Schäpper, aber auch durch den
Vorstand und viele Sängerinnen und
Sänger meines Chores toll unterstützt.
Und ich habe wirklich das Gefühl, seit
ich mich in «Annelies» verliebt habe, ergeben sich die wunderbarsten Fügungen.
«Die Musik ist
wunderschön»
Fügungen?
Immer wenn ich einen Wunsch äussere,
geht er in Erfüllung. Als wollte dieses
Das gibt es gar nicht. Musik ist überall.
Wenn ich in Schweden in unserem
Ferienhaus bin und die Stille der
Natur vernehme, dann ist das in meinen
Ohren auch Musik.
Anna Kohler
Ticketverlosung
Die ON verlosen 10x2 Tickets
für das Oratorium «Annelies».
Die Konzerte finden statt am
19. und 20. März in der katholischen
Kirche in Jona sowie am 24. März
in St. Gallen.
Wenn Sie zwei Tickets gewinnen möchten, rufen Sie einfach
heute Donnerstag um 16 Uhr
unter 055 220 81 16 an. Die ersten zehn Anrufer gewinnen.
Verlost werden Tickets für die Vorstellung am Sonntag, 20. März in
Jona sowie für den 24. März in St.
Gallen. Die Tickets gelten AUCH für
alle Begleitveranstaltungen, die im
Rahmen von «Annelies» stattfinden
(Siehe Veranstaltungskalender).
Konzerttickets kaufen
unter: www.teamchor.ch.
Aber es gibt auch Tickets in
den Post-Filialen Rapperswil
und Jona.
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